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Schlußbetrachtung

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Zusammenfassung

Überblicken wir noch einmal unser buntfarbiges Waldbild, das wir nach der Natur zu malen versucht haben, so gilt es jetzt zu fragen, ob eine Harmonie zustande gekommen ist, oder — in abstrakter Weise gesprochen — ob die Entwicklung der Gedanken zu logischen Schlüssen führen kann? Bei kritischer Beurteilung stellen sich vielleicht Widersprüche oder Mißverständnisse heraus. Disharmonien finden sich überall in der Natur, wie in der sie nachbildenden Kunst und in der Wissenschaft. Sie können an einzelner Stelle stören, aber auch die GesamtWirkung heben, indem sie zum Nachdenken und Beobachten anregen. Die freie Natur läßt sich nicht in starre Fesseln schlagen; aber unsere Erkenntnis der Naturgewalten schreitet von Jahr zu Jahr fort. Gemeinsame Arbeit, die sich über Kleinigkeiten hinwegsetzt und das große Ganze mit allen unsern Sinnen erfaßt, wird zur rechtzeitigen Lösung der noch offenen Fragen beitragen. Manches Lebewesen ist schon aus unserer Flora und Fauna verschwunden oder steht dicht vor dem Aussterben, weil für seine Erhaltung und Fortpflanzung nicht rechtzeitig gesorgt wurde. So ergeht es zur Zeit der Eibe im Pflanzenreich, dem Wisent im Tierreich, und alle Bemühungen werden diesen Verfall kaum noch aufhalten können; denn die kläglichen Reste repräsentieren nicht mehr die einstige Urkraft. Wir suchen nach Ersatz und führen Ausländer ein. Gibt es einen größeren Widerspruch in der Lehre über die Bodenständigkeit? — Trotzdem sehen wir, daß die amerikanische Roteiche und Grauesche, die Douglas- und Sitkafichte, die japanische und sibirische Lärche, das Dam- und Muffelwild sich im deutschen Walde, weit von der eigentlichen Heimat entfernt, wohl fühlen wie die Kartoffeln auf dem Felde. Stören uns diese Widersprüche? Können sie die Naturgesetze erschüttern? Nein ! Sie beweisen geradezu, daß Pflanzen und Tiere eine weitgehende Anpassungsfähigkeit besitzen und nur darauf warten, daß sie auf den richtigen Platz in der großen Heimat Erde gestellt werden. Was bedeuten die engen klimatischen Grenzen innerhalb unseres Vaterlandes im Entfernungsvergleich zu den Ursprungsländern der eingeführten Fremdlinge, Amerika und Asien! —Die Zwangseinwanderung steht keineswegs im Widerspruch zur natürlichen Verbreitung; denn die gewaltigen Umwälzungen auf der Erde sind, im Grunde genommen, doch auch Zwangsmittel gewesen. Der Erfolg hängt aber von der Rasse ab. Alle Arten, sowohl die heimischen als die fremden, zeigen ebenso wie die Eichen, Kiefern und Rothirsche, zahlreiche Form-verschiedenheiten mit besonderen erblichen Eigenschaften, die erkannt und bei der Auswahl berücksichtigt werden wollen. Möchten sich die dazu Berufenen nicht in zu weit gehende Zersplitterungen verlieren, sondern gemeinsam das große Ziel im Auge behalten, von jeder Art einheitliche für ganz Deutschland geeignete Edelrassen herauszufinden. Es sollte aber auch eine breite Aufklärung erfolgen, wie sie bereits im Auslande eingesetzt hat. Schon bei den Kindern aller Stände muß das Verständnis und der freie Blick für den Wald erweckt werden. Manche Schulen haben unter Führung ihrer Lehrerschaft den Vormarsch bereits angetreten, und ich weiß aus der Erfahrung im Feuerlöschwesen, wie wertvoll eine solche Erziehung sich auswirken kann. Wenn Graf Arnim-Muskau bei der Versammlung des schlesischen Forstvereins 1923 die Bedeutung des in seiner Standesherrschaft von mir gegründeten Feuerwachturmsystems lobend hervorgehoben hat, so erblicke ich in dieser Anerkennung weniger ein persönliches Verdienst als den Beweis für die Empfänglichkeit des deutschen Volkes, wenn es zu guter Leistung angespornt wird. Zum Werke, das wir fromm bereiten, geziemt sich aber nicht nur ein ernstes Wort, sondern es gehören dazuaueh Geldmittel. Der Wald verlangt mit Recht, daß sie ihm anstandslos bewilligt werden aus den hohen Werten, die er besitzt und uns darbietet mit dem Mahnwort: „do, ut des!“ Wenn wir seine Wesensart verstehen, seine Schätze unter Einführung eines mehr kaufmännisch eingestellten Leistungsbetriebes verwerten und, der Natur folgend, unrentabele Wirtschaftsmaßnahmen vermeiden, so werden uns auch die Mittel nicht fehlen, mit denen der kranke Pflegling zur Gesundung gebracht werden kann.

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Seitz, W. (1927). Schlußbetrachtung. In: Edelrassen des Waldes. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-92256-5_6

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-642-92256-5_6

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