Zusammenfassung
In diesen Sätzen, die dem Vorwort der 1. Auflage des 1940 erschienenen „Gestaltkreises“ von Viktor von Weizsäcker entnommen sind, kann man eine Art programmatische Leitlinie sehen, die sein ganzes wissenschaftliches Werk durchzieht. Das Leben erschließt sich nur in der Gesamtheit seines Ablaufs. Die Frage nach der Schöpfung und damit das Verhältnis zur Theologie wird scheinbar ausgeklammert, und doch zeigt gerade die Biographie Viktor von Weizsäckers — und dies bedeutet eine unmittelbare Anwendung seiner wissenschaftlichen Erkenntnisse auf sein eigenes Leben —, daß ihn auch die Fragen nach dem Grund des Lebens und damit nach der Schöpfung im Innersten bewegt haben, wie dies Martin Buber, Hans Ehrenberg und Richard Siebeck in der 1956 erschienenen Freundesgabe zu seinem 70. Geburtstag dargestellt haben.
„Um Lebendes zu erforschen, muß man sich am Leben beteiligen... Am Anfang jeder Lebenswissenschaft steht nicht der Anfang des Lebens selbst; sondern die Wissenschaft hat mit dem Erwachen des Fragens mitten im Leben angefangen.
Der Absprung der Wissenschaft vom Leben ähnelt also dem Erwachen aus dem Schlaf. Man sollte daher nicht, wie oft geschehen ist, mit dem unbelebten Stoff oder dem Toten anfangen, etwa durch Aufzählen der in den Organismen vorkommenden chemischen Elemente. Das Lebende entsteht nicht aus dem Toten... das Leben selbst stirbt nicht; nur die einzelnen Lebewesen sterben. Der Tod der Individuen aber begrenzt, besondert und erneut das Leben. Sterben bedeutet Wandlung ermöglichen. Der Tod ist nicht der Gegensatz zum Leben, sondern der Gegenspieler der Zeugung und Geburt; Geburt und Tod verhalten sich wie Rückseite und Vorderseite des Lebens, nicht wie logisch einander ausschließende Gegensätze. Leben ist: Geburt und Tod.“
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Editor information
Editors and Affiliations
Rights and permissions
Copyright information
© 1987 Springer-Verlag Berlin Heidelberg
About this chapter
Cite this chapter
Engler, H. (1987). Begrüßung durch den Minister für Wissenschaft und Kunst des Landes Baden-Württemberg. In: Hahn, P., Jacob, W. (eds) Viktor von Weizsäcker zum 100. Geburtstag. Schriften zur anthropologischen und interdisziplinären Forschung in der Medizin. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-95500-6_2
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-642-95500-6_2
Publisher Name: Springer, Berlin, Heidelberg
Print ISBN: 978-3-540-16747-1
Online ISBN: 978-3-642-95500-6
eBook Packages: Springer Book Archive