Zusammenfassung
Bei Betrachtung des zeitlichen Verlaufs der NGF-Regulation in den in Kapitel 6.2 dargestellten tierexperimentellen Läsionsmodellen des ZNS und bei der DAT (Kapitel 7) fällt ein gemeinsames Muster auf (aktuelle Übersicht bei Hellweg et al. 1998b). In den akuten Läsionsmodellen waren die NGF-Konzentrationen entweder unverändert wie bei der kurzfristigen „Präkonditionierung“ (siehe Riepe et al. 1996), oder es kam initial (zwei Wochen) nach einer exzitotoxischen Läsion der cholinergen Neurone im NBM zu einer Reduktion der NGF-Konzentrationen in den Projektionsregionen dieser Neurone mit nachfolgender „Normalisierung“ nach drei Monaten (Kapitel 6.2.2). In einem inkompletten Läsionsmodell des cholinergen septo-hippocampalen Systems zeigten wir, daß eine einmalige icv Injektion des Cholinotoxins AF64A die hippocampale ChAT-Aktivität dosisabhängig reduzierte, aber die NGF-Genexpression und NGF-Produktion verstärkte (Kapitel 6.2.3). Da sich sowohl die hippocampale als auch septale ChAT-Aktivität teilweise wieder normalisierten, schlußfolgerten wir, daß bei noch inkompletter Schädigung des cholinergen basalen Vorderhirns eine gesteigerte NGF-Synthese eine anhaltende kompensatorische Rolle zur Schadensbegrenzung spielt, wie es bei initialen neurodegenerativen Prozessen durchaus zutreffen mag (Hellweg et al. 1997). In einem chronischen Läsionsmodell der zentralen cholinergen Neurone beobachteten wir einen starken Anstieg der NGF-Konzentrationen in den Ursprungs- und Projektionsregionen der cholinergen Neurone im basalen Vorderhirn nach sechs Monaten Alkoholintoxikation, während sich nach neun Monaten Intoxikationsdauer die NGF-Konzentrationen nicht mehr von denen unbehandelter Tiere unterschieden und im Cortex sogar leicht erniedrigt waren (Kapitel 6.2.4). Auch die chronische Alkohol-induzierte Degeneration des cholinergen Systems des basalen Vorderhirns stimuliert verschiedene Regenerationsprozesse, einschließlich der NGF-Genexpression, die aber nicht ausreichen, die reduzierte ChAT-Expression wieder zu normalisieren (Arendt et al. 1995a und b). Nach kompletter cholinerger Läsion ist schließlich trotz erhöht vorgefundener NGF-Konzentrationen kein Anstieg der NGF-Expression mehr beobachtet worden (aktuelle Übersicht bei Hörtnagl und Hellweg 1997a). Die erhöhten NGF-Konzentrationen sind auf den Verlust cholinerger Neurone und des hieraus resultierenden fehlenden Abtransportes aus den NGF-synthetisierenden Zielregionen zurückzuführen (Korsching et al. 1986, Yu et al. 1996) und spiegeln vermutlich einen weit fortgeschrittenen oder finalen Krankheitszustand wider, wie er auch im Post-mortem-Gehirn von DAT-Patienten gefunden wird (siehe Hellweg et al. 1997, Hörtnagl und Hellweg 1997a und b). Entsprechend fanden wir in einer präliminären DAT-Studie bei den nicht-dementen Patienten mit (eventuell noch frühem) Plaquenachweis im frontalen Cortex niedrigere NGF-Konzentrationen als bei den Patienten ohne frontale βA4-Plaques, während die NGF-Konzentrationen bei den DAT-Patienten im frontalen und temporalen Cortex im Vergleich zu Kontrollen deutlich erhöht waren (Kapitel 7.2; Hellweg et al. 1998a).
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© 2000 Dr. Dietrich Steinkopff Verlag, GmbH & Co. KG Darmstadt
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Hellweg, R. (2000). Entwicklung einer vereinheitlichenden Hypothese zum zeitlichen Verlauf der NGF-Regulation im Rahmen der Degeneration zentraler und peripherer Neurone. In: Der Nerve Growth Factor bei neuropsychiatrischen Erkrankungen. Monographien aus dem Gesamtgebiete der Psychiatrie, vol 95. Steinkopff. https://doi.org/10.1007/978-3-642-96006-2_8
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-642-96006-2_8
Publisher Name: Steinkopff
Print ISBN: 978-3-642-96007-9
Online ISBN: 978-3-642-96006-2
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