Zusammenfassung
Die traditionellen Lehrbücher der Konjunkturpolitik geben zwar einleitend meist einen Abriß der Konjunkturtheorie seit Keynes und eine kurze Darstellung von Multiplikator und Akzelerator; selten jedoch enthalten sie eine geschlossene Darstellung der theoretischen Überlegungen, auf denen die Notwendigkeit stabilisierender Maßnahmen und die Wirkung der Instrumente beruht1). Es läßt sich daher in der Regel nur indirekt schließen, daß die wirtschaftspolitischen Schlußfolge-rungen der meisten dieser Lehrbücher den Stand der Konjunkturtheorie der sechziger Jahre spiegeln, also die makroökonomische Theorie der Neoklassischen Synthese mit einem modellfremden Schuß echten Keynes, nämlich einer unspezifizierten Angst vor einem kumulativen Prozeß, der zu lang anhaltender Unterbeschäftigung führen könnte — ein Gedanke, der der Neoklassischen Synthese eigentlich fremd sein müßte. In der abstrakten Lehrbuchform tritt diese Konjunkturtheorie der Neoklassischen Synthese meist in der Form des IS-LM-Modells auf, in den eher praktisch angewandten Arbeiten und in den Beschreibungen der Instrumentenwirkungen meist in der Form des Hydraulischen Keynesianismus (Coddington 1976). In diesem, eher kurzfristigen Modell, dessen theoretischem Grundgehalt auch die ökonometrischen Modelle der sechziger Jahre folgten, dominieren die Beziehungen zwischen Stromgrößen; Bestandsgrößen und Bestandsanpassungsprozesse werden vernachlässigt.
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Literatur
Selbst wenn sie das jedoch tun, fehlen für das Verständnis wichtige Angaben über die numerischen Werte der Parameter und die Verzögerungsstruktur.
In der — außerhalb der gängigen Lehre stehenden — (Post-)Keynes-Literatur wurden solche Elemente durchaus berücksichtigt Siehe dazu Minsky 1977; 1980.
Potentialprodukt = Brutto-Inlandsprodukt, das bei “befriedigender” Auslastung der Arbeitskräfte und des Kapitalbestands erreicht werden würde.
Siehe dazu etwa Gäfgen 1975 oder Berg/Cassel 1981.
Etwa zwischen Vollbeschäftigung und Preisstabilität
Etwa die Rolle der Arbeit als ethisches Prinzip oder als Notwendigkeit zwecks Einkom-menserzielung.
Anderer Meinung — und zwar wegen abweichender Einschätzung der instrumenteilen Zusammenhänge — sind erhebliche Teile der deutschen Lehrbuchliteratur. Siehe dazu etwa Woll 1984, 167.
Die Wahl einer Inflationsrate unter der ausländischen erzwingt eine laufende Aufwertung, die ihrerseits zu Allokationsstörungen (Bevorzugung des geschützten Sektors gegenüber dem exponierten) und dadurch längerfristig möglicherweise zu Strukturproblemen führt.
Die Senkung der Arbeitslosenrate kann zur Erwartung von Lohn- und Preissteigerungen und damit zu einer Verschiebung der tradeoffs (der Phillips-Kurve) führen.
Ein scharfer Einsatz der Geldpolitik (diskretionärer oder regelgebundener Art), der zu kräftigen Schwankungen der Zinssätze führt, bringt die von festen Zinsversprechungen betroffenen Gläubiger und Schuldner in Schwierigkeiten, führt zu einer Veränderung der Finanzinstitutionen (variabler statt fester Zinssatz) und zu einer geringeren Verschuldungsbereitschaft, die ihrerseits wieder eine schwächere Wirkung der traditionellen Geldpolitik bedingt.
Wirtschaftswachstum führt zu Leistungsbilanzüberschüssen, wenn es angebotsinduziert ist, zu Leistungsbilanzdefiziten, wenn es nachfrageinduziert ist.
Bei 10 Zielvariablen sind es bereits 610 = 60.5 Mill. Vergleiche.
Siehe dazu auch Abschnitt 14.5.
Dasselbe Problem wurde schon weiter vorne (Abschnitt 4.1) in bezug auf die Notenbank-und Stabilitätsgesetze aufgezeigt.
“...the authorities will want to protect the existing exchange rate against external or internal shocks until they see whether these shocks are permanent, while at other times they will deliberately change the exchange rate in order to a achieve some larger macroeconomic goal” (Prachowny 1984, 7).
Daß nicht nur “Zwecke”, sondern auch “Mittel” Gegenstand von Wertsetzungen sind, findet sich schon 1933 bei Myrdal.
Der “Wirtschanspolitiker” ist allerdings in diesem Modell bloß ein Automat, der die Instrumente so setzt, daß die von der Verlustfunktion angegebenen Ziele auch tatsächlich erreicht werden.
Orosel (1984, 57f) formulierte das klassisch: “Sollen Wirtschaftspolitiker in ihren Handlungsmöglichkeiten eingeschränkt werden?... Zur Beantwortung dieser Frage müssen wir zwei Typen von Optimierungsproblemen unterscheiden: Kontrollprobleme und strategische Probleme. Bei einem Kontrollproblem beeinflussen zukünftige Entscheidungen nicht die heutigen Nebenbedingungen, kurz gesagt: Das meiner Optimierung zugrundeliegende System hat keine Erwartungen über mein Handeln. Ein strategisches Problem zeichnet sich gerade durch solche Erwartungen aus. Ein typisches Kontrollproblem ist eine Mondlandung. Der Mond erwartet keine Mondlandung und es ist ihm egal wer auf ihm landet. Bei einem Kontrollproblem wäre eine Einschränkung der Handlungsmöglichkeiten der Wirtschaftspolitik sinnlos... Ganz anders ist die Situation bei einem strategischen Problem. Hier kann es durchaus optimal sein auf Handlungsmöglichkeiten zu verzichten. So wird beispielsweise ein vorausschauender Kaufmann vielleicht manche Kunden manchmal, aber nicht alle Kunden bei jeder sich bietenden Gelegenheit übers Ohr hauen, weil seine Kunden, wenn sie dieses Verhalten erwarten, seine Kunden nicht bleiben werden. Das kurzfristig optimale Verhalten ist insgesamt suboptimal.
Die neuere Theorie bemüht sich daher, die Voraussetzungen für Spielräume der Wirtschaftspolitik abzutasten und das strategische Verhalten der Beteiligten, u.a. auch mit Hilfe spieltheoretischer Modelle, zu formulieren (Driffill 1985).
Anwendungsorientiert im Gegensatz zur rein theoretischen Wirtschaftspolitik auf der einen und der praktischen, de facto ausgeübten, auf der anderen Seite.
Das Standardwerk von Turnovsky etwa erschien erst 1977, zugleich mit Kydland/Prescott und lange nach den entscheidenden Arbeiten von Lucas.
Im günstigsten Fall kann es zu einem iterativen Prozess der Art kommen, daß der (Wirtschafts-) Politiker seine Zielvorstellungen dann ändert, wenn ihm die Berater die Unerreichbarkeit (aufgrund von tradeoff-Analysen) oder die Kosten der Erreichbarkeit (Extremwerte bestimmter Instrumente) des zunächst angestrebten Zielbündels klarmachen.
Zum folgenden siehe Borchardt 1976.
Deutschland (1849) nach Hoffman (1965) Landwirtschaft Sonstige Insgesamt Mill. Selbständige 8,3 2,2 10,5 Unselbständige 11,5 2,8 14,3 Insgesamt 19,8 5,0 24,8
Es dominierte der Elastizitätsansatz; der Absorptionsansatz wurde erst im Rahmen der monetaristischen Zahlungsbilanztheorie weithin akzeptiert.
Die Bankguthaben des privaten Sektors nahmen in der Periode 1966/84 in der BRD auf das 12 1/2-fache und in Österreich auf das 14 1/2-fache, der Wertpapierbesitz der Nicht-banken auf das 12 1/2-fache und 13 1/2-fache zu. Das nominelle Brutto-Inlandsprodukt hingegen stieg in demselben Zeitraum in Deutschland bloß auf das 5 3/4-, in Österreich auf das 7 3/4-fache.
Obwohl die Parteiprogramme der Sozialistischen Parteien in den sechziger und siebziger Jahren immer weiter nach “rechts” rückten, verloren die sozialistischen Parteien in vielen Staaten Stimmenanteile und/oder Regierungseinfluß. “Konservative” Programme gewannen an Attraktivität, die Zentrumsparteien rückten nach rechts.
“Arbeitswillig” ist in diesem Zusammenhang deswegen unter Anführungszeichen zu setzen, als der Entscheidungsspielraum dabei außerordentlich klein ist; “arbeitsunwillig” ist gleichbedeutend mit einer Entscheidung für eine Position “außerhalb der Gesellschaft”.
Entgegen manchmal geäußerten Meinungen ist natürlich auch die Bekämpfung dieser beiden Formen der Arbeitslosigkeit Ziel der Wirtschaftspolitik. Als Instrument dafür kommen jedoch nicht Nachfragesteuerung, sondern institutionelle Maßnahmen, etwa die Verbesserung des Vermittlungssystems, die Gestaltung der Arbeitslosenversicherung, die Verwendung von Mitteln der Arbeitslosenversicherung zur Förderung saisonaler Beschäftigung, etwa Winterbau, Zwischensaisontourismus oder ähnliches in Frage.
Solche Verzerrungen können sich insbesondere auch aus unterschiedlich hoher Besteuerung der Produktionsfaktoren (Arbeit, Kapital, Energie) ergeben.
Dabei sind allerdings die unterschiedlichen Konzepte zu beachten; siehe dazu Hardes 1981, 219ff.
Da das in Zeiten längerer Rezession und hoher Arbeitslosigkeit mehr Personen sind als in der Hochkonjunktur, unterschätzt die der Arbeitslosenquote die konjunkturellen Schwankungen der Arbeitslosigkeit. Andererseits gibt es natürlich auch registrierte Arbeitslosengeldempfänger, die nicht arbeitswillig sind und die Zahl der Arbeitslosen aufblähen; ihre Zahl dürfte jedoch zyklisch weniger schwanken.
Zum Beispiel in BR Deutschland und in Österreich.
Zum Beispiel in den USA, in Frankreich, Belgien, Italien.
z.B. BR Deutschland 3/4%, Großbritannien 1%, und zwar unter einer konservativen Regierung (Hahn 1972, 98).
Layard et al. 1986; Franz 1983; 1987.
“The general upshot of our argument is that the point of full employment, so far from being a resting place, appears to be a precipice over which, once it has reached the edge, the value of money must plunge into a bottomless abyss”. (Joan Robinson 1935, 188f).
Konjunkturdurchschnitte über annähernd ein Jahrzehnt.
Siehe etwa Evans 1969, Kap. 10.3.
Für Fragen des konjunkturellen tradeoff ist der kurzfristige Phillips-tradeoff natürlich zu kurz, der langfristige hingegen zu lang; der gesuchte Wert liegt irgendwo dazwischen.
Solow 1986; Franz 1987.
Hohe Arbeitslosigkeit senkt die Löhne und verteuert Kapital relativ, wodurch Investitionen eingeschränkt werden; oder: Hohe Löhne führen außer zu (klassischer) Arbeitslosigkeit auch zu niedrigen Investitionen, und die daraus resultierende Kapitalknappheit zu weiterer Arbeitslosigkeit
Zur Definition siehe Abschnitt 5.2.
Okun 1962.
Verdoorn (1951); Kaldor (1967b).
Für die BRD schätzten Richter/Schlieper/Friedman (1978, 177f) ein etwas ungünstigeres tradeoff (1/4%).
Zur Berechnung des Potentialprodukts für Österreich Breuss 1982; für die BRD Deutsche Bundesbank, Monatsberichte Oktober 1973; Sachverständigenrat: Anhang zu den Jahresgutachten (Methodische Erläuterungen)
Ein charakteristisches Beispiel für die Folgen des Fehlens von Wachstum (“Nullwachstum”) ist das ausgehende Mittelalter in Deutschland; die Stagnation verkrustete die gesamte Wirtschaft, Beschäftigungsmöglichkeiten und Dienstposten waren rationiert, die Zunftordnungen wurden zunehmend defensiv-monopolistisch und beschränkten die Zahl der Handwerker, da die stagnierende Nachfrage nur wenigen Unterhalt bieten konnte; zweite Söhne auch von Besitzenden waren letztlich chancenlos, unterlagen folgerichtig Heiratsbeschränkungen U.S.W..
Siehe dazu Van Duijn 1983.
Schwierigkeiten, diese beiden Wachstumsbegriffe auseinander zu halten, führten in den siebziger Jahren zu längeren Diskussionen zwischen den mainstream economics und den Monetaristen über die außenwirtschaftlichen Folgen einer Wachstumsbelebung. Die mainstream-ökononomen erwarteten in einem Land mit überdurchschnittlichem Wachstum Leistungsbilanzdefizite (ihre Hypothese: höheres Wachstum = höhere Nachfrage), die Monetaristen Leistungsbilanzüberschüsse (ihre Hypothese: höheres Wachstum ist raschere Zunahme der Produktivität).
Die Schätzungen sollten generell mit wohlwollender Skepsis betrachtet werden. Das tradeoff wird nicht nur sehr erheblich von der Kapazitätsauslastung beinflußt (Coe/Holtham 1973, 109), sondern wohl generell von den Ursachen der Zielverletzung, die in den Schätzungen nicht berücksichtigt wurde.
Die Radikalisierung der Zwischenkriegszeit mit ihren verheerenden Folgen insbesondere in der BRD und in Österreich wären ohne die enorm hohe Arbeitslosigkeit im Gefolge der Weltwirtschaftskrise wohl kaum erklärbar.
Siehe dazu die destruktiven Wirkungen der hohen Verschuldung auf Gesellschaft und Wirtschaft der lateinamerikanischen und einiger südostasiatischer Staaten; allerdings sollte auch nicht übersehen werden, daß umgekehrt auch die hohe Verschuldung wiederum Folge eben dieser gesellschaftlichen Instabilität ist.
Das kann aus verschiedenen Gründen falsch sein: Etwa, weil der Aufwand als Folge von Einkommenssteigerungen zunimmt (Kauf von aufwendigeren Autos), wodurch der Preisanstieg überschätzt wird, oder weil Veränderungen der relativen Preise zu Verbrauchsverlagerungen führen (Kauf verbilligter Orangen anstelle von verteuerten Äpfeln), wodurch der Aufwandsindex den Preisauftrieb unterschätzt.
In den USA werden vielfach tatsächlich Monatsraten berechnet und multiplikativ auf Jahresraten umgerechnet Dadurch tritt zwar das Problem des Preisüberhangs nicht auf, wohl aber das einer Aufblähung der Zufallsfehler.
Sachverständigenrat 1987/88, TZ 235ff.
Kravis/Lipsey (1971) konnten zeigen, daß die bei Berechnung von Preisindizes unvermeidlichen Abschätzungen des Werts von Qualitätsverbesserungen stets zu niedrig ausfallen.
Einen Überblick über die möglichen Folgen von Inflation bieten Fischer/Modigliani 1978.
Daß die Variabilität der Preise mit höherer Inflation zunimmt ist unbestritten (Coe/Holtham 1983, 105); strittig sind die Folgen der Preisvariabilität auf das Wachstum: Friedman (1977) erwartet aus theoretischen Überlegungen einen negativen Zusammenhang, Gahlen (1984) findet ihn auch empirisch bestätigt; Coe/Holtham (1983, 105) finden keinen Zusammenhang.
Da Abschreibungen nach den Steuersystemen fast aller Länder bloß vom Anschaffungswert vorgenommen werden dürfen, der bei Inflation zum Teil erheblich niedriger liegen kann als die Kosten der Ersatzinvestition, wird der steuerliche Gewinn infolge der zu geringen Abschreibung zu hoch ausgewiesen, wodurch eine Besteuerung der Substanz eintritt; der Effekt kann beachtliches Ausmaß erreichen (siehe dazu Sinn 1983b, 128ff).
Schließlich gibt es inzwischen genug Erfahrung mit wirklich hohen Inflationsraten.
Die Unternehmer verlieren im allgemeinen trotz der Scheingewinnbesteuerung infolge zu geringer Abschreibungen durch Inflation wenig, weil Vorteile etwa bei der Bewertung der Lager die zu geringe Abschreibung kompensieren dürften.
Im Durchschnitt der Jahre 1955/1987 betrug die durchschnittliche jährliche Inflationsrate gemessen am Verbraucherpreisindex der BRD 3,2%, in der Schweiz 3,5% und in Österreich 4,3%.
Im Durchschnitt der Jahre 1955/87 betrug die Inflationsrate in Schweden 6,4%, in Frankreich 6,8% und in Italien 8,2%. Die Wachstumsraten waren im Durchschnitt derselben Jahre in Frankreich und in Italien mit 4,1% am höchsten, erreichten in Österreich und Deutschland mit jeweils 3,8% mittlere Werte und lagen in Schweden mit 3,0% und in der Schweiz mit 2,9% am niedrigsten. Ein einfacher Zusammenhang ist nicht erkennbar; Wachstum und Inflation hängen eben sehr wohl auch von anderen Faktoren ab, und die Rangfolge läßt auch vermuten, daß es doch ausnützbare tradeoffs gibt.
Dabei ist es weniger die Knappheit auf den Konsumgütermärkten selbst, die zur Hinaufsetzung der Preise führt, als die in der Regel viel früher auftretende Knappheit auf den Märkten der Produktionsfaktoren, die als Kostensteigerung auf die Konsumgütermärkte weitergegeben wird.
Macht-(Monopol-)einflüsse als solche bedingen natürlich ein höheres Preis-(Lohn-)niveau und nicht eine höhere Inflationsrate. Zu einer höheren Inflationsrate führen bloß Steigerungen des Monopolgrads bzw. Steigerungen der Aufschläge.
Wenn auch um den Preis von terms of trade-Änderungen, also möglichen Wohlfahrtsverlusten.
Siehe z.B. die Praxis des Internationalen Währungsfonds (Allen 1984, 57).
Voraussetzung ist natürlich, daß die Investitionen im offenen Sektor der Volkswirtschaft erfolgen, so daß in der Zukunft entsprechende Devisenerträge aus Exporten anfallen; weiters muß eine Sicherheitsmarge für Zinsschwankungen bei variablen Sätzen eingebaut werden.
Und zwar relativ zum Ausland, nicht relativ zur inländischen Kapazität; selbst bei einer Rezession im Inland kann es zu einer Leistungsbilanzpassivierung kommen, wenn im Ausland Depression herrscht.
Die umgekehrten Vorzeichen: Zu niedrige Inflation, zu niedrige Nachfrage, zu hohes Zinsniveau, führen umgekehrt zu außenwirtschaftlichen Überschüssen, die wegen ihrer (fast unvermeidbar) inflatorischen Wirkung genauso Zielverletzungen darstellen.
Die große Bedeutung von Angebotsschocks in der neuen Literatur ergibt sich nicht (nur) daraus, daß Angebotsschocks in Form der beiden öl-(Preis-)Krisen in den siebziger Jahren tatsächlich auftraten, sondern (vor allem) daraus, daß die Annahmen über Erwartungsbildung und jederzeitige vollständige Markträumung im Konzept der Neuen Klassischen Makroökonomie Nachfrageschwankungen verhindern, sodaß allein Angebotsschocks Konjunkturschwankungen auslösen können.
Die folgenden Ausführungen konzentrieren sich auf die für stabilisierungspolitische Aussagen wichtigsten Zusammenhänge. Für Details siehe Lehrbücher der Fiskalpolitik, etwa Lachmann 1987 oder Stiglitz 1986; bezüglich der jüngeren Diskussion siehe auch die Abschnitte 14.2 und 15.1.
Gegen dieses Postulat verstieß nicht nur die Theorie der functional finance (Lerner 1944, Kap. 24), sondern vielfach auch die stabilisierungspolitische Praxis.
Analytisch — zur Trennung der Wirkungen — ist dieses Vorgehen selbstverständlich das einzig richtige. In der angewandten Wirtschaftspolitik hingegen wird es wohl bloß in seltenen Fällen empfehlenswert sein, generell expansive Fiskalpolitik mit generell neutraler Geldpolitik zu kombinieren.
Diese Investitionsausgaben werden ihrerseits der Auslöser für einen weiteren Multiplikatorprozeß, der den ursprünglichen verstärkt
Richtiger vom verfügbaren Einkommen, doch wird das in den üblichen Darstellungen aus Gründen der Vereinfachung vernachlässigt.
Sparen führt zu Sickerverlusten, weil in diesen Modellen die zusätzlichen Ersparnisse nicht zu zusätzlichen Investitionen führen (die Investitionen hängen allein von der Einkommenssteigerung ab und es gibt keine Finanzierungsprobleme); das wird in der Regel mit geringer Zinselastizität der Ersparnisse oder damit begründet, daß infolge großer Unsicherheit die Risikoprämien viel stärker schwanken als der monetäre Zinssatz.
Es sei daran erinnert, daß die Staatsausgaben im üblichen Multiplikatormodell autonom sind, d.h. daß die zusätzlichen Staatseinnahmen nicht zu zusätzlichen Ausgaben führen, also stillgelegt werden.
Für die USA Ball/Burns/Miller (1975); Evans/Riley (1975); für Österreich Schebeck/Thury (1982); für internationale Vergleiche OECD (1982, 42f), Larsen et al (1983, 70) und Richardson (1987b, Annex Table C); siehe dazu auch Fußnote 19. Es muß betont werden, daß die Multiplikatoren, die aus ökonometrischen Modellen berechnet werden, sehr viel komplizierter sind als die hier dargestellten “Lehrbuchmultiplikatoren”; sie basieren auf komplexeren Modellen mit mehr Gleichungen und berücksichtigen demgemäß zusätzliche Interaktionen.
Andererseits betonen Mankiw/Summers (1984), daß Einkommenssteuersenkungen auch restriktiv wirken können, zumindestens wenn sie nicht von entsprechender Geldpolitik begleitet sind. Eine Steuersenkung läßt nämlich die Geldnachfrage steigen: Erstens weil Konsumausgaben weniger “geldsparend” sind als Unternehmensausgaben, zweitens weil steigende Preise den Geldbedarf steigern. Aus der Studie sollte aber bestenfalls der Schluß gezogen werden, daß Fiskalpolitik von entsprechender Geldpolitik begleitet sein sollte (siehe dazu Abschnitt 7.4).
Gemessen an der Haushaltssparquote.
Importe laut VGR in % des verfügbaren Güter- und Leistungsvolumens.
Ökonometrische Modelle entheben den Berater deswegen bloß scheinbar von dieser Aufgabe, weil dann anstelle des Multiplikators vielfach exogene Komponenten von Spar-und Importneigung geschätzt werden müssen.
Die für diesen Zweck häufig verwendete langfristige Steuerelastizität führt irre, weil sie stark von der Entwicklung der Steuerbasis (z.B. überdurchschnittlicher Anstieg der Löhne wegen Ansteigens des Unselbständigenanteils) beeinflußt wird.
Betrachtet man anstelle der üblicherweise verwendeten nominellen die reale Staatsquote, ist der Anstieg sehr viel schwächer — wenn überhaupt vorhanden. Der Anstieg der Staatsquote geht daher überwiegend auf die Verteuerung — nicht Ausweitung — der Staatstätigkeit zurück und spiegelt neben den mangelnden Rationalisierungsmöglichkeiten des Dienstleistungssektors Staat auch die Probleme der Deflationierung (Output- und Produktivitätsmessung) in diesem Sektor.
Sachverständigenrat 1987/88, 214.
Bei einer Aufkommenselastizität über 1 erfordert das periodische Steuersenkungen.
Da vom Nutzen der Stabilisierungspolitik niemand ausgeschlossen werden kann, ist natürlich die Gruppe am besten dran, die die Lasten der Stabilisierungspolitik nicht mittragen muß. Dasselbe Problem zeigt sich zunehmend auch auf weltwirtschaftlicher Ebene: Mit zunehmender außenwirtschaftlicher Verflechtung wirken stabilisierungspolitische Maßnahmen zunehmend weniger auf das Inland und zunehmend stärker auf das Ausland; Versuche stabilisierungspolitischer Alleingänge, insbesondere in expansiver Richtung, werden zunehmend schwieriger (siehe die Erfahrungen Frankreichs im Jahr 1981; Larsen et al 1983, 57). Demgemäß schieben die einzelnen Länder die Last der Stabilisierungspolitik (insbesondere in expansiver Richtung) gerne den jeweils anderen zu (Lokomotivtheorien, bei denen die Amerikaner die Lokomotive in Deutschland und Japan, die Europäer hingegen in den USA suchen). Siehe dazu allerdings auch Abschnitt 19.4.
Siehe dazu Abschnitt 9.3.
Nach OECD-Schätzungen erreicht der Multiplikator für Nicht-Lohn-Staatsausgaben bei akkomodierender Geldpolitik und stabilitätpolitischen Alleingängen einen Wert (Maximalwert nach 2 Jahren) von 2.0 in den USA, von 1.5 in Deutschland, von 1.1 in Großbritannien und 1.0 in Schweden. Bei konzertierter Aktion aller OECD-Staaten steigt der Multiplikator nach dem 2. Jahr meist noch weiter an und erreicht in den USA 2.5, in der BRD 3.6, in Großbritannien 2.4 und in Schweden 3.2.
In der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung werden Bahn und Post dem Unternehmenssektor zugerechnet Für Fragen der Stabilisierungspolitik sind sie dem Staatssektor zuzurechnen, soferne ihre Ausgaben vom Träger der Wirtschaftspolitik gesteuert werden können.
In einer tiefen Rezession wäre zu befürchten, daß die zusätzliche Investitionsförderung wirkungslos bleibt, weil die Unsicherheit der Unternehmer zu groß ist.
Arts (1978, 175ff) fand in den englischen Modellen kein bzw. sogar negatives crowding out. Er führt das darauf zurück, daß die höheren Zinszahlungen für die gestiegene Staatsschuld das Einkommen des privaten Sektors erhöhen und dementsprechend hohe Ausgaben auslösen, die die negativen Wirkungen auf die Investitionen überkompensieren.
Zur “Selbstfinanzierung” fiskalpolitischer Maßnahmen siehe Gandenberger (1983, 848) und Oberhauser (1985).
Diese Erwartung resultiert daraus, daß expansive Maßnahmen bei Unterauslastung der Kapazität ergriffen werden, die Preise aber erst steigen, wenn die Kapazitäten gut ausgelastet sind; restriktive Maßnahmen — bei überhöhter Auslastung — wirken auf die Mengen hingegen erst, wenn die nominelle Obernachfrage abgebaut ist
Er ergibt sich im allgemeinen aus strukturellen Faktoren, und zwar daraus, daß durch expansive Maßnahmen bei Unterauslastung in einzelnen Bereichen Preise zu sinken aufhören, nicht daß die Preise generell rascher steigen. Ähnlich treffen restriktive Maßnahmen in der Hochkonjunktur einzelne Bereiche mengenmäßig schon bevor die Nachfrage global so stark abgenommen hat, daß die Preis-Lohnspirale gebrochen wird.
Die folgenden Ausführungen enthalten bloß die für stabilisierungspolitische Überlegungen wichtigsten Argumente und Zusammenhänge; sie können ein Lehrbuch der Geldtheorie und -politik nicht ersetzen. Für Details siehe etwa Duwendag (31985) oder Jarchow (41983); bezüglich neuerer Entwicklungen siehe auch die Abschnitte 14.1, 14.2 und 15.2.
Ein Finanzierungsdefizit, bei dem die Ausgaben die Einnahmen übersteigen, ist streng von einem betriebswirtschaftlichen Defizit zu unterscheiden, bei dem die Kosten die Erträge übersteigen; ein Budgetdefizit der öffentlichen Hand ist ebenso ein Finanzierungsdefizit wie das Finanzierungsdefizit eines Unternehmens, das — möglicherweise gerade wegen seiner guten Ertragslage — mehr investiert als es selbst finanzieren kann und so einen (investitionsbedingten) Ausgabenüberschuß mit Bankkrediten finanziert.
Die Notwendigkeit der Mitwirkung Dritter ist kein Gegensatz zwischen Fiskal- und Geldpolitik: Ohne Mitwirkung Dritter funktionieren Staatsausgaben für Güter und Dienstleistungen und die Geldpolitik in restriktiver Richtung; der Mitwirkung Dritter, nämlich ihrer Ausgabenentscheidung, bedürfen alle anderen Staatsausgaben (insbesondere Transfers) und Steuersatzänderungen ebenso wie die Geldpolitik in expansiver Richtung.
Es handelt sich dabei somit um einen typischen Fall der Änderung der Verhaltensweisen und der Struktur als Folge wirtschaftspolitischer Maßnahmen. Siehe dazu Abschnitt 15.3.
Nach Chan-Lee (1986, 212f) schwankt selbst die Rendite des Kapitalbestands der nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften relativ stark, obwohl die Aggregation über alle Unternehmungen und Branchen ebenso wie die Verwendung von Bestandsdaten die Schwankungen stark dämpfen muß. Desto stärker müssen die Ertragserwartungen einzelner Investitionsobjekte im Konjunkturverlauf schwanken, auf die es in diesem Zusammenhang ankommt
Allerdings können die Währungsbehörden die Entscheidung in die eine oder andere Richtung unterstützen, indem sie eine Veränderung der Zinssätze durch Offenmarktpolitik, Diskont- oder Lombardpolitik naheiegen, oder durch die Wahl ihrer Instrumente primär Mengenreaktionen auslösen (Mindestreservenpolitik, Kreditplafondierung). Siehe dazu auch Abschnitt 8.3.
Nach dem zweiten Weltkrieg betrug die amerikanische Staatsschuld über 100% des Bruttoinlandsprodukts, während der Periode des Zins-Zwischenziels sank sie allmählich bis auf zuletzt zwei Fünftel.
Bezüglich der Darstellung einer sehr ähnlichen Entwicklung in Großbritannien siehe Buiter/Miller (1983, 322).
Österreich, die Niederlande und Canada verwenden nominelle Wechselkurs-Ziele (siehe dazu Abschnitt 10.2).
“Reale Schocks” in moderner Terminologie.
Die Analyse folgt Poole (1970); sie geht davon aus, daß das einzige Ziel der Geldpolitik darin besteht, das Vollbeschäftigungseinkommen zu erreichen und seine Schwankungen zu minimieren. Sie nimmt an, daß die Wirkung der Zwischenziele auf die Ziele voll determiniert ist und vernachlässigt lags. Ohne diese Annahmen lassen sich keine klaren Aussagen treffen (Smith 1974).
Die (verglichen zum Gütermarkt) raschere Anpassung des Geldmarkts wird durch empirische Studien bestätigt: Nach Roth (1981) wird die erwünschte Kassenhaltung binnen fünf Monaten zu 90% erreicht
Genau: Ohne Kassenbestände der Banken.
In einer konsolidierten Bilanz werden identische Posten auf Aktiv- und Passivseite (etwa ZE aber auch RE) gegeneinander aufgerechnet.
Wechsel und Wertpapiere müssen in der Regel bestimmte Bedingungen hinsichtlich Laufzeit, Aussteller, Form usw. erfüllen. Diese Vorschriften mögen betriebstechnisch-risikopoli-tisch für die Zentralbank von Bedeutung sein, volkswirtschaftlich-wirtschaftspolitisch sind sie es keineswegs und sollen daher in diesem Rahmen nicht weiter behandelt werden.
Vielfach behaupten die Zentralbanken, die Offenmarktgeschàfte müßten kurzfristige Papiere betreffen, weil der Verkauf größerer Posten von Papieren auf dem Markt entweder überhaupt nicht möglich wäre, oder jedenfalls zu starken Kursschwankungen führen müßte; der Handlungsspielraum der Geldpolitik würde dadurch arg beschränkt. Demgemäß könnten für die Offenmarktpolitik bloß kurzfristige Papiere herangezogen werden, die sehr rasch fällig werden. Diese Argumentation kann wenig überzeugen: Selbst wenn die Aktivseite der Notenbankbilanz allein aus zehnjährigen Papieren bestünde, würde davon ein Zehntel pro Jahr fällig, d.h. die Zentralbankgeldmenge könnte jährlich allein durch Ausnützen der Fälligkeiten ohne zusätzliche Verkäufe um 10% eingeschränkt werden. Eine Einschränkung der Zentralbankgeldmenge um 10% wäre jedoch eine geradezu dramatische Einschränkung, die zumindestens in den letzten 25 Jahren weder in der Bundesrepublik Deutschland noch in Österreich nötig war.
Erfahrungsgemäß kann dieser Schutz bloß die ärgsten Mißbräuche verhindern.
Bei Intermediation vermittelt die Bank nicht bloß zwischen letztem Schuldner und letztem Gläubiger, wie das etwa auf den Wertpapiermärkten erfolgt, sondern sie tritt haftend zwischen diese beiden. Die Bank ist Schuldner des letzten Gläubigers und Gläubiger des letzten Schuldners.
Vom Portefeuilleanpassungsprozeß, der weiter vorne beschrieben wurde, soll nun abstrahiert werden; das ist deswegen möglich, weil zwar der Verkäufer des Offenmarktpapiers die Einlage möglicherweise bloß für einen Tag tätigt, bis er ein längerfristiges Papier gekauft hat Am nächsten Tag stellt sich dasselbe Problem jedoch für den Verkäufer des längerfristigen Wertpapiers, der wiederum — bis zu einer besseren Anlage — den Erlös auf einem Bankkonto halten wird. Die Einleger mögen also wechseln, für den gesamten Bankapparat bleibt die Einlage zumindestens dann erhalten, wenn man von einem konstanten, für alle Einleger gleichen Bargeld-/Bankeinlagenanteil b ausgeht.
Anders wäre hingegen die Multiplikatorformel wenn — was häufig geschieht — statt der Bargeld/Einlagen-Relation b, die Bargeidquote b1 = BG/M verwendet worden wäre. Dann betrüge der Geldschöpf ungsmultiplikator m1 = 1/[(b + r)(1 -b)].
Siehe Übersicht 8.2/1.
Bereinigt um die Veränderung der Mindestreservesätze.
Zu konstanten Mindestreservesätzen (Diese Größe eignet sich eher als Zwischenziel denn als Indikator); siehe Duwendag 1976, 283ff.
Jarchow 41983, Kap. N/2 und die dort zitierte Literatur.
Z.B. Kauf von Devisen um die Zentralbankgeldmenge wachsen zu lassen oder den Wechselkurs zu stützen.
Z.B. Erhöhung der Mindestreservenverpflichtung durch Erhöhung der Mindestreservesätze oder durch Erhöhung der Einlagen.
Die Unterschiede zwischen den Modellen sind so groß, daß es wenig Sinn hat, nach Unterschieden in der Instrumentenwirkung zwischen mehr oder weniger offenen Volkswirtschaften zu suchen.
Vermittlung der Banken zwischen letztem Schuldner und letztem Gläubiger.
Andererseits kann die Geldpolitik diese Effekte bloß begrenzt nutzen ohne erhebliche Insol-venzrisken für die Banken und damit potentielle Verhaltensänderngen auszulösen.
Vom unterschiedlichen Transmissionsweg abgesehen deuten neuere amerikanische Untersuchungen auch unterschiedliche Wirkungen an: Unter bestimmten Voraussetzungen wirkt der Ankauf sicherer privater Aktiva durch die Zentralbank (= Refinanzierung der Banken) weniger inflatorisch als der Ankauf von Staatspapieren (Sargent/Wallace 1982).
Eine solche Transaktion ist in den meisten Staaten bloß in begrenztem Rahmen für bestimmte Zwecke möglich.
Unterschiede ergeben sich im weiteren natürlich daraus, daß die Zinszahlungen für Auslandskredite in Devisen erfolgen müssen.
Diese keineswegs selbstverständlichen Annahmen werden gerne übersehen.
Siehe dazu die Abschnitte 14.2 und 15.3.
Der Anteil der Außenwirtschaft (Durchschnitt aus Exporten und Importen im weiteren Sinn laut volkswirtschaftlicher Gesamtrechnung) am Brutto-Inlandsprodukt macht bloß 10% aus, gegen 30% in der BRD und 40% in Österreich.
Siehe dazu Abschnitt 4.2.1.
Grundsätzlich steht die Kollektiwertragsfähigkeit in Österreich den gesetzlichen Interessenvertretungen der Arbeitnehmer (Kammer für Arbeiter und Angestellte) und der Arbeitgeber (Kammer der gewerblichen Wirtschaft) zu. Die Kammer für Arbeiter und Angestellte hat ihre Kollektiwertragsfähigkeit allerdings den Fachgewerkschaften übertragen. Der Einfluß des zentralen Gewerkschaftsbundes auf die Lohnverhandlungen der Fachgewerkschaften resultiert daraus, daß er den Streikfonds verwaltet, sodaß gegen seinen Willen keine Streikgelder ausgezahlt werden können.
Auf Verteilungsneutralität einigte man sich nicht aus Zufriedenheit mit der gegenwärtigen funktionellen Einkommensverteilung, sondern als kleinsten gemeinsamen Nenner der zwangsläufig widerstreitenden Interessen.
“Offiziell” ging man die längste Zeit von einer Faustformel in Anlehnung an eine Produktivitätsorientierung aus (Benya-Formel: 3% + Inflationsrate). Tatsächlich aber wurde eine sehr viel differenziertere kostenniveauneutrale Lohnpolitik betrieben (Breuss 1983, Tichy 1988).
Diese Gefahr ist allerdings desto geringer, je offener die Volkswirtschaft und je mehr die Preise demgemäß vom Ausland bestimmt werden.
Wegen der verzögerten Reaktion von Arbeitsmarkt, Löhnen und Preisen sind gerade in dieser Phase die Lohnforderungen meist besonders hoch; im frühen Aufschwung erscheint tax bribery gefährlich, weil die Nachfrage nach Arbeitskräften die wage drift (Überzahlungen der Mindestlöhne) steigen ließe, wenn sich die Gewerkschaften bei Tariflohnforderungen zurückhielten.
Es soll keineswegs behauptet werden, daß damit ausschließlich einkommenspolitische Zielsetzungen verfolgt wurden.
Kooperative Formen der Einkommenspolitik ermöglichen es der Gewerkschaftsführung auf prozyklische Lohnpolitik zu verzichten (Kienzl 1983, 227; Breuss 1983; Tichy 1988).
Siehe dazu den Überblick in Parkin/Summer/Jones 1972.
Die deutsche Sprache kann zwischen marktmäßigen und wirtschaftspolitischen Änderungen der Wechselkurse nicht differenzieren. Im Englischen wird zwischen appreciation/depreciation und revaluation/devaluation deutlich unterschieden.
Die Theorie kristisierte zwar die fixen Kurse, machte sich aber recht dubiose Vorstellungen über das Funktionieren flexibler:” It was more a case of declaring a second performer the winner in a singing contest after hearing the first performer sing (Cooper 1985a, vii).
In den Jahren 1973/84 schwankten die realen Wechselkurse 2 1/2- bis 3-mal, und die nominellen 6-mal so stark wie in den Perioden fester Wechselkurse 1961/70 (IMF 1984, 12, 38ff).
“... the exchange rate remains a target for economic policy, not a fixed target as before, but still a variable to which the authorities make some commitment. The important consideration here is the time horizon of policy-makers. The authorities generally feel that in the short run a nominal variable such as the exchange rate can influence real economic activity, but in the long run it is neutral. As a consequence, they will attempt to control the exchange rate for some time, not only with direct intervention in the foreign exchange market, but with the whole panoply of policy instruments in their arsenal. These considerations dictate a strategy where the exchange rate is policy-determined in the short run and market-determined in the long run.” (Prachowny 1984, 6f).
Das 1979 in Kraft getretene EWS ist ein regional begrenztes System fester, aber anpassungsfähiger Paritäten. Die beteiligten Notenbanken müssen (unbegrenzt) intervenieren, wenn die Kurse mehr als +/- 2 1/4% (Lire +/- 6%) von den Leitkursen abweichen. Leitkurse werden nach vorherbestimmten Konsultations- und Handlungsregeln festgelegt, die sich an bestimmten statistischen Größen (Abweichungsindikator) orientieren. Mitglieder des EWS sind Belgien, Dänemark, Frankreich, Bundesrepublik Deutschland, Irland, Italien, Luxemburg und die Niederlande, seit 1980 auch Großbritannien.
Angenommen wird dabei, daß jedes Land in seiner eigenen Währung fakturiert und die Preise in der jeweiligen Inlandswährung durch die Abwertung nicht beeinflußt werden.
Im großen Land hingegen, in dem die Exporte in Inlandswährung fakturiert werden und das — im Extremfall — eine dem Aufwertungssatz entsprechende Verteuerung der Preise in Auslandswährung durchsetzen kann, sinkt die Exportmenge (bei einer Aufwertung um 10% um vielleicht 15%) und demgemäß sinken die Exporterlöse in Inlandswährung (gleichfalls um 15%).
Das läßt sich schon anhand ganz einfacher Multiplikator-Akzelerator-Modelle zeigen (Hicks 1950), und wird desto deutlicher, je mehr Strukturverzerrungen berücksichtigt werden (Hayek 1933).
Früher bezeichnete man das als Wachstumspolitik, heute vielfach als Supply-Management.
Siehe Abschnitt 5.1.
Auf die Notwendigkeit einer Konstanz der Wirtschaftspolitik hat bereits Eucken (1952, 288) hingewiesen.
Siehe dazu auch Abschnitt 20.2.
Werden diese Annahmen aufgegeben, gilt auch diese Assignationsregel von Mundeil/ Fleming nicht (Sachs 1980).
Überdies fließen auch die (geringen) zusätzlichen Abgaben bloß zum Teil dem Zentralstaat zu, der die konjunkturpolitischen Maßnahmen setzt und damit ihre Kosten trägt, zu einem sehr großen Teil den Ländern, Gemeinden und der Sozialversicherung.
Die langfristigen Überlegungen dürften in den modernen Überlegungen etwas zu stark betont werden; stabilisierungspolitisch relevant sind vor allem mittelfristige Wirkungen.
In diesem Fall gilt — wie so oft — die Warnung des Wiener Literaten Karl Kraus: “Gut gemeint ist das Gegenteil von gut”.
Vorläufer dieser Tradition sind Mises (1926) und Simons (1936).
Beide Arbeiten lassen vermuten, daß wirtschaftspolitische Ziele bzw. Zwischenziele, nämlich Inflationsdämpfung (1984, 377ff) bzw. geringe Variabilität der Geldmenge (1986, 90) eben wegen der möglichen Reaktion der Wirtschaftssubjekte indirekt offenbar effizienter und mit größerer Wahrscheinlichkeit erreicht werden können als direkt.
Siehe Abschnitt 4.2.2.
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Tichy, G. (1988). Die Traditionelle Theorie und Praxis der Stabilisierungspolitik. In: Konjunkturpolitik. Heidelberger Taschenbücher, vol 253. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-97134-1_2
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