Zusammenfassung
Der Übergang Deutschlands von einem reinen Agrarstaat, der sich vollständig selbst versorgte, zu einem überwiegenden Industrie- und Handelsstaat, der zu einem großen Teil auf die Einfuhr von Nahrungsmitteln vom Auslande angewiesen ist, ist außerordentlich schnell vor sich gegangen. Während in dem Lande, das sich zuerst zu einem Industriestaat, der sog. „Werkstatt der Welt“ entwickelte — England —, dieser Übergang allmählich stattfand und Jahrzehnte dauerte, ist Deutschland fast von einem Jahr zum anderen, man möchte sagen, beinahe über Nacht, aus einem sich selbst versorgenden Land, das sogar noch darüber hinaus Agrarprodukte exportierte, zu einem Einfuhrland für agrarische Erzeugnisse geworden. In diesem so außerordentlich schnellen Übergang liegt zu einem wesentlichen Teil unser landwirtschaftliches Problem, die sog. „Not der Landwirtschaft“, mit der wir bis heute noch nicht fertig geworden sind, begründet. Denn er ließ unserer Landwirtschaft keine Zeit, sich auf die neuen Verhältnisse umzustellen. Wer die Nöte, unter der unsere Landwirtschaft leidet, richtig verstehen will, muß bis zu jener Zeit des plötzlichen Übergangs vom Agrarstaat zum Industrie-Handelsstaat zurückgehen. Nur die Erkenntnis der Vorgänge in der damaligen Zeit birgt den Schlüssel zum Verständnis unserer gegenwärtigen Lage. Denn jener so schnelle Übergang zum sich nicht mehr selbst versorgenden Industriestaat ist weniger durch eine Strukturwandlung der deutschen Wirtschaft herbeigeführt, als vielmehr durch Faktoren, die außerhalb der deutschen Wirtschaft lagen, nämlich die Erschließung neuer Kolonialländer und Bebauung jungfraulicher Böden, durch die die deutsche Wirtschaft allerdings getroffen wurde
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Preview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Author information
Authors and Affiliations
Additional information
Besonderer Hinweis
Dieses Kapitel ist Teil des Digitalisierungsprojekts Springer Book Archives mit Publikationen, die seit den Anfängen des Verlags von 1842 erschienen sind. Der Verlag stellt mit diesem Archiv Quellen für die historische wie auch die disziplingeschichtliche Forschung zur Verfügung, die jeweils im historischen Kontext betrachtet werden müssen. Dieses Kapitel ist aus einem Buch, das in der Zeit vor 1945 erschienen ist und wird daher in seiner zeittypischen politisch-ideologischen Ausrichtung vom Verlag nicht beworben.
Rights and permissions
Copyright information
© 1934 Verlag von Julius Springer
About this chapter
Cite this chapter
Von Tyszka, C. (1934). Die Ernährung des deutschen Volkes vom volkswirtschaftlichen Standpunkt(Ernährungspolitik). In: Ernährung und Lebenshaltung Des Deutschen Volkes. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-91325-9_6
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-642-91325-9_6
Publisher Name: Springer, Berlin, Heidelberg
Print ISBN: 978-3-642-89469-5
Online ISBN: 978-3-642-91325-9
eBook Packages: Springer Book Archive