Zusammenfassung
Bernd, ein 13jähriger Schüler, kommt mit seiner Mutter zum Erstgespräch in meine Praxis. Die Mutter fällt mir auf als eigentlich sehr hübsche Frau in einfacher Aufmachung. Sie äußert den dringenden Wunsch, eine Therapie für ihren Sohn bei mir und keinem anderen Therapeuten machen zu wollen. Die Mutter erwartet von der Therapie ihres Sohnes, daß er seine beschämende ≫Faulenzerei≪ und ≫Konzentrationsstörung≪ los wird. Sie hat zwei Gespräche mit einem Schulpsychologen geführt, jedoch das Vertrauen ihm gegenüber verloren, da er einer Bekannten Details aus dem Gespräch wiedergegeben habe, so daß sie die Intimität des Gesprächs nicht gewahrt sah.
In einer Unterrichtsstunde, die im Orient als Maktab bezeichnet wird, hatte der Lehrer mit einem Jungen große Probleme. ≫Sag A!≪ (Persisch Alef). Der Junge hob nur verneinend den Kopf und kniff die Lippen zusammen. Der Lehrer übte sich in Geduld und begann wiederum: ≫Du bist ein so netter Junge, sag doch A. Das tut doch nicht weh.≪ Dafür empfing er bloß einen abweisenden Blick des Kindes. Schließlich, nach einigen Versuchen, riß dem Lehrer die Geduld. ≫Sag A≪, schrie er, ≫sag A.≪ Die Antwort des Kindes war nur: ≫Mm-mm.≪ Daraufhin ließ der Lehrer den Vater kommen. Zusammen beschworen sie den Kleinen, er solle doch nur A sagen. Endlich gab der Junge nach und sagte zum Erstaunen aller klar und deutlich A. Der Lehrer, überrascht von diesem pädagogischen Erfolg, rief: ≫Maschallah, wie herrlich! Nun sag auch mal B.≪ Da protestierte der Kleine heftig und schlug energisch mit seinem Fäustchen auf den Tisch: ≫Nun ist aber Schluß! Ich wußte ja, was auf mich zukommt, wenn ich bloß A sage. Dann wollt ihr, daß ich auch B sage, und dann muß ich noch das ganze Alphabet aufsagen, dann muß ich lesen lernen, schreiben ler nen und rechnen lernen. Ich wußte schon, warum ich nicht A sagen wollte!≪
Orientalische Geschichte
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© 1996 Springer-Verlag Berlin Heidelberg
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Peseschkian, N. (1996). «Mein Sohn ist faul». In: Das Geheimnis des Samenkorns. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-93572-5_5
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