Zusammenfassung
Der Gebrauch dieses Wortes ist so unbestimmt und mannigfaltig, daß man durch ihn ernstlich irre geführt werden kann, wenn man nicht durch Hin- und Herfragen bei dem Patienten erst feststellt, was er selbst unter „Nervosität“ versteht. So kann z. B. Nervosität sein:
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1.
Motorisch, ganz oder zum großen Teile. Der Patient hat, wie man sagt, keine Ruhe, er ist nicht imstande, stille zu halten, oder die Bewegungen irgend eines Körperteiles zu kontrollieren, wie bei Chorea, bei den gewohnheitsmäßigen choreatischen Bewegungen und Muskelzuckungen, die man bei nervösen Leuten so häufig findet. Auch der Tremor der allgemeinen Paralyse und der Basedowschen Krankheit wird oft von Patienten als „nervös“ bezeichnet. Wenn wir sehr müde sind, besonders am späten Abend, können wir manchmal die Füße und Beine unmöglich ruhig halten. Schlaf ist das Heilmittel für diese Art motorischer Nervosität. Einen ähnlichen unruhigen Zustand beobachtet man bei schwerer Anämie nach Blutverlusten.
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2.
Sensorisch: Wenn Leute bei einem leichten Geräusch auffahren, wenn sie abnorm empfindlich gegen Licht, gegen Geruchs- oder Tastempfindungen sind, so nennen sie sich oft „nervös“.
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3.
Psychisch: Vielleicht am häufigsten wird das Wort Nervosität in Verbindung mit den verschiedensten, hauptsächlich psychischen Erscheinungen gebraucht, wie Verlust der Selbstkontrolle, leichte Erregbarkeit, Furchtsamkeit, grundlose, vorübergehende Depression und Reizbarkeit.
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4.
Viszerale und sekretorische Neurosen findet man oft in Verbindung mit der einen oder anderen oben erwähnten Art; sie können den hervorstechenden Teil des klinischen Bildes ausmachen, aber sie werden gewöhnlich vom Patienten selbst nicht als Nervosität bezeichnet. Der Patient neigt mehr dazu, sie für eine mehr oder minder ernste organische Erkrankung zu halten.
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Cabot, R.C., Ziesché, H. (1922). Nervosität. In: Differentialdiagnose. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-91347-1_24
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