Zusammenfassung
Wenn die Psychanalyse keinen anderen Erfolg erzielt hätte, als uns belehrt zu haben, wie fest die Bande sind, die uns an unsere Eltern binden, so hätte sie schon Großes geleistet. Vater und Mutter waren uns nie leere Begriffe, sie galten als das Heiligste, was wir besaßen. Jetzt wissen wir, daß sie das Stärkste sind. Der psychische Infantilismus ist das wichtigste Kennzeichen der Neurose. Die Kranken beharren hartnäckig auf ihrer infantilen Form des Lustgewinnes. Das macht die Grundlage jener unerschütterlichen Treue aus, mit der die Neurotiker an ihren infantilen Idealen hängen. Manche Erscheinungen sehen ja aus wie das Gegenteil: Empörung, Unabhängigkeit, Eücksichtslosigkeit den Eltern gegenüber. Wer mit der merkwürdigen Eigenschaft der Bipolarität aller Symptome vertraut ist, wird sich darob nicht wundern. Er wird die gegenteilige Erscheinung als den Versuch ansehen, sich aus diesen Banden zu befreien.
„Was heißt Leben? — Leben — das heißt: Fortwährend etwas von sich abstoßen, das sterben will. Leben — das heißt: Grausam und unerbittlich gegen alles sein, was schwach und alt an uns, und nicht nur an uns, wird. Leben — das heißt also : ohne Pietät gegen Sterbende, Elende und Greise sein? Immerfort Mörder sein? — Und doch hat der alte Moses gesagt: Du sollst nicht töten!“
Nietzsche
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Dieses Kapitel ist Teil des Digitalisierungsprojekts Springer Book Archives mit Publikationen, die seit den Anfängen des Verlags von 1842 erschienen sind. Der Verlag stellt mit diesem Archiv Quellen für die historische wie auch die disziplingeschichtliche Forschung zur Verfügung, die jeweils im historischen Kontext betrachtet werden müssen. Dieses Kapitel ist aus einem Buch, das in der Zeit vor 1945 erschienen ist und wird daher in seiner zeittypischen politisch-ideologischen Ausrichtung vom Verlag nicht beworben.
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© 1927 J. F. Bergmann, München
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Stekel, W. (1927). „Auferstehung“ und zum zweiten Male sterben. In: Die Sprache des Traumes. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-92286-2_37
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-642-92286-2_37
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