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Die Zeit des Kapp-Putsches

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Zusammenfassung

Mit welchem Leichtsinn das ganze Unternehmen vorbereitet wurde, dafür mag als Beispiel gelten, daß während dieser Tage allerlei fernmündliche militärische Befehle für Leutnant M. durch unseren Fernsprecher gingen, ohne daß auch nur ein Deckname verabredet gewesen wäre. Es war ein Zufall, daß in den Iagen der Rappregierung nicht auch unser Fernsprecher von der Gegenpartei überwacht wurde, wie das mit dem eines befreundeten Kollegen geschah. Die kurze Zeit, in der Rapp und Lüttwitz die Macht in den Händen zu haben schienen, war ungemein reich an Aufregungen für uns. Aber ich mußte mein Urteil, daß der Putsch nicht gelingen könne, zurücknehmen. Die Stimmung gegen die Regierung der Weimarer Koalition war sogar in Berlin auf einen derartigen Höhepunkt gestiegen, daß das Unternehmen, wenn es gut vorbereitet gewesen und kraftvoll und rücksichtslos durchgeführt worden wäre, zweifellos gelungen wäre. Denn diese Mißstimmung war besonders auch in den Kreisen der älteren Arbeiter eine ungemein grosze, und man sehnte sich allgemein nach der früheren Ordnung zurück. Ich entsinne mich noch, wie ich den ersten Morgen, an dem der Stadtbahnbetrieb infolge des Generalstreikes eingestellt war, früh 41/4 Uhr mit einer ganzen Anzahl älterer Arbeiter vor dem Stadtbahnhof Tiergarten stand und wir Überlegten, wie wir nach unserer Arbeitsstelle gelangen könnten — es blieb uns nichts anderes übrig, als zu Fuß zu gehen —, und mit welchen Kraftausdrücken die Arbeiter, nicht etwa die Rappregierung, sondern die Anzettler des Generalstreiks belegten und die jugendlichen Radikalen durchweg für „Lausejungen“ erklärten. Auch im Berlauf des Generalstreiks nahm die Stimmung dagegen in der Arbeiterschaft zu, besonders bei den Frauen, und er wäre in kürzester Zeit zusammengebrochen, wenn Rapp nur noch etwas länger ausgehalten hätte. Hilfsärzte meines Instituts, die in der Weddinggegend kommunistische Versammlungen besuchten, fanden die Stimmung dort äußerst gedrückt, und nur bei den jungen, unreifen Burschen, die nichts zu verlieren hatten, kampfesfroh. — Ob freilich der Feindverband, wenn die Rappregierung sich hätte durchsetzen können, nicht eingegriffen und alles zerstört hätte, das kann ich nicht beurteilen.

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Literatur

  1. Hänifch wartete freilich den Einspruch der Fafultät nicht ab, richtete zwar die Frage an sie, wie sie sich zu der Ernennung stellen würde, wartete aber die Antwort nicht ad, sondern ernannte, da er fürchten mußte, in den nächsten Tagen gestürzt zu werden, in aller Eile seinen Schüling.

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  2. Stenographische Berichte des Preußifchen Landtages 12, 16530 u.31.

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  3. Stenographische Berichte des Preußifchen Landtages 13, 18793–97.

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  4. Selbst eine ernst zu nehmende Zeitschrift, wie die „Sozialistifchen Monats-hefte“, fchrieben im Maiheft 1928: „Mit Erreichung der Altersgrenze legte der Ordinarius für pathologische Anatomie an der Berliner Unioersität Otto Lubarsch, sein Lehramt nieder. Gr war derjenige der Berliner.Hochschul-Iehrer, der es am wenigsten verstanden hat, in seiner Dozententatigkeit po-litische Animofität nicht mitsprechen zu Iassen, der daher die Sachlichkeit, die ihn als Wissenschaftler auszeichnete, in der Bermittlung seiner Wissenschaft vermissen ließ; sein empörendes Berhalten bei der Sektion Jwan Rutiskers hat wohl auch diejenigen gefühlsmäßig abgeftoßen, die polttisch mit ihm auf gleichem Boden stehen“ (von mir hervor-gehoben).

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Dieses Kapitel ist Teil des Digitalisierungsprojekts Springer Book Archives mit Publikationen, die seit den Anfängen des Verlags von 1842 erschienen sind. Der Verlag stellt mit diesem Archiv Quellen für die historische wie auch die disziplingeschichtliche Forschung zur Verfügung, die jeweils im historischen Kontext betrachtet werden müssen. Dieses Kapitel ist aus einem Buch, das in der Zeit vor 1945 erschienen ist und wird daher in seiner zeittypischen politisch-ideologischen Ausrichtung vom Verlag nicht beworben.

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Lubarsch, O. (1931). Die Zeit des Kapp-Putsches. In: Ein bewegtes Gelehrtenleben. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-94427-7_13

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