Zusammenfassung
Woher kommen die organischen Wesen? Diese Frage nach dem Ursprung der Arten hat schon die mannigfaltigsten Lösungen gefunden. Wie bereits p. 5 angedeutet wurde, nehmen die heutigen Naturforscher an, dafs die Lebenswesen leiblich von einander abstammen, also alle miteinander „blutsverwandt“ sind. Während diese in die neuere Naturwissenschaft besonders durch Lamarck (1801, 1809, 1815) eingeführte Abstammungs-Lehre (Descendenz-Theorie) 1859 eine umsichtige Begründung durch C. Darwin erfahren hat, der dieselbe daher zur allgemeinen Anerkennung brachte, ist der Ursprung des ersten oder der ersten Organismen, der Urerzeuger der übrigen, bisher unerklärt geblieben, und wir müssen diese daher bei einer descendenz-theoretischen Betrachtung als gegeben annehmen. Der Inhalt der „Darwin’schen Theorie“ speziell ist kurz der folgende:Es ist eine Erfahrungs-Thatsache, dafs das Kind den Eltern niemals in allen Punkten vollkommen gleicht, d. h., dafs die organischen Wesen die Fähigkeit besitzen, in ihrer Gestaltung von der ihrer Erzeuger abzuweichen, zu variieren; es ist jedoch ebenso bemerkbar, dafs gewisse Merkmale von den Eltern auf die Kinder vererben. Die Lebewesen ändern in dieser Weise nach allen möglichen Richtungen hin ab, aber nur solche bleiben am Leben und vermögen die neu gewonnenen Merkmale zu vererben, welche mit der Aufsenwelt in keinen Widerstreit gekommen sind. Diejenigen Organismen, welche unzweckmäfsige, d. h. mit den Aufsenbedingungen nicht in Einklang stehende Abänderungen aufweisen, gehen zu Grunde. Je vorteilhafter die einzelnen Arten gebaut sind, d. h. je angepafster sie den Verhältnissen erscheinen, um so mehr Aussicht werden dieselben auch haben, in dem Wettstreit um das Leben den Sieg zu erringen. Dafs ein solcher Kampf um das Dasein zwischen den Wesen notwendig ist, geht schon daraus hervor, dafs immer mehr Einzelwesen erzeugt werden, als auf der Erde bestehen bleiben können. So hat A. Braun berechnet, dafs z. B. ein Bilsenkrautstock von mittlerer Gröfse bereits nach 5 Jahren eine Nachkommenschaft besitzen kann, welche die ganze Erde derart bedecken würde, dafs auf jedem Quadratfufs festen Bodens etwas über 7 Stöcke Platz nehmen müfsten. Da nun jeder Stock im Durchschnitt 10 000 Samen erzeugt, so ist ersichtlich, dafs von nun ab die meisten Samen zu Grunde gehen müssen, da nun je einer von 10000 hinreicht, um die Erde in gleicher Weise zu besetzen. Es überleben die den Umständen am besten ange-pafsten, d. h. die mit nützlichen Abänderungen versehenen Individuen. Durch diesen Kampf wird eine Auswahl unter den Organismen getroffen und somit eine natürliche Zuchtwahl (Selection) eingeleitet
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Potonié, H. (1989). Aus der Systemkunde (Systematik). In: Illustrierte Flora von Nord- und Mittel-Deutschland. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-92118-6_5
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