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Parlamente als beratende Versammlungen

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Der Verfassungsstaat der Neuzeit

Part of the book series: Enzyklopädie der Rechts- und Staatswissenschaft ((ENZYKLOP.STAAT))

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Zusammenfassung

Moderne Parlamente haben die Aufgabe, nicht nur den „Willen“ des Volkes zu vertreten, sondern auch zu beraten. Ihre politische Funktion ist also eine doppelte: als Volksvertreter integrieren sie das Gemeinwesen, indem sie sich in regelmäßigen Abständen an das Volk wenden und beständig volksaufklärend und propagandistisch wirken; als beratende Körperschaft dagegen sind sie bemüht, konkrete Probleme, die die Gesamtheit der Bürger berühren, zu lösen. Sich bewähren oder nicht bewähren, das ist hier die Frage. Zwar sind die beiden Funktionen eng miteinander verquickt, doch es ist zum klaren Verständnis nützlich, sie auseinanderzuhalten. Ein Parlament berät und entscheidet viele Fragen, bei denen es nicht den „Willen“ des Volkes befragen kann. Auch wird im Zusammenhang mit solchen Fragen und Problemen nicht notwendigerweise versucht, durch Erziehung und Propaganda einen bestimmten Volkswillen zu bilden. Wenn solche Fragen zur Diskussion stehen, ist die Öffentlichkeit der Verhandlungen unnötig, oft sogar nicht wünschenswert. Man hat daher Verfahren entwickelt, um den vertraulichen Charakter solcher Beratungen zu wahren1. Noch im 18. Jahrhundert wurde in England niemand, der auch nur mit einem Bleistift bewaffnet war, zu den Parlamentssälen zugelassen.

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Hinweise und Anmerkungen

  1. Die Geheimhaltung parlamentarischer Verhandlungen schildern Porritt op. cit. Vol. I, pp. 589–596 und Th. E. May, Constitutional History of England (7th ed. 1882), Vol. II. Siehe auch HCD, Vol. XI (1808), zitiert von Redlich, op. cit. S. 291.

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  2. Die entscheidende Wichtigkeit der Rede wird nachdrücklich betont von Redlich, op. cit. S. 586ff. Die Bemerkungen des Marquess of Hartington findet man in HCD, Vol. CCLXVII (1882), p. 1327. Die Probleme der parlamentarischen Regierung in Großbritannien, die beim Fehlen einer Mehrheitspartei auftreten, behandelt Ramsay Muir, How Britain is Governed (1930), insbesondere pp. 145 ff. Über die neuesten „Reform“-Bestrebungen vgl. R. D. Denman, „Procedure in the House of Commons“, in The Nineteenth Century (1933). Über Motionen siehe Bentham, Political Tactics, Chs. VIII IX und XI; Works, Vol. II, pp. 352ff.

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  3. Eine kurze Darstellung dieses Falles gibt W. I. Jennings, op. cit. pp. 95f.; zum ganzen Abschnitt vgl. seine Ausführungen in Kap. IV. Finer, op. cit. Vol. II, pp. 869ff., untersucht eingehend die Interpellationen im französischen Parlament.

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  4. Der Debattenschluß (closure) ist eine der am heftigsten umstrittenen Fragen der modernen politischen Lehre. Zur „klassischen“ Lehre Ton der Vertagung siehe wiederum Bentham, op. cit. Ch. XIII, ferner Luce, op. cit. Ch. XII. Die Erklärung des Sprechers Brand findet sich in HCD, Vol. CCLVII (1881), pp. 2032 bis 2033. Der Debattenschluß wird eingehend erörtert bei Redlich, op. cit. S. 198ff., 201ff., 219ff., 598ff. Über die Ansicht Finers vgl. op. cit. Vol. II, pp. 852ff. Zu der Bemerkung des Sprechers Reed siehe Congressional Record, January 31, 1890 (Vol. XXI, p. 999). Nebenbei sei bemerkt, daß Carl Schmitt nicht alle die Irrtümer unterlaufen wären, die seiner Behauptung von der Verwandtschaft zwischen dem Parlamentarismus und dem romantischen „ewigen Gespräch“ zugrunde liegen, wenn er sich mit der tatsächlichen Arbeitsweise parlamentarischer Körperschaften vertraut gemacht hätte, anstatt mit diesbezüglichen Theorien. Wäre er noch tiefer gedrungen, so hätte er entdeckt, daß die Romantiker in England (wo sie mit parlamentarischen Methoden einigermaßen vertraut waren) die Vorhut der antiparlamentarischen Stimmungsmache waren. In Wahrheit besteht also die Verwandtschaft nicht zwischen dem Parlamentarismus und den Romantikern, sondern zwischen den Romantikern und dem Antiparlamentarismus und Irrationalismus im Gegensatz zu der engen Beziehung zwischen Parlamentarismus, Rationalismus, Utilitarismus und Reformbewegung. Das Buch von Lindsay Rogers, The American Senate (1926), enthält eine aggressive Erörterung über die Probleme des Debattenschlusses; zu dem betreffenden Zitat siehe S. 248–250.

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  5. Siehe Redlich, op. cit. S. 114ff., 463ff., 473ff.; H. Finer, op. cit. Vol. II, pp. 804ff. Die beiden Zitate finden sich auf S. 797 und 809. Siehe Standing Order 41. Die Bemerkungen von Sir Courtenay Ilbert finden sich in seiner englischen Ausgabe des Buches von Redlich, Vol. III, pp. 215–216. Siehe insbesondere W. I. Jennings, Parliament (1940), Ch. XI. Das Zitat stammt aus John C. Ranney und Gwendolen M. Carter, The Major Foreign Powers (1948), p. 121.

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  6. Zu diesem Abschnitt vgl. die eingehende Erörterung bei Luce, op. cit. Chs. IV–VIII. Über die ersten Anfänge siehe R. V. Harlow, The History of Legislative Methods in the Period before 1825 (1917). Besonders verwiesen wird auf S. 16. Das erste Zitat von Luce findet sich op. cit. auf S. 100, das zweite S. 151. Eine mit wissenschaftlicher Gründlichkeit durchgeführte Untersuchung über die von den Interessengruppen entfaltete Tätigkeit zur Beeinflussung des Kongresses verdanken wir E. P. Herring, Group Representation before Congress (1929), namentlich pp. 249ff. Allerdings überschätzt er wahrscheinlich die Wichtigkeit des Caucus, S. 248. Siehe unten Anm. 13. Die Zahlen sind Rogers, op. cit. pp. 186–187 entnommen. Über England vgl. Muir, op. cit. pp. 205–211. Über Verhandlungen siehe Luce, op. cit. pp. 142ff. Zur Streitfrage, ob der Kongreß befugt ist, Untersuchungen durchzuführen, vgl. den Prozeß vor dem Obersten Gerichtshof, Jurney v. MacCracken, 294 U. S. 125 (1935). Das Verzeichnis der Standing Committees des Repräsentantenhauses findet man in Congressional Directory.

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  7. Einen geschichtlichen Abriß des Ausschußverfahrens in der französischen Kammer gibt Joseph -Barthélemy, Essai sur le Travail Parlamentaire et le Système des Commissions (1934), Ch. I. Der Verfasser hält es weder für notwendig noch für zweckmäßig, die französische Bezeichnung „commission“ in den anderen Sprachen mit der gleichlautenden Entsprechung wiederzugeben, da diese einen anderen Bedeutungsgehalt angenommen hat. Daß die Franzosen, die ursprünglich ihre ständigen Ausschüsse ebenfalls als „comités“ bezeichnet hatten, diesen Namen zu „commission“ umgeändert haben, ist auf die Abscheu zurückzuführen, den die Ausschüsse der Revolutionsgerichte, namentlich das Comité du Salut Public, hinterließen. Vgl. dazu Barthélemy, op. cit. pp. 7 und 27. Über die parteimäßige Grundlage der Ausschüsse siehe ebenda S. 82ff. (wir haben es unterlassen, auf das ältere System der „bureaux“ einzugehen, da es sehr verwickelt ist und keinerlei Bedeutung mehr besitzt). Über die Führung in den Ausschüssen siehe Barthélemy, op. cit. S. 9. Beispiele für das Berichtsstadium gibt Barthélemy auf S. 180–181, und die beratenden Berichte behandelt er ebenda S. 197. Über die Abstimmung ohne Debatte siehe ebenda S. 207ff. Wie diese Hinweise zeigen — und ihre Zahl ließe sich beliebig vergrößern-, kann niemand, der das parlamentarische System Frankreichs studiert, das überaus aufschlußreiche Werk von Barthélemy übergehen. Über die neue Situation in Frankreich siehe neuestens François Goguel, France under the Fourth Republic (1952), Gordon Wright, The Reshaping of French Democracy (1948), und zu den vorausgegangenen Verhältnissen D. Thomson, Democracy in France (1946). Auch die neueren Aufsätze von Robert M. Gooch vermitteln wertvolle Einblicke. Zur Kritik Tardieus vgl. op. cit. Vol. II.

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  8. Jennings, op. cit. p. 334. Das Problem der Finanzkontrolle erregt immer größere Aufmerksamkeit, und das mit Recht. Der Umfang der Staatsausgaben nimmt ständig zu, und es erscheint unerläßlich, irgendeine Methode der Überwachung zu finden. Das einschlägige Schrifttum ist jedoch recht wirr; denn man hat diese Fragen als zur Finanzwirtschaft gehörig betrachtet und sie für ein Forschungsgebiet der Nationalökonomie gehalten. Dies trifft jedoch nur teilweise zu. In den letzten Jahren sind nun die Budgetprobleme von mehreren Gelehrten sorgfältig studiert worden, unter denen W. F. Willoughby und A. E. Buck an erster Stelle stehen. Zu nennen wäre ferner Gaston Jéze, dessen Einleitung zu seinem Werk, Allgemeine Theorie des Budgets (1927) mit der überraschenden (und wahrscheinlich zutreffenden) Behauptung beginnt: „Das Budget ist seinem Wesen nach ein politischer Akt.“ Das Werk von A. E. Buck, The Budget in Governments of Today (1934) ist die umfassendste Untersuchung über die Probleme des Staatshaushalts, die wir besitzen. Die Feststellung von Ramsay Muir findet sich in How Britain is Governed (1930), p. 228. Zu dem gleichen Ergebnis kommt Willoughby, Principles of Public Administration (1927), p. 481. Auf den englischen Parlamentsausschuß ist Bezug genommen in Reports from the Select Committee on National Expenditures (1918), p. 115. Zum Budget and Accounting Act und den seither in Übung befindlichen Methoden siehe die allgemein vergleichende Abhandlung von W. F. Willoughby, Principles of Public Administration, Part IV. Zu den besonderen im Text berührten Problemen vgl. ebenda Ch. XXIII, und zu den besonderen technischen Fragen der Rechnungsprüfung G. C. S. Benson, Financial Control and Integration in Studies in Systematic Political Science and Comparative Government (1934), Vol. II. Siehe auch Ch. XIX, pp. 404ff., ferner die verschiedenen Beiträge in Bd. II von Public Policy (1941), die fiskalischen Problemen gewidmet sind, namentlich die Aufsätze von Rawson, Thompson und Perloff.

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  9. Die Ausführungen dieses Abschnitts stützen sich, was die tatsächlichen Verhältnisse angeht, auf Kap. IX von Barthélemy Essai, jedoch ist zuweilen die Interpretation verschieden. Besonders hingewiesen sei auf S. 278, wo er die einzelnen Einrichtungen erörtert, auf S. 283ff., wo von den Vorsitzenden und parlamentarischen Berichterstattern die Rede ist, und auf S. 286, wo sich die Feststellung hinsichtlich Regierung und Opposition findet. Daß im Grunde der „rapporteur“ die Regierung beherrscht habe, behauptet A. Thibaudet, La République des Professeurs (1927), p. 243 und andere. Barthélemy Bemerkung über die Gruppe der Linken findet sich auf S. 354.

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  10. Vgl. zu diesem Abschnitt Barthélemy, op. cit. Ch. VI, „Le contrôle parle- mentaire par les commissions“. Dieser betont auch, so beispielsweise auf S. 24–25, das Mißtrauen gegenüber der Bürokratie, das in Frankreich als überwiegende Einstellung dem Interesse der Öffentlichkeit und des Parlaments an Ausschüssen als Mittel zur Gewährleistung einer wirksamen Kontrolle zugrunde liegt. Über die Kontrollmethoden Friedrichs des Großen siehe W. L. Dorn, „The Prussian Bureaucracy in the Eighteenth Century“, PSQ, Vol. XLVI (1931), pp. 403ff. Barthélemy, op. cit. pp. 233–234 schildert den Rücktritt von Briand und Loucheur. Die Bedeutung von parlamentarischen Untersuchungen, politisch gesehen, beleuchtet L. Rogers, The American Senate (1926), Ch. VI. Joseph P. Chamberlain, op. cit. Ch. VII, hebt auch deren Wert für die allgemeine Gesetzgebung hervor. Die amerikanischen Kongreßausschüsse haben stets auch noch eine weitere wichtige Aufgabe erfüllt. Sie geben nämlich einen Überblick über Gebiete, zu denen der einzelne Forscher keinen Zutritt hat. Siehe beispielsweise die gewaltige Materialsammlung des Temporary National Economic Committee on „Investigation of Concentration of Economic Power“, 31 Bände, 1940/41. Über den Legislative Reorganization Act, S. 2177, siehe R. Report 1011 und 1400, den Bericht der APSR sowie den vortrefflichen kritischen Aufsatz von Joseph P. Harris in PAR, Vol. VI, pp. 267ff.

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  11. Ausführlicher behandelt diese Fragen des Verfassers Foreign Policy in the Making (1938). Ein Teil der einschlägigen Literatur ist bereits in Zusammenhang mit Kap. IV genannt worden. In den Vereinigten Staaten ist eine ausgedehnte Kontroverse über die außenpolitischen Machtbefugnisse des Senats entstanden. E. S. Corwin, The President’s Control of Foreign Relations (1917) und Q. Wright, The Control of American Foreign Relations (1922) haben diese Fragen in bezug auf die Vereinigten Staaten behandelt, ebenso R. J. Dangerfield, In Defense of the Senate (1933). F. R. Flournoy berichtet über die britische Praxis in Parliament and War (1927), eine Schrift, die kritisch erörtert wird von A. Ponsonby, Democracy and Diplomacy (1915). Weiter sind zu erwähnen George Young, Diplomacy Old and New (1921); P. S. Reinsch, Secret Diplomacy (1922); Walter Lippmann, The Stakes of Diplomacy (1915); Aubrey L. Kennedy, Old Diplomacy and New (1922), sowie die neuere Darstellung von Harold Nicolson als Abschluß seiner Trilogie, Portrait of a Diplomatist (1930), Peacemaking, 1919 (1933) und Curzon: the Last Phase (1934). Alle drei Bände enthalten wiederholte Hinweise auf das Problem. Schließlich unternimmt eine allgemeine Behandlung der Frage de Witt C. Poole, The Conduct of Foreign Relations under Modern Democratic Conditions (1924), ein Werk, das Erfahrung und Theorie vorteilhaft verbindet. Das französische Problem behandelt verschiedentlich Joseph-Barthülemy, zuerst in Démocratie et Politique ätrangère (1916), dann in La Conduite de la Politique Extérieure dans les Démocraties (1930) und schließlich in Kap. VIII seines bereits erwähnten Essai. Letzteres ist der Ausdruck seiner gereifteren Auffassung. Die Interpretation der holländischen Verhältnisse stützt sich auf persönliche Unterredungen des Verfassers.

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  12. Benthams Ansichten über das Geheimprinzip sind dargelegt in seinem Essay, Ch. II (Works, Vol. II, pp. 310 ff.). Das Wesentliche war schon früher von Immanuel Kant in mehreren seiner Werke gesagt worden, und zwar gerade im Hinblick auf den Verfassungsstaat. Siehe dazu des Verfassers Schrift Introduction to the Philosophy of Kant (1949). Luce äußert sich dazu in Legislative Procedure, pp. 150–151. Über Wilson vgl. The New Freedom (1913), pp. 125–129. Ferner ist auf Bentham Bezug genommen auf S. 315–316. Die Frage des Geheimprinzips ist sehr weitverzweigt und bedarf noch der wissenschaftlichen Unter-

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Friedrich, C.J. (1953). Parlamente als beratende Versammlungen. In: Der Verfassungsstaat der Neuzeit. Enzyklopädie der Rechts- und Staatswissenschaft. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-94600-4_17

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