Zusammenfassung
Psychische Erkrankungen im Alter haben in der Gesellschaft, aber auch in der Psychiatrie selbst bisher nur wenig Interesse gefunden. Gerontopsychiatrie wird, von wenigen Ausnahmen abgesehen, an Universitäten nicht gelehrt und ist in den Fachgesellschaften bzw. -verbänden nur wenig repräsentiert. Die psychiatrische Diskussion handelt oft nur von der Demenzerkrankung, die in Kliniken und Pflegeheimen sicherlich von nicht zu unterschätzender Bedeutung ist; in dieser Einengung wird aber der Blick für die anderen psychiatrischen Alterskrankheiten eher verstellt denn erweitert. Da die Demenz vorwiegend organisch bedingt ist, sind auch organisch ausgerichtete Psychiater noch am ehesten an der Alterspsychiatrie interessiert. Psychotherapeutische und psychodynamische Überlegungen sind, bis auf wenige Ausnahmen, der Alterspsychiatrie fremd. Psychoreaktive bzw. neurotische Erkrankungen kommen aber ebensohäufig wie Demenzerkrankungen vor, während Psychosen im engeren Sinn zahlenmäßig in den Hintergrund treten (Cooper u. Sosna 1983). Deshalb ist eine andere Gewichtung notwendig. Die vorherrschende Fixierung auf das Problem der Demenz wird über der Hälfte der psychisch Alterskranken nicht gerecht. Allerdings muß das Lebensalter berücksichtigt werden. In der Versorgung der über 80jährigen wird man in sehr vielen Fällen die Demenz zu berücksichtigen haben. Die Lebensqualität der 60-bis 70jährigen hängt dagegen in der Mehrzahl der Fälle von anderen psychischen Faktoren ab. Diesem muß in Betreuung und Therapie Rechnung getragen werden.
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Kipp, J., Jüngling, G. (1991). Zur Dynamik psychischer Erkrankungen. In: Verstehender Umgang mit alten Menschen. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-95626-3_2
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