Zusammenfassung
Das statistische Denken geht ähnlich wie das logische nach strengen Regeln vor sich. Es bedarf einer ausgiebigen theoretischen und praktischen Schulung, um sie zu beherrschen. Darum gibt es auch so viele Fehlerquellen aus der Unkenntnis der Handhabung dieses Apparates. Wenn wir nun an die Stelle des versehentlichen Fehlers den absichtlichen Fehler setzen, um die Zahlenergebnisse nach einer bestimmten Richtung zu beeinflussen, so haben wir den recht häufigen Tatbestand der böswilligen statistischen Entstellung, der Tendenz-Statistik, vor uns. Sie kann sowohl durch absichtlich unklare oder irreführende Begriffsfassung als auch durch die Art der Erhebung als auch durch die Art der Aufarbeitung und Darstellung der Zahlen bewirkt werden. Die Sprachen- und Nationalitätenstatistik mancher Staaten, die Preisindexstatistik, die private Geschäftsstatistik hat allgemein bekannte Beispiele dafur geliefert. Daß Tendenz-Statistik möglich ist, spricht nicht gegen die Statistik. Es gibt kaum eine Wissenschaft, die nicht zu irgendeinem Zweck gefälscht und mißbraucht worden wäre. Welche Verbiegungen hat nicht die geschichtliche Wahrheit durch „wissenschaftliche“ Geschichtsforschung, welche Verdrehungen das Recht durch „wissenschaftliche“ Rechtskunde erfahren? Das mathematische Denken ist gewiß ein exaktes Denken; und doch haben wir uns als kleine Knaben gerne damit befaßt, auf streng mathematischem Wege etwa zu beweisen, daß 1=0 ist. Der Unkundige fällt darauf herein, wie der logisch Ungeschulte, dem man unter (angeblicher) Befolgung der strengsten Denkregeln ein X für ein U vormacht. Der Kenner merkt den Trugschluß und deckt den Fehler auf.
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Dieses Kapitel ist Teil des Digitalisierungsprojekts Springer Book Archives mit Publikationen, die seit den Anfängen des Verlags von 1842 erschienen sind. Der Verlag stellt mit diesem Archiv Quellen für die historische wie auch die disziplingeschichtliche Forschung zur Verfügung, die jeweils im historischen Kontext betrachtet werden müssen. Dieses Kapitel ist aus einem Buch, das in der Zeit vor 1945 erschienen ist und wird daher in seiner zeittypischen politisch-ideologischen Ausrichtung vom Verlag nicht beworben.
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Winkler, W. (1931). Der böswillige Mißbrauch der Statistik. In: Grundriss der Statistik I Theoretische Statistik. Enzyklopädie der Rechts- und Staatswissenschaft, vol 12. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-90723-4_25
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