Zusammenfassung
Alle in den messenden Wissenschaften ausgeführten Beobachtungen sind mit Fehlern behaftet, welche ihr Entstehen hauptsächlich den Unvollkommenheiten der Sinnesorgane, kleinen Fehlern im Bau, in der Berichtigung und Aufstellung des Instrumentes, ungünstigen atmosphärischen Verhältnissen und anderen ähnlichen Gründen verdanken. Diese Fehler verraten sich bei wiederholter Beobachtung ein und derselben Größe in den zwischen den Beobachtungen bestehenden Abweichungen. Liegen hingegen nur einmalige Beobachtungen verschiedener Größen vor, welche wie die Winkel im Dreieck einer von vornherein bekannten Bedingung strenge genügen sollen, so äußern sie sich in dem Widerspruch, welchen die Beobachtungen der Erfüllung einer oder mehrerer solcher Bedingungen entgegensetzen.
Für ein tieferes Studium der Fehlertheorie und Ausgleichungsrechnung, sowie ihrer Anwendungen sei auf folgende Werke verwiesen: a) Helmert, F R., Die Ausgleichungs-rechnung nach der Methode der kleinsten Quadrate, 2. Aufl., Leipzig und Berlin 1907; b) Jordan, W., Handbuch der Vermessungskunde, I. Bd.: Ausgleichungsrechnung nach der Methode der kleinsten Quadrate, 6. Aufl., Stuttgart 1910; c) Hegemartri, E., Übungsbuch für die Anwendung der Ausgleichungsrechnung, 2. Aufl., Berlin 1902; d) Vogler, Ch.A. Geodätische Übungen für Landmesser und Ingenieure, II. Teil, 3. Aufl., Berlin 1913.
Ein ausführliches Literaturverzeichnis über das Gebiet der Fehlertheorie enthält Czuber, E., Die Entwicklung der Wahrscheinlichkeitstheorie und ihre Anwendungen, im Jahresbericht der deutschen Mathematikervereinigung, 7. Bd., Leipzig 1899.
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Referenzen
Der wahrscheinlichste Wert ist ein der Wahrheit möglichst nahekommender Wert, welcher bei einer unendlich oft wiederholten Messung der gesuchten Größe in der Reihe der Beobachtungen am häufigsten auftreten würde.
G. F. Gauß (1777–1855) hat sein Fehlergesetz 1794 aufgestellt, aber erst 1809 in der Theorie der Bewegung der Himmelskörper (ins Deutsche übertragen von C. Haase, Hannover 1865) veröffentlicht. Seine Ableitung stützt sich auf den Begriff der mathematischen Wahrscheinlichkeit (Verhältnis der dem Eintreffen eines Ereignisses günstigen Anzahl von Fällen zur Gesamtzahl aller möglichen Fälle) und auf die allgemein gebrauchliche Annahme, daß der wahrscheinlichste Wert gleich genauer, direkter Beobachtungen das einfache arithmetische Mittel sei. Die später hauptsächlich von Bessel Hagen und Crofton entwickelte Theorie der Elementarfehler führt ebenfalls zum Gaußschen Fehlergesetz. Sie besitzt den großen Vorzug, auf die Natur der Beobachtungsfehler als zusammengesetzte Größen einzugehen und führt wieder unter Benutzung des Wahrscheinlichkeitsbegriffes, aber ohne Verwendung des arithmetischen Mittels zum Ziele. Voraussetzung ist bei Crofton (London Phil. Trans., Bd. CLX (1870), S. 175 ff.) nur mehr, daß jeder Beobachtungsfehler als die algebraische Summe einer sehr großen Zahl von im Vergleich zum Gesamtfehler sehr kleinen Elementarfehlern betrachtet werden darf und daß die im allgemeinen verschieden großen Elementarfehler irgend ein gerades Fehlergesetz befolgen, d. h., daß bestimmte Absolutfehler ebenso häufig positiv wie negativ auftreten. Von dem vielgliedrigen Charakter der Beobachtungsfehler kann man sich leicht überzeugen. So setzt sich z. B. der Fehler des in üblicher Weise in zwei Fernrohrlagen gemessenen Horizontalwinkels ungerechnet einer Drehung der Unterlage aus 28 Elementarfehlern (4 Einstellfehler, 8 Ablesefehler, 8 Kreisteilungsfehler, 8 Nonien-teilungsfehler) zusammen. Aber auch dann, wenn scheinbar einfache Verhältnisse vorliegen wie bei der Einschätzung der Lage eines Teilstriches in einem Felde, handelt es sich um einen physiologisch recht komplizierten Vorgang, da das Zustandekommen der Strichbilder durch die Vermittlung einer sehr großen Zahl von Sehstäbchen erfolgt. Jedes der bei der Bildentstehung mitwirkenden Stäbchen gibt gewißermaßen ein mit einem Fehler, dem Elementarfehler, behaftetes Urteil über die Strichlage ab.
Die einfachen Beziehungen (14) bzw. (15) entsprechen dem Gaußschen Fehlergesetze. Sie lauten anders, wenn es sich, wie z. B. bei den Abrundungsfehlern, um Fehler handelt, die einem anderen Gesetze gehorchen.
Er könnte durch eine geringe Parallelverschiebung — streng genommen durch eine Drehung und Parallelverschiebung — der ausgleichenden Geraden vollständig zum Verschwinden gebracht werden.
Eine große Zuverlässigkeit besitzt diese Art der Fehlerermittelung — wie auch die ganze Ausgleichung — nicht, da sie sich nur auf den einen Widerspruch w stützt.
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Näbauer, M. (1922). Elemente der Fehlertheorie. In: Vermessungskunde. Handbibliothek für Bauingenieure, vol 4. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-99169-1_2
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