Zusammenfassung
Mehrere gute Gründe lassen sich dafür anführen, daß sich die Beschreibung einer Kultur nicht grenzenlos in die Vergangenheit hinaufverlegen läßt: Da sind zunächst die Grenzen, die die Funde und Quellen unserem Wissen ziehen; so fruchtbar und fördernd die reine Bodenforschung scheinbar endlose Perioden menschlicher Urgeschichte erschlossen hat, so heikel bleibt immer noch die Aufgabe, diese Perioden als Geschichte zu erfassen. Sodann sollte nicht der Unterschied verwischt werden, der zwischen einer spezifischen so und nicht anders geformten historischen Kultur besteht und ihren über wie lange Zeitspannen auch immer nachweisbaren Vorgängern oder Vorformen. Gewiß ist jene das Produkt von diesen; aber zugleich ist sie mehr: Sie ist es in dem Sinne, als ihre Vorformen zu ihrer Entstehung beigetragen haben, in sie eingegangen und in ihr umgeformt worden sind. Sie ist aber nicht die bloße mathematische Summe, die sich notwendig aus ihnen ergibt, sondern enthält zugleich eine besondere Formkraft und ein besonderes Selbstbewußtsein, das eben jenen fehlt. Trotzdem sollte bei Betrachtungen auch früherer historischer Kultur nie vergessen werden, daß ihr historisch unfaßbare Perioden menschlicher Existenz, menschheitsgeschichtlicher Entwicklungen und Erfahrungen vorausgehen; auch in den Anfangsstadien einer historischen Kultur fassen wir in keinem Falle primitive, d. h. einfache ursprüngliche unabgeleitete Zustände. Auch sie stellen bereits höchst komplexe Formen dar, deren Inhalte vielfach umgedeutet, miteinander verflochten, ja mißverstanden sind.
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© 1969 Springer-Verlag Berlin · Heidelberg
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Otto, E. (1969). Das Vorgegebene. In: Wesen und Wandel der ägyptischen Kultur. Verständliche Wissenschaft, vol 100. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-88702-4_1
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