Über den jetzigen Stand der Lehre vom Fleckfieber (Flecktyphus)

Zusammenfassung

Durch den Weltkrieg hat das Fleckfieber, das in den letzten Jahrzehnten in deutschen Landen eine fast unbekannte Krankheit geworden war, für unsere ärztliche Wissenschaft und für das Wohl unseres ganzen Volkes aufs neue eine außerordentliche Bedeutung gewonnen. Es war vorauszusehen, daß infolge der kriegerischen Ereignisse in Rußland, Galizien und in den Balkanländern, wo das Fleckfieber dauernd endemisch herrscht, mit der Möglichkeit einer weiteren Verbreitung der Seuche zu rechnen war, und es mußte insbesondere die Gefahr der Einschleppung durch die zahlreichen russischen Kriegsgefangenen unvermeidlich erscheinen. In der Tat ist es ja auch in einer Anzahl von Kriegsgefangenenlagern zu einer mehr oder minder erheblichen Ausbreitung des Fleckfiebers gekommen; ein Übergreifen der Seuche auf die deutsche Zivilbevölkerung konnte jedoch, dank den zielbewußten und energischen Maßnahmen, die seitens der Militärverwaltung getroffen wurden, stets mit Sicherheit vermieden werden, und die vereinzelten Fälle von Ansteckung, die dennoch gelegentlich vorkamen, wurden — dank der musterhaften Organisation unserer Seuchenprophylaxe — sogleich im Keime erstickt. In ganz Preußen erkrankten an Fleckfieber (nach dem Bericht von Lentz) in den 1 1/2 Kriegsjahren 1914 und 1915 nur 45 Zivilpersonen (mit 10 Todesfällen); diese Erkrankungen verteilten sich auf 32 Ortschaften, fast ausnahmslos in unmittelbarer Nachbarschaft der Gefangenenlager gelegen, abgesehen von einigen Fällen beim Pflegepersonal und bei frisch zugewanderten polnischen Arbeitern.

Die Literatur ist in der vorliegenden Übersicht im allgemeinen nur vom Jahre 1910 ab berücksichtigt. Betreffs der älteren Literatur sei auf meine Darstellung desselben Gegenstandes im „Handbuch der Hygiene“ von Gruber, Rubner und Ficker, Bd. III, Abt. 2 (Leipzig, S. Hirzel) verwiesen.