Zusammenfassung
Überblickt man die ätiologischen Angaben der Autoren, so findet man immer wieder die Neigung, alle choreatischen Fälle, bei denen von den Kranken das Auftreten gleichförmiger Erkrankungsfälle in der Familie nicht angegeben wird, unter Verkennung ihrer anamnestischen Unzuverlässigkeit glattweg auf irgendeine nicht-erbliche und zwar zumeist „infektiöse“ Ursache zurückzuführen. Aufgabe einer vorurteilsfreien Ätiologie ist es aber, in jedem wissenschaftlich verwerteten Krankheitsfalle eine möglichst erschöpfende Bilanz der ursächlichen Faktoren aufzustellen. Mag auch z. B. eine irgendwie spezifische Infektion die conditio sine qua non für die überwiegende Mehrzahl der Fälle, die man seit langem der Chorea minor einreiht, und vielleicht für manche Fälle von rezidivierender oder gar chronischer Chorea sein, so ist doch zu berücksichtigen, daß die Annahme einer solchen Infektion, ja eventuell der gelegentliche Nachweis von Staphylo- oder Streptokokken im strömendenBlute (Cramer-Többen1, F.H. Lewy2 u.A.) uns noch keine Erklärung dafür liefert, warum von der großen Zahl derartig Angesteckter nur ein geringer Teil auf neurologischem Gebiete das Bild der Chorea bietet. Ich meine, wir müssen auch in solchen Fällen eine eigenartige örtliche oder wie sonst geartete Anlage, etwa des Gefäßsystems und vielleicht besonders seines Hirnabschnittes annehmen, wie sie in dieser Weise nicht bei allen Menschen und auch nicht bei allen Jugendlichen vorhanden ist, und auf Erblichkeit somit wenigstens stark verdächtig erscheint.
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Literaturhinweise
Monatsschr. f. Psychiatrie u. Neurol. 18, 146. 1905.
Verhandl. d. Ges. dtsch. Nervenärzte 1926, 202.
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Kehrer, F. (1928). Rolle der „Infektion“. In: Erblichkeit und Nervenleiden. Monographien aus dem Gesamtgebiete der Neurologie und Psychiatrie, vol 50. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-90805-7_2
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