Die funktionell-pathologischen Beziehungen zwischen aplastischer Anämie und akuten Leukämien

Zusammenfassung

Die mit dem Titel der vorliegenden Arbeit aufgeworfene Frage erscheint im höchsten Grade paradox. Auf der einen Seite steht die aplastische Anämie und die Panmyelophthise. Das bedeutet den Schwund, das unwiderbringliche Verlöschen der Tätigkeit des blutbildenden Knochenmarks, ist also ein ausgesprochen regressiver Prozeß. Die Leukämien dagegen, vor allem die akuten Formen, stellen Vorgänge angespanntester zügelloser Aktivität von seiten der Hämopoese dar, somit genau das Gegenteil von den Zuständen, die wir unter dem Begriff der aplastischen Anämien verstehen. Daß zwischen so entgegengesetzten Vorgängen wie den aplastischen Anämien einerseits und den akuten Leukämien auf der andere Seite nahe verwandtschaftliche Beziehungen bestehen sollen, ja, daß es sich vielleicht nur um verschiedene Manifestationserscheinungen einer und derselben Grundkrankheit handeln könnte, dürfte nicht ohne weiteres einleuchten. Schulten hat zwar auf dem Wiesbadener Kongreß 1940 darauf hingewiesen, daß Myeloblastenleukämien und aplastische Anämien im klinischen Verlauf manche Ähnlichkeiten aufweisen. Auch Heilmeyer hatte. bereits auf manche Analogien aufmerksam gemacht. Das mag gewiß noch hingehen. Denn nicht wenige Prozesse, denen vollkommen verschiedene pathologische Vorgänge zugrunde liegen, können in ihren äußeren Erscheinungen manche Analogien zeigen. Aber der Titel kündigt weit mehr an: Zusammenhänge! Damit werden allerdings die Probleme der normalen und pathologischen Physiologie der blutbildenden Organe in ganzer Tiefe aufgeworfen.