Zusammenfassung
Spätestens mit der — längst vollzogenen — Überwindung des sog. egozentrischen Ansatzes des Umweltschutzes,11 also mit der Anerkennung einer über das eigene, auch nahestehende Personen betreffende Interesse hinausgehenden Pflicht zur Rücksichtnahme gegenüber der Umwelt, wird der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen zu einer Aufgabe des Gemeinwesens.12 Die natürlichen Lebensgrundlagen werden zu Gemeinschaftsgütern, an deren Erhaltung und zukünftigen Nutzungsmöglichkeit alle zu dem Gemeinwesen gehörenden Individuen ein (auch existentielles) Interesse haben. Aber auch dort, wo es nicht um die Abwehr von Gefahren für Rechtsgüter von Menschen geht, bedarf es wegen der allgemeinen Bedeutung dieser Gemeinschaftsgüter — jedenfalls insoweit, als gesellschaftliche Regelungsmechanismen zur Erreichung der genannten Zielsetzung nicht (hinreichend) tauglich sind — des Staates als einer übergeordneten Regelungsmacht. Diese hat das Allgemeininteresse an der Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen zu konkretisieren und durchzusetzen, soweit dieses gewichtiger als andere Interessen ist. Aus der Dimension der bezeichneten Aufgabenstellung folgt die Erkenntnis, daß letztlich nur der Staat — u. a. kraft seines Gewaltmonopols — über die erforderlichen Mittel und die Macht verfügt, um sie zu realisieren.13
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Literatur
Vgl. D. Rauschning, VVD St RL 38, 1980, S. 167 ff. (172).
Vgl. statt vieler M. Kloepfer, Umweltschutz und Verfassungsrecht, DVB1. 1988, 305 ff. (308 ff.); D. Rauschning, WDStRL 38, 1980, S. 167ff. (177 ff.).
Vgl. P. Henseler, Verfassungsrechtliche Aspekte zukunftsbelastender Parlamentsentscheidungen, AöR 108 (1983), S. 489 ff. (547 ff.); H. Hofmann, Nachweltschutz als Verfassungsfrage, ZRP 1986, S. 87 ff.; D.Murswiek, Die staatliche Verantwortung für die Risiken der Technik, Berlin 1985, S. 206 ff.
Ausdrücklich etwa P. Marburger, Das technische Risiko als Rechtsproblem, Bitburger Gespräche Jahrbuch 1981, S. 39 ff. (44), demzufolge der Verfassung kein individuelles, dem Staat gegenüber geltend zu machendes Recht auf Risikofreiheit entnommen werden kann.
Vgl. etwa E. Benda, et 1981, 868 ff. (870 m. w. N.).
Ausführlich zu den einzelnen Vorschlägen M. Kloepfer, DVB1. 1988, 305 ff. (311 ff.).
Vgl. zur aktuellen Diskussion O. Depenheuer, DVB1. 1987, 809 ff.; Dt. Bundestag (Hrsg.), Verankerung des Umweltschutzes im Grundgesetz — Anhörung des Rechtsausschusses, Bonn 1988; K. Heinz, ZfU 1988, 1 ff.; M. Kloepfer, DVB1. 1988, 305 ff. (311 ff.); L. Michel, Staatszwecke, Staatsziele und Grundrechtsinterpretation unter besonderer Berücksichtigung der Positivierung des Umweltschutzes im Grundgesetz, Frankfurt 1986; ders., NuR 1988, 272 ff.; D. Murswiek, ZRP 1988, 14 ff.; A. v. Mutius, WiVerw 1987, 51 ff.; H. J. Peters, NuR 1987, 293 ff.; D. Rauschning, DÖV 1986, 489 ff.; H.H.Rupp, DVB1. 1985, 990 ff.; K.Stern, NWVB1. 1988, 1 ff.; R. Stober, JZ 1988, 426 ff.; E. Wienholtz, AöR 109 (1984), 532 ff.
Vgl. hierzu etwa D. Murswiek, Die staatliche Verantwortung für die Risiken der Technik, Berlin 1985, S. 88 ff.; H. G. Henneke, Landwirtschaft und Naturschutz, 1986, S. 110 ff.
Zu den Gründen vgl. M. Kloepfer, DVB1. 1988, 305 ff. (308).
Der Bund besitzt die — meist umfassend ausgeschöpfte — konkurrierende Gesetzgebungskompetenz (Art. 74) auf den Gebieten des Kernenergierechts (Nr. 11 a), des Pflanzen- und Tierschutzrechts (Nr. 20), des Gefahrstoffrechts (Nr. 11, 12, 17, 19, 20), des Abfall-, Lärmschutz- und Luftreinhaltungsrechts (Nr. 24), sowie die Rahmenkompetenz (Art. 75) auf den Gebieten des Naturschutzes und der Landschaftspflege (Nr. 3), der Raumordnung und des Wasserhaushalts (Nr. 4).
Vgl. dazu H. Müller, BayVBl. 1988, 289 ff., der zu recht darauf verweist, daß den Ländern aufgrund der Verwaltungszuständigkeiten ein weitgehender Spielraum beim Gesetzesvollzug verblieben ist (zustimmend D.Engelhardt, BayVBl. 1988, 294 ff., 295).
H. Müller, BayVBl. 1988, S. 289 ff. (292).
Vgl. dazu M. Kloepfer, JZ 1984, 685 ff. m. w. N.
Zum Begriff “Umweltstandard”vgl. etwa M. Krusche, Umweltrecht: Neues Denken — neue Perspektiven, Stuttgart 1988, S. 42 m. w. N.
Vgl. dazu M. Ronellenfitsch, Die Durchsetzung staatlicher Entscheidungen als Verfassungsproblem, in: B. Börner (Hrsg.), Umwelt, Verfassung, Verwaltung, Baden-Baden 1982, S. 13 ff.
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Kloepfer, M. (1989). Zum heutigen Verständnis der Rolle des Staates im Umweltschutz: Von der Staatsaufgabe Umweltschutz zur Staatspflicht?. In: Kloepfer, M. (eds) Umweltstaat. Ladenburger Diskurs. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-95596-9_7
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