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Ideal und Wirklichkeit

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Zusammenfassung

Die deutschen Börsen sind — seit dem 21. September 1931 — geschlossen. Wenn es richtig ist — und der Vergleich ist durchaus angebracht —, die Börse als das Herz der Volkswirtschaft zu bezeichnen, dann läßt sich aus diesem Vergleich auf die Schwere der Krankheit schließen, in der sich die deutsche Wirtschaft befinden muß. Allerdings ist diese Wirtschaft noch nicht ganz tot — in dem sog. Telephonverkehr von Büro zu Büro, der sich als Notbehelf entwickelt hat, und an dem sich die Banken und die freien Makler beteiligen, schleppt sich ein Rest der Börse und des Effektenhandels weiter. Die Beteiligten: Börsenvorstand, Kursmakler und freie Makler, sowie die Banken geben sich alle Mühe, den „normalen“ Zustand der Börse wiederherzustellen, d. h. die Wiedereröffnung der Börse zu betreiben. Der Hausarzt — d. i. der Staatskommissar an der Börse — zeigt für diese Bemühungen seines Patienten durchaus Verständnis; doch lehnt der verantwortliche Hauptarzt, d. i. das Reichswirtschaftsministerium unter Mitwirkung der Reichsbank, vorerst noch die Rückkehr zum alten Zustand ab. Die Begründung läßt sich hören: die kapitalistische Struktur der deutschen Volkswirtschaft ist im Augenblick an vielen Stellen krank; außergewöhnliche Ereignisse, wie Weltwirtschaftskrise und Reparationen, haben die Ertragsfähigkeit zahlreicher Wirtschaftsbetriebe gemindert, bzw. das darin steckende Kapital entwertet; die Währung ist durch die Zurückziehung ausländischer Kredite gefährdet, die Devisenzwangswirtschaft legt den internationalen Kredit -und Kapitalverkehr lahm; die Entwicklung der Wirtschaft und der (internationalen) Politik hat ein allgemeines Mißtrauen geschaffen, das die Spielregeln der kapitalistischen Wirtschaft außer Kraft gesetzt hat. Dieses Zerrbild der Wirtschaft spiegelt sich in den Kursen der Wertpapiere wider — was selbstverständlich auch die Schließung der Börsen nicht verhindern kann; aber dieses Spiegelbild wäre, wenn es täglich jedermann ersichtlich ist, dazu angetan, von sich aus neues Entsetzen zu verbreiten und dadurch neue Beunruhigung mit unerwünschten Übertreibungen hervorzurufen. Man wird nämlich solange von Übertreibungen sprechen dürfen, als man die Hoffnung auf eine allgemeine Besserung der wirtscliaftliclien und politischen Verhältnisse noch nicht aufgegeben hat. Die Reichsregierung hat durch Erlaß ihrer zahlreichen Notverordnungen und durch die internationalen Bemühungen um eine Lösung der Reparationsfrage dieser Hoffnung willensstarken Ausdruck verliehen.

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Dieses Kapitel ist Teil des Digitalisierungsprojekts Springer Book Archives mit Publikationen, die seit den Anfängen des Verlags von 1842 erschienen sind. Der Verlag stellt mit diesem Archiv Quellen für die historische wie auch die disziplingeschichtliche Forschung zur Verfügung, die jeweils im historischen Kontext betrachtet werden müssen. Dieses Kapitel ist aus einem Buch, das in der Zeit vor 1945 erschienen ist und wird daher in seiner zeittypischen politisch-ideologischen Ausrichtung vom Verlag nicht beworben.

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© 1932 Verlag von Julius Springer, Berlin

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Prion, W. (1932). Ideal und Wirklichkeit. In: Ist die Börse reformbedürftig?. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-92132-2_1

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