Zusammenfassung
Die englische Regierung sah in dem heimischen und in dem Kolonialgebiet große Verwicklungen, zum Theil solche, die sie selbst hervorgerufen hatte. Der Krieg in Afghanistan war nicht beendigt, in den südafrikanischen Kolonien drohten Aufstände, die orientalische Frage, bekanntlich eine britische Specialität, war trotz des Berliner Kongresses noch eine offene, in Irland seufzte das verarmte Volk unter den Folgen der Gewaltthätigkeiten früherer Jahrhunderte. Zwar hatte Lord Veaconsfield in den letzten Jahren mit dem Glanze seiner Imperatoren-Politik sein Land erfüllt: er hatte kriegerischen Nuhm eingeerntet, in fernen Welttheilen große Ländergebiete eingeheimst, Englands Einfluß am Bosporus zum herrschenden gemacht, die britische Flagge in allen Meeren und an allen Küsten mit Stolz entfaltet. Aber diese glänzende Medaille hatte auch ihre Kehrseite. Neben den Siegestelegrammen liefen aus Afghanistan und Südafrika auch Hiobsposten ein, jeder Krieg erzeugte wieder einen anderen, nirgends war Ruhe und Sicherheit, die innere Gesetzgebung litt an einer entsetzlichen Dürftigkeit, für Irland geschah so viel als nichts. Dem englischen Volke, das die schärfsten Gegensätze von Reich und Aum, von Privilegirten und Paria’s in seinem Lande sah, mochte der Gedanke kommen, daß diese Triumphe über uncivilisirte Völkerschaften sehr theuer erkauft seien, daß an den Siegeswagen des Premierministers viel heinisches Elend sich hänge, daß die Aufmerksamkeit des Ministeriums und des Parlaments sich weit ersprießlicher mit dem Nothstand der englischen Arbeiter und der irischen Landbevölkerung beschäftigen könnte, als mit der rechtlosen Unterwerfung auswärtiger Volksstämme.
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Müller, W. (1881). England. In: Politische Geschichte der Gegenwart. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-99184-4_5
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