Zusammenfassung
Jede Kultur muß sich mit dem Phänomen der Angst auseinandersetzen: entweder wird sie es elaborieren, d.h. aufnehmen und in bezug zu ihren religiösen, philosophischen, psychopathologischen, rechtlichen etc. Systemen setzen, oder aber sie wird die Angst abwehren und in die „Exterritorialität des Unbewußten“ (Freud) verbannen. Zwischen Elaboration und Abwehr sind die Übergänge fließend. In der Religion z. B. spielt die Angst eine zentrale Rolle, die Erfahrung des Heiligen als eines „Mysterium tremendum“ (Otto 1917) findet in jeder Religion ihren Niederschlag und Ausdruck — wie fürchterlich auch manche Göttergestalten sein mögen, offenbar dient die Gestaltung des Fürchterlichen der Angstreduktion, d.h. der Abwehr der Angst: Das Gestaltete bereitet weniger Angst als das Gestaltlose. Hinzu kommt noch, daß das Verhältnis zwischen Angst und Kultur doppelspurig ist: einerseits kann die Kultur die Ängste des Individuums (etwa vor Krankheit und Tod) aufnehmen und mildern, andererseits aber kann sie auch Ängste produzieren, z.B. indem sie unerfüllbare Normen aufstellt, die ein chronisches Schuldbewußtsein, begleitet von Angst vor ewiger Verdammnis, erzeugen.
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Literatur
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Erdheim, M. (1984). Kulturelle Elaboration und Abwehr der Angst. In: Götze, P. (eds) Leitsymptom Angst. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-93259-5_14
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