Zusammenfassung
Hat die statistische Tabelle den Zweck, dem Leser alle Einzelheiten des dargestellten Stoffes zu vermitteln, wobei sich für das geübte Auge unter Umständen, z. B. bei Beurteilung der Kurvengestalt einer zeitlichen oder sachlichen Reihe oder der in einer Tabelle hervortretenden Korrelation, auch ein Gesamtüberblick ergeben kann, so hat das statistische Schaubild nahezu ausschließlich den Zweck, einen solchen Überblick leicht und schnell zu vermitteln. Das Schaubild soll etwas zeigen, darf somit alle Mittel verwenden, die den zu zeigenden Tatbestand recht augenfällig machen. Das statistische Schaubild darf eine Absicht verfolgen, es darf tendenziös sein. Damit verläßt es aber den Boden der strengen Wissenschaft und bildet ein Grenzgebiet der Wissenschaft und Politik (Bevölkerungspolitik, Wirtschaftspolitik, Nationalitätenpolitik usw.). Ein Beispiel soll dies veranschaulichen. Wir konnen, wie in Abb. 16 auf S. 107, den Geburtenruckgang als Kurve in einem Koordinatensystem darstellen. Für die Wahl der Maßstäbe auf der Abszissen- und der Ordinatenachse kann eine objektive Kegel nicht aufgestellt werden. Wählen wir nun den Maßstab auf der Ordinatenachse klein, die Jahresabstände auf der Abszissenachse aber groß, so wird der Rückgang geringfügig erscheinen. Vertauschen wir dagegen das Verhältnis der Maßstäbe, so wird sich ein erschreckender Sturz der Geburten ergeben. Es kann also der gleiche Gegenstand, je nachdem er von einem bevölkerungspolitischen Optimisten oder Pessimisten dargestellt wird, ein ganz verschiedenes Bild liefern. Dieses Beispiel macht uns auch das Verhältnis von Tabelle und Schaubild klar. Niemals darf der Statistiker auf die Tabelle verzichten. Sie ist und bleibt die Grundlage seiner Arbeit. Das Schaubild kommt als ein willkommener Behelf hinzu, indem es manche Zusammenhänge klarer als die Tabelle hervortreten läßt; es kann aber niemals die Zahlentabelle ersetzen. Darum wird der Statistiker in einer ernsten Darstellung manchmal auf ein Schaubild, niemals aber auf die Tabelle verzichten können.
March, L.: Les Représentations Graphiques et la Statistique Comparative, in Journ. de la Soc. de Stat, de Paris 45 (1904), 407ff. Auerbach: Die graphische Darstellung, Leipzig 1918. Karsten, G. u. Breazuell: Graphic Representation. New York 1922. Brinton, Willard C: Graphic Methods for presenting facts. New York: The Engineering Magazine Company 1923. Mills, F. C: Statistical Methods, 11–60. Mortara, G.: Nozioni elementari sull’ impiego delle representazione grafiche nella statistica, in Giorn degli Econ., Rom 45, H. 11 (1930), Beilage 1–35. Ein reiches Anschauungsmaterial findet sich auch in den Anhängen zu den Stat. Jahrbüchern des Deutschen Reichs, der Monatsschrift Wirtschaft und Statistik, ferner auch bei W. Woytinsky: Die Welt in Zahlen. 7 Bände. Berlin 1925 bis 28.
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Winkler, W. (1931). Das statistische Schaubild. In: Grundriss der Statistik I Theoretische Statistik. Enzyklopädie der Rechts- und Staatswissenschaft, vol 12. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-90723-4_22
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