Zusammenfassung
Auch Europas wieder ländlicher Charakter vom dritten nachchristlichen Jahrhundert an bedeutet nicht ein Aufhören der Geldwirtschaft, nicht einmal ein gänzliches Verschwinden des Geldhandels. Sowenig in der Kunst plötzlich an einem Tage die romanische Zeit endet und die gotische beginnt, sowenig kennt die Wirtschaft eine plötzliche und restlose Ablösung einer Wirtschaftsform durch die andere. Zwar die besondere einheitliche Ordnung des Wirtschaftslebens, die wir nach Sombarts Vorgang Wirtschaftssystem nennen, ist ein einmaliges geschichtliches Gebilde und also dem geschichtlichen Werden und Vergehen unterworfen. Doch keine Ordnung, die wir sehen, ist dadurch gekennzeichnet, daß ein einziger Wirtschaftsgeist und ein einziger Wirtschaftsstil besteht, sondern nur dadurch, daß ein bestimmter Geist und Stil die Vorherrschaft besitzt. Auch in kreditwirtschaftlich geordneten Zeiten gibt es noch naturalwirtschaftliche Gehäuse — auch wenn die kapitalistische Unternehmung überwiegt, hört das Handwerk nicht auf —, auch wenn die Völkerwanderung sich über Europa ergießt und die schon längst begonnene Rückbildung der chrematistischen Wirtschaft beschleunigt und neue agrare Wirtschafts- und Herrschaftsformen festigt, bleibt in einzelnen Gebieten der chrematistische Wirtschaftsstil am Leben. Neben den Überresten und Urkunden sind gerade diejenigen Gesetze, die man nur um ihrer Kapitalfeindschaft willen anführt, Zeichen der nicht erstorbenen Chrematistik. Weder hätte das Konzil von Nicaea im Jahre 325 ein Zinsverbot für Kleriker aussprechen müssen, noch hätte Karl der Grosse sich veranlaßt gesehen, es auf die Laien auszudehnen, hätte es nicht Geldhandel und Geldleihe in beträchtlichem Umfang gegeben.
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© 1929 Verlag von Julius Springer · Berlin
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Salin, E. (1929). Das katholische Europa (Mittelalter). In: Geschichte der Volkswirtschaftslehre. Enzyklopädie der Rechts- und Staatswissenschaft, vol 66a. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-90720-3_3
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