Die pathologische Anatomie der Taubstummheit

Zusammenfassung

Unsere Kenntnisse von den pathologischen Veränderungen des Gehörorgans, die zu dem Gebrechen der Taubstummheit führen, gründen sich fast ausschließlich auf Untersuchungen, die im 19. und 20. Jahrhundert ausgeführt wurden. Zwar liegen vereinzelte Berichte auch aus früherer Zeit vor, ihre Ergebnisse sind jedoch so unvollständig, daß unser Wissen auf diesem Gebiete durch sie nur in geringem Maße bereichert wurde. Die verborgene Lage des Labyrinths, durch dessen Erkrankung oder Zerstörung fast ausschließlich die zur Taubstummheit führende Aufhebung oder hochgradige Herabsetzung der Hörfunktion bedingt wird, bringt es mit sich, daß eine objektive Untersuchung am Lebenden und eine Feststellung der Anomalien unausführbar ist. Wir sind demnach angewiesen auf die bei der Obduktion von Taubstummenschläfenbeinen gewonnenen Resultate. Bis zu den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts bestand die Schläfenbeinsektion in einer makroskopischen Untersuchung der einzelnen Teile von Sägeschnitten, die natargemäß nur die gröbsten Veränderungen in dem Labyrinthinnern erkennen ließ. Mit diesen älteren Obduktionsergebnissen sind wir hauptsächlich durch die im Jahre 1894 erschienene vortreffliche Monographie des dänischen Forschers H. Mygind bekannt geworden, der die Untersuchungsresultate von Ibsen und Mackeprang, Bochdalek und Hyrtl zusammengestellt und eingehend beschrieben hat.