Zusammenfassung
Was sich in Versailles dem politischen Blick darbot, war ein unerquickliches Schauspiel. Man sah hier eine parlamentarische Versammlung, welche zu schwach war, um zu leben, und zu stark, um zu sterben. Drei monarchistische Parteien, welche sich gegenaseitig aufs äußerste haßten und bekämpften, standen den zwei republikanischen Parteien, welche außer dem Namen der Firma wenig Verwandtschastliches miteinander hatten, gegenüber. Die Bonapartisten waren die Feinde aller anderen, aber sie waren rührige, entschlossene Leute, wußten sehr bestimmt, was sie wollten, und rechneten nicht zu sanguinisch, wenn síe an ihre Zukunst glaubten; die Legitimisten waren der Schrecken der anderen, ihr Glaube war größer als ihre Thatkraft, ihr Blick mehr der Bergangenheit als der Zukunst zugewandt; die Orleanisten waren ein chronisches Uebel, sie hatten keinen Namen und kein durchschlagendes Princip aufzuweisen, sie suchten sich für alle Witterungsverhältnisse möglilch und passend zu machen, aber wenigen war es gegeben, sie zu verstehen und ihnen zu folgen; die konservativen Republikaner glaubten die Gegenwart für sich zu haben, wünschten eine Republik mit monarchischen Formen und holten sich bei Thiers ihre Orakel; die radikalen Republikaner waren in nicht geringerem Grade als die Bonapartisten die Feinde aller anderen, waren mehr zuversichtlich und keck als gewandt und praktisch und konnten den Augenblick kaum erwarten, bis sie ihren Gößen Gambetta aus den Präsidentenstuhl erheben konnten, um wenige Wochen darauf die Commune an dessen Stelle treten zu sehen.
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© 1875 Verlag von Julius Springer
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Müller, W. (1875). Frankreich. In: Politische Geschichte der Gegenwart. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-99198-1_4
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