Zusammenfassung
Ich habe Euch einmal einen Privatbrief von Pest aus geschrieben und den noch nach Prag adressiert. Habt Ihr ihn erhalten ? Ferner müßt Ihr bereits zwei große Reiseberichte erhalten haben. Den ersten gab ich in Orsowa zur Post und adressierte ihn an die Gräfin, den zweiten in Giurgewo nach meiner Rückkehr von Bukarest und adressierte ihn an Euch. Diesen habt Ihr doch der Gräfin sofort zugeschickt? Aber auch den ersten müßt Ihr ihr zurückschicken, denn ich wünsche, daß die Gräfin meine sämtlichen Reiseberichte sammelt und mir zu späterer Benutzung aufhebt. Meinen dritten Reisebericht werde ich von hier aus abgehen lassen. Leider ist er noch gar nicht angefangen und wird gar dick werden. Die Veranlassung zu dem gegenwärtigen Briefchen ist folgende: Ich fand hier von der Gräfin einen Brief vor, in welchem sie sehr über ihre Einsamkeit klagt, und ich fange in der Tat an zu fürchten, daß diese Einsamkeit ihrem unglücklichen Hange zur Melancholie eine neue und mächtige Nahrung geben könnte. Das wäre aber eines der schwersten Unglücke, die mich treffen können, und ich sehe wohl mit Recht von Euch voraus, daß Ihr bereitwillig alles in Eurer Macht Stehende tun werdet, um es von mir abzuwenden. Die Gräfin schreibt nun noch dazu in ihrem Briefe folgendermaßen: „Der einzige Mensch, den ich gern gesehen hätte, wenn er zu mir gekommen wäre, ist Ihr Vater. Doch was sollte der arme Mann bei einem so melancholischen Wesen wohl anfangen, auch nur für kurze Zeit? Darum schreibe ich ihm nichts davon”
Konstantinopel, 21. Oktober [1856]. Vielgeliebte Eltern.
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Mayer, G. (1923). Lassalle an Die Eltern. In: Mayer, G. (eds) Lassalles Briefwechsel von der Revolution 1848 bis zum Beginn seiner Arbeiteragitation. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-94436-9_55
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