Allgemeine Grundsätze für die Beurteilung der Verantwortungsfähigkeit im Recht

Zusammenfassung

In unserem gesamten sozialen Leben gilt die für das unreflektierte Denken ganz selbstverständliche Annahme, daß der gesunde, normale erwachsene Mensch für das, was er tut und läßt, verantwortlich zu machen ist. Die Voraussetzung einer solchen menschlichen Verantwortungsfähigkeit ist eine wesentliche Grundlage der Pädagogik und eines der bedeutendsten Fundamente, auf denen sich jegliche Rechtsordnung errichtet. In unserem Strafrecht wird sie mit den Begrijffen der Zurech- nungs- und Schuldfähigkeit und in unserem Zivilrecht mit denen der Geschäfts- und Deliktsfähigkeit angesprochen. Losgelöst von allen juristischen Codifikationen bleiben wir zunächst bei dem allgemeinen Begriff Verantwortlichkeit um klarzustellen, daß die Erörterung dieses umfangreichen Themas an dieser Stelle auf das Grundproblem eingeengt werden soll. In der forensischen Psychologie und Psychiatrie ist die Zu- oder Aberkennung der Verantwortungsfähigkeit das theoretische Zentralproblem im allgemeinen und sie wird in foro zur konkreten praktischen Frage des Individualfalles. In unseren nachfolgenden Ausführungen soll gezeigt werden, nach welchen Grundsätzen der psychologisch-psychiatrisdie Sachverstänchge als empirisch-wissenschaftlich arbeitender Gehilfe des Gerichts zur Beantwortung dieser Frage beitragen kann.