Das Zentralnervensystem bei Krankheiten des Herzens und der Lungen

Zusammenfassung

Gedanken, Vorstellungen und Spekulationen über die Wechselbeziehungen von Herz, Lungen und Gehirn und vor allem über die Auswirkungen von Störungen der Atmung und der Herztätigkeit auf die geistige Verfassung und das Bewußtsein sind so alt wie die ärztliche Kunst überhaupt. Es ist sehr merkwürdig, daß sich die von Morgagni Anfang des 18. Jahrhunderts begründete Organpathologie dieses allgegenwärtigen Ansatzes nicht bemächtigt, sondern ihn ganz der Physiologie und der „funktionellen Pathologie“ überlassen hat. Diese aber haben, angeregt durch die großen Entdeckungen der Neurophysiologie, dem Problem der zentrifugalen Einflüsse des Zentralnervensystems auf die Tätigkeit und den Feinbau der Organe die größere Beachtung geschenkt und — oft einseitig — die Bedeutung zentralnervöser Störungsfaktoren für die Entstehung innerer Krankheiten überschätzt. Die vegetativen Zentralstellen im Hypothalamus und im tieferen Hirnstamm und gewisse, mit ihnen wechselseitig verbundene corticale Areale hat man vielerorts in den Mittelpunkt der Pathogenese bestimmter Allgemein- und Organkrankheiten, ja sogar ins Zentrum einer theoretischen Gesamtkonzeption der Medizin gerückt (Speransky, Bykow). Der Versuch, die Innere Medizin in der Neuralpathologie aufgehen zu lassen, ist gescheitert; die relativ engen Grenzen vegetativ-nervaler Einflußmöglichkeiten bei der Entstehung innerer, vor allem endokriner Krankheitsbilder sind weitgehend abgesteckt. Orthner hat sich in diesem Handbuchband (Teil V) um diese Abgrenzung bemüht und verdient gemacht.