Zusammenfassung
Wer etwas spät in der Nacht nach Hause kommt, tastet sich, um die Mitbewohner nicht zu stören, ohne Licht zu machen, vorsichtig den langen Korridor entlang, bis er in seinem Schlafzimmer geräuschlos verschwindet. Aus dieser Situation erhellt, wozu wir den Tastsinn in erster Linie gebrauchen: bei Ausschluß der anderen Sinne sich im Räume zurechtzufinden, ohne daß wir an den harten Sachen uns stoßen, die nach Schillers bekanntem Wort den Raum erfüllen. Mancher Kulturmensch kommt nur selten in die geschilderte Lage, aber im Freileben der meisten Tiere ist der Tastsinn, besonders zur Nachtzeit, ein wichtiger und unentbehrlicherFreund. Wie das Heer seine Vorhut voraussendet, so haben sehr viele Organismen besondere Tastorgane entwickelt: Fühler, oder Schnurrhaare, deren Aufgabe es ist, erstmal das Gelände zu prüfen, ehe das Gros des Körpers nachkommt Außerdem ist aber bei den meisten Tieren auch der übrige Körper tastempfindlich. Beim Menschen verteilen sich über die ganze Haut die sogenannten Druckpunkte, feinste unter der Haut gelegene Sinnesendigungen. Man kann sie mit einem Reizhaar abtasten und dabei feststellen, daß sie nicht überall gleich dicht stehen. An manchen Stellen, wie an der Hand oder im Gesicht, sitzen sie sehr dicht beieinander, an anderen, wie am Rücken, sind die freien Zwischenräume größer; aber überall sind diese so klein, daß der gewöhnliche Mensch der Täuschung anheimfällt, daß seine ganze Körperoberfläche gleichmäßig tastempfindlich sei. Man hat berechnet, daß ein Mensch insgesamt etwa 640 000 derartige Druckpunkte besitzt.
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Dieses Kapitel ist Teil des Digitalisierungsprojekts Springer Book Archives mit Publikationen, die seit den Anfängen des Verlags von 1842 erschienen sind. Der Verlag stellt mit diesem Archiv Quellen für die historische wie auch die disziplingeschichtliche Forschung zur Verfügung, die jeweils im historischen Kontext betrachtet werden müssen. Dieses Kapitel ist aus einem Buch, das in der Zeit vor 1945 erschienen ist und wird daher in seiner zeittypischen politisch-ideologischen Ausrichtung vom Verlag nicht beworben.
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v. Buddenbrock, W. (1932). Der Tastsinn. In: Die Welt der Sinne. Verständliche Wissenschaft, vol 19. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-91444-7_13
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