Zusammenfassung
Der italienische Historiker Carlo Ginzburg (geb. 1939) hat eine neue Methode der Geschichtsforschung vorgestellt: Er beschreibt die Vergangenheit nicht auf der Ebene der „großen“ Ereignisse (der Ebene der sog. Herrschafts- und Ereignisgeschichte), sondern er sucht sie in den „profanen Niederungen“ des Lebens eines Volkes. Er verfolgt eine „Spurensicherung“ im Alltäglichen. Als Vorläufer seiner Forschungsmethode, die er als „Indizienwissenschaft“ bezeichnet, gibt er drei bekannte Persönlichkeiten an: Giovanni Morelli, Sigmund Freud und Sherlock Holmes:
Morelli entwickelte 1874 eine neue Methode zur Identifizierung alter Bilder: Indem er sich auf scheinbar nebensächliche Details wie Ohrläppchen oder Fingernägel konzentrierte, in denen ein Künstler sich verrät wie ein Verbrecher durch seine Fingerabdrücke, revidierte er die Zuordnung zahlreicher Gemälde aus einigen der wichtigsten Museen Europas. Sigmund Freud, von den Arbeiten Morellis beeindruckt, machte diese Methode des versteckten Details für die Psychoanalyse nutzbar. Und Sherlock Holmes entlarvte den Täter, den alle übersehen, an einem halbversteckten Ohr … Der Kunstsachverständige ist also dem Detektiv vergleichbar: Er entdeckt den Täter … mittels Indizien, die dem Außenstehenden unsichtbar bleiben“ (Ginzburg 1983, S. 81).
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Johnen, R. (1995). Erstheit - Zweitheit - Drittheit. Zeichen des Werdens: Zur Semiotik der Triangulierung. In: Buchheim, P., Cierpka, M., Seifert, T. (eds) Teil 1 Konflikte in der Triade Teil 2 Spielregeln in der Psychotherapie Teil 3 Weiterbildungsforschung und Evaluation. Lindauer Texte. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-95727-7_4
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