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Völkerrecht pp 669–832Cite as

Die Feststellung völkerrechtlich erheblicher Sachverhalte

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Part of the book series: Enzyklopädie der Rechts- und Staatswissenschaft ((ENZYKLOPRECHT))

Zusammenfassung

Genauso wie in jeder anderen Rechtsordnung besteht die Rechtsanwendung im Völkerrecht in erster Linie darin, daß “Tatsachen” festgestellt und unter diejenigen Begriffe subsumiert werden, mit denen die maßgebliche Völkerrechtsnorm den “Tatbestand” dessen, was gesollt ist, ferner die Unrechtsfolgen ihrer Nichtbefolgung und andere Sachverhalte (z. B. die Bedingungen dafür, daß die Verpflichtung zur Erfüllung der Norm in Kraft tritt), umschreibt. Zugleich wird bei dieser Gelegenheit festgestellt, daß die angewendete Völkerrechtsnorm “gültig” ist, und daß gerade sie zur Lösung der Rechtsfrage anzuwenden ist. Die Rechtsanwendung erfolgt als nachträgliche Rechtsanwendung, wenn festgestellt wird, ob ein bereits realisierter Tatbestand — dessen Realisation bei dieser Gelegenheit ebenfalls festgestellt wird — unter einen in der Völkerrechtsnorm enthaltenen Begriff fällt.

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Referenzen

  1. Aus dem Umstand, daß völkerrechtliche Verträge an das Anrufen des Schutzes des Heimatstaates durch jemand unter Umständen bestimmte Rechtsfolgen anknüpfen (vgl. oben S. 604, Anm. 2), ist nicht zu schließen, daß eine völkerrechtliche Verpflichtung des Heimatstaates bestünde, auf dieses Anrufen positiv zu reagieren.

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  2. Vgl. oben S. 625.

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  3. Vgl. S. 1421, Anm. 1.

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  4. Vgl. unten S. 731, Anm. 2

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  5. Mit der Exaktheit der Beschreibung nicht zu verwechseln ist es, ob nur sicher feststehende Fakten oder auch wahrscheinliche Fakten rechtlich relevant sein sollen. Genauso wie im staatlichen Recht kann auch im Völkerrecht ein Organ ausdrücklich z. B. den Auftrag erhalten festzustellen, ob eine Völkerrechtsverletzung sich “wahrscheinlich” ereignet hat usw. (vgl. unten S. 722, Anm. 1) . Auch die von internationalen Gerichten zu beachtenden Beweisregeln lassen “Feststellungen” möglicherweise schon zu, wenn nur eine besonders große Wahrscheinlichkeit für die Realität des Festzustellenden vorliegt.

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  6. Da es einen allgemeinen Rechtsgrundsatz der zivilisierten Nationen darüber, wann ein Feststellungsorgan die Anwendung von gesetztem Recht wegen Unbestimmtheit verweigern kann, nicht gibt, sind bisher Entscheidungen internationaler Gerichte, die derartiges tun, kaum feststellbar. Der Internationale Gerichtshof hält es für möglich, daß die Unbestimmtheit der Beschreibung eines angeblichen völkerrechtlichen Anspruchs in der Klage das betreffende völkerrechtliche “Recht” als nichtjustiziabel erscheinen lassen könnte (vgl. I.C.J. Reports 1960, S. 36).

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  7. Interpretationsauftrag und Interpretationsermächtigung sind jedenfalls bei internationalen Gerichten zu vermuten (vgl. unten S. 348). Bedeutet Interpretation die Deutung der Worte des gesetzten Rechts aus einem bestimmten Milieu heraus, und sind ganze Gruppen der geltenden Normen einer Rechtsordnung selbst als ein solches Milieu (context) zu verstehen, kann ferner der Richter zwischen mehreren in Frage kommenden Milieus wählen und sich eine von mehreren unter sich widerspruchsvollen Interpretationsregeln aussuchen, so ist die Normauslegung neben der Handhabung evident unbestimmter Begriffe jedoch diejenige Stelle, an der Rechtsanwendung im Sinne der reinen Subsumtion von Fakten unter den anzuwendenden normativen Inhalt und schöpferische Einwirkung auf den Inhalt des anzuwendenden Rechts ineinanderfließen, vgl. oben S. 357. Neuere Arbeiten tendieren dahin, als typische Richterfunktion (oder als “Rechtsprechung”) eine Rechtsanwendung zu bezeichnen, bei der die Rechtsanwendungsorgane mit einer ganz bestimmten Haltung an diese ihre komplexe Aufgabe herangehen. Rechtsprechung in diesem Sinne ist dann, was hier nicht näher ausgeführt werden kann, Rechtsanwendung unter Einschluß der rechtsschöpferischen Interpretation durch Menschen, die an dem konkreten Ergebnis persönlich uninteressiert, und die vielmehr daran interessiert sind, daß sie von den Kräften im Staat, denen sie ihre Stellung verdanken, als “objektiv” im Rahmen des positiven Rechts nach Gerechtigkeit strebende Rechtsfinder gehalten werden. Rechtsprechung in diesem Sinne wird auch im Völkerrecht wohl nur durch unabhängige Richter ständiger Gerichte geübt. Die Frage, ob die Verpflichtung der internationalen Gerichte zur Interpretation bei allzu unbestimmten Texten endet, ist bisher nicht aufgeworfen worden. Die vage Fassung vieler Verträge stellt die Gerichte möglicherweise vor schwierige Aufgaben. So müßte z. B. der Internationale Gerichtshof gegebenenfalls in einer Rechtsstreitigkeit über die Frage entscheiden, ob ein Signatar des Internationalen Zivilluftfahrtabkommens die Zivilluftfahrt für Zwecke verwendet, “die mit den Zielen des Abkommens unvereinbar sind”, obwohl diese Ziele nicht im Vertrag aufgezeichnet wurden (vgl. art. 4 des Vertrages). Nach Ziff. 6 des Abkommens vom 8.2. 1957 über die Rechtsstellung der UN-Truppen in Ägypten soll der Kommandeur alle geeigneten Maßnahmen treffen, damit die Angehörigen der Truppe keine Handlungen vornehmen, die mit dem “internationalen Charakter dieser Aufgaben unvereinbar sind”, oder sich “mit dem Geist des Abkommens nicht vertragen”. Wenn nach Ziff. 40 des Abkommens über Streitigkeiten betreffend die Anwendung des Abkommens ein Schiedsgericht zu entscheiden hat, so müßte es auch über die Tragweite einer solchen vagen Klausel als Rechtsstreitigkeit entscheiden. Nach art. 16 des belgisch-schweizerischen Abkommens vom 17. 6. 1952 über Sozialversicherung hätte ein Schiedsgericht gegebenenfalls “in Übereinstimmung mit den fundamentalen Grundsätzen und dem Geist des Vertrages” zu entscheiden.

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  8. Außerordentlich vage formulierte programmatische Verpflichtungen in bezug auf die Wirtschaftspolitik z. B. in Ziff. 8 des Notenwechsels vom 21. 12. 1951/ 7.1.1952 zwischen Griechenland und den Vereinigten Staaten über Wirtschaftshilfe.

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  9. Zahlreiche Verpflichtungen zum “Bestrebt-sein”, “Bemüht-sein”, “In-Erwägung-ziehen” finden sich etwa in dem Kulturabkommen vom 18.4. 1958 zwischen Großbritannien und der Bundesrepublik. Zur Durchführung des Abkommens ist ein ständiger gemischter Ausschuß errichtet worden, der “Vorschläge” machen soll. Selbst die Annahme dieser Vorschläge durch die Regierungen begründet aber wohl nicht notwendig eine völkerrechtliche Verpflichtung zur Durchführung, sondern ist möglicherweise nur das Resultat einer “Absprache” über einseitige Maßnahmen (vgl. S. 835).

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  10. Sie ist nicht nur beschränkt je nachdem, mit welcher Intensität die zur Feststellung berufene Instanz die wahren Fakten ermitteln will und kann, sondern auch je nachdem, ob die Feststellungsaussage ihrerseits eindeutig oder interpretationsbedürftig ist (vgl. unten S. 746, Anm. 2).

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  11. Nach den meisten staatlichen Prozeßordnungen müssen sich Feststellungsurteile auf konkrete Privatrechtsverhältnisse beziehen. Es kann also z. B. nicht auf Feststellung geklagt werden, daß sich ein zur Kündigung eines Mietverhältnisses berechtigendes Ereignis zugetragen hat, sondern der Vermieter muß die Kündigung bereits ausgesprochen haben, und es kann dann eventuell rechtskräftig festgestellt werden, ob das Mietverhältnis beendet ist.

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  12. Vgl. S. 720.

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  13. Bevor die kleine Revision des Vertrages über die Montanunion (vgl. Art. 95 Abs. 3 und 4 des Vertrages über die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl) erfolgt, hat der Gerichtshof der Gemeinschaft u. a. festzustellen, ob die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer solchen Revision, nämlich unvorhergesehene Schwierigkeiten bei der Anwendung des Vertrages oder tiefgreifende Änderungen der wirtschaftlichen und technischen Bedingungen, vorliegen, und ob die von der Hohen Behörde und dem Ministerrat beschlossenen Änderungsentwürfe die inhaltlichen Grenzen der Revision, wie sie in Art. 95 des Abkommens festgelegt sind, einhalten.

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  14. Mit solchen Enquête-Kommissionen befassen sich die art. 9–36 der 1. Haager Konvention vom 18. 10. 1907. Der englisch-amerikanische Entwurf über ein Kontrollsystem für das Verbot von Atombombenexplosionen (1961) sieht nur vor, daß die Kontrollorganisation Fakten feststellen, nicht aber daß sie sich über die Verletzung völkerrechtlicher Pflichten äußern soll. Über eine solche Untersuchungskommission zur bindenden Feststellung von Fakten vgl. den britisch-dänischen Notenwechsel vom 15. 11. 1961 über den Zwischenfall betreffend den Fischdampfer “Red Crusader” ; der Bericht der Kommission spricht sich auch über das persönliche Verschulden der beteiligten Staatsorgane, nicht aber über die völkerrechtlichen Konsequenzen, aus.

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  15. Indem die Weltgesundheitsorganisation gemäß art. 3 des einheitlichen Opiumabkommens (1961) feststellt, daß eine Substanz bestimmte Eigenschaften hat, schafft sie die Voraussetzung dafür, daß die Rauschmittelkommission des Wirtschafts- und Sozialrats der UN von der vertraglichen Ermächtigung Gebrauch machen kann, die betreffende Substanz auf die Liste der Rauschmittel zu setzen.

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  16. Vgl. S. 1104.

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  17. Auch im staatlichen Recht besagt ein Feststellungsurteil, welches “das Eigentum” einer Person an einer bestimmten Sache feststellt, nicht notwendig, daß der Eigentümer im konkreten Fall zum Besitz der Sache berechtigt ist, weil ja andere ein Recht zum Besitz der Sache haben können.

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  18. Da die deutschösterreichische Zollunion, wenn sie schon eine Beeinträchtigung der Unabhängigkeit Österreichs im Sinne des Art. 88 des Vertrages von St. Germain darstellte, mit Zustimmung des Völkerbundrates erlaubt gewesen wäre, konnte sich die Feststellung des Ständigen Internationalen Gerichtshofs in seinem Gutachten (C.P.J.I. Ser. A/B No. 41), daß die geplante Zollunion nach Maßgabe der Bestimmungen des Protokolls vom 19. 3. 1931 mit dem Vertrag von St. Germain unvereinbar sein würde, nur auf den Fall beziehen, daß der Völkerbundrat nicht zustimmen würde.

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  19. Gerade für diese Fälle werden allerdings anstatt verbindlicher Urteile des Internationalen Gerichtshofs häufig gutachtliche Äußerungen eingeholt (vgl. unten S. 680).

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  20. Der Internationale Gerichtshof ist ausdrücklich durch Art. 36 Abs. 2 litt. a) zu solcher abstrakter Interpretation von Verträgen (und wohl auch von sekundärem gesetztem Völkerrecht) ermächtigt. Weitere Beispiele unten S. 754, Anm. 2.

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  21. Vgl. unten S. 706.

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  22. Im Tenor der Gutachten des Internationalen Gerichtshofs findet sich meist die Formel, daß der Internationale Gerichtshof “der Auffassung ist”.

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  23. Vgl. S. 765 ff.

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  24. Werden Bestimmungen des Abkommens über den Weltpostverein im schriftlichen Abstimmungsverfahren geändert, so hat die schweizerische Regierung “festzustellen”, ob die jeweils erforderliche Zahl von zustimmenden Erklärungen beisammen ist, und hat diese Feststellung den Mitgliedern auf Verlangen des Internationalen Büros hin zuzuleiten; in anderen Fällen trifft das Büro selbst diese Feststellungen und Mitteilungen (vgl. art. 30 der Konvention von 1957). Das Gutachten des Internationalen Gerichtshofs über die Bedeutung von Vorbehalten bei Kollektivverträgen war deshalb notwendig geworden, weil der Generalsekretär der UNO nach Art. 13 des Abkommens über Völkermord nach Eingang der 20. Ratifikationserklärung eine entsprechende Feststellung zu machen hatte, und weil es zweifelhaft geworden war, ob bei Ratifikation unter einem nicht von allen anderen Staaten gebilligten Vorbehalt der betreffende Staat als eine bei dieser Feststellung mitzuzählende “Partei” des Abkommens angesehen werden konnte. Eine unverbindliche, aber gebotene Feststellung liegt z. B. auch in der “Bezeichnung” des Tages des Inkrafttretens von Beschlüssen des Revisionsausschusses für das internationale Abkommen betreffend Eisenbahnfrachtverkehr vom 25. 10. 1952 durch das Internationale Zentralamt in Bern (vgl. art. 67 § 3).

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  25. Unverbindliche Feststellungserklärungen, deren Abgabe völkerrechtlich vorgeschrieben ist, können sich sogar darauf beziehen, ob ein Staat seine eigenen vertraglichen Verpflichtungen erfüllt habe; so haben die Signatare des Europäischen Menschenrechtsabkommens nach art. 57 Erklärungen darüber abzugeben, in welcher Weise ihr internes Recht die wirksame Anwendung aller Bestimmungen der Konvention gewährleistet.

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  26. Es ist dies z. B. von den Feststellungen des Völkerbundrates über die Rechtmäßigkeit von Sanktionen durch die Mitgliedstaaten gegen einen Paktbrecher behauptet worden, da man die Feststellungen jedenfalls nicht als verbindlich ansah.

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  27. Die Feststellungen des Untersuchungsausschusses über konkrete Pflichten eines Staates, der eine Konvention der Internationalen Arbeitsorganisation verletzt hat, werden in art. 28 der Satzung der Organisation als “Empfehlungen” bezeichnet, weil es von dem verurteilten Staat abhängt, ob er sie durch “Annahme” verbindlich werden läßt, oder ob er ihre Rechtmäßigkeit durch den Internationalen Gerichtshof nachprüfen lassen will.

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  28. Vgl. S. 746 u. 766.

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  29. Vgl. S. 766, Anm. 4.

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  30. Genaueres vgl. unten S. 711 ff.

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  31. Vgl. S. 1079.

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  32. Vgl. S. 974.

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  33. Vgl. S. 516.

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  34. Bei den Sanktionen des Völkerbundes und der Vereinten Nationen gegen einen Friedensbruch ist eine Verpflichtung der Mitglieder des Staatenverbandes zur Teilnahme an den vom Völkerbundrat bzw. Sicherheitsrat “angeordneten” Sanktionen vorgesehen (vgl. unten S. 922). Diesen Anordnungen hat die Feststellung eines Friedensbruchs durch das zuständige Staatenverbandsorgan vorauszugehen. Unter der Völkerbundsatzung ging die herrschende Meinung dahin, daß eine solche Feststellung zwar notwendig war, bevor eine Verpflichtung zur Teilnahme an Sanktionen erfüllt zu werden brauchte, daß aber die Feststellung durch den Völkerbundrat nicht rechtskräftig in dem Sinne war, daß das einzelne Völkerbundmitglied die Richtigkeit nicht hätte nachprüfen dürfen.

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  35. Konstitutive Bedeutung kann trotz seiner Unverbindlichkeit das Anfordern militärischer Hilfe auf Grund eines Bündnisvertrages haben; der anfordernde Staat stellt dabei fest, daß die vertraglichen Voraussetzungen für die Hilfeleistungspflicht eingetreten seien.

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  36. Vgl. S. 586.

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  37. So stellt der Weltzuckerrat ausdrücklich fest, ob Zuckermischungen in erheblichem Umfang anstelle von Zucker verwendet werden und setzt auf Grund einer solchen Feststellung derartige Mischungen dem Zucker im Sinne des Abkommen gleich (vgl. art. 24 des Weltzuckerabkommens). Die Entscheidung ist verbindlich (vgl. art. 36 Abs. 5).

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  38. Vgl. S. 324, Anm. 7, u. S. 685.

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  39. Alle “Entscheidungen” der Hohen Behörde der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl, welche rechtssetzenden, rechtsgestaltenden oder rechtsfeststellenden Charakter haben können, werden, sofern sie als verbindliche Entscheidungen gewollt und demgemäß gekennzeichnet sind (vgl. Entscheidung Nr. 22/1960), rechtskräftig, wenn sie nicht innerhalb eines Monats nach Mitteilung mit der “Nichtigkeitsklage” vor dem Gerichtshof der Montanunion angegriffen werden. Nach dem deutsch-französischen Saarabkommen von 1956 war Deutschland verpflichtet, im Saargebiet bestimmte gesetzgeberische Maßnahmen nicht einzuführen; wurde von Frankreich die Vertragswidrigkeit eines neuen Gesetzes für das Saargebiet behauptet, so mußte das im Saarabkommen vorgesehene Schiedsgericht innerhalb eines Monats angerufen werden, um eine entsprechende Feststellung zu treffen; wurde die Frist versäumt, so wurde die in dem Rechtssetzungsakt implizierte Feststellung, daß das Gesetz nicht vertragswidrig sei, auch völkerrechtlich verbindlich.

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  40. Vgl. S. 711.

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  41. Vgl. S. 726, Anm. 5.

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  42. Vgl. oben S. 515f.

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  43. Es gilt dies auch von der Interpretation der Verträge ; die “Auto-Interpretation” des Vertrages durch den einzelnen Vertragssignatar allein ist jedoch nicht etwa dahin zu verstehen, daß die völkerrechtliche Grundnorm über die Völkerrechtsbildung vermittels Vertrages eine (der Ermächtigung zur näheren Bestimmung der Staatsangehörigkeit analoge) Ermächtigung an jede Vertragspartei enthalte, Bestimmtheitslücken des Vertragstextes einseitig zu ergänzen, so daß von dem Vertrag letztlich nur das bindend sein würde, worüber übereinstimmende ergänzende Interpretationen seitens der Vertragsparteien vorliegen.

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  44. Hierbei wird meist die Haftung des passiv legitimierten Signatars für das angebliche völkerrechtliche Unrecht festgestellt (anerkannt).

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  45. Die Erklärungen der deutschen und der dänischen Regierung vom 29. 3. 1955 (Bds.Anz. Nr. 63/1955) enthalten im wesentlichen “Feststellungen” über die Rechte der Minderheiten nach den Verfassungen der beiden Staaten und über bestimmte Details dieser Rechte. Die Bezugnahme auf art. 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention läßt vielleicht annehmen, daß es sich hier zugleich um Feststellungen über die Erfüllung dieser Konvention handelt. Da es sich um einseitige Feststellungen handelt, können sie allerdings ihre Verbindlichkeit nur aus einer stillschweigenden Anerkennung des anderen Partners herleiten.

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  46. Vgl. art. 32 des Versailler Vertrages : “Deutschland erkennt die volle Staatshoheit Belgiens über das (bis dahin) streitige Gebiet von Moresnet an”.

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  47. Vgl. oben S. 182 ff.

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  48. In dem (nicht in Kraft getretenen) Vertrag vom 28. 10. 1920 “erkannten” die vertragschließenden Staaten Rumänien, Frankreich, England, Italien und Japan die Gebietshoheit Rumäniens über Bessarabien “an”. Der Vertrag enthielt eine Aufforderung zum Beitritt Rußlands, welches durch jene Feststellung nicht gebunden war, soweit ihm nach Völkerrecht selbst die Gebietshoheit über Bessarabien zustand.

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  49. Vgl. S. 419 ff.

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  50. Vgl. dazu S. 166.

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  51. Die deutsch-amerikanische Schiedskommission hat nach dem ersten Weltkrieg wiederholt betont, daß die Fixierung der Haftung Deutschlands für die im Versailler Vertrag und in dem deutsch-amerikanischen Friedensvertrag bezeichneten Kriegsschäden unabhängig war von der Frage, ob der einzelne schädigende Kriegsakt völkerrechtsgemäß gewesen war oder nicht (vgl. R.I.A.A. Bd. 7, S. 65, 75 u. a.).

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  52. Um die Abgeltung sämtlicher Schadensersatzansprüche bis zu einem bestimmten Zeitpunkt handelt es sich z. B. bei dem britisch-japanischen Abkommen vom 7. 10. 1960.

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  53. Die “Anerkennung” eines Vertrages durch nichtbeteiligte Staaten ist auch dann, wenn sie als Anerkennung der Gültigkeit des Vertrages bezeichnet wird (vgl. art. 11 des österreichischen Staatsvertrages vom 15. 5. 1955), meist ein vorsorglicher Verzicht auf Einsprüche und Einwendungen, die bei Ungültigkeit des betreffenden Vertrages möglich wären, falls es sich nicht sogar um einen versteckten Beitritt zu dem Vertrag (vgl. S. 230) oder das Versprechen, nicht auf Vertragsänderung hinzuwirken (vgl. S. 852, Anm. 2), handelt.

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  54. Der berühmte Kriegsschuldartikel des Versailler Vertrages (art. 231) konnte sowohl als Bestätigung einer nach allgemeinem Völkerrecht bereits bestehenden Schadensersatzverpflichtung, als auch als vertragliche Begründung einer Haftung für die Kriegsschäden verstanden werden.

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  55. Vgl. oben S. 684 f.

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  56. Vgl. dazu S. 854.

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  57. Vgl. unten S. 852.

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  58. Es gilt dies z. B. von den nicht selten in der Präambel eines Vertrages ausgesprochenen Feststellungen über politische Tatbestände; derartige Feststellungen sind nicht etwa verbindlich in dem Sinne, daß sie stets zugrunde gelegt werden müßten, wenn der betreffende Tatbestand bei der Anwendung einer anderen Norm irgendwie rechtserheblich ist. Sie sind hingegen bei der Auslegung des Vertrages von Bedeutung.

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  59. Vgl. hierzu auch S. 216, 239 und 706 ff.

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  60. Vgl. S. 201.

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  61. Davon, daß die Abgrenzung zwischen Verträgen, welche die völkerrechtliche Rechtslage ändern, und solchen, welche nur die wahre völkerrechtliche Rechtslage klären sollen, auch verfassungsrechtlich bedeutsam sei, geht die indische Entscheidung Nirmal Bose vs. Union of India, A.I.R. 1959 Cal. 506 aus : Zur Zession von indischem Staatsgebiet sei gemäß art. 3 der Verfassung Zustimmung des Parlaments erforderlich, nicht aber zu einer vertraglichen Klärung des Grenzverlaufs. Bei der Erörterung der Frage, ob ein bestimmter Vertrag zwischen Indien und Pakistan ein solcher gestaltender oder rein feststellender Vertrag sei, erklärt allerdings das Gericht, daß es nicht in der Lage sei, dies aufzuklären.

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  62. Vgl. S. 682 f.

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  63. Vgl. art. 36 Abs. 7 des Weltweizenabkommens 1962 : Jeder Vertragsstaat, welcher “seine nationale Sicherheit durch den Ausbruch von Feindseligkeiten für gefährdet hält”, kann mit 30tägiger Frist seine Verpflichtungen aus dem Abkommen beenden. Es bleibt also der nicht nachprüfbaren Entscheidung des einzelnen Signatars überlassen, ob er seine Sicherheit durch ausgebrochene Feindseligkeiten für gefährdet hält; hingegen kann der einzelne Staat nicht verbindlich feststellen, ob überhaupt Feindseligkeiten im Sinne des Vertrages ausgebrochen sind. In einem Abkommen vom 21. 12. 1951/7. 1. 1952 verpflichtet sich Griechenland gegenüber den Vereinigten Staaten u. a., Geldbeträge für das Hilfsprogramm so anzulegen, daß sie nicht Gegenstand von Zwangsvollstreckungsakten werden können, wenn diese “nach Ansicht der Regierung der Vereinigten Staaten” die Ziele des Hilfsprogramms gefährden könnten ; die Vereinigten Staaten stellen also einseitig fest, ob eine solche Gefährdung vorliegt. Mehr oder weniger weitgehende Ermächtigungen zu einseitigen Abweichungen von einem Vertrag auf Grund einseitiger Feststellung der das Abweichungsrecht auslösenden Bedingungen durch einen einzelnen Signatar finden sich vor allem in Verträgen und Beschlüssen internationaler Organe über Wirtschaftsangelegenheiten; z. T. kann allerdings dann doch wieder ein internationales Organ die einseitigen Feststellungen und Maßnahmen kontrollieren und even- tuell mißbilligen (vgl. etwa I3, I5 und III12 des Beschlusses des Rates der Organisation für europäische wirtschaftliche Zusammenarbeit vom 19. 7. 1956, C (56) 167). Keine Ermächtigung zu unnachprüfbaren einseitigen Feststellungen enthält hingegen die Notstandsklausel in art. 15 der Europäischen Menschenrechtskonvention (vgl. oben S. 388, Anm. 3).

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  64. Das Abkommen zwischen der Schweiz und den Westmächten vom 25. 5. 1946 sah vor, daß die schweizerische Verrechnungsstelle das deutsche Vermögen in der Schweiz im Sinne des Abkommens ermitteln sollte. Gegen ihre Entscheidung konnte eine “gemeinsame Kommission” der Signatarstaaten wiederum eine besondere schweizerische Rekursbehörde anrufen. Gegen deren Entscheidung konnten die drei alliierten Regierungen die Entscheidung eines zu bildenden internationalen Schiedsgerichts herbeiführen. Denkbar ist es, daß die Gerichte des verpflichteten Staates allein die völkerrechtlich verbindliche Feststellung über einzelne Rechtsfragen aus dem Vertrag zu treffen haben. Liegt z. B. vertraglich gebotenes Landesrecht vor, so kann eine vertragliche Abmachung, wonach bestimmte staatliche Gerichte dieses Landesrecht anzuwenden haben, die Bedeutung haben, daß sie damit auch endgültig darüber entscheiden, ob die völkerrechtliche Verpflichtung erfüllt ist. So muß nach den französisch-ägyptischen Abmachungen vom 22. 8. 1958 betreffend Liquidation der Maßnahmen gegen das Vermögen der beiderseitigen Staatsangehörigen der Preis für die Veräußerung französischen Eigentums an Ägypten dem vollen Wert entsprechen ; ob dies der Fall ist, darüber soll nach dem Vertrag der ägyptische Staatsrat entscheiden ; eine Kontrolle seiner Entscheidungen durch ein internationales Gericht ist nicht vorgesehen. Vgl. auch art. 4 und 7 des Abkommens vom 24.4. 1926 über den internationalen Kraftfahrzeugverkehr : Ob Fahrzeuge und Führer den im Abkommen aufgestellten Bedingungen genügen, wird von irgendeinem der Vertragsstaaten durch ein Zeugnis festgestellt ; das Zeugnis muß in allen anderen Vertragsstaaten “als gültig anerkannt” werden. Das Recht, von dem Zeugnis Gebrauch zu machen, kann jedoch von ihnen durch einseitige Entscheidung verweigert werden, wenn die im Vertrag genannten Bedingungen “augenscheinlich nicht mehr erfüllt sind”. Ob dies der Fall ist, stellt der betreffende Staat allein fest. Eine Kontrolle der Einhaltung der Verpflichtung zur Ausstellung richtiger Zeugnisse, und eine Kontrolle zur Prüfung der Rechtmäßigkeit der Verweigerung der Anerkennung eines Zeugnisses durch internationale Gerichte ist auch hier nicht vorgesehen.

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  65. So hat nach art. 5 des Nordatlantikpaktes jeder Signatar im Falle eines bewaffneten Angriffs auf einen anderen diesen durch Aktionen zu unterstützen, die der zur Unterstützung verpflichtete Staat zur Wiederherstellung der Sicherheit im Nordatlantikgebiet “für nötig erachtet”. Weitere Beispiele für die Beachtlichkeit der eigenen Entscheidung des Verpflichteten über den Umfang seiner vertraglichen Verpflichtung z. B. in sec. 8 und 16 des Abkommens über Vorrechte der Sonderorganisationen. Die Verträge machen nicht immer eine deutliche Unterscheidung, ob es auf das objektive Vorliegen einer Notwendigkeit, oder die in gutem Glauben erfolgende Annahme einer solchen Notwendigkeit durch staatliche Organe ankommt. Vgl. art. 78 der Genfer Konvention über den Schutz der Zivilpersonen im Kriege, wonach eine Internierung zulässig ist, wenn die Besatzungsmacht sie aus Sicherheitsgründen “als notwendig erachtet” ; nach art. 42 hingegen ist die Internierung der im Feindgebiet wohnhaften Personen nur erlaubt, wenn die Sicherheit des betreffenden Staates sie “unbedingt erfordert”. Ebenso stellt art. 35 Abs. 1 Satz 1 auf einen objektiven Tatbestand, art. 5 Abs. 1 auf die in gutem Glauben erfolgende Auffassung der Staatsorgane ab.

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  66. Daß einem Staat die Subsumtion von Sachverhalten unter einen völkerrechtlichen Begriff und dessen Interpretation zur alleinigen Entscheidung vorbehalten bleibt, ergibt sich unter Umständen aus entsprechenden Vorbehalten, die er beim Abschluß eines Vertrages gemacht hat. Hierher gehört vor allem der Vorbehalt der Vereinigten Staaten und einiger anderer Länder bei der Annahme der Fakultativklausel des Statuts des Internationalen Gerichtshofs (vgl. unten S. 737), wodurch die betreffenden Staaten sich nicht der Zuständigkeit des Internationalen Gerichtshofs im Verhältnis zu anderen Unterzeichnern der Klausel unterwerfen, wenn der Streit sich auf eine Frage bezieht, die “nach Auffassung” der Vereinigten Staaten usw. zum vorbehaltenen inneren Betätigungsbereich des Staates gehört, der den Vorbehalt gemacht hat. In der Form einer Wahlmöglichkeit zwischen zwei zulässigen Interpretationen ermöglicht art. 1 B Ziff. 1 des Flüchtlingsabkommens vom 26. 7. 1951 den einzelnen Signataren, den Umfang ihrer Pflichten aus dem Vertrag selber festzulegen. Es ist möglich, daß bei eventuellen Meinungsverschiedenheiten bzw. Zweifeln über den Stand des Gewohnheitsrechts dem Standpunkt einer Vertragspartei entscheidende Bedeutung zukommen soll ; so, wenn der Konsularvertrag vom 30. 7. 1956 zwischen Großbritannien und der Bundesrepublik die Befugnisse der Konsuln bestimmt “in accordance with international law or practice as recognized in the territory” (nämlich des Empfangsstaates).

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  67. Es kann vorkommen, daß ein Staat einem anderen eine bestimmte Summe zur Verfügung stellt, damit dieser Staat sie an diejenigen seiner Staatsangehörigen verteilt, von denen eigene nationale Organe festgestellt haben, daß ihnen durch Völkerrechtsverletzungen des zahlenden Staates Schäden zugefügt worden sind, vgl. S. 667, Anm. 4. Ist vereinbart worden, daß der nicht verbrauchte Rest der Summe dem zahlenden Staat zurückgegeben wird, so haben die Feststellungen der Entschädigungsbehörden des anderen Staates nicht nur Bedeutung für sein innerstaatliches Recht, sondern stellen auch eine verbindliche Feststellung über die Höhe der Schadensersatzverpflichtungen des anderen Staates dar. Verträge, welche über die Staatshaftung aus unerlaubten Handlungen von Organen, die in Ausübung des Dienstes gegenüber den Angehörigen des anderen Staates begangen worden sind, nähere Bestimmungen treffen, bestimmen manchmal, daß die Frage, ob die Handlung “im Dienst” begangen worden ist, durch denjenigen Staat, welcher Dienstherr ist, verbindlich entschieden werden soll (vgl. art. 8 Abs. 17 des sogenannten Finanzvertrages vom 26. 5. 1952/23. 10. 1954 zwischen der Bundesrepublik und den drei Westmächten ; über den Vertrag betreffend den Status der UN-Truppen in Japan vgl. S. 876, Anm. 3). Das Bestehen von Meinungsverschiedenheiten über eine Frage der Anwendung oder Auslegung eines Vertrages kann für den Fall, daß Konsultationen nicht zur Einigung führen, zum Grund für die einseitige Kündigung des Vertrages erklärt werden, vgl. art. XIV Ziff. 5 des Freundschaftsvertrages vom 29. 10. 1954 zwischen der Bundesrepublik und den Vereinigten Staaten; damit ist dasselbe erreicht wie bei Gewährung der Befugnis zur einseitigen verbindlichen Feststellung von Vertragsverletzungen des anderen Teils nebst Kündigungsrecht als vertraglich festgesetzter Unrechtsfolge. Mit der einseitigen Behauptung eines “Mißbrauchs” (d. h. einer Verletzung, vgl. S. 392) der Konvention vom 23. 3. 1962 über den Status der Organe der Centopakt-Organisation kann jeder Vertragsstaat eine solche Organperson ausweisen. Dennoch soll daneben eine Feststellung des Mißbrauchs im Wege der “Konsultation” erfolgen können.

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  68. Bildet das interne Recht eines Staates die äußerste Grenze seiner Verpflichtungen aus einem Vertrag (vgl. dazu oben S. 384), so entsteht die Frage, ob die Auslegung des internen Rechts Sache des betreffenden Staates bleiben muß, auch wenn es sich um die Auswirkungen auf die völkerrechtliche Verpflichtung handelt<sub></sub>; über derartige Fragen bei der Anwendung von Ziff. 1 (a) (II) des Torquay-Protokolls vgl. GATT, Basic Instruments, Suppl. 7, S. 107.

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  69. Der deutsch-französische Niederlassungs- und Schiffahrtsvertrag vom 28. 10. 1957 zählt die Fälle auf, in denen die Anwendung einer Bestimmung (eines Begriffs) des Vertrages der ausschließlichen Zuständigkeit eines einzelnen Vertragspartners, nämlich des im konkreten Fall verpflichteten Teiles, vorbehalten ist ; vgl. Protokoll Ziff. 3: “Jede Vertragspartei hat das Recht, nach ihren innerstaatlichen Grundsätzen, deren Beurteilung ihr allein zusteht, zu bestimmen : die Tatbestände, in denen eine Gefährdung der Sicherheit des Staates ... zu erblicken ist” usw. Das Abkommen vom 22.4. 1960 betreffend Lufttüchtigkeitszeugnisse läßt die Anerkennung von Zeugnissen für importierte Flugzeuge verweigern, wenn das Luftfahrzeug den Betriebsvorschriften des Einfuhrstaates nicht genügt, oder wenn es “offenbar” den Lufttüchtigkeitsvorschriften des Herstellerstaates nicht genügt. Eine in der praktischen Abwicklung des Vertrages getroffene Entscheidung des Vertragsstaates über die Interpretation und Anwendung seiner eigenen Gesetze ist aber für alle anderen Vertragsstaaten bindend, vgl. art. 9 Satz 2. Die Feststellung, ob jemand Staatsangehöriger eines bestimmten Staates für die Zwecke eines einzelnen Vertrages ist, wird manchmal ausdrücklich der verbind- lichen Entscheidung durch diesen Staat allein überlassen; nach einem Notenwechsel vom 19. 7. 1961 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Österreich kann die Bundesrepublik Personen nach Österreich abschieben, wenn die österreichische Staatsangehörigkeit durch österreichische Urkunden nachgewiesen oder “glaubhaft” gemacht wird; die betreffenden Personen sind jedoch zurückzunehmen, wenn die “Nachprüfung durch die österreichischen Behörden ergibt”, daß die Betreffenden nicht österreichische Staatsangehörige sind. Auch bei der Übernahme von Angehörigen dritter Staaten liegt die endgültige Entscheidung darüber, ob die vertraglichen Voraussetzungen der Übernahme vorliegen, einseitig bei dem übernehmenden Staat. Eine Ermächtigung, abschließend über Besitz der eigenen Staatsangehörigkeit als einer völkerrechtlichen Vorfrage zu entscheiden, kann auch in der Bestimmung versteckt sein, daß die Staatsangehörigkeit durch Beweismittel nachgewiesen werden kann, deren Erstellung ein Staat selbst in der Hand hat; im Abkommen der Bundesrepublik vom 25. 11. 1959 mit Pakistan gelten als Staatsangehörige der Bundesrepublik, “unbeschadet anderer Verfahren zur Feststellung der Staatsangehörigkeit”, die Inhaber eines Personalausweises der Bundesrepublik. Hängt die Aktivlegitimation zur Geltendmachung völkerrechtlicher Schadensersatzansprüche von der Staatsangehörigkeit des Geschädigten ab, so wird allerdings im allgemeinen die einseitige Entscheidung des klagenden Heimatstaates über den Besitz seiner Staatsangehörigkeit nicht als für ein internationales Gericht verbindlich betrachtet. Ganz abgesehen davon, daß eine nach den Staatsangehörigkeitsvorschriften eines Staates erworbene “Zugehörigkeit” ein Schutzrecht nicht begründet, wenn es sich nicht um eine “effektive” Staatsangehörigkeit handelt (vgl. oben S. 596), und abgesehen davon, daß einseitige Erklärungen über den Besitz der Staatsangehörigkeit mangels ausdrücklicher vertraglicher Bestimmungen sicher dann nicht völkerrechtlich verbindlich sein können, wenn Erwerb und Verlust dieser Staatsangehörigkeit durch Staatsvertrag geregelt sind (vgl. die Entscheidung der Schiedsgerichte in einem deutschpolnischen Streit, R.I.A.A. Bd. 1, S. 422, und einem deutsch-litauischen Streit, R.I.A.A. Bd. 3, S. 1754), sind Bescheinigungen nationaler Behörden über den Besitz der Staatsangehörigkeit auf Grund der Staatsangehörigkeitsgesetze für ein internationales Gericht, das über völkerrechtliche Schadensersatzansprüche entscheiden soll, höchstens “prima facie evidence” ; der beklagte Staat kann die Richtigkeit dieser Bescheinigungen bestreiten, und das Schiedsgericht kann selbst über die Staatsangehörigkeit entscheiden (vgl. die Entscheidung des britisch-mexikanischen Schiedsgerichts vom 8. 11. 1920, R.I.A.A. Bd. 5, S. 17 ff., die Entscheidung der amerikanisch-venezolanischen Schiedskommission (1903), R.I.A.A. Bd. 9, S. 148 ff., und die Entscheidung der amerikanisch-italienischen Schiedskommission unter dem Friedensvertrag von 1947 im Flegenheimer-Fall, Am. J. Int. L. 1959, 947). Hat ein internationales Gericht zur Beurteilung einer Vorfrage staatliches Recht anzuwenden, dessen Anwendung im allgemeinen Sache staatlicher Gerichte ist, so hat jedoch das internationale Gericht die ständige Auslegungspraxis in dem betreffenden Staat zu beachten (vgl. C.P.J.I. Ser. A No. 20/21, S. 124).

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  70. Ist man der Meinung, daß die staatsvertraglich gebotene Anwendung bestimmter Kollisionsnormen mit dem stillschweigenden Vorbehalt des ordre public versehen sei, so stellt sich die Frage, ob ein über angebliche Vertragsverletzungen entscheidendes internationales Gericht nachprüfen könne, ob die nationalen Gerichte von der ordre-public-Klausel ihres staatlichen Rechts übermäßigen Gebrauch gemacht haben; dieses Nachprüfungsrecht bejaht im Prinzip Lauterpacht in seinem Sondervotum in Reports I.C.J. 1958, S. 91 ff. Hingegen lehnt Lauterpacht eine Kontrolle des Mißbrauchs der Connally-Klausel (vgl. S. 738) durch den Internationalen Gerichtshof ab, I.C.J. Reports 1959, S. 111f. Nach Ziff. V der “Schuldbescheinigung” konnte das Deutsche Reich gemäß dem “Neuen Plan” von 1930 über Reparationspflichten aus dem Versailler Vertrag den Transfer von jeglichen Leistungen durch einseitige Erklärung aufschieben. In art. 8 des Abkommens vom 20. 1. 1930 über die “endgültige” Regelung der Reparationsfrage erklärte aber die deutsche Regierung “von sich aus”, daß sie einen Transferaufschub erst erklären werde, wenn sie in gutem Glauben zu der Feststellung gelangt sei, daß die deutsche Währung und das deutsche Wirtschaftsleben durch einen Transfer ernstlich gefährdet seien. Obwohl derselbe Artikel betont, daß Deutschland “allein berechtigt” sei zu entscheiden, ob Anlaß zu einem Transfermoratorium bestünde, war die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich verpflichtet, in einem solchen Fall einen beratenden Sonderausschuß einzuberufen, der gegebenenfalls (aber rechtlich unverbindlich 1) festzustellen hatte, ob “die zuständigen deutschen Stellen alles in ihrer Macht Stehende zur Erfüllung der Verpflichtungen” getan hatten.

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  71. Vgl. S. 695, Anm. 1, und S. 255, Anm. 4.

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  72. Wenn nach art. 35 des Statuts der Internationalen Arbeitsorganisation der Signatarstaat eines arbeitsrechtlichen Abkommens darüber entscheiden kann, ob “örtliche Verhältnisse” die Anwendung des Abkommens auf ein Kolonialgebiet hindern oder eine Anpassung der Vorschriften des Abkommens an die örtlichen Verhältnisse erforderlich machen, so handelt es sich praktisch um die Ermächtigung zur Entscheidung darüber, ob die Kolonien in das Befolgungsgebiet einbezogen werden oder nicht. Der Form nach eine unnachprüfbare Feststellung nationaler Instanzen über einen rechtserheblichen Sachverhalt, der Sache nach ein einseitiger Rechtsbildungsakt ist auch die Entscheidung eines Landes, welchemVölkerbundsmitglied es für die Zwecke der Beitragsbemessung zum Internationalen Ausstellungsbüro wirtschaftlich gleichwertig ist, vgl. Abkommen vom 22. 11. 1928. Ähnliches gilt von der Angabe über die Tonnage der nationalen Flotte gemäß art. 26 des Abkommens über das Internationale Hydrographische Büro ; von solchen Angaben hängt einerseits die Höhe der Mitgliedsbeiträge, andererseits aber auch das Stimmrecht in den Verbandsorganen ab. Einseitige Feststellungen können unter Umständen rechtswirksam sein, obwohl ein internationales Organ zuvor eine gegenteilige Feststellung getroffen hat : Nach art. 21 des Weltweizenabkommens 1962 kann ein Signatarstaat, wenn er glaubt, daß seine “Interessen als Vertragspartei” durch Maßnahmen anderer Signatare oder Nichtsignatare, “welche die Durchführung des Übereinkommens beeinträchtigen”, ernstlich geschädigt werden, den Rat anrufen. Dieser kann Empfehlungen abgeben und eventuell das Land von seinen Verpflichtungen aus dem Vertrag befreien. Geschieht dies nicht, und ist das betreffende Land trotzdem der Auffassung, daß seine Interessen als Vertragspartei ernstlich geschädigt seien, so kann es das Abkommen vorzeitig kündigen.

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  73. Das kommt am ehesten vor, wenn das Staatshaupt eines Staates als Schiedsrichter in einem Rechtsstreit zwischen anderen Staaten bestellt wird, wie dies im 19. Jahrhundert noch häufig geschah.

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  74. Vgl. hierzu auch S. 255.

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  75. Ist anzunehmen, daß die Durchführung des Auftrags für den dritten Staat politische Rückwirkungen haben kann, so ist auch die Zustimmung des Parlaments in diesem Staat notwendig, wenn seine Verfassung Mitwirkung an politischen Verträgen vorschreibt.

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  76. Vgl. S. 357.

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  77. Vgl. S. 17ff.

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  78. Diese Verpflichtung wird bestätigt im Diensteid der Mitglieder der ständigen internationalen Gerichte (vgl. art. 20 des Statuts des Internationalen Gerichtshofs, art. 2 des Protokolls über den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl).

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  79. Bei den ständigen internationalen Gerichten finden sich zum Teil Bestimmungen darüber, daß ein einzelner Richter durch das aus den übrigen Mitgliedern bestehende Gericht wegen schwerer Verletzung seiner Dienstpflichten, insbesondere der Verpflichtung zur unparteiischen Rechtsfindung, seines Amtes enthoben werden kann. Nach art. 18 des Statuts des Internationalen Gerichtshofs und art. 7 des Protokolls über den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl kann ein Richter durch einstimmigen Beschluß der übrigen amtsenthoben werden, wenn er die „erforderlichen Bedingungen nicht mehr erfüllt“. Dazu gehört wohl auch die Bereitschaft zur pflichtgemäßen Amtsausübung.

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  80. Eigenartigerweise wird dies nur selten in einem Vertrag ausgesprochen. Obwohl der Vertrag über die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl ausdrücklich derartige Bestimmungen für die Mitglieder der Hohen Behörde enthält, wird die Unzulässigkeit der Beeinflussung der Mitglieder des Gerichtshofs durch jeden Staat als selbstverständlich vorausgesetzt. Die Satzung des Schiedsgerichts aus dem Vertrag der Bundesrepublik mit den drei Westmächten vom 26. 5. 1952 gewährt den Richtern in den Vertragsstaaten „Immunität gegen gerichtliche Verfolgung wegen dienstlicher Handlungen“ ; das Gericht kann ein Mitglied nur wegen Dienstverweigerung aus dem Amt entfernen; eine Entfernung durch Einverständnis aller Signatarstaaten hingegen bedarf keiner Begründung.

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  81. Selbstverständlich ist auch der internationale Richter einer Beeinflussung im weiteren Sinne durch Schriftsätze, Plädoyers usw. ausgesetzt. Während aber beim nationalen Richter eine Rücksichtnahme auf das „öffentliche Interesse“ seines Staates bei der Urteilsfindung vielfach sogar durch gesetzliche Generalklauseln geboten ist, soll der internationale Richter jedenfalls nicht das öffentliche Interesse eines einzelnen Staates allein berücksichtigen, soweit das Völkerrecht ihm hierzu überhaupt Raum gibt. Die Statuten der ständigen internationalen Gerichte enthalten auch Bestimmungen über die Ausschließung einzelner Richter von der Mitwirkung an einzelnen Prozessen wegen Befangenheit.

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  82. Vgl. art. 16 des Statuts des Internationalen Gerichtshofs, art. 4 des Protokolls über den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl. Auch wenn die Mitglieder eines internationalen Organs mit Rechtssetzungsfunktionen eine ähnliche persönliche Unabhängigkeit genießen wie die Mitglieder eines internationalen Gerichts — so die Mitglieder der Hohen Behörde der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl —, würde die Betätigung einer solchen Organperson als Richter in einem internationalen Gericht nach den genannten Bestimmungen unzulässig sein. Wegen der Verquickung mit anderen Aufgaben gilt auch ein internationales Organ aus unabhängigen Mitgliedern seinerseits dann nicht als „Gericht“, wenn es neben Rechtsbildungsfunktionen Aufträge zur Feststellung völkerrechtlicher Sachverhalte ausführt, wie z. B. die Hohe Behörde, vgl. S. 766, Anm. 4.

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  83. Bei den nur auf Zeit bestellten Richtern liegt in der zeitlichen Beschränkung ihres Amtes vielleicht die größte Gefährdung ihrer Unabhängigkeit, insbesondere wenn sie sich für die spätere Zeit um ein Staatsamt in ihrem Heimatstaat bemühen möchten.

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  84. Vgl. auch das „Schiedsverfahren“ nach art. 33 des Vertrages über den Weltpostverein : Von den im Streit über Auslegung oder Anwendung des Abkommens befindlichen Postverwaltungen bestellt — falls sie sich nicht auf einen arbitre unique einigen, der auch in dem „Büro“ des Weltpostvereins bestehen kann — jede eine andere „nicht direkt am Streit interessierte“ Verwaltung. Einigen sich diese zwei ,,Schiedsrichter“ nicht über das „jugement arbitral“, so wird eine dritte uninteressierte Verwaltung bestellt „pour trancher le différend“ (art. 33).

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  85. Beispiele : Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen (vgl. unten S. 1323) ; der Rat der Internationalen Luftfahrtorganisation (vgl. unten S. 1336).

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  86. Die Eignung eines aus Staatsvertretern zusammengesetzten Organs zur Entscheidung über reine Rechtsfragen wurde in der 6. Kommission der Generalversammlung der Vereinten Nationen erörtert (vgl. Gen. Ass. 12 th Sess. 6th Committee Sum. Rec., S. 128 ff.). Der israelische Vertreter Rosenne stellt dabei deutlich gegenüber, daß die Charta dem Internationalen Gerichtshof zugewiesen hat “the rôle of judicial objectivity”, während der Rechtsausschuß der Generalversammlung “dealt in legal terms with the political matters submitted to it.” Infolge der Weisungsgebundenheit seiner Mitglieder handle er aber letztlich nach politischen Gesichtspunkten. Die Gefahr der Parteilichkeit der politischen internationalen Organe wird noch gesteigert, wenn die Organmitglieder in ihrer Gesamtheit an einem bestimmten Ergebnis eines Feststellungsverfahrens, zu dem das Organ als zuständig erklärt worden ist, interessiert sind, wie dies z. B. dann der Fall ist, wenn es sich um Verträge von Staaten mit dem betreffenden internationalen Organ, oder um Verträge zwischen Staaten zugunsten des betreffenden Organs handelt; vgl. art. 6 des allgemeinen Abkommens vom 2. 9. 1949 über Vorrechte und Befreiungen des Europarates : Der Rat kann als vermögensfähiges Privatrechtssubjekt in den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten ohne Beschränkungen Devisen besitzen und zwischen den Mitgliedstaaten transferieren. Er soll aber bei der Ausübung dieser Rechte „Vorstellungen“ der Regierungen insoweit „berücksichtigen“, als er ihnen ohne „Beeinträchtigung seiner Interessen“ stattgeben kann; ob diese letzte Bedingung wiederum erfüllt ist, entscheidet aber der Rat selbst.

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  87. So z. B. im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen.

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  88. Vgl. S. 766. 3 Wenn art. 4 der Charta der Vereinten Nationen von dem durch Entscheidungen des Sicherheitsrats und der Generalversammlung gebildeten “judgment” der Organisation über die Eignung eines neuen Mitglieds spricht, so bezieht sich dies nicht auf die Bezeichnung solcher Entscheidungen, sondern nur auf ihren Inhalt.

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  89. Vgl. oben S. 303 ff.

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  90. Vgl. S. 212.

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  91. Bei der Versenkung der „Lusitania“ hat die deutsche Regierung durch eine Note vom 4.2. 1916 die Haftung für die von amerikanischen Staatsangehörigen erlittenen Schäden einseitig anerkannt.

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  92. Vgl. oben S. 308. 5 Dies wird zutreffend betont von SCHWARZENBERGER, S. 127.

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  93. Der Internationale Gerichtshof hat in seinem Gutachten über den Status von Südwestafrika aus verschiedenen Äußerungen der südafrikanischen Regierung bzw. südafrikanischer diplomatischer Vertreter gegenüber UN-Organen den Schluß gezogen, daß diese Erklärungen — die zweifellos nicht Bestandteil von völkerrechtlichen Verträgen waren — “constitute recognition by the Union Government of the continuance of its obligations under the mandate ...”, vgl. I.C.J. Reports 1950, S. 135.

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  94. Die Verbindlichkeit einer implizierten Anerkennung der Zugehörigkeit von Gebiet zu einem anderen Staat durch vorbehaltlose Unterzeichnung von Verträgen, welche die Gebietshoheit des anderen Staates zum Ausdruck brachten, ist vom Ständigen Internationalen Gerichtshof im Ostgrönland-Fall angenommen worden (vgl. C.P.J.I. Ser. A/B No. 53, S. 68f.). Über die Bindung an einseitige Äußerungen, die ein impliziertes Anerkenntnis fremder Gebietshoheit enthalten, vgl. I.C.J. Reports 1953, S. 71.

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  95. Vgl. die Vorbehalte Indonesiens in bezug auf Holländisch-Neuguinea bei der Unterzeichnung des Fernmeldevertrages vom 22. 12. 1952. Einen Vorbehalt gegen implizierte Feststellungen positiver und negativer Art (recognition oder nonrecognition) in bezug auf Gebietshoheitsrechte anderer (right of or claim or basis of claim to territorial sovereignty) enthält in art. IV des Antarktisvertrages vom 1. 12. 1959 der Vertragstext selbst. Der Gefahr implizierter Feststellungen über die Breite der Küstengewässer will das britisch-norwegische Abkommen vom 17. 11. 1960 über die Fischerei vor Norwegen vorbeugen (vgl. art. VIII). Einen generellen Ausschluß etwaiger im Vertrag implizierter Anerkennungen völkerrechtlicher Sachverhalte spricht art. XI des Indus-Wasservertrages vom 19. 9. 1960 aus. In vertraglichen Vergleichen über völkerrechtliche Ansprüche wird nicht selten betont, daß damit die Rechtsgültigkeit der ursprünglich von der Gegenseite gestellten und teilweise befriedigten Ansprüche nicht implizite anerkannt wird (vgl. den Notenwechsel vom 1. 6. 1962 zu dem Abkommen vom 1. 6. 1962 zwischen der Bundesrepublik und Israel), um vor allem der implizierten Anerkennung sonstiger Rechtsfolgen bzw. der implizierten Anerkennung anderer auf gleicher Rechtsgrundlage beruhender Ansprüche aus dem Wege zu gehen.

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  96. Um einseitige Feststellungen der Wiederanwendbarkeit von Verträgen nach einem Kriege handelt es sich, wenn die Regierung eines Staates allein bekannt gibt, daß bestimmte Vorkriegsverträge „wieder angewendet werden“ (vgl. etwa BGBl. 1953II 117).

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  97. Die Tragweite der Äußerungen der Staatenpraxis ist oft schwer zu übersehen. Wenn die Schweizer Regierung in einer (abgesprochenen) einseitigen Erklärung zu einer Mitteilung der württembergischen Regierung über Wasserentnahmen aus dem Bodensee gegen das deutsche Projekt „keine Einwendungen erhebt“, aber sich vorbehält, auf ihre Erklärung „zurückzukommen“, falls die Anlage eine heute nicht erkennbare Schädigung der Wasserverhältnisse des Bodensees und der Hochrheinschiffahrt zur Folge haben sollte (vgl. Verw. Entsch. Bds. Beh. 26 (1956) No. 3), so hat sie damit ihre Zustimmung zu „erkennbaren“ Schädigungen gegeben, oder aber festgestellt, daß sie dieserhalb keinen völkerrechtlichen Anspruch besitzt (vgl. S. 1001).

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  98. Vgl. S. 792.

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  99. Die Umwandlung eines vertraglichen Rechts zur Erhebung von Abgaben auf fremdem Staatsgebiet in eine volle Gebietshoheit durch Behauptung dieses Rechts und Ausübung einerseits, Duldung und Anerkennung “by implication” bzw. “tacitly” andererseits, wurde vom Internationalen Gerichtshof im portugiesisch-indischen Konflikt als möglich betrachtet (vgl. I.C.J. Reports 1960, S. 39). Auch die Verpflichtung zur Duldung des Transits von Zivilpersonen zwischen den durch fremdes Staatsgebiet getrennten Gebietsteilen eines Staates wurde in diesem Fall als Übung und örtliches Völkergewohnheitsrecht angesehen. Anders war es bezüglich des Transits von Militär; obwohl auch solcher Transit mehrfach stattgefunden hatte, wurde festgestellt, daß er nicht auf Gewohnheitsrecht beruhte, sondern auf Abmachungen, wonach die Einwilligung des örtlichen Staates erforderlich war ; überdies wären Verletzungen gerügt worden. Einseitige Erklärungen zur Auslegung eines Vertrages, die bei der Unterzeichnung oder Ratifikation abgegeben werden (vgl. z. B. die Erklärung der Bundesrepublik bei der Ratifikation des Zusatzprotokolls vom 20. 3. 1952 zur Menschenrechtskonvention), wirken, wenn ihnen nicht widersprochen wird, kaum anders als ausdrückliche Vorbehalte, vgl. oben S. 215f. Implizierte Äußerungen über die Interpretation von Verträgen in Gestalt eines entsprechenden Verhaltens werden, wenn alle Betroffenen übereinstimmen, dadurch verbindlich, insbesondere wenn sich eine ständige Übung bildet. Eine derartige Bindung kommt leicht zustande bei einem zwischen wenigen Teilnehmern geltenden und nicht für den Beitritt anderer Staaten offenen Vertrag. Hingegen kann auch die Übereinstimmung aller ursprünglichen Gründer eines offenen Staatenverbandes über die Interpretation der Satzung schwerlich neue Mitglieder binden, vor allem wenn diese zahlreicher sind als die ursprünglichen Mitglieder. Eine bindende Interpretation der Satzung des Staatenverbandes “by subsequent conduct” ist dann auch durch eine ständige Praxis seiner Organe nicht ohne weiteres möglich (vgl. das Sondervotum von SIR PERCY SPENDER in dem Gutachten des Internationalen Gerichtshofs über die Ausgaben der Vereinten Nationen, I.C.J. Reports 1962, S. 195).

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  100. Auch die Identität bzw. Nichtidentität eines zu einem bestimmten Zeitpunkt bestehenden Staates mit einem zu einem früheren Zeitpunkt vorhandenen Staat kann Gegenstand einer völkerrechtlichen Bindung durch Feststellungsbehauptung und Anerkennung dieser Behauptung durch Erklärung oder Verhalten werden; so wenn z. B. nach einer großen Umwälzung in einem Staat dessen Regierung behauptet, daß ein Neustaat entstanden sei, und wenn andere Staaten die Regierung ausdrücklich als die Regierung eines Neustaates anerkennen, ältere Verträge nicht mehr erfüllen usw.

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  101. Die Einrichtung ist durch den Internationalen Gerichtshof im britischnorwegischen Fischereistreit mit deutlichen Worten bestätigt worden, vgl. C.I.J. Recueil 1951, S. 138: Das von Norwegen aufgestellte System der Bestimmung seiner Küstengewässer „aurait bénéficié d’une tolérance générale, fondement d’une consolidation historique qui le rendrait opposable à tous les Etats ...“ Die Unterlassung von Protesten Großbritanniens gegen die einzelnen norwegischen Dekrete in Verbindung mit seinen Interessen in der Nordsee „permettraient en tout cas à la Norvège d’opposer son système au Royaume Uni“. Der Umstand, daß die siamesische Regierung der Grenzlinie auf einer von französischen Beamten ausgearbeiteten und der siamesischen Regierung in Vollzug eines Grenzvertrages übermittelten Karte nicht widersprochen hatte, gilt als Anerkennung dieser Grenzlinie, auch wenn sie nicht mit der im Vertrag als Grenze vorgesehenen Wasserscheide übereinstimmen sollte, vgl. I.C.J. Reports 1962, 22. Eine Aufzählung von anderen Entscheidungen, welche den Gedanken bestätigen, gibt ALFARO, a. a. O., S. 43 ff. 2 Die Notwendigkeit, selbst einer implizierten Behauptung anderer über eine konkrete völkerrechtliche Rechtslage alsbald entgegenzutreten, ergibt sich auch aus der Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs im belgisch-holländischen Grenzstreit, I.C.J. Reports 1959, 229f. Wenn der Entscheidung eines internationalen Organs die Behauptung impliziert ist, daß diese Entscheidung innerhalb der Schranken der Zuständigkeit des Organs zustande gekommen und rechtsverbindlich sei, so muß ihre Gültigkeit ebenfalls — wenn nicht sogar ein besonderes Anfechtungsverfahren vorgesehen ist, vgl. S. 685, Anm. 1 — innerhalb angemessener Zeit von den Betroffenen, die sie für ungültig halten, bestritten werden. Daß jeder Mitgliedstaat das „Recht“ hat, die Verbindlichkeit von Beschlüssen der UN-Organe zu bestreiten, wenn er glaubt, Rechtsgründe dafür zu haben, und daß es nicht etwa ihm obliegt, eine verbindliche Entscheidung eines internationalen Gerichts herbeizuführen, um seinen Standpunkt zu stützen, ist auch im Streit um die Budgetbeschlüsse der Generalversammlung (1962) nicht in Abrede gestellt worden.

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  102. Es gilt dies wohl z. B. in einem Staatenverband wie der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl; selbst wenn gegen unverbindliche und daher einer Anfechtungsklage nicht zugängliche Außerungen der Hohen Behörde Gegenvorstellungen gemäß art. 46 Abs. 2 des Vertrages möglich sind (vgl. hierzu die Begründung zu der Entscheidung Nr. 22/1960 der Hohen Behörde), schafft das Unterlassen solcher Gegenvorstellungen gegen eine bloße Rechtsauffassung der Hohen Behörde kein Estoppel.

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  103. Bemerkenswert ist es, daß gerade Juristen des englischen Rechtskreises die Bindung durch stillschweigende Anerkennung einer Feststellungsbehauptung eines anderen im Völkerrecht einschränken wollen. FITZMAURICE, I.C.J. Reports 1962, 61, verlangt, daß auch die andere Partei wiederum im Vertrauen auf die Anerkennung gehandelt haben muß. SIR PERCY SPENDER (a. a. O., S. 128) betrachtet die Anerkennung der fremden Feststellungsbehauptung nur als ein Beweismittel für die Richtigkeit der Behauptung, welches aber durch andere Beweismittel widerlegt werden könne.

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  104. Vgl. S. 1209.

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  105. Die „Billigung“ der Erklärungen der deutschen und der dänischen Regierung vom 29. 3. 1955 (vgl. oben S. 687, Anm. 3) durch die Parlamente, die nicht in der Form eines Gesetzesbeschlusses erfolgte, war nur eine politische Billigung, nicht aber Voraussetzung für die völkerrechtliche oder innerstaatliche Rechtswirksamkeit der Erklärungen. Die Mitwirkung an der Außerkraftsetzung eines Vertrages dadurch, daß die Behauptung der Gegenseite, der Vertrag sei nicht mehr verbindlich, von der Regierung hingenommen wird, kann — anders als die förmliche Vertragskündigung — praktisch kaum von der Genehmigung des Parlaments abhängig gemacht werden; vgl. dazu RGZ 111, 40.

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  106. Vgl. S. 815 ff.

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  107. Vorschriften des staatlichen Rechts über die Zuständigkeit zur Abgabe völkerrechtlich relevanter einseitiger Feststellungserklärungen sind selten. Wenn art. 59 a GG bestimmt, daß der „Eintritt des Verteidigungsfalles“ vom Bundestag „festgestellt“ wird, und daß der Bundespräsident „völkerrechtliche Erklärungen über das Bestehen des Verteidigungsfalles“ erst nach Verkündung des Bundestagsbeschlusses abgeben darf, so ist dabei wohl nicht an Erklärungen des Inhalts gedacht, daß ein völkerrechtswidriger Angriff eines anderen Staates behauptet wird, sondern an förmliche Kriegserklärungen im Verteidigungskrieg; bei den völkerrechtlichen Erklärungen des Bundespräsidenten handelt es sich also nicht um Feststellungs-, sondern um Gestaltungsakte.

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  108. Wichtig ist auch das Verhalten der Staatsvertreter in internationalen Organen, die zur Erleichterung der Durchführung eines bestimmten Vertrages gebildet werden, auch wenn das betreffende Organ keine verbindlichen Beschlüsse fassen kann; so verweist das Abkommen vom 19. 2. 1954 über den Status der UN-Truppen in Japan bezeichnenderweise auf “precedents established by practice” unter dem entsprechenden Vertrag zwischen Japan und den Vereinigten Staaten (Zusatz zu art. 1 Ziff. 2 und 3).

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  109. Vgl. S. 701 ff.

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  110. Die meisten nichtständigen internationalen Gerichte werden wohl als „Schiedsgerichte“ bezeichnet, und der Ausdruck internationales „Gericht“ wird im allgemeinen den ständigen internationalen Feststellungsorganen mit Gerichtsqualität vorbehalten. Versteht man jedoch unter „Schiedsgericht“ ein Organ zur Entscheidung von Rechtsstreitigkeiten, dessen Auftrag und Befugnis zur Streitentscheidung auf einem Vertrag der streitenden Parteien beruht, und nicht auf einer Anordnung einer übergeordneten Autorität, so fallen auch die ständigen internationalen Gerichte unter den Begriff der Schiedsgerichte. Versteht man unter Schiedsgericht ein Gericht, dessen Zusammensetzung durch die Parteien im Zusammenhang mit der vertraglichen Begründung der Zuständigkeit des Gerichts bestimmt wird, und insbesondere ein Gericht, bei dem die Richter durch die einzelnen Parteien bestellt werden (vgl. hierzu art. 37 der 1. Haager Konvention von 1907), so sind die ständigen internationalen Gerichte keine Schiedsgerichte, auch wenn sie „ad hoc-Richter“ umfassen. Für die Bildung, das Verfahren und die rechtliche Bedeutung der Entscheidungen der nichtständigen Schiedsgerichte hat die Völkerrechtskommission der Vereinten Nationen zunächst (1952) einen Entwurf für einen Vertrag zur progressiven Kodifikation des geltenden Rechts vorgelegt. Nachdem die Generalversammlung den Entwurf zurückgegeben hat, hat sich die Kommission darauf beschränkt, ein Muster für Regeln über das Schiedsverfahren auszuarbeiten; diese geben zum Teil das subsidiär geltende Gewohnheitsrecht wieder, zum Teil enthalten sie Vorschläge für Schiedsverträge und Schiedsklauseln, vgl. Yb. Int.L.C. 1958, II, S. 83.

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  111. Insbesondere wird die zeitliche Begrenzung des Richteramtes in allen derzeit bestehenden internationalen Gerichten als eine Gefährdung der Unabhängigkeit betrachtet und kritisiert.

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  112. Über die Umdeutung der Bezugnahme älterer Verträge auf den Ständigen Internationalen Gerichtshof in Bezugnahmen auf den Internationalen Gerichtshof vgl. S. 403.

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  113. Die Mitglieder der Vereinten Nationen gelten nach art. 93 der Charta automatisch als Signatare des Statuts des Internationalen Gerichtshofs. Einige Nichtmitglieder der Vereinten Nationen, u. a. die Schweiz, sind nur am Statut des Internationalen Gerichtshofs beteiligt. Die näheren Bedingungen für die Beteiligung von Nichtmitgliedern am Statut wurden gemäß art. 93 Abs. 2 der Charta durch Beschlüsse der Generalversammlung geregelt (vgl. Yb.Int.Ct.J. 1947–48, S. 30).

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  114. Die Bedingungen hierfür, nämlich die Abgabe einer in bestimmter Weise formulierten Unterwerfungsklausel, hat der Sicherheitsrat gemäß art. 35 Abs. 1 des Statuts durch Beschluß vom 15. 10. 1946 geregelt (vgl. Yb. Int. Ct. J. 1959–60, S. 33). Die Bundesrepublik Deutschland hat in verschiedenen Verträgen die Zuständigkeit des Internationalen Gerichtshofs für Streitigkeiten aus dem betreffenden Vertrag anerkannt (vgl. z. B. art. 10 des Vertrages vom 17. 3. 1948/23. 10. 1954 über die Westeuropäische Union, ferner in zahlreichen offenen Kollektivverträgen), doch ist die gemäß dem Beschluß des Sicherheitsrates erforderliche besondere Unterwerfungserklärung nur in wenigen Fällen abgegeben bzw. ihre Abgabe im BGB1. publiziert worden. Darm (Bd. 2, S. 472) bezeichnet fälschlich die Bundesrepublik als am Statut beteiligt.

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  115. Vgl. art. 31 des Statuts des Internationalen Gerichtshofs.

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  116. Vgl. art. 4 ff. des Statuts.

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  117. Vgl. unten S. 718. Voraussetzung ist, daß der Heimatstaat der nationalen Gruppe Partei am Statut des Internationalen Gerichtshofs ist. Ist umgekehrt ein Staat Partei am Statut des Internationalen Gerichtshofs, aber nicht an dem des Ständigen Schiedshofs, so bestellt er für das Vorschlagsverfahren ad hoc eine nationale Gruppe von vorschlagsberechtigten Personen.

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  118. Zusammensetzung und wichtigste Fälle der Zuständigkeit des Gerichtshofs sind in art. 31 ff. des Vertrages über die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl und in dem ergänzenden Protokoll über das „Statut“ des Gerichtshofs geregelt.

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  119. Ungewöhnliche Bestimmungen über die Zusammenstellung eines internationalen Gerichts enthält das Abkommen vom 14. 12. 1957 über Rüstungskontrollmaßnahmen der Westeuropäischen Union; das Gericht ist praktisch ein Ausschuß aus Richtern des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften.

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  120. Vgl. art. 38 ff. der Europäischen Menschenrechtskonvention vom 4. 11. 1950.

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  121. Der Vertrag vom 26.5.1952/23. 10. 1954 über die Beziehungen der Bundesrepublik zu den drei Westmächten sieht ein Schiedsgericht vor, dessen Mitglieder auf vier Jahre bestellt werden und „keine Tätigkeit ausüben dürfen, die mit der normalen Wahrnehmung ihres Amtes unvereinbar ist“; das Gericht ist noch nicht eingerichtet worden. Ein anderes ständiges regionales Gericht dieser Art ist das Schiedskollegium des Beneluxvertrages vom 3. 2. 1958.

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  122. Halbständige Gerichte in diesem Sinne stellten verschiedene nach dem ersten Weltkrieg eingerichtete Schiedsgerichte dar, wie z. B. das Schiedsgericht für Oberschlesien zur Anwendung des deutsch-polnischen Abkommens vom 15. 5. 1922; ähnlich das Schiedsgericht für das Saargebiet zur Anwendung des Vertrages vom 27. 10. 1956 zwischen Frankreich und der Bundesrepublik.

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  123. Einige Schiedsgerichte des 19. Jahrhunderts bestanden aus je zwei Mitgliedern der streitenden Staaten und drei „neutralen“ Mitgliedern, so z. B. das Schiedsgericht im Alabama-Streit, das im Beringmeer-Streit, u. a. Diese Schiedsgerichte haben den Vorteil, daß bei Divergenzen zwischen den „nationalen“ Schiedsrichtern nicht ein einziger neutraler Richter allein den Ausschlag gibt bzw. genötigt ist, sich einem der „nationalen“ Richter anzuschließen.

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  124. Vgl. art. 85 des Statuts der Internationalen Luftfahrtorganisation (vgl. auch S. 881).

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  125. Bei der durch Vertrag vom 10. 8. 1922 eingerichteten deutsch-amerikanischen Schiedskommission war ein Amerikaner „umpire“. Auch bei Schiedsgerichten dieses Typs gelten die nationalen Schiedsrichter nicht etwa bloß als Parteivertreter; die Interessen der streitenden Staaten werden daher auch hier durch besondere Staatsvertreter wahrgenommen.

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  126. So, wenn das Gericht nur über die Frage, ob eine vertragliche Verpflichtung verletzt ist, mit ja bzw. nein entscheiden darf.

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  127. Anzilotti bemerkt in C.P.J.I. Ser. A/B No. 70, S. 49 : „Le mot condamner n’est pas tout à fait à sa place dans la juridiction internationale“. Jedenfalls bedeute es etwas anderes als im staatlichen Recht (nämlich Feststellung einer konkreten Verpflichtung zu einem Verhalten, und nicht bloß Beantwortung einer sonstigen Rechtsfrage). Der Gegensatz zwischen einem Leistungsurteil und einem Urteil, welches die Verpflichtung zur Leistung „feststellt“, hat Sinn nur dann, wenn ein Vollstreckungsorgan vorhanden ist, welches dann, wenn die in dem Urteil als geschuldet bezeichnete Leistung nicht freiwillig erbracht wird, bei einem „Leistungsurteil“ Vollstreckungsmaßnahmen, d. h. Rechtsgüterentziehungen, durchführen kann, deren Effekt es ist, zugunsten der obsiegenden Partei den Zustand herzustellen, den das Urteil als durch Leistung der anderen Partei gesollt bezeichnet. Die „Vollstreckung“ von Urteilen des Internationalen Gerichtshofs nach art. 94 der UN-Charta (vgl. darüber S. 586) ist aber unabhängig davon, ob das Urteil als Anordnung einer Leistung oder als Feststellung einer völkerrechtlichen Verpflichtung zur Leistung formuliert ist. Nicht selten ist es so, daß sich an die Feststellungsentscheidung eines internationalen Gerichts über den Stand des geltenden Völkerrechts in einem Streit ein neuer Streit darüber anschließt, ob die Parteien sich nachher gemäß dem Urteil verhalten haben. Ein Feststellungsauftrag für eine abstrakte Rechtsfrage schließt nicht schon einen ergänzenden Auftrag zur Entscheidung eines solchen neuen Streites ein. Nicht ohne weiteres verständlich ist es, warum die Nichtbefolgung eines rechtskräftigen Spruches des Schiedskollegiums unter dem Benelux-Vertrag vom 3. 2. 1958 durch den Internationalen Gerichtshof festgestellt werden soll (ohne jedoch offenbar einer Anrufung des Kollegiums selbst im Wege zu stehen). Offenbar ist dies wegen der größeren Autorität des Internationalen Gerichtshofs nur als Druckmittel vorgesehen.

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  128. Die Zulässigkeit solcher „jugements ayant un effet purement déclaratif“ wurde schon vom Ständigen Internationalen Gerichtshof bejaht (vgl. C.P.J.I. Ser. A No. 7, S. 18; No. 13, S. 20). Werden internationale Gerichte nur auf Antrag von Privatpersonen zur Entscheidung über ganz bestimmte Rechtsfragen tätig, so mag zwar das Gericht selbst über abstrakte Rechtsfragen, die in mehreren Fällen auftauchen, gesonderte Entscheidungen fällen, wie z. B. das deutsch-amerikanische Schiedsgericht nach dem ersten Weltkrieg in den sogenannten “administrative decisions”. Es dürfte aber nicht zulässig sein, daß vor einem internationalen Gericht eine klagberechtigte Privatperson ein Feststellungsurteil über eine abstrakte Rechtsfrage begehrt, insbesondere wenn gar nicht einmal feststeht, ob bei einer zur Zuständigkeit des Gerichts gehörenden Angelegenheit diese Frage als Vorfrage beantwortet werden müßte (vgl. die Entscheidung der Schiedskommission für Güter, Rechte und Interessen 12. 6. 1958, Entscheidungen Bd. 1, 71).

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  129. Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl kann Beschlüsse der Organe der Gemeinschaft „annullieren“ (vgl. art. 34, 38 desVertrages).

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  130. Genau gesprochen müßte es heißen : Recht, das Gewohnheitsrecht ist, oder gesetztes Recht, welches durch bewährte Ermächtigungen im Rechtserzeugungssystem einer aus faktisch geltenden Normen bestehenden Rechtsordnung gedeckt (als gültig erklärt) ist, vgl. oben S. 50.

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  131. Vgl. unten S. 732.

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  132. Vgl. S. 892. Geht der Jurisdiktionsauftrag dahin, daß das internationale Gericht zwischen bestimmten ihm vorgelegten Rechtsbehauptungen wählen muß, so liegt ebenfalls kein reiner Auftrag zur Feststellung rechtlich erheblicher Sachverhalte unter Anwendung des Rechts vor, sondern eine Ermächtigung zu einer rechtsbildenden Entscheidung, wenn nämlich keine der beiden Rechtsbehauptungen objektiv richtig ist. In dem Schiedsspruch über den San Juan de Fuca-Streit hatte der Schiedsrichter die ihm vorgelegte Frage entschieden, ob die von den Vereinigten Staaten oder die von England vertretene Auffassung über den Grenzverlauf „eher“ im Einklang mit dem maßgeblichen Vertrag sei. Desgleichen hat der Internationale Gerichtshof den Jurisdiktionsauftrag im Streit um die Inseln Minquiers und Ecréhos, wonach die Inseln entweder Frankreich oder Großbritannien zugesprochen werden sollten, dahin verstanden, daß er die Gebietshoheit desjenigen Staates festzustellen hätte, der die „überzeugenderen Beweise“ für seine Gebietshoheit vorbrachte, und daß er nicht beider Anträge abweisen und die Inseln als res nullius oder als Kondominium erklären dürfe (vgl. I.C.J. Reports 1953, S. 52). Dagegen hätte das Gericht möglicherweise eine Insel etwa der einen, die andere der anderen Streitpartei zusprechen können. In dem Chamizal-Streit zwischen den Vereinigten Staaten und Mexiko hatte die Schiedskommission unter Anwendung eines Vertrages, der die Grenzlinie bezeichnen wollte, zu entscheiden, ob ein in der Schiedsabrede bestimmtes Gebiet „zu den Vereinigten Staaten oder zu Mexiko gehörte“. Als die Schiedskommission feststellte, daß nach dem Vertrag die Grenze quer durch das streitige Gebiet verliefe, ohne sie jedoch präzise festzulegen, wurde von den Vereinigten Staaten behauptet, das Schiedsgericht habe seine „Zuständigkeit“ überschritten, und die Entscheidung sei wegen Unbestimmtheit nichtig (vgl. US For. Rel. 1911, 566, 586). Wäre die amerikanische Auffassung richtig, daß das Schiedsgericht das Gebiet in vollem Umfang entweder den Vereinigten Staaten oder Mexiko zusprechen mußte, aber zu diesem Zweck den Vertrag anzuwenden hatte, so hätte das Gericht wohl eine Entscheidung überhaupt verweigern müssen, wenn es feststellte, daß die Grenze nach dem Vertrag das streitige Gebiet teilte.

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  133. Vgl. S. 873.

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  134. So sollte früher der Internationale Gerichtshof nach dem Statut der Internationalen Arbeitsorganisation über Sanktionen bei Vertragsverletzungen entscheiden. Jetzt werden Sanktionen wegen Nichtbefolgung einer rechtskräftigen Entscheidung, welche Vertragsverletzungen feststellt, durch die Mitgliedstaaten auf Empfehlung des Verwaltungsrats der Organisation durchgeführt. Ob solche Sanktionen noch rechtmäßig durchgeführt werden dürfen, weil der schuldige Staat seine Verpflichtungen immer noch nicht erfüllt hat, kann nach art. 34 der Satzung der Internationalen Arbeitsorganisation zum Gegenstand einer Feststellung durch einen Untersuchungsausschuß bzw. den Internationalen Gerichtshof gemacht werden.

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  135. Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl darf nach art. 88 des Vertrages nur eine entsprechende Entscheidung der Hohen Behörde auf ihre Rechtmäßigkeit überprüfen. Weitgehende Befugnisse zu Anordnungen über die Verwirklichung seiner Entscheidungen sollte das Schiedsgericht aus dem Vertrag vom 26. 5. 1952 über die Beziehungen zwischen der Bundesrepublik und den Westmächten haben ; vgl. art. 11 der ursprünglichen und der revidierten Fassung.

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  136. Vgl. etwa den Tenor der Urteile des Ständigen Internationalen Gerichtshofs im Wimbledon-Fall und im Freizonen-Fall (C.P.J.I. Ser. A No. 1, S. 33 und Ser. A/B No. 46, S. 172). Einige Autoren sind der Auffassung, daß alle aus einem völkerrechtlichen Delikt sich ergebenden Pflichten des passiv legitimierten Teils im Prinzip Gegenstand eines zwischen dem passiv und dem aktiv legitimierten Staat auszuhandelnden Vertrages seien, und daß die Entscheidung eines internationalen Gerichts, wenn dieses mangels Einigung angerufen werden könne, wesentlich rechtssetzenden Charakter habe, vgl. z. B. MORELLI, La sentenza internazionale, 1931, S. 292 ff., sowie oben S. 513.) Dieser Ansicht kann nicht zugestimmt werden; wie oben S. 510 ausgeführt, hängt es allein von dem zur Geltendmachung der Folgen aus völkerrechtlichem Unrecht aktiv legitimierten Staat ab, ob er nachträgliche Erfüllung begehrt oder nicht, soweit dies überhaupt möglich ist. Ist sie nicht möglich, so hat der aktiv legitimierte Staat anzugeben, in welchen Punkten er auf die Herstellung des status quo sine delicto Wert legt. Den entsprechenden Anträgen des aktiv legitimierten Staates hat das internationale Gericht stattzugeben, ohne daß ihm damit ein Ermessensspielraum zukommt. Durch abstrakte Völkerrechtsnormen ist es abschließend geregelt, welche Vermögensschäden auf Verlangen zu ersetzen sind, und das internationale Gericht hat die Höhe des Schadens dementsprechend festzustellen, nicht aber nach Ermessen festzusetzen. Es sind höchstens die Modalitäten der Wiedergutmachung von moralischen Schäden durch Zusprechung von punitive damages oder Anordnung symbolischer Wiedergutmachungsakte, bei denen das internationale Gericht ein gewisses Ermessen hat. Daß die Grenzziehung zwischen direkten und indirekten Schäden (vgl. oben S. 512) die Anwendung eines relativ unbestimmten Rechtsbegriffes darstellt, macht die Feststellung des Schadensumfangs nicht zu einer rechtsschöpferischen Tätigkeit. Anders ist es, wenn das Gericht, und sei es auch durch beide Parteien, beauftragt wird festzustellen, „wie ein rechtskräftiges Urteil zu vollziehen“ (d. h. zu befolgen) sei. Der Internationale Gerichtshof hat eine solche Entscheidung abgelehnt, weil die in dem Urteil festgestellte Verpflichtung auf verschiedenen Wegen erfüllt werden könne, und eine Auswahl zwischen mehreren Möglichkeiten Zweckmäßigkeitsentscheidungen notwendig mache, die nicht mehr in die „fonction judiciaire“ des Gerichts fallen (vgl. Recueil C.I.J., 1951, S. 79).

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  137. Nach art. 41 des Statuts des Internationalen Gerichtshofs hat dieser die Befugnis, „vorläufige Maßnahmen zum Schutze der Rechte der Parteien“ zu treffen, und zwar sogar ohne entsprechenden Antrag. Sind beide Parteien Signatare des Statuts, so können einstweilige Verfügungen auch erlassen werden, wenn die Zuständigkeit des Internationalen Gerichtshofs in der Sache bestritten ist (vgl. I.C.J. Reports 1951, 93), aber auch in diesem Fall wohl kaum dann, wenn die Unzuständigkeit ohne Schwierigkeiten schnell festgestellt werden kann.

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  138. Vgl. darüber art. 48 des Statuts des Internationalen Gerichtshofs.

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  139. Vgl. dazu oben S. 368. — Die Musterregeln der Völkerrechtskommission der UN (vgl. S. 742, Anm. 2) bestimmen in art. 11, daß ein Schiedsgericht nicht ein non liquet aussprechen darf mit der Begründung, das anzuwendende Recht enthalte keine Bestimmungen oder sei unklar. Damit wird der Fall nicht erfaßt, daß die anwendbaren gesetzten Normen die Frage ausdrücklich als einer detaillierten vertraglichen Regelung bedürftig erklären, diese Regelung aber nicht vorliegt. Art. 11 erfaßt auch nicht den Fall, daß der Jurisdiktionsauftrag dem Gericht aufgibt, die Lösung ausschließlich an Hand bestimmter im Jurisdiktionsauftrag genannter Rechtsquellen zu finden, daß diese Quellen aber die Frage nicht regeln, und die Antwort nur an Hand des allgemeinen Völkergewohnheitsrechts gegeben werden kann. Es ist natürlich denkbar, das internationale Gericht zu ermächtigen, bei Unbestimmtheften des gesetzten Rechts nach Billigkeit zu entscheiden, vgl. S. 892 ff. —Wird dem Gericht die Ermächtigung erteilt, zugunsten bestimmter Ziele von dem geltenden Recht abzuweichen, so stellt sich die Frage, ob dem Gericht durch sein Statut erlaubt ist, einen solchen Rechtsbildungsauftrag durchzuführen. Es geht sicher über die reine Feststellung unter Anwendung des Völkerrechts hinaus, wenn ein Schiedsgericht bei der Bestimmung einer streitigen Grenze von der in den einschlägigen Quellen festgelegten Grenze zugunsten einer „klar bestimmten natürlichen Grenzlinie“ abweichen und dabei wieder Kompensationen, eventuell sogar Entschädigungen in Geld, festsetzen darf. Der Internationale Gerichtshof äußerte sich in dem Streit zwischen Nicaragua und Honduras nicht über die Frage, ob eine solche Aufgabe durch ein satzungsgemäß auf Rechtsprechungsfunktionen beschränktes internationales Gericht übernommen werden dürfe. Ein ad hoc-Schiedsgericht kann durch Vertrag sicher damit beauftragt werden (vgl. I.C.J. Reports 1960, S. 215).

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  140. Sog. „compromis“. Das „compromis“ kann die vom Gericht zu beantwortenden Fragen abschließend festlegen, so daß es überhaupt keiner Anträge im Verfahren mehr bedarf ; jede Partei kann dann nur noch sich darüber aussprechen, welche Antwort auf die Frage sie für richtig hält. Denkbar ist aber auch, daß das „compromis“ den Streitgegenstand nur umschreibt, und daß das Gericht auf Grund der Anträge der Parteien zu entscheiden hat.

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  141. Die bei den sowjetischen Vorbehalten gegen eine allgemeine Klausel in Kollektivverträgen über die Zuständigkeit des Internationalen Gerichtshofs zur Entscheidung über Streitigkeiten aus dem Vertrag geäußerten Vorbehalte behaupten z. T., daß die Anerkennung der Gerichtsbarkeit eines internationalen Gerichts durch die Streitparteien für jeden einzelnen Streitfall erforderlich sei; diese Ansicht ist mit dem positiven Recht unvereinbar.

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  142. Die zweiseitigen Verträge dieser Art sind zusammengestellt in einer Völkerbundveröffentlichung, Arbitrage et sécurité, 1927, und einer UN-Publikation, Systematic survey of treaties for the pacific settlement of international disputes, 1928–1948. Kollektivverträge zur friedlichen Beilegung von Streitigkeiten sind insbesondere die Genfer Generalakte vom 26. 9. 1928 in der revidierten Fassung des Beschlusses der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 28. 4. 1949/ und das Europäische Abkommen zur friedlichen Beilegung von Streitigkeiten vom 29.4. 1957 (vgl. S. 862, Anm. 2).

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  143. Vgl. S. 232, Anm. 3.

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  144. Vgl. Recueil C.I.J. 1951, S. 126. Der Internationale Gerichtshof darf nicht über Dinge entscheiden, die nicht in den Endanträgen der Parteien enthalten sind (vgl. Recueil C.I.J. 1950, S. 402). Der Gerichtshof betrachtet sich aber nicht als verpflichtet, eine abstrakte Feststellung, auch wenn sie zur Bildung der Entscheidung über den eigentlichen Streit notwendig ist, auf Antrag hin im Tenor auszusprechen (vgl. Recueil C.I.J. 1958, S. 62). Relativ unbestimmte Anträge auf Feststellung völkerrechtlicher Sachverhalte durch das Gericht sind zulässig, wie z. B. der Antrag, das Gericht möge feststellen, welche Pflichten einem Staat aus einem Vertrag beim Eintritt eines bestimmten Ereignisses obliegen, oder das Gericht möge feststellen, wo die Grenze zwischen zwei Staaten verläuft (vgl. jedoch oben S. 722, Anm. 1).

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  145. Vgl. S. 319 ff.

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  146. Obwohl art. 38 des Statuts des Internationalen Gerichtshofs unter den Quellen des Völkerrechts das sekundäre gesetzte Völkerrecht ebensowenig erwähnt wie die einseitigen Völkerrechtsbildungsakte von Staaten, ist es nicht bezweifelt worden, daß ein mit der Anwendung von Völkerrecht beauftragtes internationales Gericht auch diese Quellen heranzuziehen hat.

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  147. Da der Internationale Gerichtshof nur zwischen Staaten bindende Feststellungen über völkerrechtliche Sachverhalte treffen darf, kann ihm ein Auftrag zur bindenden Klärung der Gültigkeit eines Aktes eines Organs der Vereinten Nationen von diesem selbst nicht erteilt werden; wohl aber können diese Organe Aufträge zu gutachtlichen Äußerungen erteilen, vgl. S. 728; 770, Anm. 3; 739, Anm. 5.

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  148. Vgl. unten S. 765.

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  149. Vgl. oben S. 697, Anm. 2.

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  150. Vgl. art. 65 des Statuts des Internationalen Gerichtshofs.

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  151. Der Ständige Internationale Gerichtshof, der auch nach seinem Statut ein gewisses Ermessen zur Zurückweisung von Ersuchen betreffend Erteilung eines Gutachtens hatte, hat von dieser Befugnis im Ostkarelienfall Gebrauch gemacht, weil es sich bei der ihm vom Völkerbundrat gestellten Frage im Effekt um eine zwischen Finnland und der Sowjetunion, also einem Nichtmitglied des Völkerbundes, streitige Frage handelte (vgl. P.C.I.J. Ser. B No. 5, S. 28). Der Internationale Gerichtshof hat aber in C.I.J. Recueil 1950, S. 71, seine grundsätzliche Befugnis, sich gegenüber einem Organ der UN über eine zwischen einem Mitglied der Vereinten Nationen und einem Nichtmitglied streitige Rechtsfrage zu äußern, bejaht.

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  152. So im Fall des albanischen Münzgoldes (vgl. Recueil C.I.J. 1954, S. 32).

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  153. Unter den zweiseitigen Verträgen zur friedlichen Beilegung von Streitigkeiten schließen einige das vorgesehene Verfahren aus, wenn der Streit die „Interessen“ dritter Staaten berührt; andere hingegen bestimmen ausdrücklich, daß ein solches Interesse dritter Staaten den Ablauf der Streitbeilegungsverfahren nicht verhindern soll; z. T. können dann dritte Staaten in dem Verfahren als Partei „intervenieren“.

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  154. Es ist also nicht verpflichtet, sich jeder Tätigkeit zu enthalten, sobald eine Partei seine Zuständigkeit bestreitet. Auch wenn die Zuständigkeit des internationalen Gerichts ausdrücklich davon abhängig gemacht ist, daß beide Parteien die Zuständigkeit „anerkannt haben“, so ist dies nicht dahin zu verstehen, daß im einzelnen Verfahren jede Partei jederzeit selber verbindlich entscheiden könne, ob sie die Zuständigkeit anerkannt hat.

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  155. Vgl. darüber unten S. 748.

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  156. Vgl. z. B. die Umschreibung der Zuständigkeit der deutsch-amerikanischen Schiedskommission in art. 1 des Vertrages vom 10. 8. 1922. Unter Umständen werden einzelne Fragen ausdrücklich aus dem prinzipiell auf alle Rechtsfragen „aus“ einem einzelnen Vertrag zugeschnittenen Zuständigkeitsbereich des internationalen Gerichts herausgenommen, vgl. etwa art. 9 des Abkommens vom 26. 5. 1952 über das Schiedsgericht für die Beziehungen zwischen der Bundesrepublik und den drei Westmächten.

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  157. Klauseln, welche die Zuständigkeit auf die innerhalb eines bestimmten Zeitraums entstandenen Streitigkeiten beschränken, wurden vom Internationalen Gerichtshof mehrfach erörtert (vgl. zuletzt I.C.J. Reports 1960, S. 33 ff.). Über die „zeitlichen“ Schranken der Zuständigkeit des Internationalen Gerichtshofs allgemein vgl. Rosenne, The time factor in the jurisdiction of the International Court of Justice, 1960.

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  158. Vgl. S. 653 ff. Liegt das völkerrechtliche Delikt allerdings erst in der Rechtsverweigerung bei der innerstaatlichen Entscheidung über Fragen des innerstaatlichen Rechts, so berührt der Einwand der Nichterschöpfung des innerstaatlichen Rechtswegs nicht die zeitlichen Schranken der Zuständigkeit, sondern die Schlüssigkeit der Klage. Ansprüche aus einer Völkerrechtsverletzung, denen ein innerstaatliches Gerichtsverfahren vorausgegangen ist, welches mit einem Urteil eines staatlichen Gerichts geendet hat, können nach einer Reihe von Schiedsverträgen nur innerhalb bestimmter Frist nach dem Ergehen der letztinstanzlichen staatlichen Entscheidung vor ein internationales Gericht gebracht werden (vgl. die Zusammenstellung in : Systematic survey of treaties for the pacific settlement of disputes, S. 44ff.).

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  159. Der Beneluxvertrag vom 3. 2. 1958 sieht vor, daß das Schiedskollegium angerufen werden kann, wenn ein Rechtsstreit nicht im Ministerrat beigelegt werden konnte. Nach art. 24 des Abkommens über Vorrechte der Sonderorganisationen sind Verhandlungen (Konsultationen) zwischen dem angeblich Verletzten und dem Verletzer und ihr erfolgloser Ausgang Voraussetzung für die Anrufung des internationalen Gerichts. Zu der Frage, wann ein die Klagzulässigkeit bedingender „Streit“ vorliegt, vgl. C.P.J.I. Ser. A No. 2, S. 15. Die Klauseln der Schiedsverträge, welche „Meinungsverschiedenheiten“ oder „Rechtsfragen“ zu gerichtlichen Entscheidungen bringen lassen wollen, sind aber weit genug um zu ermöglichen, daß auch bei Meinungsverschiedenheiten die Rechtmäßigkeit bzw. Rechtswidrigkeit eines nur hypothetischen Tatbestandes mit verbindlicher Wirkung festgestellt werden kann. Ist z. B. bestritten, ob ein Staat die Durchfahrt fremder Schiffe durch einen Kanal nach Völkerrecht hindern darf, so kann die Unzulässigkeit einer Behinderung durch ein internationales Gericht festgestellt werden, bevor eine solche Maßnahme getroffen wird. Eine Schiedsabrede kann auch die Frage, ob ein Streit vorliegt, der einseitigen Erklärung überlassen (vgl. art. 22 des Friedensvertrages mit Japan). Ist. das Scheitern anderweitiger Versuche zur Erledigung von Streitigkeiten über die Anwendung eines Vertrages Bedingung für die Anrufung eines internationalen Gerichts, so empfiehlt es sich, eine Frist für die anderweitigen Verfahren festzusetzen ; der Vertrag vom 23. 12. 1957 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Dominikanischen Republik ermöglicht die Anrufung des Internationalen Gerichtshofs, wenn ein ad-hoc-Schiedsgericht nicht innerhalb von drei Monaten nach einem entsprechenden Verlangen gebildet worden ist, bzw. nicht innerhalb von sechs Monaten entschieden hat; hingegen ist für die diplomatischen Verhandlungen, von deren Scheitern die Bildung des ad-hoc-Schiedsgerichts abhängt, keine Frist vorgesehen.

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  160. Vgl. C.P.J.I. Ser. A No. 15, S. 23. Oft wird bei der Annahme der Fakultativklausel ein Vorbehalt gemacht, wonach die ausschließliche Zuständigkeit eines anderen internationalen Feststellungsorgans der Zuständigkeit des Internationalen Gerichtshofs vorgehen soll. Hier kann die Frage entstehen, ob die ausschließliche Zuständigkeit eines anderen Organs auch dann beachtet werden muß, wenn der Internationale Gerichtshof über eine Rechtsfrage als Vorfrage entscheiden mußl. So könnte die Frage auftauchen, ob der Gerichtshof über eine Interpretation des Abkommens betreffend den Währungsfonds als Vorfrage entscheiden kann, wenn über diese Frage zwischen den Mitgliedern nur der Verwaltungsrat des Fonds entscheiden darf, vgl. unten S. 754.

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  161. Die sowjetischen Länder haben nicht nur die Vereinbarung der Zuständigkeit von gemeinschaftlichen Gerichten zur Anwendung von staatlichem, wenn auch völkerrechtlich gebotenem Recht (so internationale Gerichte zur Bestrafung des Völkermordes), sondern auch die Vereinbarung der Zuständigkeit des Internationalen Gerichtshofs für völkerrechtliche Fragen aus der Völkermord-Konvention als „Intervention in die inneren Angelegenheiten“ und als Verletzung der Souveränität bezeichnet (vgl. UN Doc. E/797, S. 39). Diese Argumentation ist unhaltbar.

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  162. Das Argument, das internationale Gericht greife schon in die ausschließliche Zuständigkeit eines Staates ein und verletze damit die Schranken seiner eigenen Zuständigkeit, wenn es prüfe, ob der betreffende Staat durch eine Völkerrechtsnorm zu einem bestimmten Verhalten verpflichtet oder frei sei, falls es dabei zur Feststellung der Freiheit von völkerrechtlichen Bindungen komme, wurde vom Internationalen Gerichtshof im portugiesisch-indischen Streit über die Transitrechte für unzutreffend gehalten (vgl. I.C.J. Reports 1960, S. 32 f).

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  163. Vgl. unten S. 747 f.

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  164. Vgl. S. 695. Aus dem Entscheidungsauftrag an den „conciliator“ nach dem Brüsseler Abkommen vom 5.12.1947(S. 896, Anm.1) ist ausdrücklich die Frage herausgenommen worden, ob ein Vertragsstaat deutsches Vermögen auf Grund zwingender nationaler Interessen in Natur behalten kann und dem nach dem Abkommen vorzugsweise zur Einziehung zuständigen Staat nur den Erlös aus dem Verkauf herauszugeben hat.

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  165. Mehrere Beispiele dieser Art z. B. in der deutsch-polnischen Oberschlesienkonvention vom 15. 5. 1922 : Der Ständige Internationale Gerichtshof entscheidet über die Handhabung der Bestimmungen des Vertrages betreffend die Enteignung von deutschen Unternehmungen, aber eine gemischte Kommission entscheidet über eine der Voraussetzungen einer zulässigen Enteignung, nämlich, ob sie unentbehrlich ist, „um die Aufrechterhaltung eines Betriebes zu gewährleisten“ (art. 7, 23). Unter Umständen bedeutet der Vorbehalt bestimmter Feststellungen zugunsten eines anderen Organs als des Gerichts eine verkappte Entscheidung jenes anderen Organs, ob dem internationalen Gericht überhaupt eine Entscheidung ermöglicht werden soll; so sollte Polen nach dem Oberschlesienabkommen berechtigt sein, die geltenden Vorschriften über Bodenverteilung und Arbeitsrecht durch Bestimmungen zu ersetzen, die für ganz Polen einheitlich waren, es durfte dies aber nur, wenn die betreffenden Bestimmungen „geeignet“ waren, das geltende Recht zu ersetzen. Entstand über diese Frage ein Streit, so sollte die gemischte Kommission entscheiden, ob der Streit „geeignet war, dem Ständigen Internationalen Gerichtshof vorgelegt zu werden“. Nach dem Indus-Wasservertrag vom 19. 9. 1960 sind Streitigkeiten aus dem Vertrag, die nicht durch Einigung der Signatare beigelegt werden, einem Schiedsgericht vorzulegen, bestimmte im Vertrag aufgezählte Fragen, vornehmlich solche technischer Art, jedoch einem „neutralen Sachverständigen“. Ob es sich um eine derartige Frage handelt, entscheidet, wenn dies nicht die Vertreter der Signatare einverständlich bejahen, der Sachverständige selbst. Kontrolliert das internationale Gericht Akte eines anderen internationalen Organs, so kann es an die schon getroffene Beurteilung gewisser Fragen durch das kontrollierte Organ gebunden sein, so etwa wenn die Hohe Behörde der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl nach art. 67 des Vertrages zu beurteilen hat, ob eine Maßnahme eines Mitgliedstaates „schwere“ Störungen des Gleichgewichts der Wettbewerbsbedingungen zu verursachen geeignet ist, bevor sie Maßnahmen ergreift. Die „Würdigung wirtschaftlicher Tatsachen“ durch die Hohe Behörde bei einem rechtsbildenden oder rechtsfeststellenden Beschluß darf im allgemeinen überhaupt nicht Gegenstand einer Prüfung durch den Gerichtshof werden, wenn dieser über die Gültigkeit einer Maßnahme der Hohen Behörde zu entscheiden hat. Nach dem Vertrag über das Euratom ist die Prüfungsbefugnis des Europäischen Gerichtshofes zum Teil auf ganz bestimmte Rechtsfragen beschränkt, wie bei der Überprüfung von Entscheidungen des Schiedsausschusses für Zwangslizenzen.

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  166. Art. 33 des Vertrages über die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl ermöglicht dem Gerichtshof die Nachprüfung der Würdigung wirtschaftlicher Tatsachen, wenn der Hohen Behörde vorgeworfen wird, sie habe ihr Ermessen mißbraucht oder die Bestimmungen des Vertrages offensichtlich verkannt.

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  167. Vgl. z. B. über den Begriff „Unabhängigkeit“ das Gutachten des Ständigen Internationalen Gerichtshofs, C. P.J.I. Ser. A/B No. 41, S. 45. Besonders schwierig wird die zur Feststellung einer Vertragsverletzung notwendige Untersuchung wirtschaftlicher oder politischer Zusammenhänge, wenn ein Vertrag — was oft in sehr vager Weise geschieht — bestimmte Ziele fixiert, und solche Maßnahmen der Signatare als verboten gelten, welche die Erreichung dieser Ziele gefährden (vgl. z. B. art. XV Ziff. 4 des GATT). Das GATT fixiert daher seinerseits zum Teil das Einverständnis der Signatare darüber, in welcher Weise sich bestimmte Maßnahmen wirtschaftlich auswirken.

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  168. Vgl. oben S. 670 f. Obwohl die Entscheidung aus anderen Gründen im Ergebnis richtig ist, war es unhaltbar, daß das deutsch-jugoslawische gemischte Schiedsgericht (vgl. Rec. Déc. T.A.M. 7, 72 ff.) sich weigern wollte, überhaupt auf die Frage einzugehen, ob Jugoslawien ein „neuer“ Staat im Sinne des art. 297 VV war, weil diese Frage „d’ordre non pas économique mais juridique, et surtout politique“ (!) sei. In dem Notenwechsel vom 23. 10. 1954 über die Zuständigkeit des Internationalen Gerichtshofs zur Entscheidung in Streitigkeiten aus den Verträgen der Westeuropäischen Union spricht die Regierung der Bundesrepublik Deutschland von „Zweifeln und Streitigkeiten über die Auslegung und Anwendung des Vertrages“, „die vorwiegend technischer Art sein dürften“, und meint, daß ein „einfacheres Verfahren für die Regelung solcher Angelegenheiten“ als das vor dem Internationalen Gerichtshof wünschenswert sei. Daß es sich um Auslegungs- und Anwendungsfragen handelt, wird dabei nicht in Abrede gestellt. Die spätere Erklärung der Bundesregierung über die Anerkennung der Zuständigkeit des Internationalen Gerichtshofs enthält eine entsprechende Beschränkung nicht.

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  169. Vgl. art. 50 des Statuts des Internationalen Gerichtshofs.

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  170. Es liegt dies besonders nahe, wenn ein Vertragstext einem nationalen oder einem internationalen Organ bestimmte Ermächtigungen zu Rechtsbildungsakten erteilt, und wenn der Akt inhaltlich bestimmten Zwecken dienlich sein oder gewissen Richtlinien entsprechen soll, vor allem, wenn das Organ zwischen verschiedenen Zwecken und Richtlinien wählen kann. Ein Ermessen kann in solchen Fällen besonders dann vermutet werden, wenn im Zusammenhang mit der Ermächtigung von der „Beurteilung“ durch das Organ oder von der „Ansicht“ des Organs gesprochen wird. So könnte ein internationales Gericht nicht in allen Einzelheiten nachprüfen, ob ein Staat fähig und bereit ist, die Verpflichtungen aus der Charta der UN zu erfüllen, da die Beantwortung dieser Frage im Zusammenhang mit einem Aufnahmeverfahren durch art. 4 der Charta dem „Urteil der Organisation“, d. h. der entscheidenden politischen Instanzen, Sicherheitsrat und Generalversammlung, überlassen ist ; hingegen wäre die Frage, ob ein Gebilde, welches, ohne Mitglied der UN zu sein, dem Statut des Internationalen Gerichtshofs beitreten will, ein „Staat“ ist, keine Frage, bei deren Beantwortung man ein Ermessen der politischen Organe der UN anzunehmen und die Überprüfung durch den Internationalen Gerichtshof als ausgeschlossen zu gelten hätte. Allerdings bedeutet eine Formulierung, welche auf die „Ansicht“ eines internationalen Organs Bezug nimmt, nicht notwendig immer, daß diese Ansicht nicht durch ein internationales Gericht nachgeprüft werden kann (vgl. etwa art. 88 Abs. 1 und 2 des Vertrages über die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl).— Der Europäische Gerichtshof für die Menschenrechte wirft in der Sache Lawless (Publ. Ser. A 1960–1961, S. 54 ff.) die Frage nach einem Ermessensspielraum bei der Anwendung der Notstandsklausel (vgl. S. 695) nicht auf. Die durch den Internationalen Gerichtshof (vgl. Recueil C.I.J. 1947–48, S. 57 ff., und 1950, S. 4 ff.) gutachtlich erörterten Grenzen der Nachprüfung von Beschlüssen der politischen Organe der UN über die Aufnahme eines neuen Mitglieds zeigen zugleich ein anderes Problem : Es kann sein, daß ein internationales Organ einen bestimmten Akt nur unter bestimmten Bedingungen vornehmen darf, daß das Organ aber zugleich ein freies Ermessen hat, ob es den Akt vornehmen will, wenn jene Bedingungen gegeben sind. Dann kommt im allgemeinen eine gerichtliche Nachprüfung für die Bedingung des Aktes nicht in Frage, d. h. es entfällt auch eine gerichtliche Nachprüfung derjenigen Punkte, die nicht der freien Entscheidung des Organs vorbehalten waren, wenn es die Vornahme des Aktes verweigert. Wenn das Organ (oder ein einzelnes Mitglied eines internationalen Organs) einen Beschluß bzw. ein Votum deshalb nicht getroffen hat, weil eine bestimmte Tatsache nicht gegeben war, die aber nach Völkerrecht gar nicht Bedingung für die Vornahme des Aktes sein durfte, so kann zwar ein internationales Gericht aussprechen, daß das Motiv für das Verhalten des Organs bzw. des Organmitgliedes rechtlich unzulässig war, kann aber den nicht zustande gekommenen Akt selbst nicht ersetzen, oder aussprechen, daß dessen Wirkungen nunmehr ohne den Akt eintreten. Wird die Aufnahme eines neuen Mitglieds durch den Sicherheitsrat empfohlen, so könnte der Internationale Gerichtshof umgekehrt nur diejenigen Bedingungen nachprüfen, deren Beurteilung nicht dem Ermessen des Sicherheitsrates anheimgestellt ist. Aus dem freien Ermessen eines Organs, einen Akt vorzunehmen oder nicht vorzunehmen, der nur unter bestimmten Voraussetzungen vorgenommen werden darf, kann nicht gefolgert werden, daß das Organ auch allein beurteilen darf, ob jene Situation gegeben ist, in der es sein Ermessen ausüben kann. Wenn seinerzeit die Zustimmung des Völkerbundrates zu einem Vertrag Österreichs, welcher die Unabhängigkeit Österreichs beeinträchtigte, erforderlich war, anderenfalls der Vertrag nichtig bzw. Österreich zur Rückgängigmachung verpflichtet war, so hatte der Völkerbundrat zweifellos ein freies Ermessen, jedem Vertrag, der objektiv die Unabhängigkeit Österreichs beeinträchtigte, seine Zustimmung zu geben oder zu verweigern. Daraus folgt aber nicht, daß — wie behauptet worden ist — der Völkerbundrat ein freies Ermessen in der Beurteilung der Frage besaß, ob ein Vertrag eine Beeinträchtigung der Unabhängigkeit Österreichs darstellte. Ein solches Ermessen hätte dem Völkerbundrat die Möglichkeit gegeben, jeden beliebigen Vertrag Österreichs nach Willkür zu inhibieren.

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  171. Siehe auch S. 393. 5 Die Frage, ob ein internationales Organ bei der Vornahme eines Aktes streng durch Vertragsnormen gebunden war oder einen Ermessensspielraum hatte, stand Erörterung in dem Gutachten des Internationalen Gerichtshofs in der Frage des Seesicherheitskomitees (vgl. I.C.J. Reports 1960, S. 149ff.). Der Gerichtshof war der Auffassung, daß die vertragliche Bestimmung, wonach u. a. die 8 Staaten mit den größten Handelsflotten in das Komitee zu „wählen“ waren, nicht mit einem Ermessen verbunden war, einzelne von den Staaten, die die größte Handelsschifftonnage registriert hatten, aus besonderen Gründen nicht zu wählen. Bezüglich der Frage, ob ein Streit die „vitalen Interessen“, die „Unabhängigkeit“ oder „Ehre“ eines der streitenden Staaten berührt und deshalb nicht von einem durch Vertrag für Streitigkeiten vorgesehenen Schiedsgericht entschieden werden darf (vgl. S. 909), wurde wohl meist angenommen, daß jeder Staat innerhalb eines weiten Ermessensspielraums diese Frage für sich selbst beantworten konnte, auch wenn die Schiedsabrede dies nicht ausdrücklich vorsah; vgl. unten Anm. 3.

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  172. Vgl. S. 868f.

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  173. So dürfte nicht anzunehmen sein, daß Beschlüsse der Organe der Europäischen Gemeinschaften vom Gerichtshof nur deshalb für ungültig erklärt werden könnten, weil sie nach Ansicht des Gerichts nicht das Gesamtinteresse der Gemeinschaft, von dem sie sich leiten lassen sollen (vgl. S. 1315, Anm. 5), fördern.

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  174. Vgl. dazu I.C.J. Reports 1948, S. 61, und unten S. 886. Eine eigenartige Konzession an den Gedanken der Nichtjustiziabilität von Rechtsstreitigkeiten mit politischer Tragweite enthielt der 1928 geänderte art. 4 des deutsch-schweizerischen Schieds- und Versöhnungsvertrages vom 3. 12. 1921. Danach sollten Streitigkeiten über Völkerrechtsfragen, wenn das Schiedsgericht auf Antrag einer Partei mit höchstens einer dissentierenden Stimme feststellte, daß der Streit vorwiegend politischen Charakter habe und sich deshalb nicht zu einer Entscheidung unter Anwendung von Rechtssätzen eigne, vom Schiedsgericht an das Versöhnungsverfahren (vgl. unten S. 901) verwiesen werden. Bei Streitigkeiten, die nach Ansicht einer Partei ihre Unabhängigkeit oder andere vitale Interessen berührten, konnte jedoch das Schiedsgericht in Rechtsstreitigkeiten nur ausgeschaltet werden, wenn die andere Partei die Einrede anerkannte.

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  175. Vgl. art. 36 Abs. 1 des Statuts. Über Nichtparteien des Statuts vgl. aber oben S. 717.

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  176. Vgl. S. 232, Anm. 3.

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  177. Nämlich mit oder ohne Gegenseitigkeit bzw. auf beschränkte oder unbeschränkte Zeit.

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  178. So die Vorbehalte der Vereinigten Staaten (sog. Connally-Klausel) und Frankreichs 1946. Diese Vorbehalte gehen wohl davon aus, daß im allgemeinen die Prüfung durch das Gericht, ob ein Staat durch Völkerrecht gebunden oder in seinem Handeln frei ist, nicht an dem Ausschluß der Zuständigkeit des Gerichts für innere Angelegenheiten (für die er ja nach Völkerrecht frei ist) scheitert, vgl. S. 911 u. 915.

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  179. So der Vorbehalt Großbritanniens vom 18.4. 1957, Ziff. V.

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  180. Vgl. die Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs in dem französischnorwegischen Anleihestreit, I.C.J. Reports 1957, S. 9 ff. In einer dissenting opinion hält der Richter LAUTERPACHT die oben erwähnten Vorbehalte überhaupt für unzulässig, und damit die ganze Annahme der Fakultativklausel durch Frankreich als nicht erfolgt.

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  181. So die Erklärung Großbritanniens über die Annahme der Klausel vom 26. 11. 1958, Ziff. IX.

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  182. Vgl. C.I.J. Recueil 1947/48, S. 27.

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  183. Vgl. C.I.J. a, a. O. und 1951, S. 78.

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  184. Vgl. C.P.J.I. Ser. A No. 15, S. 24. Das beiderseitige Einverständnis von Kläger und Beklagtem mit der Zuständigkeit des Gerichtshofs kann also auf zwei „einseitigen“ Akten beruhen, die irgendwie zu einer beiderseitigen Bindung geführt haben müssen. Diese Bindung muß jedenfalls im Zeitpunkt des Verfahrensbeginns vorliegen und dauert dann für das Verfahren bis zu dessen Ende. Es wäre andererseits nicht möglich, die Zuständigkeit darauf zu begründen, daß allein der beklagte Staat in einem einseitigen Akt die Zuständigkeit des Internationalen Gerichtshofs anerkannt hätte, während der Kläger seinerseits von jeder Bindung, insbesondere an das klagabweisende Urteil oder an das einer Widerklage stattgebende Urteil, frei wäre.

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  185. So z. B. art. VIII sec. 30 des Abkommens über die Vorrechte der Vereinten Na tinnen im Verhältnis zwischen einem Signatarstaat und der Organisation.

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  186. Vgl. S. 717.

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  187. Im Fall der serbischen Anleihen lag der Intervention Frankreichs zugunsten seiner Staatsangehörigen nicht schon der Vorwurf einer Verletzung des Völkerrechts durch Jugoslawien zugrunde, sondern eine Meinungsverschiedenheit über den Inhalt der privatrechtlichen Verpflichtungen des beklagten Staates; da dieser Streit zwischen Staaten einverständlich dem Ständigen Internationalen Gerichtshof vorgelegt wurde, betrachtete sich dieser als zur Sachentscheidung zuständig (vgl. C.P.J.I. Ser. A No. 20/21, S. 17f.). Vgl. aber auch S. 74, Anm. 2.

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  188. Der Internationale Gerichtshof könnte also nicht mit den Aufgaben einer Enquête-Kommission (vgl. oben S. 675) beauftragt werden, wenn keine rechtliche Relevanz der Fakten unterstellt wird.

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  189. Vgl. art. 43 Abs. 2 des Vertrages über die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl.

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  190. Vgl. oben S. 343.

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  191. Der Internationale Gerichtshof hat allerdings in dem französisch-norwegischen Anleihestreit eine Entscheidung darüber, ob der von Frankreich gemachte Vorbehalt bei der Annahme der Fakultativklausel nach dem Statut gültig war, unterlassen mit der Begründung, daß die Parteien über die Gültigkeit einig seien (vgl. Recueil C.I.J. 1957, S. 27) . Der Ständige Internationale Gerichtshof hat, als ihm von zwei Staaten einverständlich der Auftrag gegeben wurde, die Rechtslage unter Anwendung eines bestimmten Vertrages zu prüfen, sich nicht als befugt angesehen, die Gültigkeit des Vertrages unter einem von den Parteien nicht geltend gemachten Gesichtspunkt (nämlich der Unvereinbarkeit mit einem älteren Kollektivvertrag) zu untersuchen (vgl. Publ. C.P.J.I. Ser. A/B No. 63, S. 80).

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  192. Vgl. die Bestimmungen über die ausschließliche Zuständigkeit des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl in art. 87 des Vertrages. Auch art. XVI des Abkommens vom 19. 6. 1951 über den Status der Nordatlantikstreitkräfte in den Mitgliedstaaten verbietet “recourse to any outside jurisdiction.”

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  193. Einem ständigen internationalen Gericht können allerdings die Staaten in der Zuständigkeitsabrede keine Verfahrensvorschriften machen, soweit das Verfahren des Gerichts durch das Statut und Reglement abschließend geregelt ist.

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  194. So hat der Internationale Gerichtshof gemäß art. 30 des Statuts zusätzlich zu den grundlegenden Verfahrensbestimmungen im Statut ein Reglement (rules of court) über sein Verfahren vom 6. 5. 1946 erlassen.

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  195. Vgl. art. 51 ff. des 1. Haager Abkommens vom 18. 10. 1907. Die Völkerrechtskommission der UN hat einen Entwurf für eine Konvention über das internationale Schiedsverfahren vorgelegt, dessen Regeln ebenfalls subsidiäre Bedeutung für irgendwelche Schiedsgerichtsverfahren haben würden, vgl. UN Publ. A/CN/4/92.

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  196. Vgl. oben S. 370, Anm. 3.

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  197. Es kommt praktisch kaum vor, daß ein echtes internationales Gericht den Auftrag erhält, von Amts wegen völkerrechtliche Sachverhalte, insbesondere konkrete Völkerrechtsverletzungen, aufzuspüren und festzustellen. Auch die Bestimmung in dem britisch-arabischen Notenwechsel vom 30. 7. 1954 betreffend die Buraimi-Zone, wonach das zur Entscheidung über die Zugehörigkeit dieser Zone bestellte Schiedsgericht auch die Einhaltung der Bestimmungen über die Räumung „überwachen“ und über Fragen der Anwendung dieser Bestimmungen entscheiden sollte (vgl. Cmd. 9272), ist wohl nicht so zu verstehen. Durch Vertrag kann bestimmt werden, daß ein internationales Organ bei Zweifeln über eine Rechtsfrage die verbindliche Entscheidung eines internationalen Gerichts einholen kann, vgl. Publ. C.P.J.I. Ser. B, No. 16. Dann darf nicht von Klage, sondern muß von Feststellungsantrag gesprochen werden.

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  198. Vollkommen ungeklärt ist die Vertretung des Staates, in welchem zwei Regierungen mit lokaler Teilherrschaft um die Macht kämpfen, vor dem Internationalen Gerichtshof, wenn der betreffende Staat als solcher Partei am Statut ist; vgl. S. 799, Anm. 3.

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  199. Vgl. art. 32 des Reglements des Internationalen Gerichtshofs. Der von der Regierung oder der ständigen Vertretung eines Staates beim Internationalen Gerichtshof für den einzelnen Prozeß bestellte Staatsvertreter gilt als befugt, bindende Erklärungen für den Staat im Rahmen des Prozesses abzugeben, insbesondere die Zuständigkeit des Gerichtshofs ausdrücklich oder stillschweigend anzuerkennen. 2 Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte soll nach art. 48 der Europäischen Menschenrechtskonvention nur von Signatarstaaten oder von der Europäischen Menschenrechtskommission angerufen werden können. 3 Nicht wenige Verträge, insbesondere mit amerikanischen Staaten, haben schon im 19. Jahrhundert die Möglichkeit der Feststellung völkerrechtlicher Schadensersatzansprüche durch internationale Gerichte auf Klage der geschädigten Privatperson hin vorgesehen (vgl. SEFERIADES, Rec. C. Ac. D.Int.51 (1935I) 33f.). Die nach dem ersten Weltkrieg eingerichteten gemischten Schiedsgerichte entschieden u. a. auch über gewisse durch die Verträge näher bezeichnete völkerrechtliche Schadensersatzverpflichtungen auf Klage der geschädigten Privatpersonen. Neben klagberechtigten Privaten können die Heimatstaaten meist selbst durch Regierungsvertreter vor dem Gericht mit auftreten. Während Privatpersonen auch ein Recht zur Erhebung von Beschwerden wegen Verletzungen der Menschenrechtskonvention vor der Europäischen Menschenrechtskommission haben (vgl. unten S. 772, Anm. 6), steht ihnen ein Klagrecht vor dem Europäischen Gerichtshof für die Menschenrechte nicht zu. Art. 14 der Konvention vom 30. 8. 1961 über Staatenlosigkeit, der für jeden Streit über die Anwendung des Vertrages zwischen den Vertragsparteien die Zuständigkeit des Internationalen Gerichtshofs vorsieht, setzt offenbar die Aktivlegitimation eines jeden Signatars zur Rüge einer Vertragsverletzung voraus, obwohl die betroffenen Personen gerade nicht seine Staatsangehörigen sind. Der hier besonders nahe liegende Gedanke eines Klagrechts des Einzelnen ist in der Konvention nicht verwirklicht worden, desgleichen aber auch nicht der Gedanke einer Klagbefugnis eines internationalen Organs. Die Konvention sieht in art. 11 nur die Schaffung eines Amtes bei der Organisation der Vereinten Nationen vor, welches die Einzelnen bezüglich ihrer Rechtsmittel im innerstaatlichen Recht beraten soll.

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  200. Besteht eine Klagbefugnis von Einzelpersonen vor einem internationalen Gericht, so gilt eine (auf Grund ausdrücklicher Vertragsbestimmungen widerlegbare) Vermutung, daß nur Staatsangehörige der Signatarstaaten diese Befugnis haben, und eine weitere widerlegbare Vermutung, daß die Klagbefugnis nicht zu Klagen gegen den eigenen Heimatstaat gilt (vgl. HALLIER, Völkerrechtliche Schiedsinstanzen für Einzelpersonen, 1961, S. 57).

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  201. In nicht wenigen Fällen beruht allerdings die Parteistellung von Privatpersonen vor einem durch völkerrechtlichen Vertrag eingerichteten Gericht darauf, daß das Gericht anstelle eines nationalen Gerichts entscheidet, d. h. seine Urteile ihre Rechtswirkungen unmittelbar im staatlichen Recht haben; vgl. unten S. 1248 ff. Andere durch Völkerrechtsquellen begründete Gerichte entscheiden in Fragen und mit Wirkung der „internen“ Rechtsordnung eines Staatenverbandes bzw. eines internationalen Organs; vgl. unten S. 1276ff.

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  202. Soweit die gemischten Schiedsgerichte nach dem ersten Weltkrieg völkerrechtliche Schadensersatzpflichten von Staaten feststellten, erfolgte eine Befriedigung aus dem beschlagnahmten Auslandsvermögen der Staatsangehörigen des Schuldnerstaates durch einseitige Akte des Gläubigerstaates.

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  203. Die Durchsetzung der Verfahrensvorschriften gegenüber den Parteien und ihren Vertretern ist im positiven Recht nur unvollkommen geregelt. Soweit diese Vorschriften die Vornahme bestimmter Prozeßhandlungen (z. B. nach Ablauf einer Frist) verbieten, besteht eine wirksame Sanktion in der Unwirksamkeit der verbotenerweise vorgenommenen Handlung. Unter Umständen kann das Gericht mit Hilfe seiner Hausgewalt auf die Parteivertreter einwirken. Ist die Partei nach den Verfahrensvorschriften zu einem Handeln verpflichtet, und hat sie zugleich selbst ein Interesse an der Vornahme des betreffenden Aktes — z. B. Vorlegung von Dokumenten, die nach Ansicht der Partei für sich sprechen —, so genügt dieses Interesse als Druckmittel. Wird hingegen einer Partei etwas aufgegeben, wovon sie glaubt, daß es ihr schaden könne — Vorlage von belastenden Dokumenten, Duldung einer Besichtigung in ihrem Staatsgebiet —, kann ein wirksamer Zwang hierzu nur dann ausgeübt werden, wenn die Beweisregeln es dem Gericht ermöglichen, an die Mißachtung seiner Anordnungen Vermutungen in bezug auf den aufzuklärenden Tatbestand anzuknüpfen.

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  204. Es schließt dies nicht aus, daß die Parteien sich auf Regeln über die Beweislast berufen, die zum Teil aus den „allgemeinen Rechtsgrundsätzen“ deduziert werden (vgl. SIMPSON und Fox, International arbitration, 1959, S. 194ff.).

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  205. Art. 53 des Statuts des Internationalen Gerichtshofs sieht die Möglichkeit von Versäumnisurteilen vor, doch hat sich auch dann das Gericht davon zu überzeugen, daß die Anträge der nichtsäumigen Partei in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht begründet sind.

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  206. Während dann, wenn die Aufgabe des Gerichts darin besteht, reale Tatsachen unter die Völkerrechtsnormen zu subsumieren und insbesondere Feststellungen über konkretes völkerrechtliches Unrecht, Schadensersatzansprüche usw. zu treffen, die allgemeinen Rechtsgrundsätze der Zivilprozeßrechte der zivilisierten Nationen zur Klärung der Frage der Beweislast für Tatsachen herangezogen werden können, bereitet die Frage, ob das Gericht von Amts wegen das anwendbare Völkerrecht und seine Quellen zu ermitteln hat, im Verfahren vor internationalen Gerichten um so größere Schwierigkeiten, als hier häufig über abstrakte Rechtsfragen judiziert werden muß. Der Satz jura novit curia scheint auch im Verfahren vor dem Internationalen Gerichtshof nicht ohne Beschränkungen zu gelten. So soll partikuläres Völkergewohnheitsrecht von der Partei, die sich darauf beruft, bewiesen werden müssen (vgl. C.I.J. Recueil 1950, S. 276; 1952, S. 200).

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  207. Vgl. oben S. 731, Anm. 1. Die Unzulässigkeit der Einmischung des Gerichts in Vergleichsverhandlungen schließt nicht aus, daß das internationale Gericht das Verfahren aussetzt, um den Parteien Vergleichsverhandlungen zu ermöglichen.

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  208. Vgl. art. 60 des Statuts des Internationalen Gerichtshofs.

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  209. Der Ständige Internationale Gerichtshof wurde durch einen Vertrag zwischen Ungarn und der Tschechoslowakei vom 28.4. 1930 als Rechtsmittelinstanz über dem gemischten Schiedsgerichtshof, den der Vertrag von Trianon zwischen diesen beiden Staaten eingesetzt hatte, bestellt.

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  210. Die Schadensersatzsummen, die Deutschland nach dem Urteil des Ständigen Internationalen Gerichtshofs im Wimbledon-Fall (vgl. S. 370) und nach der Entscheidung des deutsch-portugiesischen Schiedsgerichts vom 30. 6. 1930 hätte zahlen müssen, wurden nicht bzw. nicht voll bezahlt, weil spätere Regelungen der deutschen Reparationen entgegenstanden (vgl. R.I.A.A. Bd. 3, S. 1372ff.).

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  211. Darüber, daß es sich bei der Rechtskraft objektiv unrichtiger Urteile und bei der Rechtskraft von Urteilen, denen ein mangelhaftes Verfahren vorausging, um die Durchbrechung eines sonst allgemein gültigen völkerrechtlichen Grundsatzes handelt, vgl. oben S. 558.

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  212. Über Fälle der Bestechung von Mitgliedern internationaler Schiedsgerichte und der hieraus hergeleiteten Nichtigkeit des Schiedsspruchs vgl. CARLSTON, The process of international arbitration, 1946, S. 53 ff.

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  213. Vgl. hierzu SIMPSON und Fox, a. a. O., S. 252 ff. Als schwerer Verfahrensmangel gilt heute das Fehlen einer Begründung für den Tenor einer Entscheidung. — Der Internationale Gerichtshof geht in einem Streit zwischen Nicaragua und Honduras auch auf den Vorwurf ein, ein Schiedsspruch sei wegen Unbestimmtheit nicht vollziehbar und daher nichtig ; vgl. I.C.J. Reports 1960, S. 216. Wenn er auch im konkreten Fall die Unbestimmtheit verneint, so scheint er nicht ausschließen zu wollen, daß ein solcher Vorwurf einmal zutreffen könne. Es gilt dies allerdings doch wohl nur insoweit, als dem Schiedsgericht selbst die Fähigkeit zu nachträglicher Interpretation eines nicht ohne Schwierigkeiten zu deutenden Spruchs fehlt.

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  214. Vgl. art. 61 des Statuts des Internationalen Gerichtshofs. Auch ohne eine ausdrückliche Ermächtigung in der Prozeßordnung kann ferner ein internationales Gericht Schreibfehler oder Rechenfehler in seiner Entscheidung nachträglich kurzerhand selber korrigieren. Über „Revision“ der Entscheidung internationaler Gerichte nach Völkergewohnheitsrecht vgl. R.I.A.A. Bd. 3, S. 1949 ff.

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  215. Im 19. Jahrhundert ereigneten sich mehrere Fälle, in denen die Erfüllung von Urteilen isolierter Schiedsgerichte verweigert wurde, weil das Schiedsgericht außerhalb seiner Zuständigkeit judiziert habe. Viel erörtert wurde die Weigerung Rumäniens, eine Entscheidung des ungarisch-rumänischen Schiedsgerichts über seine Zuständigkeit für Ansprüche ungarischer Staatsangehöriger aus der rumänischen Agrarreform anzuerkennen (1927) (vgl. WbVR1 Bd. 3, S. 1106).

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  216. Vgl. dazu die Entscheidung des deutsch-polnischen Schiedsgerichts vom 1. 11. 1926 in S. Tiedemann, Rec. Déc. T.A.M. Bd. 7, S. 702. — Die von der Völkerrechtskommission der Vereinten Nationen ausgearbeiteten Musterregeln über internationale Schiedsgerichtsbarkeit (vgl. oben S. 742, Anm. 2) sehen Nichtigkeit (besser: Vernichtbarkeit) der Entscheidung eines internationalen Schiedsgerichts wegen jeder Überschreitung seiner Befugnisse (excès de pouvoir) vor. Ein solcher Mangel soll aber innerhalb bestimmter Zeit ausdrücklich geltend gemacht und durch ein von den ursprünglichen Streitparteien zu vereinbarendes internationales Gericht, eventuell den Internationalen Gerichtshof, förmlich festgestellt werden. Der Entwurf der Kommission wollte dieses Verfahren auch dann stattfinden lassen, wenn der Jurisdiktionsauftrag selbst ungültig ist.

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  217. Die Verletzung von Anweisungen im Jurisdiktionsauftrag über das anzuwendende Recht gab dem Schiedsgericht im Fall Orinoco Steamship Co. Veranlassung, einen früheren Schiedsspruch als unverbindlich zu betrachten (vgl. R. I. A. A. Bd. 11, S. 237ff.). Das Schiedsgericht des Drei-Mächte-Vertrages (vgl. S. 717, Anm. 4) kann verbindlich über die Zuständigkeit einiger Spezialgerichte bzw. Quasi-Gerichte auf Grund der Bonner Verträge entscheiden (vgl. art. 9 des Anhangs B zum Drei-Mächte-Vertrag).

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  218. Diese Befugnis hat der Internationale Gerichtshof nach art. 36 Abs. 6 des Statuts, der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte nach art. 49 der Europäischen Menschenrechtskonvention, nicht aber z. B. das Schiedsgericht nach dem Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den drei Westmächten (vgl. oben Anm. 3). Ob die Rechtskraft der Entscheidung eines internationalen Gerichts, die dessen Zuständigkeit bejaht, alle derartigen Fälle erfaßt, oder ob die Rechtskraft nur die Entscheidung deckt, die auf Grund einer Auslegung des im Prinzip als gültig anerkannten Jurisdiktionsauftrages die Jurisdiktion bejaht, ist in der Literatur noch umstritten. Die meisten isolierten Schiedsgerichte erhalten keine ausdrückliche Befugnis zur bindenden Entscheidung über ihre Zuständigkeit.

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  219. Vgl. art. 60 des Statuts des Internationalen Gerichtshofs. 2 Vgl. art. 59 des Statuts des Internationalen Gerichtshofs. Art. 63 ermöglicht die Intervention eines jeden Signatars eines Kollektivvertrages, wenn es in einem Verfahren vor dem Internationalen Gerichtshof um die Interpretation des Kollektivvertrages geht. Die im Urteil, d. h. im Tenor des Urteils, ausgesprochene Interpretation bindet dann auch die intervenierenden Staaten. Eine entsprechende Bestimmung für das allgemeine Völkergewohnheitsrecht fehlt.

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  220. Alle diese Gesichtspunkte wurden erörtert in der Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs über den Streit zwischen Nicaragua und Honduras über die Verbindlichkeit eines 1906 vom spanischen König gefällten Schiedsspruchs über den Grenzverlauf (vgl. I.C.J. Reports 1960, S. 212 ff.).

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  221. Läßt ein Staat die Entscheidung eines internationalen Organs rechtskräftig werden, wobei eine bestimmte implizierte andere Rechtsfrage mit entschieden worden ist, so erstreckt sich die Rechtskraft als solche nicht auch auf die Entscheidung dieser Frage. Im Interhandel-Fall (Recueil C.I.J. 1959, 6ff.) wurde erörtert, ob die Verneinung der Feindeigenschaft einer juristischen Person im Zusammenhang mit einer Entscheidung, welche die Einziehung ihres Vermögens in der Schweiz im Verhältnis zwischen der Schweiz und Amerika rechtskräftig verneint hatte, dafür bindend sei, ob das amerikanische Vermögen der betreffenden Gesellschaft in den Vereinigten Staaten als Feindvermögen eingezogen werden dürfe.

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  222. Eine rechtliche Verpflichtung zur Achtung auch der von ihm selbst ausgesprochenen Rechtsansichten (bei der die Sanktion für die Verletzung eigentlich in der Nichtigkeit des abweichenden späteren Urteils bestehen müßte 1) hat der InternationaleGerichtshof nicht angenommen. Zeitweilig tätigeSchiedsgerichte haben vor allem dann, wenn sie über eine große Anzahl von Ansprüchen zu entscheiden hatten, bei denen die gleiche Rechtsfrage auftauchte, diese abstrakte Rechtsfrage durch „allgemeine Entscheidungen“ (administrative decisions) vorweg beantwortet, um die Erledigung der einzelnen Klagen, vor allem auch durch Einigung der Parteien, zu beschleunigen; so die deutsch-amerikanische Schiedskommission nach dem ersten Weltkrieg. Diese administrative decisions wurden jedenfalls von dem Schiedsgericht selbst als so verbindlich betrachtet wie eine vertragliche Regelung der betreffenden Frage, obwohl sie nur „abstrakte“ Rechtsfragen ohne Zusammenhang mit einem konkreten Verfahren beantworteten.

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  223. Vgl. art. 57 des Statuts des Internationalen Gerichtshofs.

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  224. Vgl. art. 66 und 68 des Statuts des Internationalen Gerichtshofs.

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  225. Vgl. daher S. 728 f.

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  226. So z. B. die Hohe Behörde der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl, die Organe der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds u. a.

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  227. Es gilt dies vor allem vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen.

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  228. Dies trifft vor allem für sogenannte „Kontrollorgane“ zu, vgl. unten S. 771.

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  229. Vgl. S. 704, Anm. 1 und oben Anm. 1. Bei den Organen eines Staatenverbandes stellt sich natürlich die Frage, ob sie nach der Satzung überhaupt zur Übernahme von Aufträgen zur Feststellung völkerrechtlicher Sachverhalte befugt sind, wenn dieser Auftrag nicht in der Satzung selbst enthalten ist. Die Befugnis des Völkerbundrates zur Kontrolle der Minderheitenschutzabkommen wurde aus der satzungsmäßigen Aufgabe des Völkerbundes zur Förderung der friedlichen Beilegung von Streitigkeiten gefolgert. Mit demselben Argument könnte eine Zuständigkeit der Generalversammlung und des Sicherheitsrats der UN, auf Grund einer Vereinbarung von Staaten rechtserhebliche Sachverhalte verbindlich festzustellen, begründet werden. — Als Staatsverbandsorgane kann man auch die periodischen Konferenzen der Signatare eines Kollektivvertrages verstehen, die unter Umständen ebenfalls verbindliche Feststellungen über Sachverhalte treffen, die nach dem Kollektivvertrag rechtserheblich sind; derartige Befugnisse hat z. B. die Gesamtheit der Signatare des GATT oder des Europäischen Währungsabkommens. Als Staatenverbandsorgane i. w. S. sind auch die „Botschafterkonferenzen“ anzusehen, die nach Friedensverträgen häufig nicht nur Rechtsbildungs- und -gestaltungsakte, sondern auch Feststellungen vertragserheblicher Sachverhalte vorzunehmen haben.

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  230. Wenn art. 23 der Europäischen Menschenrechtskonvention bestimmt, daß die auf bestimmte Zeit vom Ministerausschuß des Europäischen Rats auf Vorschlag der Signatarstaaten bestellten Mitglieder der Menschenrechtskommission dieser „nur als Einzelpersonen angehören“, so ist damit zwar gesagt, daß Weisungsgebundenheit nicht vorausgesetzt wird, doch verbietet diese Bestimmung nicht mit voller Klarheit Beeinflussungsversuche durch

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  231. Vgl. oben S. 703, Anm. 2.

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  232. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat im wesentlichen nur die Tatbestände der verbotenen Kriegsauslösung, Aggression oder Friedensbedrohung festzustellen, nicht aber sonstige Verletzungen der Charta oder gar anderer Verträge. — Ein internationales Organ kann auch in erster Linie positiv feststellen, ob ein Verhalten (oder ein geplantes Verhalten) unter einem bestimmten Vertrag rechtsgemäß ist ; wenn das Internationale Ausstellungsbüro eine Anmeldung einer internationalen Ausstellung durch einen Mitgliedstaat „registriert“, so stellt es damit implizite fest, daß diejenigen Voraussetzungen vorliegen, unter denen der betreffende Staat eine solche internationale Ausstellung gemäß dem Vertrag veranstalten darf. Eigenartig ist es, daß politische Organe unter Umständen gerade die Aufgabe erhalten festzustellen, ob eine konkrete Verpflichtung, deren Existenz in einem Urteil eines internationalen Gerichts festgestellt worden ist, nach ergangenem Urteil erfüllt wurde. Dies ist am ehesten verständlich, wenn das politische Organ die Aufgabe hat, Maßnahmen zur Vollstreckung des Urteils anzuordnen, wie der Sicherheitsrat nach art. 94 der UN-Charta. Diese Funktionen fehlen jedoch dem Ministerkomitee des Europarates, wenn dieses nach art. 54 der Europäischen Menschenrechtskonvention die Durchführung eines Urteils des Gerichtshofs „überwacht“. Eine Überprüfung der (positiven oder negativen) Feststellungen des Sicherheitsrats über die Erfüllung von Urteilen des Internationalen Gerichtshofs durch diesen ist in der UN-Charta nicht vorgesehen, desgleichen nicht die Überprüfung etwaiger Feststellungen des Ministerkomitees des Europarats durch den Gerichtshof für die Menschenrechte. Die auf Antrag des verurteilten Staates durch den Internationalen Gerichtshof erfolgende Feststellung, daß er den Verpflichtungen aus einem verurteilenden Erkenntnis des Gerichtshofs nachgekommen sei, erstreckt sich wohl auch auf den Beschluß des Verwaltungsrats der Internationalen Arbeitsorganisation, der erstmalig Zwangsmaßnahmen wegen Nichtvollzuges des Urteils vorsieht (vgl. art. 34 der Satzung).

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  233. Zu den Feststellungen einzelner unter einem Vertrag erheblicher Sachverhalte, die ein internationales Organ ohne Gerichtsqualität oft mit verbindlicher Wirkung vornehmen kann, gehören vor allem Feststellungen über den Eintritt von Umständen, welche eine automatische Änderung des Vertragsinhaltes nach sich ziehen, oder Voraussetzung für Änderungs- oder Gestaltungsbefugnisse nationaler oder internationaler Organe sind; vgl. z. B. die Feststellungen des Weltweizenrates über Mißernten, ihren Umfang und ihre Folgen (art. 9), über Schwierigkeiten eines Landes bei seiner Zahlungsbilanz (art. 10) u. a. Über Feststellungen einer Mangellage in bezug auf Kohle oder Stahl durch die Hohe Behörde vgl. art. 59 des Vertrages über die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl.

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  234. So erhalten vor allem in den modernen Kollektivverträgen über wirtschaftliche Angelegenheiten internationale Organe ohne Gerichtsqualität häufig die Befugnis, über alle Streitfragen aus dem Vertrag zu entscheiden, so z. B. die Konferenz des GATT, der Weltweizenrat, der Weltzuckerrat, der Rat des Olivenölabkommens u. a. Damit erhalten diese Organe die Befugnis, Feststellungen über alle nach dem Vertrag erheblichen Sachverhalte in konkreter oder abstrakter Fassung zu treffen, so wie dies auch bei einem internationalen Gericht der Fall wäre. Auch bei dem Liberalisierungskodex der Europäischen Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit (revidierte Fassung 1959) entscheidet „die Organisation“ auf Grund der Meldungen der Mitglieder darüber, ob die Mitgliedstaaten ihren Verpflichtungen aus dem Kodex nachgekommen sind (art. 24), ob ein Land zu Recht Abweichungen von dem Kodex für sich beansprucht (art. 25), ob „Beschwerden“ berechtigt sind, die wegen einer Verletzung von Pflichten aus dem Kodex erhoben werden (art. 32 ff.) usw. Die letzten Entscheidungen trifft der Rat der Organisation, jedoch nach Vorprüfung durch Ausschüsse, die teils wieder aus weisungsgebundenen Staatsvertretern bestehen, teils aus Persönlichkeiten, deren Unabhängigkeit vermutet wird. Die meisten Texte sprechen davon, daß Streitfragen der „Auslegung und Anwendung“ des Vertrages durch ein solches internationales Organ entschieden werden. Die Satzungen der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds sprechen nur von „Fragen der Auslegung“, die zwischen der Organisation und einem Mitglied, oder zwischen Mitgliedstaaten unter sich streitig werden. Während die Frage, ob ein unstreitig vorhandener Tatbestand unter einen Begriff in einer Rechtsnorm subsumiert werden kann, notwendig zu einer „Auslegungs“ frage führt, wird mit der Beschränkung eines internationalen Organs auf Auslegungsfragen ein Streit über die Existenz eines rechtserheblichen Faktums selbst nicht gedeckt; dennoch sind die Bestimmungen der Satzung der Weltbank usw. wohl so zu verstehen, daß sie auch diese Streitigkeiten erfassen. Auch die Terminologie für den Auftrag zur Feststellung völkerrechtlicher Sachverhalte durch ein internationales Organ ohne Gerichtsqualität ist in den einzelnen Verträgen nicht dieselbe. Nach art. 22 (4) des Weltweizenabkommens (1962) soll der Weltweizenrat “decide the dispute”. Nach art. 35 des Olivenölabkommens soll der Rat “settle the dispute” („trancher le différend“). In beiden Fällen handelt es sich um bindende endgültige Entscheidungen. Nach der Satzung der Internationalen Zivilluftfahrtsorganisation “any disagreement ... shall be decided by the Council”; diese Entscheidung ist bindend, wenn sie nicht vor dem Internationalen Gerichtshof mit Erfolg angefochten wird. Nach art. 75 der Satzung der Weltgesundheitsorganisation kann eine „Frage“ oder ein „Streit“ dem Internationalen Gerichtshof vorgelegt werden “which ist not settled by negotiation or the Health Assembly” ; hier ist mit dem Ausdruck “settle” offenbar, anders als beim Olivenölabkommen, eine Vermittlungsaktion der Versammlung gemeint, nicht aber eine streitentscheidende Äußerung.

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  235. Das Olivenölabkommen unterscheidet deutlich die Vertragspflichten, die sich auf Ursprungsbezeichnungen beziehen, und die sonstigen Vertragspflichten. In bezug auf erstere werden „Streitigkeiten, die aus der Interpretation“ oder „aus Schwierigkeiten der Anwendung“ der einschlägigen Bestimmungen entstehen, dem Rat zwecks Vermittlung vorgelegt; scheitert diese, so können die Signatarstaaten sich an den Internationalen Gerichtshof wenden, welcher die Rechtslage bindend feststellt. Sonstige Streitigkeiten über Auslegung und Anwendung des Abkommens, einschließlich etwaiger Vorwürfe von Vertragsverletzungen, werden vom Rat allein durch eine Feststellungsentscheidung erledigt. — Das deutsch-polnische Oberschlesienabkommen vom 15. 5. 1922 verteilte die Rechtsfragen, für die es eine bindende Entscheidung vorsah, unter ein echtes internationales Schiedsgericht mit unabhängigen Mitgliedern und eine gemischte Kommission, die vom Völkerbundrat ernannt wurde, aber für deren Mitglieder die Garantien richterlicher Unabhängigkeit nicht bestanden. Ferner hatte der Präsident der Kommission allein die Befugnis, die Vertragsstaaten auf Vertragsverletzungen hinzuweisen, ohne daß jedoch diese Feststellungen bindend waren. Über das Nebeneinander der verschiedenen Organe mit und ohne Gerichtsqualität vgl. KAECKENBEECK, The international experiment of Upper Silesia, 1942. Möglicherweise konkurrieren Befugnisse eines internationalen Gerichts und eines internationalen politischen Organs zur verbindlichen Feststellung v ölkerrechtlicher Sachverhalte. Es war dies z. T. beim Minderheitenschutz im Verhältnis zwischen dem Völkerbundrat und dem Ständigen Internationalen Gerichtshof bzw. dem Spezialgericht für Oberschlesien der Fall. Da der Völkerbundrat nur zu einstimmigen Entscheidungen befugt war, empfahl ein Ratsbeschluß vom 21. 9. 1922 den Ratsmitgliedern, die zugleich zur Befassung des Rates und zur Erhebung einer Klage vor dem Ständigen Internationalen Gerichtshof befugt waren, die Erhebung der Klage in allen Streitigkeiten über „Rechts- oder Tatfragen“. — Das Nebeneinander eines Verfahrens vor einem politischen Organ zur verbindlichen Interpretation und der Ermächtigung eines internationalen Gerichts zur Interpretation im Zusammenhang mit der Entscheidung über einen Auslegungsstreit macht eine Regelung der Frage notwendig, ob das Gericht auch an eine nach Rechtshängigkeit ergehende Interpretation durch die politische Instanz gebunden sein soll. Im Abkommen über den Weltpostverein ist vorgesehen, daß das Abkommen durch Mehrheitsbeschluß der Mitglieder im schriftlichen Verfahren verbindlich interpretiert werden kann; liegt aber ein aktueller „Streit“ über eine Interpretationsfrage zwischen Signataren vor, so findet nur das Verfahren vor einer Schiedsinstanz statt (vgl. oben S. 350, Anm. 3). Nach dem Tanger-Statut vom 18. 12. 1923 konnte das aus den Konsuln der Algeciras-Mächte in Tanger bestehende Kontrollkomitee gegen einen Gesetzbeschluß der gesetzgebenden Versammlung ein Veto einlegen mit der Begründung, daß die Klauseln und Prinzipien des TangerStatuts nicht beachtet worden seien; obwohl Streitigkeiten über Auslegung und Anwendung des Statuts zwischen den Signataren vor den Ständigen Internationalen Gerichtshof gebracht werden konnten, war das Veto der Kontrollkommission in Verbindung mit der Feststellung der Vertragswidrigkeit des Gesetzesbeschlusses offenbar bindend. Interessant ist auch das Nebeneinander von gerichtlichen und politischen Entscheidungen nach Art. 14 des Abkommens über den Schutz von Kulturgütern im Kriege : Bei einem Einspruch gegen eine beantragte Eintragung zwecks Sonderschutz soll darüber, ob es sich um Kulturgut handelt, und ob die Bedingungen des Art. 8 des Abkommens erfüllt sind, ein Schiedsgericht entscheiden, es sei denn, daß eine Streitpartei dies ablehnt; in diesem Falle muß der Einspruch durch zwei Drittel der Signatare „bestätigt“ werden.

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  236. So, wenn eine Verletzung von Bestimmungen im Satzungsvertrag eines Staatenverbandes zur Suspension des Stimmrechts des schuldigen Staates, oder zu seinem Ausschluß aus dem Staatenverband durch Beschluß eines politischen Staatenverbandsorgans führt (vgl. etwa art. 23 (7) des Weltweizenabkommens). Der Ministerrat des Europarates setzt, wenn er selbst eine Verletzung der Menschenrechtskonvention feststellt, die Frist zur Durchführung der infolge einer solchen Vertragsverletzung notwendig gewordenen Maßnahmen fest und entscheidet nach implizierter Feststellung des Nichtvollzugs dieser Maßnahmen über dieKonsequenzen (suites, effect), die seiner Entscheidung zukommen (vgl. art. 32 der Europäischen Menschenrechtskonvention). Auch der Ausschluß eines Mitglieds der Vereinten Nationen durch die Generalversammlung auf Empfehlung des Sicherheitsrats nach art. 6 der Charta setzt eine förmliche oder implizierte Feststellung dessen voraus, daß das Mitglied „die Prinzipien der Charta“ hartnäckig verletzt hat. Unbeschadet der Befugnis eines Signatars eines Abkommens der Internationalen Arbeitsorganisation, Verletzungen dieses Abkommens durch einen anderen Signatar durch eine Untersuchungskommission, bzw. in zweiter Instanz im Internationalen Gerichtshof feststellen zu lassen, kann der Verwaltungsrat der Internationalen Arbeitsorganisation auf Beschwerde eines Arbeitgeber- oder Arbeitnehmerverbandes über eine angebliche Konventionsverletzung den betroffenen Staat zu einer Stellungnahme auffordern und die Beschwerde zusammen mit einer eventuellen Stellungnahme der Regierung veröffentlichen, wenn eine Stellungnahme nicht ergeht, oder wenn der Verwaltungsrat die Stellungnahme „nicht als befriedigend erachtet“ (art. 24f. der Satzung der Internationalen Arbeitsorganisation). In dieser Veröffentlichung liegt die einzige „Sanktion“ einer auf diese Weise indirekt von einem politischen Organ festgestellten Vertragsverletzung.

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  237. Der Sicherheitsrat ordnet nach Feststellung des Friedensbruchs usw. „Maßnahmen“ zur Wiederherstellung des internationalen Friedens an, die durch die Mitgliedstaaten durchzuführen sind. Auch der Rat der Westeuropäischen Union soll nach Feststellung einer Verletzung von vertraglichen Bestimmungen über Rüstung „Maßnahmen“ treffen. Der Ständige Opiumzentralausschuß kann nach dem Protokoll vom 23. 6. 1953 über den Anbau von Mohn Verletzungen des Protokolls nicht nur förmlich fest-stellen, sondern auch als Unrechtsfolge Einfuhr- und Ausfuhrsperren androhen und anordnen. Wenn daneben der Internationale Gerichtshof für Streitigkeiten aus dem Protokoll zuständig ist, so fehlt ihm doch die Befugnis zu solchen Zwangsmaßnahmen.

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  238. Derartige Befugnisse hat wohl der Sicherheitsrat, wenn er nach einem Friedensbruch nicht nur Maßnahmen zur Wiederherstellung des Friedens, sondern auch solche zur Herstellung der „internationalen Sicherheit“ treffen kann. Wenn der Völkerbundrat nach den Minderheitenverträgen nach Feststellung einer Vertragsverletzung „Weisungen geben“ konnte, so handelte es sich wohl um Details der Nachholepflicht bzw. der Pflicht zur Herstellung des status quo, vielleicht aber auch um Maßnahmen, um zukünftigen Vertragsverletzungen vorzubeugen.

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  239. Die Verträge zeigen zahlreiche Beispiele für Fälle, in denen ein internationales Organ zwar Feststellungen treffen muß, diese aber evident nicht rechtskräftig sein sollen: Das Büro des Weltpostvereins „stellt fest“, daß die zu Änderungen des Weltpostabkommens außerhalb einer Weltpostkonferenz erforderliche Mindestzahl von Zustimmungen von Mitgliedstaaten beisammen ist. Wenn die Schweizer Regierung dies sodann den Mitgliedstaaten mitzuteilen hat, so geht dem notwendig eine unverbindliche Feststellung durch die Schweizer Regierung voraus, daß eine solche „Feststellung“ des Büros vorliegt; darin liegt wiederum keine Anerkennung der Richtigkeit der Feststellung des Büros durch die schweizerische Regierung. Rechtskräftig wird weder die eine noch die andere Feststellung, wenn sie falsch sein sollte.

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  240. Vgl. S. 766, Anm. 4.

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  241. So war seinerzeit der Völkerbundrat zweite Instanz über dem Hohen Kommissar für Danzig, wenn dieser über Fragen der Anwendung der Verträge zwischen Polen und Danzig entschied. Der Rat der Gouverneure der Weltbank ist zweite Instanz über dem Verwaltungsrat bei Entscheidungen über die Interpretation der Satzung (vgl. art. IX (b)). Über die Frage, welches die „wichtigsten Industrieländer“ sind, die im Verwaltungsrat der Internationalen Arbeitsorganisation ein Recht auf die Reservierung von 8 Sitzen haben, entscheidet in erster Instanz der Verwaltungsrat, in zweiter Instanz die Internationale Arbeitskonferenz.

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  242. Vgl. oben S. 685, Anm. 1.

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  243. Vgl. S. 765, Anm. 2.

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  244. So z. B. die beim Eintritt bestimmter Bedingungen zulässigen Änderungen des Weltweizenabkommens, oder die Suspendierung von Pflichten aus dem Abkommen durch den Weltweizenrat, vgl. S. 324, Anm. 7.

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  245. Ob der Völkerbundrat fehlerhaft zusammengesetzt war, wenn ein sonstiges Mitglied nicht gemäß art. 4 Abs. 6 der Satzung geladen wurde (vgl. S. 762), und ob die Akte des so zusammengesetzten Organs ungültig waren, oder ob der Rat in seiner normalen Zusammensetzung rechtskräftig über das Vorliegen der Voraussetzungen für die Hinzuziehung von weiteren Mitgliedern entschied, ist z. B. zur Zeit des Völkerbundes nicht geklärt worden.

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  246. Die moralische Autorität solcher Feststellungen eines politischen Organs kann darauf beruhen, daß die Feststellung von einer besonders großen Mehrheit von Staaten gedeckt wird, wie z. B. bei Beschlüssen der Generalversammlung der Vereinten Nationen, die mit Zweidrittelmehrheit ergehen. Die Resolution 1542 (XV) stellt fest, daß Portugal seine Informationspflicht unter art. 73 litt. e. der Charta verletzt habe.

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  247. Auch wenn man den Feststellungen des Sicherheitsrats über einen konkreten Friedensbruch Rechtskraft abspricht (vgl. unten S. 765, Anm. 2), kommt gerade einer solchen Entscheidung, die durch alle Großmächte gedeckt wird, ein besonders großes politisches Gewicht zu.

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  248. Es wird dies für die Frage wichtig, ob die Generalversammlung der Vereinten Nationen, vor allem dann, wenn der Sicherheitsrat die ihm obliegenden Feststellungen eines Friedensbruchs usw. nach art. 39 der Charta nicht vornimmt, selbst eine solche Feststellung aussprechen kann, obwohl es unzweifelhaft ist, daß einer solchen Feststellung durch die Generalversammlung die Verbindlichkeit fehlt, die eine Feststellung des Sicherheitsrats gemäß art. 25 der Charta haben würde. Die Befugnis der Generalversammlung zu derartigen Feststellungen wird u. a. daraus geschlossen, daß die Generalversammlung nach art. 11 Abs. 2 der Charta eine Frage, die sich auf den internationalen Frieden bezieht, und bezüglich deren „eine Aktion notwendig ist“, dem Sicherheitsrat vorlegen kann; ob eine Aktion notwendig ist, setzt möglicherweise die ausdrückliche oder implizierte Feststellung eines Friedensbruchs (bzw. der ihm gleichgestellten Tatbestände) durch die Generalversammlung im Zusammenhang mit dem Vorlagebeschluß voraus. Die Resolution der Generalversammlung 193 A (II) enthielt bereits die „Erwägung“, daß das Verhalten Albaniens und Jugoslawiens „den Frieden im Balkan bedrohe“ und mit den „Zielen“ der Vereinten Nationen unvereinbar sei. Die Resolution 498 (V) „findet“, daß die Regierung der Volksrepublik China sich in Korea in eine „Aggression eingelassen“ habe; versteckt enthält diese Resolution die Feststellung einer vorangegangenen Aggression durch Nordkorea.

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  249. Die nach art. 18 der Charta mit Zweidrittelmehrheit zu fassenden Empfehlungen der Generalversammlung der Vereinten Nationen können, wie die Beispiele in der vorigen Anm. zeigen, auch Feststellungen über konkrete oder abstrakte völkerrechtliche Sachverhalte enthalten; ein Feststellungsvorschlag, der keine Zweidrittelmehrheit gefunden hat, darf nicht als „Resolution“ der Generalversammlung verkündet und beurkundet werden.

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  250. Vgl. unten S.1288. Die Organe der Vereinten Nationen halten sich wegen art. 2 Abs. 6 der Charta als befugt, auch Verletzungen des Verbotes der Gewaltanwendung durch Nichtmitglieder festzustellen.

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  251. Die Feststellungen des Sicherheitsrats und der Generalversammlung können sich beziehen auf Verletzungen des Gewaltverbotes oder auch darauf, daß ein „Streit“ möglicherweise eine Friedensgefährdung nach sich ziehen könne (vgl. art. 34 der Charta). Hingegen dürften weder der Sicherheitsrat noch die Generalversammlung auch im Zusammenhang mit einem möglicherweise friedensgefährdenden Streit feststellen, daß ein Staat andere völkerrechtliche Verpflichtungen — etwa solche aus einem Handelsvertrag — verletzt habe; eine solche Feststellung dürfte nicht ausgesprochen werden, auch wenn es zweifelsfrei ist, daß sie rechtlich vollkommen unverbindlich sein würde.

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  252. Vgl. S. 895

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  253. Nach art. 31 der Charta der UN kann der Sicherheitsrat in allen Sachen, in denen das Interesse eines im Sicherheitsrat nicht vertretenen Mitgliedstaates besonders stark berührt ist, diesen zur Beratung ohne Stimmrecht hinzuziehen. Es gilt dies natürlich auch bei den Feststellungen völkerrechtlicher Sachverhalte, die dem Sicherheitsrat obliegen. Nach art. IX der Satzung der Weltbank kann der Verwaltungsrat ein dort nicht vertretenes Mitglied bei Beratungen über die Auslegung der Satzung heranziehen. Im Völkerbundrat hingegen mußte jedes Mitglied, das am Gegenstand der Beratung besonders „interessiert“ war, als stimmberechtigt (vgl. aber die folgende Anm.) eingeladen werden (vgl. art. 4 Abs. 6 der Völkerbundsatzung). Über die Einladung entschieden letztlich die „normalen“ Mitglieder des Völkerbundrates.

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  254. In der Satzung des Völkerbundes war vorgesehen, daß bei der Entscheidung des Völkerbundrates in Streitigkeiten, unbeschadet der Heranziehung selbst von Nichtmitgliedern des Rates (vgl. S. 1317) die Stimme eines direkt beteiligten Staates (einschließlich der normalen Ratsmitglieder) nicht gezählt wurde, wenn es gemäß art. 15 Abs. 6 auf einen einstimmigen Beschluß des Rates ankam; ein solcher Beschluß des Rates konnte neben Vorschlägen auch Feststellungen über völkerrechtlich erhebliche Sachverhalte enthalten. Obwohl es sich nicht um die Entscheidung eines Rechtsstreites unter Anwendung von Völkerrecht handelte, hat der Ständige Internationale Gerichtshof in seinem Gutachten über die Mossulfrage erklärt, daß auch bei Zuziehung einer Partei zu einem anderen Verfahren, in welchem ein internationales politisches Organ die Funktion einer „Schiedsinstanz“ habe, und bei dem die normalen Abstimmungsgrundsätze des betreffenden politischen Organs maßgebend seien (also beim Völkerbundrat Einstimmigkeit), die Stimmen der „Parteien“ wegen des allgemeinen Rechtsgrundsatzes nemo judex in re sua nicht mitzählen (vgl. C.P.J.I. Ser. B No. 12, S. 32). Es muß dies offenbar erst recht gelten, wenn das internationale Organ als Schiedsinstanz einen völkerrechtlichen Sachverhalt nur feststellt. Der Ausschluß der direkt interessierten Staaten vom Stimmrecht bei einer Feststellung völkerrechtlicher Sachverhalte durch politische Organe ist, wie die Geschichte zeigt, unzureichend, wenn in dem Organ Staaten mitstimmen, die mit einer Partei befreundet sind, oder die an dem Standpunkt einer Partei zu einer abstrakten Rechtsfrage interessiert sind. Die Unparteilichkeit ist auch dann nicht gewahrt, wenn in einem politischen Organ nur die Stimme eines Staates, dessen Völkerrechtsverletzung festgestellt werden soll, selbst nicht mitzählt, wohl aber die seiner Ankläger; so ist es, wenn in einem Staatenverbandsorgan, in dem alle Mitglieder vertreten sind, Feststellungen über schwere Vertragsverletzungen, die zum Ausschluß aus dem Verband führen, durch „die übrigen“ Mitglieder des Staatenverbandsorgans festgestellt werden, wie nach art. 26 des Vertrages vom 16.4. 1948 über die Europäische Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit. Auch im Rahmen des Europäischen Währungsabkommens werden Feststellungen von Vertragsverletzungen und Anordnungen über Unrechtsfolgen in Gestalt der Suspendierung der meisten Bestimmungen des Abkommens gegenüber der verurteilten Vertragspartei durch einstimmigen Beschluß der übrigen Signatare getroffen. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hingegen prüft gerade Feststellungen über Aggressionen usw. nach art. 39 unter Beteiligung solcher Mitglieder, die selbst als Angreifer oder als Angegriffene beteiligt sind, so daß eine Feststellung hier am „Vetorecht“ eines einzelnen solchen Staates scheitern kann, wenn es sich um ein ständiges Ratsmitglied handelt. Auch bei Feststellung von Friedensbrüchen usw. durch die Generalversammlung (vgl. oben S. 759, Anm. 4) ist das Stimmrecht der unmittelbar Beteiligten nicht ausgeschlossen. Dasselbe gilt vom Rat der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation; vgl. indes art. 4, Abs. 2, litt. b, Satz 2 des Abkommens vom 30. 4. 1956 über gewerbliche Rechte im Flugverkehr.

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  255. Die Europäische Menschenrechtskommission hat sowohl bei Beschwerden eines Staates als auch von Privaten gegen einen Signatar in erster Linie (durch eine Unterkommission) einen „gütlichen Ausgleich“ zu versuchen, sofern sie nicht die Beschwerde als unzulässig oder offensichtlich unbegründet verwirft. Die Verfahrensordnung der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation über Streitigkeiten läßt den Rat, der ja entscheiden muß (vgl. aber S. 883, Anm. 1), zwar nicht selbst als Vermittler auftreten, aber er kann einen Vermittler bestellen (art. 14). Nach dem Moselvertrag vom 27. 10. 1956 soll die Moselkommission u. a. auch die Aufgabe haben, Vertragsverletzungen durch einen Mitgliedstaat jedenfalls indirekt festzustellen, indem sie „Beschlüsse“ zur Ausführung der in art. 36 Abs. 1 enthaltenen Verpflichtungen der Uferstaaten faßt, oder indem sie feststellt, ob Bauvorhaben der Uferstaaten mit dem Vertrag vereinbar sind. Da die Kommission mit Einstimmigkeit entscheidet, besteht kein Bedürfnis, einen zustande gekommenen Beschluß der Kommission durch ein internationales Gericht überprüfen zu lassen. Streitigkeiten zwischen den Mitgliedstaaten können aber, wenn sie nicht „einvernehmlich beigelegt werden“, einem internationalen Schiedsgericht vorgelegt werden. Die Moselkommission ist, da sie aus weisungsgebundenen Staatsvertretern aller Vertragstaaten besteht, praktisch diejenige Stelle, in der das Einverständnis hergestellt werden kann.

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  256. So ist es, wenn die zwei Mitglieder der „Versöhnungskommission“ nach art. 83 des italienischen Friedensvertrages von 1947 nicht einig werden und die Kommission durch ein drittes (neutrales) Mitglied erweitert wird, um entscheiden zu können. Nach dem Abkommen über die Fischerei im Nördlichen Pazifik soll die Trennungslinie zwischen Lachsen amerikanischer und asiatischer Herkunft im Meer zunächst durch die aus Staatsvertretern bestehende Fischereikommission festgestellt werden; die Kommission muß aber einstimmig entscheiden. Kommt die Kommission nicht zu einer einstimmigen Entscheidung, so soll ein Spezialausschuß aus Wissenschaftlern entscheiden, die nicht Staatsangehörige der Signatarstaaten und am Ausgang des Streits nicht interessiert sein dürfen. Diese Feststellung ist dann für die Kommission verbindlich, und sie hat dann ihrerseits auf der Grundlage dieser Feststellung Empfehlungen für die Änderung des Abkommens auszuarbeiten.

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  257. Vgl. S. 894 f. Auch internationale Organe (meist gemischte Kommissionen) zur Feststellung und Markierung des Grenzverlaufs im Gelände erhalten unter Umständen die Befugnis, von dem festgestellten vertragsmäßigen Grenzverlauf geringfügig abzuweichen (vgl. S. 972).

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  258. Vgl. S. 892 f.

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  259. Um klarzustellen, ob eine Äußerung der Hohen Behörde der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl eine anfechtungsfähige Entscheidung usw. im Sinne des art. 14 des Vertrages ist, bestimmt die Entscheidung No. 22/1960, daß die Entscheidungen, Empfehlungen und Stellungnahmen in der Überschrift ausdrücklich als solche bezeichnet werden müssen.

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  260. Ob ein von Polen für Danzig abgeschlossener Vertrag mit dem Vertrag vom 9. 11. 1920 oder dem Statut der Freien Stadt vereinbar war, sollte der Völkerbundrat unnachprüfbar feststellen (art. 6 des Vertrages vom 9. 11. 1920). In zahlreichen Fällen hatte der Hohe Kommissar des Völkerbundes (eventuell in zweiter Instanz derVölkerbundrat) Rechtsstreitigkeiten zwischen Danzig und Polen zu entscheiden, vgl. art. 39 der Konvention vom 9. 11. 1920; der Ständige Internationale Gerichtshof spricht diesen Entscheidungen „caractère définitif“, „force obligatoire“ zu (vgl. C.P.J.I. Ser. B, No. 11, S. 24f.). Der Ständige Internationale Gerichtshof entschied aber auch, daß der Hohe Kommissar Feststellungen über völkerrechtliche Fragen zwischen Danzig und Polen nicht aus eigener Initiative, sondern nur auf Antrag treffen durfte, und daß Feststellungsentscheidungen nur insoweit rechtskräftig seien, als darin über die gestellten Anträge entschieden wurde (vgl. C.P.J.I. Ser. B No. 11, S. 26). Die Regierungskommission des Saargebiets hatte nach § 33 der Anlage zu art. 45 bis 50 VV die Bestimmungen des VV über das Saargebiet zu interpretieren und in Streitigkeiten zwischen Deutschland und Frankreich mit bindender Wirkung zu entscheiden. Die Rechtskraft der Feststellung eines Friedensbruchs usw. durch den Sicherheitsrat wird meist aus art. 25 der Charta der UN hergeleitet, wonach sich die Mitgliedstaaten verpflichten, die gemäß der Charta zustande gekommenen Beschlüsse des Sicherheitsrates durchzuführen. Gelegentlich wird jedoch aus den Worten „in accordance with the present Charter“ gefolgert, daß nur solche Entscheidungen des Sicherheitsrates für die Mitglieder verbindlich seien, die auch objektiv mit dem Völkerrecht übereinstimmen; in diesem Sinne wurde art. 25 z. B. von Ägypten gedeutet (vgl. Rep. Pract. UN Organs, Ziff. 44 zu art. 25). Die Verbindlichkeit der in den modernen wirtschaftlichen Kollektivverträgen vorgesehenen Feststellungen politischer Organe wird nicht bezweifelt, obwohl die Texte nicht immer eindeutig sind. Daß die Entscheidungen des Weltweizenrates auch bei objektiver Unrichtigkeit (nicht aber bei Zuständigkeitsüberschreitungen) rechtskräftig sind, ergibt sich aus art. 29, vor allem im Zusammenhang mit art. 26 Abs. 5 des Weltweizenabkommens 1962: Nach art. 29 verpflichtet sich jeder Signatarstaat, die „auf Grund des Abkommens“ (under the provisions of this agreement) gefaßten Beschlüsse als „bindend“ anzuerkennen. Obwohl es hier nicht, wie in art. 25 der UN-Charta, heißt, daß die Beschlüsse „in accordance with“ zu treffen sein müssen, bestimmt art. 26, daß die von einer Stelle, an die der Rat eventuell seine Befugnisse delegiert hat, gefaßten Beschlüsse bindend werden (shall be binding), wenn nicht innerhalb bestimmter Frist Beschwerde an den Rat eingelegt wurde. Es kann kaum angenommen werden, daß ein objektiv unrichtiger Beschluß eines solchen Unterorgans wegen Versäumnisses der Beschwerdefrist rechtskräftig werden könnte, während den Beschlüssen des Rates die Rechtskraftfähigkeit fehlen würde. Auch wenn art. IX des Statuts der Weltbank nur für die in zweiter Instanz ergangene Entscheidung des Rates der Gouverneure über eine Interpretationsentscheidung des Verwaltungsrates vorsieht, daß sie „final“ sein soll, so gilt dasselbe auch für eine erstinstanzliche Entscheidung des Rates der Gouverneure. Denkbar ist, daß Feststellungen eines Organs eines Staatenverbandes als für die Organe eines anderen Staatenverbandes bindend erklärt werden; so sind gewisse Feststellungen des Internationalen Währungsfonds für die Organisation für Zusammenarbeit im Handel bzw. die Gesamtheit der Signatare des GATT nach art. XV Abs. 2 des GATT bindend.

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  261. Ein ständig funktionierendes internationales Organ kann, ohne durch die Rechtskraft eines seiner Beschlüsse gehindert zu sein, auch Feststellungsbeschlüsse im allgemeinen selbst nachträglich interpretieren; eine entsprechende Interpretation ohne vorausgegangenes förmliches Verfahren ist jedoch nicht zulässig (C.P.J.I. Ser. B No. 11, S. 31). Auch verbindliche Feststellungen eines internationalen Organs ohne Gerichtsqualität können durch späteren Vertrag der Verfügungsberechtigten geändert werden; schwierige Fragen können entstehen, wenn dieser Vertrag nur eine „praktische Regelung“ sein und an der festgestellten Rechtslage nichts ändern soll (vgl. C.P.J.I. Ser. B No. 11, S. 29). Auch bei verbindlichen Entscheidungen internationaler Organe ohne Gerichtsqualität nimmt die Begründung der Entscheidung nicht an der Rechtskraft teil (vgl. C.P.J.I. Ser. B No. 11, S. 29f.).

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  262. So werden die bei einem Streit über Auslegung oder Anwendung des Abkommens ergehenden Feststellungen völkerrechtlicher Sachverhalte durch den Rat der Zivilluftfahrtorganisation nach art. 84 des Statuts mangels fristgemäßer Klage beim Internationalen Gerichtshof rechtskräftig. Dasselbe gilt für Feststellungen der Hohen Behörde der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl über Vertragsverletzungen mangels Anfechtung vor dem Europäischen Gerichtshof (vgl. art. 88 des Vertrages); die implizierten Feststellungen der Hohen Behörde über die Rechtmäßigkeit ihrer eigenen Rechtsbildungsakte werden ebenfalls durch Nichtanrufung des Gerichts endgültig verbindlich. Das älteste Beispiel für eine solche Kontrolle von Entscheidungen eines politischen Organs durch ein internationales Gericht ist wohl die Anrufung des Ständigen Internationalen Gerichtshofs gegen Entscheidungen der Internationalen Donaukommission nach art. 38 des Donaustatuts von 1921. Verletzungen der Konventionen der Internationalen Arbeitsorganisation werden auf Beschwerde eines Signatarstaates, oder auf Beschwerde eines Mitglieds der Konferenz, oder aus eigener Initiative des Verwaltungsrates zunächst durch diesen untersucht; hält der Verwaltungsrat eine Beschwerde nicht auf Grund der Stellungnahme des beschuldigten Staates für unbegründet, so kann er einen „Untersuchungsausschuß“ bestellen. Der Untersuchungsausschuß hat einen „Bericht“ zu erstatten, der neben der Feststellung, ob eine Vertragsverletzung vorliegt, gegebenenfalls Empfehlungen darüber enthalten soll, welche Abhilfemaßnahmen zu treffen seien. Gegen diesen Bericht können die beteiligten Regierungen eine Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs beantragen. Geschieht dies nicht, so wird das Resultat des Berichts verbindlich (vgl. art. 26 ff. des Statuts der Internationalen Arbeitsorganisation). Obwohl das Protokoll vom 23. 6. 1953 betreffend die Beschränkung des Anbaus von Mohn alle Streitigkeiten aus dem Vertrag durch den Internationalen Gerichtshof entscheiden lassen will, werden Vertragsverletzungen im allgemeinen in einem vertraulichen oder öffentlichen Verfahren von dem ständigen Zentralausschuß festgestellt, der auch Sanktionen verhängen kann; gegen seine Beschlüsse kann aber Berufung bei einer aus unabhängigen Mitgliedern bestehenden Berufungskommission eingelegt werden. Auch hier werden die Entscheidungen des Ausschusses mangels Berufung rechtskräftig. Nach dem Versailler Vertrag hatte die Reparationskommission den Umfang der deutschen Wiedergutmachungspflichten nach art. 232 VV festzustellen. Sie hatte ursprünglich auch festzustellen, ob Deutschland bestimmte Leistungsverpflichtungen nicht erfüllt hatte; nach der Revision des Anhangs zu art. 232 VV durch das Londoner Schlußprotokoll vom 30. 8. 1924 konnte wegen eines positiven oder negativen Beschlusses dieser Art von den überstimmten Mitgliedern ein Schiedsgericht angerufen werden.

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  263. Denkbar sind auch Regelungen, wonach ein internationales Organ ohne Gerichtsqualität unverbindlich eine Völkerrechtsverletzung eines Staates rügen und selbst Klage vor einem internationalen Gericht erheben kann, wenn keine Abhilfe geschaffen wird; hier kann die Behauptung einer Völkerrechtsverletzung durch das internationale Organ nicht durch passives Verhalten des von ihm als Verletzer bezeichneten Staates verbindlich werden. So ist es bei einer Rüge für eine Vertragsverletzung durch die Kommission des Euratom (vgl. art.141 des Euratomvertrages). Die Vorentscheidung der Kommission fällt weg, wenn sie wegen Nichtbefolgung einer dringlichen Direktive betreffend Gesundheitsschutz vorAtomgefahren sofort beim Europäischen Gerichtshof Klage erheben kann. Auch die Kommission der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft gibt nur eine „Stellungnahme“ ab, in der sie eine Vertragsverletzung rügt und dem betreffenden Staat zur Nachholung eine Frist setzt; kommt der Staat dieser Aufforderung nicht nach, so muß die Kommission selbst vor dem Gerichtshof Klage erheben, damit es zu einer verbindlichen Feststellung der Vertragsverletzung kommen kann. Unverbindlich ist auch die Stellungnahme der Kommission nach art. 170 des EWG-Vertrages zu einem von einem Mitgliedstaat erhobenen Vorwurf der Vertragsverletzung durch einen anderen Mitgliedstaat. Nach der Europäischen Menschenrechtskonvention nimmt die Menschenrechtskommission in einem Bericht „zu der Frage“ Stellung, ob eine konkrete Vertragsverletzung vorliegt. Diese ihre Feststellungen sind jedoch nicht rechtsverbindlich. Die Kommission kann aber eine Beschwerde einer Privatperson nicht nur als unzulässig, sondern auch als „offensichtlich unbegründet“ verwerfen. Damit ist das Verfahren beendet, während eine als zulässig erklärte („angenommene“) Beschwerde auch dann, wenn sie von der Kommission im Bericht als begründet erachtet wird, nicht notwendig zu einer verbindlichen Entscheidung führt. Um eine Verletzung förmlich festzustellen, muß nämlich eine Zweidrittelmehrheit im Ministerkomitee des Europarates zustande kommen, oder der Gerichtshof muß mit einfacher Mehrheit entscheiden, nachdem er von einem Antragsberechtigten (vgl. S. 743, Anm. 2) angerufen worden ist.

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  264. Vgl. S. 711.

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  265. So gewisse Entscheidungen der Internationalen Kommission für die Fischerei im nördlichen Pazifik (vgl. oben S. 764, Anm. 1). Nach der durch die Praxis gebildeten Übung werden auch (einstimmige) Feststellungsentscheidungen der Zentralkommission für die Rheinschiffahrt als über Fragen aus der Rheinschiffahrtsakte verbindlich betrachtet.

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  266. Hat ein Staatenverband mit einem anderen Staatenverband oder mit einem Staat einen völkerrechtlichen Vertrag abgeschlossen, so sind mangels ausdrücklicher gegenteiliger Bestimmung die Erklärungen der Organe des Staatenverbandes über angebliche Vertragsverletzungen, weil Feststellungen durch eine Partei, unverbindlich. Anders war es wohl, wenn der Völkerbundrat auf Grund der zwischen einigen Staaten und dem Völkerbund abgeschlossenen Verträge über Minderheitenschutz tätig wurde (vgl. S. 1136). Auch Streitigkeiten über Auslegung und Anwendung des Abkommens vom 7. 10. 1953 zwischen Großbritannien und dem Kinderhilfsfonds der UN sollen entschieden werden durch das Programmkomitee des Vollzugsausschusses des Hilfsfonds, also durch ein nicht mit Gerichtsqualität ausgestattetes Organ eines Staatenverbandes, welcher selbst Vertragspartei ist.

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  267. Vgl. hierzu auch S. 771, Anm. 1.

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  268. Vgl. art. 18 des Abkommens vom 25. 9. 1956 über Flugsicherungsdienste auf dänischem Staatsgebiet (Empfehlung des Rates der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation bei Rechtsstreitigkeiten). In einer Resolution kann auch die Generalversammlung der Vereinten Nationen sich rechtlich unverbindlich darüber äußern, ob ein bestimmter Tatbestand eine Verletzung der Charta oder einer anderen Völkerrechtsnorm darstellt bzw. darstellen würde (vgl. z. B. Resolution 749 A (VIII) vom 28. 11. 1953). Die Generalversammlung kann auch in einer Resolution unverbindliche Feststellungen über die Auslegung der Charta treffen. Die Liste von Faktoren, die nach der Resolution 742 (VIII) bei der Entscheidung über die Frage, ob sich ein Gebiet im Sinne des Kap. X der Charta selbst regiert, herangezogen werden soll, ist ausdrücklich nur als Richtlinie (guide) bezeichnet worden.

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  269. Vgl. S. 559.

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  270. Nach art. 22 Abs. 6 des Internationalen Weizenabkommens 1962 erfordert die Feststellung einer Verletzung des Abkommens eine Mehrheit der Stimmen der Exportländer unter sich und der Importländer unter sich. Eine Verletzung der Menschenrechtskonvention muß vom Ministerkomitee des Europarates mit Zweidrittelmehrheit festgestellt werden. § 13 des Anhangs II zu den Reparationsbestimmungen des Versailler Vertrages machte bei den Feststellungen durch die Reparationskommission einen Unterschied zwischen Interpretationsentscheidungen und Entscheidungen über „andere Fragen“; die ersteren mußten einstimmig ergehen, die letzteren mit Stimmenmehrheit. Entstand innerhalb der Kommission ein Streit darüber, ob Einstimmigkeit erforderlich war, so sollten die alliierten und assoziierten Hauptmächte, wenn ihre Regierungen sich nicht einigten, einen Schiedsspruch eines Unparteiischen herbeiführen.

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  271. Für Feststellungen eines ständigen internationalen Organs kann unter Umständen durch Sondervorschriften in anderen Verträgen eine andere Mehrheit als die in der Satzung generell vorgesehene vorgeschrieben werden. Ob dies der Fall ist, ist unter Umständen wieder eine Auslegungsfrage; vgl. I.C.J. Reports 1955, S. 67 ff., über die Frage, ob Entschließungen der Generalversammlung der UN in Ausübung ihrer Überwachungsfunktion über das Mandatsgebiet Südwestafrika mit Zweidrittelmehrheit oder — entsprechend dem Verfahren im Völkerbund — einstimmig zu ergehen haben.

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  272. Scheitert die positive Feststellung einer Aggression z. B. am Veto eines Mitglieds des Sicherheitsrates, liegt aber objektiv eine solche Rechtsverletzung vor, so können zwar nicht diejenigen Rechtsfolgen eintreten, für welche die förmliche Feststellung durch den Sicherheitsrat konstitutiv ist, wohl aber kann die Völkerrechtsverletzung dennoch anderweit festgestellt, und es können hieraus Konsequenzen gezogen werden. Auch wenn ein militärischer Angriff eines Staates A gegen den Staat B nicht vom Sicherheitsrat als Friedensbruch festgestellt wird, und wenn umgekehrt auch nicht die militärischen Gegenmaßnahmen des Staates B vom Sicherheitsrat als verbotene Aggression bezeichnet werden, so sind doch nicht etwa durch Ablehnung der Feststellungsanträge die Maßnahmen beider Staaten als rechtmäßig festgestellt; daher kann der Staat B durchaus rechtmäßig von seinem Selbstverteidigungsrecht gegen den Angriff des Staates A Gebrauch machen.

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  273. Eine besondere Verfahrensordnung für die Erledigung von Rechtsstreitigkeiten durch den Rat ist für die Internationale Organisation für Zivilluftfahrt erlassen worden (vgl. Doc. 7782/59). Abgesehen von den im Versailler Vertrag enthaltenen Verfahrensbestimmungen sollte die Reparationskommission in ihrem Verfahren von Bindungen durch das gesetzte Recht frei sein und sich nur an „Gerechtigkeit, Billigkeit und Treu und Glauben“ halten (vgl. § 11 der Anlage II zu Teil VIII des VV). Die erweiterten Versöhnungskommissionen des italienischen Friedensvertrages regeln ihr Verfahren selbst unter Bindung an „Gerechtigkeit und Billigkeit“.

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  274. So haben der Weltweizenrat und der Weltzuckerrat auf Antrag einer bestimmten Anzahl von Signataren bei einem von ihnen zu entscheidenden Streit über Anwendung oder Interpretation der Abkommen ein Gutachten einer aus unabhängigen Mitgliedern bestehenden Kommission einzuholen. Bevor der Rat der Europäischen Freihandelsvereinigung über eine Beschwerde (vgl. S. 895) entscheidet, kann er einen „Prüfungsausschuß aus unabhängigen Persönlichkeiten“ einsetzen. Der Völkerbundrat konnte in Minderheitensachen zwar auch über Vertragsverletzungen endgültig entscheiden, konnte jedoch zuvor ein Gutachten des Ständigen Internationalen Gerichtshofs einholen. Auch Generalversammlung und Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, sowie die wichtigsten Organe der spezialisierten Organisationen können Rechtsgutachten des Internationalen Gerichtshofs anfordern, wenn das Organ selbst völkerrechtlich erhebliche Sachverhalte in verbindlicher oder unverbindlicher Weise feststellen will.

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  275. Die Tatbestände einer Aggression usw. hat der Sicherheitsrat von Amts wegen festzustellen. Der Generalsekretär der UN hat alle Mitteilungen von Staaten und anderen UN-Organen über Angelegenheiten, die zur Zuständigkeit des Sicherheitsrates gehören, auch ohne Antrag eines Staates auf den Entwurf der Tagesordnung des Sicherheitsrates zu setzen (vgl. Ziff. 6 und 7 der Verfahrensordnung des Sicherheitsrates). — Nach dem Weltweizenabkommen 1962 untersucht der Rat von Amts wegen, ob die Einfuhr- bzw. Ausfuhrländer ihre Verpflichtungen für das abgelaufene Erntejahr aus dem Vertrag erfüllt haben (vgl. art. 19). Grundlage sind die Meldungen über Ein- und Ausfuhren der einzelnen Signatarstaaten; daneben entscheidet der Rat gemäß art. 22(5) über Beschwerden (eines Signatars), daß ein Land seine Verpflichtungen aus dem Abkommen nicht erfüllt habe. — Wenn der Rat der Internationalen Luftfahrtorganisation nach art. 54 der Satzung den Mitgliedstaaten jede Verletzung der Konvention, jede Nichtbeachtung seiner Empfehlungen und Entscheidungen mitzuteilen hat, so setzt auch dies offenbar voraus, daß er diese Verletzungen zuvor von Amts wegen feststellt. — Eine wichtige Rolle spielen internationale Organe mit dem Auftrag, von Amts wegen Vertragsverletzungen durch Staatsorgane, oder Verletzungen völkerrechtlich gebotenen staatlichen Rechts, und im Zusammenhang damit Verletzungen der Überwachungspflichten eines Staates, festzustellen, bei den internationalen Verträgen über Abrüstung, Handel mit Rauschgiften, Verhütung der Verbreitung ansteckender Krankheiten, Schutz von Kriegsopfern u. ä. Die Befugnis, von Amts wegen Völkerrechtsverletzungen festzustellen, ist oft in der allgemeinen Aufgabe eines internationalen Organs enthalten, die Abwicklung eines bestimmten Vertrages zu beobachten; dann vermischen sich unter Umständen Vorschläge zur Abhilfe bei Verletzungen des geltenden Rechts mit Vorschlägen über die Änderung dieses Rechts. Jedenfalls ist beispielsweise in den Aufgaben des Treuhandrates der Vereinten Nationen auch die Befugnis enthalten, ohne Petition Verletzungen der Pflichten eines Treuhänders (unverbindlich) festzustellen. Auch unter den internationalen Kontrollorganen gibt es ausgesprochen parteiische Organe: Die alliierten Kontrollkommissionen nach art. 203 ff. des Versailler Vertrages „überwachten“ die Einhaltung der Abrüstungsbestimmungen des Vertrages durch Deutschland, wobei sie die alliierten und assoziierten Hauptmächte „vertraten“. Sind Feststellungen, die ein internationales Organ ohne Gerichtsqualität von Amts wegen trifft, als rechtskräftig erklärt worden, so erstreckt sich die Rechtskraft auf alle, für die sie überhaupt gelten kann.Interpretationen der einschlägigen Abkommen durch Organe der Weltbank usw. (vgl. S. 754, Anm. 2) sind nicht nur für solche Mitglieder verbindlich, die sich an einem Streit um die Interpretation beteiligt haben, sondern für alle Mitgliedstaaten.

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  276. Der praktische Zweck, der mit einer förmlichen Feststellung von Vertragsverletzungen durch ein internationales Organ erreicht werden kann, wird unter Umständen auch schon durch eine formlose Erörterung unverbindlicher Feststellungen erreicht. So läßt die Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation von einem Sachverständigenausschuß einen Bericht über die Handhabung der Konventionen anfertigen und läßt diesen Bericht durch einen Ausschuß diskutieren, wobei die interessierten Regierungsvertreter zu Worte kommen können. Duldung von Inspektionen zur Ermittlung bestimmter Fakten ohne eine Vereinbarung darüber, inwieweit die Feststellungen des Inspektionsorgans rechtsverbindlich sein sollen, standen im Vordergrund bei den Vorschlägen für die atomare Abrüstung seit 1958.

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  277. Überall dort, wo „Streitigkeiten“ über Anwendung oder Interpretation eines Vertrages von einem Staatenverbandsorgan entschieden werden (vgl. oben S. 754, Anm. 2), besteht wohl auch eine Verpflichtung des Organs, über Anträge zu entscheiden (vgl. dazu auch S. 882f.).

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  278. Der Generalsekretär der Vereinten Nationen hat die Befugnis, den Sicherheitsrat auf jede Angelegenheit aufmerksam zu machen, die Frieden oder Sicherheit bedrohen könnte. Das Amt für Rüstungskontrolle der Westeuropäischen Union erstattet dem Rat der Union Berichte und Meldungen über Vertragsverletzungen.

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  279. So durfte nach den Minderheitenschutzabkommen von 1919 nur ein Mitglied des Völkerbundrates diesen veranlassen, sich mit einer Verletzung der Verpflichtungen aus dem Abkommen zu befassen.

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  280. So kann vor allem die Europäische Menschenrechtskommission von einer Privatperson mit einer Beschwerde über Vertragsverletzungen angegangen werden.

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  281. Die schon unter dem Mandatssystem des Völkerbundes bestehende Einrichtung, „Petitionen“ aus den Treuhandgebieten durch ein besonderes Organ prüfen zu lassen, ist in der UN-Charta selbst verankert (art. 87), ohne daß jedoch ein Unterschied zwischen Petitionen gemacht wird, mit denen Abhilfe gegenüber Rechtsverletzungen gefordert wird, und solchen, mit denen andere Maßnahmen begehrt werden. Jedenfalls sind etwaige Resolutionen des Treuhänderrates bzw. Beschlüsse der Generalversammlung, welche auf Grund einer Petition Verletzungen der für das Treuhandgebiet geltenden völkerrechtlichen Bestimmungen feststellen, nicht rechtskraftfähig und haben in erster Linie nur politische Bedeutung. Selbst wenn ein internationales Organ von jeder Petition Kenntnis zu nehmen hat, so bedeutet dies nicht immer, daß es eine Entscheidung zur Sache zu treffen hat; Petitionen können z. B. wegen Unbedeutendheit zurückgewiesen werden. Erst wenn auf jede formal ordnungsgemäße Petition, welche Völkerrechtsverletzungen behauptet, eine sachliche Entscheidung gefällt werden muß, wird aus dem Petitionsrecht eine Klagbefugnis vor dem internationalen Organ. Ein solches Klagrecht bestand nach art. 147 ff. des deutsch-polnischen Oberschlesienabkommens, während die Petitionen nach den allgemeinen Minderheitenverträgen den Mitgliedern des Völkerbundrates nur als Material vorgelegt wurden und ihre weitere Behandlung im Rat davon abhängig war, daß ein Ratsmitglied die Angelegenheit selbst aufgriff (vgl. oben S. 772, Anm. 5). Das Petitionsverfahren vor dem Völkerbundrat kam infolge des Bestehens anderer Möglichkeiten zur Feststellung von Vertragsverletzungen häufig nicht zum Zuge. — Die Befugnis, „Vorstellungen“ wegen angeblicher Verletzungen von Konventionen der Internationalen Arbeitsorganisation zu erheben, haben nach art. 24 der Satzung der Internationalen Arbeitsorganisation auch die Arbeitnehmer- und Arbeitgeberverbände. Über das weitere Verfahren vgl. oben S. 772, Anm. 2.

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  282. Eine implizierte Anerkennung der Gebietshoheit eines anderen Staates liegt unter Umständen darin, daß die Beglaubigungsschreiben der zu diesem Staat entsandten Diplomaten sein Staatshaupt mit einem Titel bezeichnen, der auf die Zugehörigkeit jenes Gebiets Bezug nimmt, so z. B. als der König von Italien nach der Annexion Abessiniens durch Italien seinem Titel den eines Kaisers von Äthiopien hinzufügte.

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  283. Bei den förmlichen Feststellungen (Anerkennungen) fremder Gebietshoheit kommt der Zusatz „de facto“ oder der Zusatz „de jure“ vor. Wird die Zugehörigkeit eines Landstriches zum Gebiet eines Staates „de jure“ anerkannt, so liegt darin zumeist eine Behauptung, daß der betreffende Staat nach Völkerrecht auch berechtigt sei, die von ihm effektiv innegehabte Gebietshoheit auszuüben; es ist insbesondere möglich, daß de jure die Gebietshoheit eines Staates anerkannt wird, der an ihrer effektiven Ausübung gehindert ist. Eine „de facto“-Anerkennung der Herrschaft über Gebiet bedeutet nur, daß die effektive Beherrschung festgestellt wird, und daß es offen bleibt, ob sie nach Völkerrecht zu Recht besteht oder nicht; aber auch eine unrechtmäßige, jedoch effektive Ausübung der Gebietshoheit zieht ja u. a. die Haftung des betreffenden Staates für völkerrechtswidrige Vorgänge auf dem Gebiet nach sich (vgl. S. 1063). So wurde die Gebietshoheit Italiens über Abessinien 1937 von Großbritannien und anderen Staaten zuerst nur de facto, dann auch de jure anerkannt.

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  284. Ähnlich wie inhaltlich übereinstimmende Feststellungen der unmittelbar beteiligten Staaten über die Gebietszugehörigkeit, selbst wenn sie objektiv unrichtig sind, als Gewohnheitsrecht verbindlich werden können, so ist es auch denkbar, daß übereinstimmende Feststellungen über die Staatsangehörigkeit einzelner Menschen oder Menschengruppen trotz objektiver Unrichtigkeit völkerrechtlich verbindlich werden. Wenn nicht ein Staat gegenüber anderen völkerrechtlich verpflichtet ist, jemand als seinen eigenen Staatsangehörigen zu behandeln, so kann jeder andere Staat sich im allgemeinen auch auf die Erklärung eines Staates, jemand besitze nicht die Staatsangehörigkeit dieses Staates, berufen; das Estoppelprinzip (vgl. S. 707) steht also im Wege, daß der betreffende Staat später, wenn es ihm günstig erscheint, die Person als einen eigenen Staatsangehörigen in Anspruch nimmt. Selbstverständlich ist der Staat, der zunächst den Besitz seiner Staatsangehörigkeit durch eine Person verneint, nicht gehindert, einen späteren Erwerb dieser Staatsangehörigkeit zu behaupten. Auf Grund des Estoppelprinzips verbindlich wird auch umgekehrt eine „Anerkennung“ des Besitzes der Staatsangehörigkeit eines bestimmten anderen Staates (womit meist eine ausdrückliche oder stillschweigende Erklärung verbunden ist, daß der Betreffende nicht Staatsangehöriger desjenigen Staates ist, für den die Anerkennung der fremden Staatsangehörigkeit ausgesprochen wird). Selbst wenn der anerkennende Staat und derjenige Staat, zu dessen Gunsten die Staatsangehörigkeit anerkannt wird, die einzigen sind, für die der Besitz ihrer Staatsangehörigkeit bei der betreffenden Person überhaupt in Frage kommt, dürfte diese Klärung allerdings für dritte Staaten nicht verbindlich sein, etwa wenn sie die Aktivlegitimation zu Schadensersatzansprüchen, die gegen sie gerichtet sind, bestreiten.

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  285. Zu denken ist vor allem an Kündigungen von Verträgen, Auslieferungsersuchen und zahlreiche andere Akte, die nach Staatsverträgen an die „Regierung“ des anderen Vertragsstaates gerichtet werden müssen.

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  286. Die ausdrückliche Anerkennung neuer Staaten und neuer Regierungen erfolgt meist durch Abgabe einer förmlichen Anerkennungserklarung seitens der völkerrechtlichen Vertretungsorgane eines Staates, die dem Parlament, der Öffentlichkeit, dem diplomatischen Korps und vor allem dem anerkannten Staat bzw. der anerkannten Regierung selbst zur Kenntnis gebracht wird. Der Beschluß des Deutschen Bundestages vom 4. 10. 1832 über die Anerkennung Ottos I. als König von Griechenland, und damit die Anerkennung des Neustaates Griechenland, sollte Frankreich, England, Rußland und Bayern notifiziert werden; eine Mitteilung an Griechenland war seltsamerweise nicht vorgesehen.

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  287. Im Zusammenhang mit der „Anerkennung“ von Regierungen ist unter „Regierung“ nicht bloß die zentrale Exekutive des Staates zu verstehen, sondern die Gesamtheit der Staatsorgane, die die höchste rechtssetzende und vollziehende Gewalt beanspruchen.

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  288. Mehrere Staaten können die Feststellung der Existenz von Staat oder Regierung in einer gemeinsamen Erklärung oder durch ein für alle diese Staaten handelndes gemeinschaftliches Organ aussprechen. Desgleichen kann aber auch ein internationales Organ die Feststellung namens des Staatenverbandes treffen.

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  289. Ausdrückliche Erklärungen über die Nichtanerkennung, welche besagen wollen, daß ein angeblicher anderer Staat nicht besteht, werden nicht immer nach außen, und am allerwenigsten an das nichtanerkannte Gebilde selbst gerichtet Die holländische Regierung gibt z. B. in der nationalen Vertragssammlung den Beitritt nichtanerkannter Staaten bekannt mit dem Vermerk, daß das „Bestehen“ des betreffenden Staates von ihr nicht anerkannt sei (vgl. Tract. B. 1959, No. 10–13).

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  290. Keine implizierte Anerkennung liegt schon darin, daß ein Staat an einer Konferenz teilnimmt, an der auf Grund eines Mehrheitsbeschlusses der Konferenz zugleich ein von ihm nicht anerkannter Staat teilnimmt.

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  291. In der Sache Salimoff & Co. vs. Standard Oil Co. of N.Y., 262 N.Y. 220, erklärte das State Department ausdrücklich, die Verweigerung der Anerkennung der Sowjetregierung sei nicht darauf gestützt, daß diese Regierung keine effektive Herrschaft ausübe.

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  292. Die Verweigerung der Anerkennung im Sinne einer Verweigerung der Unterhaltung diplomatischer Beziehungen wird unter Umständen sogar ausdrücklich mit dem Vorwurf von Völkerrechtsverletzungen durch das nichtanerkannte Gebilde begründet. Daß gerade in den letzten Jahren der Ausdruck „Anerkennung“ sich vorwiegend auf die Bereitschaft, diplomatische Beziehungen mit einem Staat zu unterhalten, bezieht, und daß die Verweigerung einer solchen „diplomatic recognition“ keine Feststellung des Nichtbestehens von Staat oder Regierung ausdrücken soll, zeigen z. B. die Äußerungen der Regierung der Vereinigten Staaten über die Nichtanerkennung Albaniens (vgl. London Times vom 16. 2. 1961).

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  293. Es gilt dies z. B. von den verschiedenen Verhandlungen der Vereinigten Staaten mit der rotchinesischen Regierung seit 1952. Hat ein Staat mit einem anderen Staat, den er noch nicht förmlich anerkannt hat, Vertretungen ausgetauscht, und erklärt er, daß er die diplomatischen Vorrechte nur den Vertretern anerkannter Staaten gewähren wolle (so die Vereinigten Staaten gegenüber den Baltenstaaten 1920–22), so kann er für seine Vertretungen nicht einseitig den diplomatischen Status verlangen, wenn er ihm nicht von dem nicht anerkannten Staat freiwillig und widerruflich gewährt wird.

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  294. So bei der Nichtanerkennung von Mandschukuo 1932 durch die meisten Mitglieder des Völkerbundes und die Vereinigten Staaten. Vgl. dazu S. 568 ff.

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  295. Die Nichtanerkennung mit der Begründung, das nichtanerkannte Gebilde sei nicht fähig, Völkerrecht zu befolgen, spielt heute wohl keine Rolle mehr; sie deckte sich in früheren Jahrhunderten meist mit der Verweigerung der „Aufnahme“ eines außereuropäischen Staates in die ursprünglich nur aus den Staaten Europas bestehende Völkerrechtsgemeinschaft (vgl. S. 165). Das Argument, die nichtanerkannte Regierung sei nicht gewillt, völkerrechtliche Verpflichtungen zu erfüllen, spielte eine erhebliche Rolle bei der Nichtanerkennung der Sowjetregierung nach 1918, und bei der Nichtanerkennung der rotchinesischen Regierung durch die Vereinigten Staaten nach dem Korea-Konflikt.

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  296. Über die Frage, ob das „Selbstbestimmungsrecht“ der Völker sich nur auf die Existenz von Staaten und die Abgrenzung ihrer Gebiete, oder auch auf ihre Regierungsform bezieht, vgl. S. 1032 f.

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  297. So erklärte die Regierung der Vereinigten Staaten 1917 in bezug auf die Regierung des Präsidenten Tinoco in Costa Rica, sie würde keine Regierung anerkennen, „unless it is clearly proven that it is elected by legal and constitutional means“. Die in einer Erklärung des mexikanischen Außenministers vom 27. 9. 1930 ausgesprochene „Estrada-Doktrin“ hält die „Anerkennung“ bzw. „Nichtanerkennung“ einer fremden Regierung, der eine Beurteilung der Legitimität einer zweifelsfrei effektiven Regierung gemäß dem Verfassungsrecht des betreffenden Staates zugrunde liegt, für unzulässig. Die in der Note vorgeschlagene Lösung, daß trotz eines Wechsels in der Regierung eines Staates die Diplomaten des betreffenden Landes in anderen Staaten weiterhin als solche anerkannt werden, macht jedoch die implizierte Feststellung dessen, wer für den fremden Staat nun Diplomaten bestellen oder abberufen kann, weder überflüssig noch entbehrlich.

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  298. Die Anerkennung im Sinne der Bereitschaft zur Aufnahme diplomatischer Beziehungen kann gekoppelt sein mit einer „Anerkennung“ in dem Sinne, daß man die Selbständigkeit des anerkannten Staates nicht behindern wolle; eine solche Anerkennung von neuen Staaten wird dann unter Umständen mit einer Auflage ausgesprochen, wie z. B. die Anerkennung der Selbständigkeit Ägyptens durch Großbritannien durch Erklärung vom 28.2. 1922. Darüber, ob derartige Auflagen in Verbindung mit ihrer stillschweigenden Annahme zu einem Vertragsverhältnis führen können, vgl. oben S. 213. Jedenfalls kann eine Nichterfüllung einer derartigen Auflage durch den anerkannten Staat nicht zur Folge haben, daß er als nichtexistent zu gelten hätte.

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  299. Daß die Anerkennung allein eine konstitutive Bedeutung in dem Sinne haben sollte, daß das Anerkannte als rechtskräftig festgestellt gelten müßte, wenn es in Wirklichkeit nicht existiert, wird wohl nicht ernstlich behauptet (vgl. aber S. 799, über die Aufnahme von „Staaten“ in einen Staatenverband).

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  300. Es kann sein, daß ein Staat grundsätzlich seine Absicht erklärt, fremde Regierungen nicht „anzuerkennen“, die durch einen Verfassungsbruch an die Macht gekommen sind. Dies ist der Sinn der sogenannten Tobar-Doktrin, die zeitweise auch von den Vereinigten Staaten und einigen mittelamerikanischen Staaten befolgt wurde. Gerade dann liegt in dem Ausspruch der Anerkennung die Feststellung, daß die betreffende Regierung legal an die Macht gekommen ist. Solche Staaten können sich dann auch durch Vertrag untereinander verpflichten, zukünftigen Regierungen (dieser Staaten oder dritter Staaten) die „Anerkennung zu versagen“, wenn sie durch Bruch der Verfassung des betreffenden Staates zur Macht gelangt sind. Eine solche qualifizierte Anerkennung auf Grund eines Vertrages kann dann möglicherweise z. B. Voraussetzung für das Stimmrecht des betreffenden Staates in einem gemeinsamen Organ der betreffenden Staatengruppe sein. Ist die Verfassung eines Staates durch völkerrechtlichen Vertrag gebunden (vgl. S. 1142), so wäre es denkbar, daß die Regierung eines solchen Staates erst durch ein zur Kontrolle der Einhaltung des Vertrages bestelltes internationales Organ „anerkannt“ sein müßte, ehe sie völkerrechtlich wirksam für den Staat auftreten kann.

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  301. Bei der Aufnahme von neuen Mitgliedern in die Organisation der Vereinten Nationen, welche nur solchen Staaten gewährt werden soll, die „nach Ansicht der Organisation fähig und willens“ sind, die Verpflichtungen aus der Charta zu erfüllen, erfolgt die entsprechende Feststellung nur implizite im Aufnahmebeschluß.

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  302. Vgl. S. 571.

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  303. Über die bloße Duldung des Beitritts vgl. aber S. 785.

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  304. Die Lehre von der konstitutiven Bedeutung der Anerkennung, mit der die Existenz eines Staates bzw. die Vertretungsbefugnis seiner Regierung für die Zwecke des allgemeinen Völkergewohnheitsrechts festgestellt wird, führt bei konsequenter Handhabung zu einer relativen, d. h. nur im Verhältnis zwischen bestimmten Staaten wirkenden Völkerrechtssubjektivität der Staaten bzw. Vertretungsbefugnis von Regierungen. Eine relative Völkerrechtssubjektivität von Staaten ist um so weniger erträglich, als im modernen Völkerrecht vor allem die Verletzung des Rechtes eines jeden einzelnen Staates auf Unversehrtheit mit einer universalen Aktivlegitimation zu Gegenmaßnahmen gekoppelt ist, Die Frage, ob ein Staat als Schutzobjekt der „kollektiven Selbstverteidigung“ besteht, muß daher für alle Staaten eine einheitliche „richtige“ Antwort finden.

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  305. Die Panamerikanische Konvention von 1933 über Rechte und Pflichten der Staaten betont in art. 3, daß die Grundrechte des Staates unabhängig seien von seiner Anerkennung. Auch die Anwendbarkeit des Kriegführungsrechts hängt nicht von der Anerkennung eines nach Völkerrecht objektiv kriegführungsfähigen Staates durch die andere Kriegspartei, oder gar von der Anerkennung ihrer Kriegführungsfähigkeit, oder der Anerkennung ihrer Regierung durch den Gegner ab, vgl. S. 1388, 1411; die Bemerkung des Ständigen Internationalen Gerichtshofs, daß Polen schon deshalb nicht Partei an dem Waffenstillstandsvertrag von 1918 war, weil es nicht von Deutschland als kriegführende Partei „anerkannt“ war (C.P.J.I. Ser. A No. 7, S. 28), braucht nicht in einem abweichenden Sinne verstanden zu werden.

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  306. Daher hielt eine vom Völkerbundrat eingesetzte Juristenkommission in einem Gutachten vom 5. 9. 1920 die Neutralisierung der Aland-Inseln durch den Vertrag von 1856 als auch für den Neustaat Finnland verbindlich, obwohl er noch nicht von allen Signataren des alten Vertrages anerkannt worden war.

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  307. Vgl. S. 398.

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  308. Vgl. dazu S. 377, Anm. 3. Der Abbruch der diplomatischen Beziehungen kann sicher nicht dem Kriegsausbruch (vgl. S. 1379 ff) gleichgestellt werden.

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  309. Vgl. die Vorbehalte der Sowjetunion gegenüber China bei der Unterzeichnung des Weltpostabkommens vom 11. 7. 1952, die Vorbehalte von Südafrika und China (Formosa) gegenüber Ungarn, und den Vorbehalt Großbritanniens gegenüber China (Formosa) anläßlich der Unterzeichnung des Protokolls vom 1.12.1956 zum Weltzukkerabkommen. Werden völkerrechtliche Verpflichtungen durch einseitigen Akt übernommen, so ist eher eine Auslegung vertretbar, wonach die Verpflichtung nicht gegenüber solchen Staaten übernommen wird, deren „Anerkennung“ verweigert worden ist.

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  310. Vgl. dazu BGH 18. 12. 1959, NJW 1960, 1103, und NJW 1961, 1 ff. Bezeichnend sind die Erklärungen Australiens zu den Beitritten einiger von Australien nicht anerkannter Staaten bzw. Regierungen zu den Genfer kriegsrechtlichen Abkommen von 1949: Australien nimmt trotz Nichtanerkennung von den Beitritten Kenntnis und nimmt zu den von den betreffenden Staaten gemachten Vorbehalten in der gleichen Weise Stellung wie zu den von Australien nicht gebilligten Vorbehalten Sowjetrußlands (von denen Australien erklärt hatte, daß es sie für unzulässig halte und Sowjetrußland als ohne Vorbehalt an die Konventionenen gebunden betrachte). Auf diese Weise wird indirekt erklärt, daß Australien auch eine vorbehaltlose Bindung der von ihm nicht anerkannten Länder an die Konventionen annimmt. Das Unterlassen eines Widerspruches gegenüber einem Beitritt impliziert aber keinerlei Art der Anerkennung. Enthält ein Kollektivvertrag neben einer offenen Beitrittsklausel auch eine Unterwerfung aller Signatare und Beitretenden unter die Gerichtsbarkeit eines internationalen Gerichts, so müßte dieses gegebenenfalls nachprüfen, ob der Vertrag nur für solche Staaten offengehalten wurde, die von einem der älteren Signatare förmlich anerkannt worden sind.

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  311. Auf alle Fälle ist die Wirksamkeit des Beitritts dann nicht von der Anerkennung durch einen einzelnen der älteren Vertragssignatare abhängig, wenn der Vertrag nur einheitlich zwischen allen Vertragsparteien gelten kann (vgl. oben S. 217).

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  312. Vgl. dazu S. 556, Anm. 1.

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  313. Ist diese Anerkennung selbst unrichtig, weil z. B. die Bevölkerung des Gebiets, welches der Reststaat aufgegeben hat in der Erwartung, die Bevölkerung werde sich eine eigene Staatsgewalt schaffen, es gar nicht zur Bildung einer effektiven Staatsgewalt bringt, wenn also der geplante Neustaat z. B. alsbald in mehrere Teilherrschaften mit ungewissen Grenzen und unstabilen Regierungsverhältnissen zerfällt, so ist zwar auch die Anerkennung seitens dritter Staaten als Feststellung der Existenz des durch Abtretung zu bildenden Neustaates unrichtig, aber niemand ist aktiv legitimiert, um dagegen zu protestieren. Erst wenn anstelle des erwarteten einheitlichen Neustaates mehrere dauerhafte Neustaaten mit effektiver Staatsgewalt entstehen, kann jeder von ihnen verlangen, daß sein Gebiet und Volk nicht als Bestandteil eines gar nicht zur Existenz gelangten Staates von Dritten „anerkannt“ werden.

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  314. Vgl. S. 297.

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  315. Es ist möglich, daß die Anerkennungserklärung selbst einen zurückliegenden Zeitpunkt bezeichnet, von dem ab die anerkannte Regierung als völkerrechtlich vertretungsberechtigt gelten soll (vgl. Boguslawski vs. Gdynia-Ameryka Linie [1950] 1 K.B. 157), doch wird Rückwirkung auf den von der anerkannten Regierung selbst beanspruchten Beginn ihrer Existenz vermutet. Die rückwirkende Kraft der Anerkennung äußert sich vorwiegend in bezug auf die Anerkennung der Staatsakte der anerkannten Regierung im inneren Recht des anerkennenden Staates, in bezug auf die Anwendung ihrer vor der Anerkennung erlassenen Gesetze usw.; vgl. die Angaben über die Rechtsprechung nationaler Gerichte bei Oppenheim-Lauterpacht, Bd. 1, S. 150; vgl. aber auch S. 318.

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  316. Vgl. unten S. 1044.

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  317. Eine endgültige Beseitigung der Herrschaft der alten Regierung liegt nicht vor, wenn sie während eines Krieges das Land oder die Herrschaft über das Staatsgebiet restlos verloren hat, aber der Krieg von ihren Bundesgenossen weitergeführt wird, welche dann der alten Regierung meist als einer Exilregierung auf ihrem Staatsgebiet Asyl gewähren und ihr die fortdauernde Ausübung der Herrschaft über die Reste des Heeres und die im Ausland lebenden Staatsangehörigen ermöglichen, vgl. unten S. 1411.

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  318. Trotzdem sind Exilregierungen in vielen Fällen noch jahrelang als Regierung eines Staates von anderen Staaten anerkannt worden. Der Fall, daß die Exilregierung ihre Herrschaft durch eine Völkerrechtsverletzung verloren hat, und daß sie deshalb weiter von anderen Staaten anerkannt wird, kann nicht nur dann vorliegen, wenn in dem betreffenden Staat eine andere Regierung an die Macht gekommen ist, sondern auch dann, wenn das Land von einem anderen Staat (meist natürlich dem Völkerrechtsbrecher) annektiert worden ist. Praktisch bedeutsamer als die Anerkennung der Exilregierung ist in diesen Fällen die Nichtanerkennung der in dem Land herrschenden de facto-Regierung, bzw. die Nichtanerkennung der Annexion und vor allem die hierauf gestützte Ignorierung der völkerrechtlichen Konsequenzen dieser Fakten (vgl. S. 571).

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  319. Der Vorwurf der Vorzeitigkeit der Anerkennung wurde von England gegenüber Frankreich bei der Loslösung der Vereinigten Staaten, von den Vereinigten Staaten bei der Sezession der Südstaaten gegenüber England erhoben. Zum Teil wird die Auffassung vertreten, daß die revolutionäre Regierung erst nach restlosem Verschwinden der Herrschaft der alten Regierung als Regierung für den ganzen Staat, und daß der Neustaat erst nach dessen Anerkennung durch den Reststaat von dritten Staaten anerkannt werden dürfe. Das bloße Fehlen einer förmlichen Anerkennung eines Neustaates durch den Reststaat hindert aber die Feststellung der Existenz des Neustaates in Gestalt einer Anerkennung durch dritte Staaten nicht, vgl. die Entscheidung des deutsch-polnischen Schiedsgerichts in Sachen der Deutschen Continental-Gasgesellschaft, Rec. Déc. T.A.M. Bd. 9, S. 336. Es ist vielleicht anders, wenn die Loslösung die Folge eines Völkerrechtsdelikts (Angriff eines dritten Staates) ist, aber auch dann kann die Existenz des Neustaates durch das Selbstbestimmungsrecht seiner Bevölkerung legitimiert sein. Das deutsch-polnische Schiedsgericht verwendet den Gedanken des Selbstbestimmungsrechts noch in der Weise, daß es aus der Proklamierung des Selbstbestimmungsrechts durch Sowjetrußland die Zustimmung des Reststaates zur Bildung des Neustaates Polen entnimmt.

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  320. Gelegentlich hat man von einer den ganzen Staat effektiv beherrschenden Regierung als von einer „de facto-Regierung“ gesprochen, um ihren dem früheren Verfassungsrecht des betreffenden Staates nicht entsprechenden Ursprung, zugleich aber ihre Effektivität, zu kennzeichnen. Neben einer solchen de facto-Regierung, die den ganzen Staat beherrscht, muß nicht notwendig eine de jure-Regierung anerkannt werden, wenn eine solche auch nicht als Exilregierung besteht; vgl. die Terminologie im Schiedsspruch im Tinoco-Fall, unten S. 797, Anm. 2. Später wurde von der de facto-Qualität auch in bezug auf die Anerkennung von Neustaaten gesprochen; so wurden die baltischen Staaten 1919 von den westeuropäischen Staaten nur „de facto“ anerkannt, vgl. The Gagara [1919] P. 95; 1921 folgte die Anerkennung de jure durch den Obersten Rat der Hauptmächte, vgl. S. 777, Anm. 1. Neuerdings liegt in dem Zusatz „de facto“ wohl mehr die Kennzeichnung des Vorläufigen der getroffenen Feststellung, und damit der Vorbehalt ihres Widerrufs (vgl. hierzu OPPENHEIM-LAUTERPACHT, Bd. 1, S. 150, Anm. 1, und S. 135ff.).

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  321. So wurde im spanischen Bürgerkrieg die Franco-Regierung von England zunächst als „lokale de facto-Regierung“ anerkannt, vgl. The Arantzatzu Mendi [1939] A.C. 216, daneben die republikanische Regierung als de jure-Regierung für ganz Spanien.

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  322. Über eine zweite Bedeutung, die der de jure-Anerkennung einer der sich in einem Staat bekämpfenden Regierungen beigelegt werden kann, vgl. jedoch unten S. 795.

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  323. Vgl. S. 1019.

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  324. Vgl. S. 578, 636.

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  325. Erst recht ist überholt die Anerkennung von „Insurgenten“, denen die Rechtsstellung einer kriegführenden Partei im Sinne des Völkerrechts nicht zuerkannt wurde.

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  326. Im spanischen Bürgerkrieg 1938 wurde die Franco-Regierung von Großbritannien und anderen zwar als lokale de facto-Regierung anerkannt, doch wurden beiden Bürgerkriegsparteien die Rechte von Kriegführenden auf hoher See von den anderen Staaten verweigert.

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  327. Befehden sich in einem Staat mehrere Regierungen, erkennt aber ein anderer Staat nur eine als die Regierung des ganzen Staates an, so kann er neben den diplomatischen Vertretern der von ihm anerkannten Regierung nicht ohne Widerspruch zu diesem Sinn der Anerkennung zugleich Vertreter der Gegenregierung zulassen. Wohl aber werden in solchen Fällen unter Umständen ständige Agenten (manchmal auch „Handelsvertretungen“) der Gegenregierung geduldet. So war während des spanischen Bürgerkrieges die nationalspanische Regierung z. B. in Großbritannien neben dem Botschafter der als de jure-Regierung anerkannten republikanischen Regierung durch einen ständigen Agenten vertreten. Es ist denkbar, daß eine Regierung, obwohl sie die Regierung des Gesamtstaates zu sein behauptet, damit einverstanden ist, daß ein anderer Staat, mit dem sie selbst diplomatische Beziehungen unterhält, Vertreter der Gegenregierung mit allen diplomatischen Vorrechten empfängt, so wenn die Bundesrepublik in Moskau neben der DDR vertreten ist. Hat aber eine der sich befehdenden Regierungen die andere vollständig und nach menschlichem Ermessen endgültig verdrängt, so hat der betreffende Staat einen völkerrechtlichen Anspruch darauf, daß andere Staaten aufhören, die Vertreter der nunmehr gänzlich machtlos gewordenen Gegenregierung als Organ dieses Staates zu behandeln; es liegt auch hier ein Anwendungsfall des Interventionsverbotes vor, vgl. S. 1043, Anm. 2.

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  328. Während etwa eine Vertragskündigung „vorsorglich“ an beide kämpfenden Regierungen des anderen Staates gerichtet werden könnte, kann sich z. B. der Fall ereignen, daß der im Bürgerkrieg befindliche Staat einen Vertreter in eine gemischte Kommision zu entsenden hat, oder daß er an der Ernennung eines Staatsorgans in einem anderen Staat mitwirken muß. Läßt sich nicht sagen, daß der Ausbruch des Bürgerkrieges eine solche Vertragsbeziehung auf Grund der clausula rebus sic stantibus überhaupt undurchführbar gemacht habe, so kann ein solcher Akt praktisch nur von einer der sich bekämpfenden Regierungen vorgenommen werden, da es durchweg nicht möglich sein wird, ein Einverständnis dieser Regierungen untereinander herbeizuführen.

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  329. Vgl. oben S. 779 f.

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  330. Es ist nicht undenkbar, daß die Vertretung des Staates in dem internationalen Organ ruhen soll, wenn die Regierungen, die nur Teile des einheitlichen Staatsgebiets ohne übergeordnete Staatsgewalt beherrschen, sich nicht einigen (vgl. unten S. 1210).

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  331. Der Beschluß des Sicherheitsrates vom 24. 11. 1961 spricht generell davon, daß der Rat „die Regierung der Republik des Kongo“ als allein zur Vertretung des Kongo in äußeren Angelegenheiten befugt „anerkenne“.

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  332. Denkbar ist, daß auch der Abschluß gewisser Verträge zu den unaufschiebbaren Geschäften gehört. So z. B., wenn eine Verpflichtung mehrerer Staaten besteht, innerhalb bestimmter Frist eine vertragliche Regelung zu schaffen.

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  333. Das ist wohl nicht als Ersatzvornahme (vgl. oben S. 522f., sondern eher als Geschäftsführung ohne Auftrag zu deuten.

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  334. Eine implizierte Feststellung des Endes der Herrschaft der alten Regierung kann z. B. darin liegen, daß den von ihr bestellten und von der neuen Regierung nicht bestätigten diplomatischen Vertretern mitgeteilt wird, daß ihre diplomatischen Vorrechte als beendet angesehen werden.

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  335. Die Bestimmung des panamerikanischen Abkommens über Rechte und Pflichten der Staaten, wonach die Anerkennung „unwiderruflich“ sei, will wohl nur besagen, daß eine objektiv richtige Anerkennung nicht widerrufen werden dürfe. Es ist nicht anzunehmen, daß die Konvention sagen will, daß die Anerkennung eines in Wirklichkeit nicht bestehenden Staates den anerkennenden Staat verpflichte, an der Fiktion des Bestehens festzuhalten, zumal da dies wiederum meist eine Mißachtung der Hoheit des Staates darstellen würde, der das betreffende Gebiet und Volk tatsächlich beherrscht. Gelegentlich wird die Anerkennung von Staaten bzw. Regierungen erklärt als eine durch einseitigen Akt begründete Verpflichtung, den anerkannten Staat als Staat, die anerkannte Regierung als Regierung im Sinne des Völkerrechts zu behandeln, vgl. Restatement, Foreign relations law, Tent. draft No. 4, S. 29. Eine solche Verpflichtung wäre nur dann eine völkerrechtliche Verpflichtung gegenüber dem anderen Staat, wenn dieser wirklich im Sinne des Völkerrechts existiert. Besteht aber die völkerrechtliche Verpflichtung, einen Staat bzw. eine fremde Staatsregierung als solche zu behandeln, auch ohne den Ausspruch der förmlichen Anerkennung (so auch das Restatement, S. 86 ff., allerdings mit Einschränkungen), so schafft die Anerkennung offenbar kein völkerrechtliches Mehr an Pflichten.

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  336. So ausdrücklich der Schiedsspruch im „Tinoco-Streit“ zwischen Großbritannien und Costa Rica, R.I.A.A. Bd. 1, S. 382 ff. — Wohl aber nötigt in einem Prozeß vor einem internationalen Gericht eine bereits abgegebene Anerkennungs- oder Nichtanerkennungserklärung den Staat, der sie als unrichtig bezeichnet, die Unrichtigkeit seiner früheren Auffassung zu beweisen.

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  337. Ist ein Staat in die Organisation der Vereinten Nationen aufgenommen worden, so müssen auch diejenigen Staaten, welche bestreiten, daß es sich um einen völkerrechtsgemäß gebildeten Neustaat handelt, ihre Pflichten aus der Charta gegenüber diesem Mitglied erfüllen.

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  338. Ob die überstimmten Mitglieder des Staatenverbandes sich weigern können, den neu aufgenommenen „Staat“ in solchen völkerrechtlichen Beziehungen, die nicht durch die Satzung des Staatenverbandes geregelt sind, als Staat zu behandeln, hängt angesichts des deklaratorischen und rechtlich unverbindlichen Charakters der Anerkennung im Sinne einer Feststellung der Staatseigenschaft nur davon ab, ob der neu aufgenommene Staat tatsächlich als solcher besteht. Die Rechtskraft eines Beschlusses über die Aufnahme in den Staatenverband wirkt nicht etwa als rechtskräftige „kollektive Anerkennung“ über das partikuläre Völkerrecht des Staatenverbandes hinaus. Wenn gelegentlich aus der Aufnahme eines Staates in eine internationale Organisation, an der nur Staaten teilnehmen können, geschlossen wurde, daß damit der Staat auch für diejenigen Mitglieder der Organisation anerkannt sei, die gegen die Aufnahme gestimmt haben (vgl. z. B. Graham, Diplomatic recognition of the border states, 1935, S. 372ff.), so kann dies nur den Sinn haben, daß es meist praktisch aussichtslos erscheint, ernstlich die Existenz eines Staates zu bestreiten, dessen Existenz auf diese Weise von einer besonders großen Zahl von Staaten implizite festgestellt worden ist.

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  339. Eigenartigerweise ist die Frage nach der Bedeutung der Anerkennung gerade dort am wenigsten erörtert worden, wo sie am ehesten nicht unter politischen Gesichtspunkten beantwortet werden dürfte, nämlich bei der Vertretung der Staaten vor internationalen Gerichten. Jede Regierung, die den Staat allein effektiv beherrscht, kann den Staat durch Vertrag der Jurisdiktion eines internationalen Gerichts unterwerfen, und jede Regierung, die diese Eigenschaft besitzt, kann ohne Rücksicht auf ihre Anerkennung auf Grund eines solchen Vertrages Klage vor dem internationalen Gericht erheben und den Staat im Prozeß vertreten. Auch ein „offenes“Angebot zur Erteilung eines Jurisdiktionsauftrages in völkerrechtlichen Streitigkeiten gilt gegenüber jedem objektiv vertragsfähigen Staat mit einer effektiven Regierung ohne Rücksicht darauf, ob dieser Staat oder seine Regierung von dem Staat, der das Vertragsangebot macht, in irgendeiner Weise anerkannt worden ist, es sei denn, daß ein entsprechender Vorbehalt gemacht wurde, wie z. B. von Indien und Israel bei der Annahme der Fakultativklausel des Internationalen Gerichtshofes. Es wäre unzulässig, wenn ein Staat sich nur deshalb auf einen Prozeß aus einem gültigen Schiedsvertrag nicht einlassen wollte, weil er die klagende Regierung trotz voller Effektivität nicht anerkannt hat. Eine Regierung, die zur Zeit des Abschlusses des Schiedsvertrags nur einen Teil des Staates effektiv beherrscht, kann den Staat durch den Vertrag nur binden, wenn sie später allein die effective Herrschaft erreicht. Desgleichen kann eine Regierung, die nur einen Teil des Staates beherrscht, durch Prozeßhandlungen auf Grund eines gültigen Schiedsvertrages nicht den ganzen Staat binden, selbst wenn der Prozeßgegner nur sie „anerkennt“ ; vgl. die Situation im Borchgrave-Fall C.P.J.I. Ser. A/B Nr. 72. Wird von einer oder gegen eine Biirgerkriegsregierung geklagt, die vom Prozeßgegner anerkannt wird, so kommt es andererseits nicht darauf an, ob auch das internationale Gericht die Regierung „anerkennt“. Der Internationale Gerichtshof ist wohl auch nicht verpflichtet, nur solche Regierungen im Verfahren auftreten zu lassen, die in den politischen Organen der UNO zur Vertretung ihres Staates zugelassen werden ; in einem von einem politischen Organ der UN erbetenen Gutachtenverfahren braucht wohl allerdings nur die in dem Organ vertretene Regierung zur Äußerung aufgefordert zu werden.

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  340. Vgl. dazu S. 1068 ff.

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  341. Eine rein verfassungsrechtliche Frage ist es, ob die Anwendung des auf bestimmte Völkerrechtssätze verweisenden staatlichen Rechts davon abhängt, daß die auswärtigen Vertretungsorgane des Staates die Beschränkungen ihres Verfassungsrechts bei der Mitwirkung an dem Zustandekommen dieser Völkerrechtssätze beachtet haben; desgleichen ist es eine rein verfassungsrechtliche Frage, ob jedes staatliche Gericht die Einhaltung dieser Bestimmungen durch die auswärtigen Vertretungsorgane nachprüfen kann. Das letztere ist wohl zu bejahen nach den Bestimmungen der französischen Verfassungen von 1946 und 1958, wonach innerstaatliche Bedeutung nur solchen Verträgen zukommt, welche „régulièrement“ ratifiziert, genehmigt und publiziert worden sind. In der Schweiz wird z. T. die Ansicht vertreten, daß auch die unter Verletzung des innerstaatlichen Rechts, aber völkerrechtlich verbindlich zustande gekommenen Verträge durch die Gerichte anzuwenden seien. C. App. Brüssel 4.4. 1959, Pas. 1959 II 258, hat keine Bedenken, die Frage aufzuwerfen, ob ein Vertrag von der gesamten Regierung abgeschlossen werden mußte, oder ob er von einem einzelnen Minister abgeschlossen warden konnte, um die Anwendung des Vertrages zu verweigern, nachdem die letztere Frage verneint worden war.

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  342. Nationale Gerichte haben nicht selten Bedenken, sich über Völkerrechtsverletzungen anderer Staaten, besonders im Verhältnis zu dritten Staaten, auszusprechen (vgl. OLG Bremen, oben S. 651, Anm. 1). Dennoch hatten z. B. in den Vereinigten Staaten die Foreign Claims Commissions (vgl. S. 667, Anm. 4) hauptsächlich die Aufgabe, völkerrechtswidrige Schädigungen von Staatsangehörigen der Vereinigten Staaten durch andere Staaten festzustellen und die Ersatzansprüche auf Grund des nationalen Rechts der Vereinigten Staaten aus einem bestimmten Fonds zu befriedigen; diese nationalen Spruchstellen mußten notwendigerweise über die Vorfrage, ob eine Völkerrechtsverletzung anderer Staaten vorlag, entscheiden. Vgl. zu dem Problem auch S. 953f.

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  343. Das Problem liegt nicht anders als im internationalen Privatrecht : Hat das Gericht des Forumstaates gemäß dessen Kollisionsrecht unter Anwendung ausländischen Privatrechts zu entscheiden, so ist es an das Ergebnis der in dem betreffenden fremden Staat bereits erfolgten Anwendung des ausländischen Rechts auf den konkreten Fall nicht gebunden, es sei denn, daß nach den besonderen Normen des internationalen Prozeßrechts des Forumstaates auch die betreffende ausländische Entscheidung anerkannt werden muß.

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  344. Nicht jede in einem völkerrechtlichen Vertrag enthaltene Feststellung wird aber innerstaatlich schon dadurch verbindlich, daß der betreffende Vertrag als Ganzes zu innerstaatlichem Recht erklärt wird (vgl. oben S. 468) : Wird der Verlauf der Grenze zwischen zwei Staaten verbindlich durch Einigung festgestellt, und wird diese Einigung Bestandteil eines Kollektivvertrages, der in einem dritten Staat generell zu staatlichem Recht erklärt wird, so bedeutet dies wohl kaum, daß damit der Gebietsbestand der fremden Staaten für die innere Rechtsordnung des dritten Staates verbindlich festgestellt wird, derart daß die Organe dieses Staates, wenn die Zugehörigkeit eines Ortes zu einem bestimmten fremden Staat für das staatliche Recht des Forumstaates relevant wird, gehindert wären, etwa festzustellen, daß ein Ort einem Staat gehört, der nicht Signatar des Kollektivvertrags ist. Vgl. S. 469.

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  345. Vgl. dazu Cass. Paris 11. 3. 1953, Rev. Crit. D. Int. Priv. 1953, 113. Ist eine bestimmte Interpretation eines völkerrechtlichen Vertrages in einem durch formelles Gesetz gebilligten neuen Vertrag niedergelegt (vgl. z. B. art. 15 des Vertrages vom 27. 11. 1961 zwischen Österreich und der Bundesrepublik), so ist diese Interpretation auch für die Gerichte bindend, es sei denn, daß eine Interpretation durch den Gesetzgeber verfassungswidrig wäre.

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  346. Vielfach erfolgt allerdings das Einverständnis nicht in der Form eines Regierungsabkommens, sondern z. B. mehr oder weniger formlos in den Verhandlungen einer gemischten Kommission über die Vertragsabwicklung (vgl. unten S. 906). So hat z. B. nach dem Abkommen vom 19. 2. 1954 über den Status der UN-Streitkräfte in Japan ein Joint Board über Auslegung und Vollzug des Abkommens z beraten und zu versuchen, zu einer Einigung zu kommen ; eine solche Einigung kann dann z. B. für die Frage der Zuständigkeit japanischer Gerichte innerstaatlich von Bedeutung werden. Nach den meisten Doppelbesteuerungsverträgen kann ein Steuerpflichtiger bei einer vertragswidrigen konkreten Doppelbesteuerung ein Verständigungsverfahren der obersten Finanzbehörden anregen, ohne daß er jedoch einen Anspruch darauf hat, daß es zu einer Verständigung kommt. Es gilt dies auch dann, wenn rechtskräftige Entscheidungen in beiden Staaten eine vertragswidrige konkrete Doppelbesteuerung bestätigen. Neben der Anregung des Verständigungsverfahrens kann der Steuerpflichtige auf alle Fälle in dem Staat, dessen Steueranforderung er als vertragswidrig betrachtet, die innerstaatlich vorgesehenen Rechtsmittel einlegen. In der Schweiz z. B. scheint man der Auffassung zu sein, daß eine Einigung über Auslegung und Anwendung eines Doppelbesteuerungsvertrages im Verständigungsverfahren für die Handhabung des Vertrages durch das auf die staatsrechtliche Beschwerde hin entscheidende Bundesgericht nur als „Material“ von Bedeutung, nicht aber innerstaatlich verbindlich sei (vgl. Verw. Entsch. Bds. Beh. 9 (1935) Nr.9). Führt die Regierung, nachdem das höchste staatliche Gericht ein Abkommen in bestimmter Weise interpretiert hat, eine Einigung über eine abweichende Interpretation mit der anderen Regierung herbei, so ändert diese Vereinbarung an der Rechtskraft des Urteils nichts ; ob sie im Staat für die Zukunft verbindlich ist, hängt davon ab, ob sie zu staatlichem Recht wird. Über einen derartigen Fall vgl. HACKWORTE, Digest, Bd. 4, S. 373 ff.

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  347. Vgl. Cass. Paris 11.3.1953, Rev. Crit. D. Int. Priv. 1953, 113, und 27.4.1950, Rev. Crit. D. Int. Priv. 1951, 98.

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  348. So sind zahlreiche Abkommen über das Wiederinkrafttreten von Vorkriegsverträgen in der Bundesrepublik nach 1949 durchweg nicht durch Gesetz, sondern nur durch Bekanntmachung zu innerstaatlichem Recht erklärt worden.

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  349. Soweit ein einfaches förmliches Gesetz die auf Grund älteren Gesetzesrechts bestehenden subjektiven Rechte von Einzelnen beseitigen kann, kann ein solches Gesetz auch einen Vertrag, welcher das Nichtbestehen solcher Rechte „feststellt“, zu staatlichem Recht erklären. Soweit eine Regierungsmaßnahme subjektive Rechte im Staat nicht beseitigen kann, kann dies auch nicht durch bloße Bekanntmachung eines Regierungsabkommens erfolgen, welches einen Streit über das Bestehen solcher Rechte durch „Vergleich“ beendet, vgl. das Abkommen vom 1. 6. 1962 zwischen Israel und der Bundesrepublik.

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  350. Die Bindung der nationalen Gerichte an Vereinbarungen zwischen den Regierungen über die Auslegung von Verträgen, deren Abschluß die Mitwirkung eines anderen staatlichen Organs nötig macht, ist um so zweifelhafter, als bei derartigen Vereinbarungen die Absicht, die „richtige“ Auslegung zu ermitteln, die Absicht, zu einem Kompromiß über die Streitfrage zu gelangen, und die Absicht, den Vertrag mit Rücksicht auf die Meinungsverschiedenheiten zu modifizieren, praktisch oft untrennbar ineinanderlaufen (vgl. dazu art. 23 f. des Vertrages vom 23. 12. 1957 zwischen der Bundesrepublik und der Dominikanischen Republik).

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  351. Vgl. S. 832.

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  352. Die völkerrechtlichen Bestimmungen über die Verfassung und das Verfahren des internationalen Gerichts brauchen selbst wohl nicht zu innerstaatlichem Recht deklariert zu werden.

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  353. Vgl. S. 653 ff

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  354. Ein Vertrag kann bestimmen, daß die staatlichen Gerichte, wenn sie paralleles Landesrecht zu einem Vertrag oder vertraglich gebotenes Landesrecht anwenden, Auslegungsfragen einem internationalen Gericht vorzulegen haben, und daß sie an seine Entscheidungen gebunden sind. So werden Fragen der Auslegung des EuratomVertrages, sowie Fragen der Gültigkeit und der Interpretation von Akten der Gemeinschaftsorgane, auf Vorlage durch ein nationales Gericht vom Europäischen Gerichtshof entschieden (vgl. art. 150) ; die obersten Gerichte müssen derartige Fragen vorlegen. Nach art. 41 des Vertrages über die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl sind die nationalen Gerichte an die Entscheidungen des Gerichtshofs der Gemeinschaft über die Gültigkeit von Beschlüssen der Hohen Behörde und des Rates gebunden. Über Fragen der „Anwendbarkeit“ und der Auslegung des Vertrages vom 15. 6. 1957, betreffend deutsches Vermögen in Österreich, gibt ein Schiedsgericht durch Beschluß „bindende Gutachten“ ab, die von den nationalen Gerichten ihren Entscheidungen zugrunde zu legen sind. Ein Kommissionsentwurf der Beratenden Versammlung des Europarates (11. Sitzung, II. Teil, Dok. 1025) sieht vor, daß der Europäische Gerichtshof für die Menschenrechte sich über die Interpretation der auf Veranlassung des Europarates zustande gekommenen Verträge gutachtlich äußern soll, wenn eine solche Anfrage ihm von einem nationalen Gericht oder einer sonstigen staatlichen Behörde vorgelegt wird; die Anfrage soll obligatorisch sein, wenn Gericht bzw. Behörde von der Interpretation durch „die zuständige Behörde“ eines anderen Vertragsstaates abweichen wollen. Es kann auch durch Vertrag bestimmt werden, daß ein staatliches Gesetz, dessen völkerrechtliche Zulässigkeit von dem dazu aktiv legitimierten internationalen Organ beanstandet wird, vorläufig durch die staatlichen Gerichte nicht angewendet werden darf, bis die Entscheidung eines internationalen Gerichts ergangen ist, vgl. sec. 8 des Headquarters Agreement zwischen der Organisation der Vereinten Nationen und den Vereinigten Staaten.

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  355. Die im Evokationsverfahren (vgl. unten S. 832, 1248) herbeigeführte Entscheidung des Schiedsgerichts für Oberschlesien über die Interpretation des Oberschlesienabkommens war für das nationale Gericht in dem Verfahren, in dem sie eingeholt wurde, verbindlich (vgl. art. 588 des Vertrages vom 15. 5. 1922). Eine in der amtlichen Sammlung veröffentlichte Entscheidung des Schiedsgerichts war insofern für die nationalen Gerichte in sämtlichen Verfahren verbindlich, als diese eine Interpretationsfrage erneut vorzulegen hatten, wenn sie von einer veröffentlichten Entscheidung abweichen wollten.

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  356. Die Gerichte verschiedener Staaten haben Entscheidungen des Internationalen Gerichtshofs respektiert (vgl. die Angaben bei ROSENNE, S. 89f.). Die amerikanischen Konsulargerichte in Marokko haben sich nach der Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs über den Umfang der Konsulargerichtsbarkeit in Marokko in denjenigen Sachen, in denen die Entscheidung ihre Zuständigkeit verneinte, für unzuständig erklärt, vgl. auch Rev. Crit. D. Int. Priv. 1953, 159. Mit der Rechtskraftwirkung der Entscheidung eines internationalen Gerichts im Staat ist nicht zu verwechseln die Unzulässigkeit eines staatlichen Verfahrens, in welchem die Tätigkeit eines einzelnen Mitglieds eines internationalen Gerichts zum Gegenstand einer Prüfung bzw. einer Beeinflussung durch Gebote oder Verbote des staatlichen Rechts gemacht werden soll. Hingegen kann ein staatliches Gericht durch staatliche Rechtsnormen angewiesen werden zu prüfen, ob Privatpersonen durch Vorlage falscher Beweismittel ein internationales Gericht zu einem falschen Urteil veranlaßt haben (vgl. La Abra Silver Mining Company v. United States, 175 US 423).

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  357. Handelt es sich um ein Strafverfahren im Staat, so stellt eine verbindliche Entscheidung eines internationalen Gerichts über die Völkerrechtswidrigkeit des Verhaltens bestimmter Menschen nur den objektiven Tatbestand fest, steht aber weiteren Feststellungen staatlicher Gerichte über den subjektiven Tatbestand nicht im Wege.

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  358. Vgl. etwa art. 9 des Abkommens vom 9. 12. 1948 über Völkermord.

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  359. Wird die Nichtigkeit einer Entscheidung eines internationalen Gerichts behauptet, so müssen notwendig die staatlichen Gerichte, welche an die gültige Entscheidung des Gerichts gebunden wären, über diese Frage entscheiden ; vgl. dazu die Entscheidung des Court of Claims und des US Supreme Court in US vs. La Abra Silver Mining Co., 32 Ct. Cl. 462 ; 175 US 423.

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  360. Die innerstaatliche Bindung an eine Entscheidung eines internationalen Gerichts kann zweifelhaft sein, wenn es sich um die Anwendung staatlicher Normen handelt, welche „freiwillig“ Teile des Inhalts völkerrechtlicher Normen durch Verweisung in sich aufgenommen haben. Es gilt dies auch von staatlichen Rechtsnormen, welche ohne entsprechende völkerrechtliche Bindungen des Staates Auszahlungen aus einem Fonds an solche Personen vorsehen, die durch völkerrechtliches Unrecht anderer Staaten geschädigt worden sind (vgl. S. 667, Anm. 4).

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  361. Aus dem Urteil eines internationalen Gerichts, welches eine Zahlungspflicht eines Staates feststellt, kann im Schuldnerstaat nicht unmittelbar gegen den Fiskus vollstreckt werden; desgleichen nicht in einem dritten Staat (vgl. Trib. Civ. Brüssel 30.4. 1951, Rev. Crit. D. Int. Priv. 1952, 111 (Socobel-Fall)). Ob die Entscheidung eines internationalen Gerichts über völkerrechtliche Schadensersatzpflichten im Gläubigerstaat als solche allein genügt, um eine Zahlung aus einem zur Entschädigung der Bürger bestehenden Fonds zu rechtfertigen, ist nach den hierfür erlassenen besonderen Vorschriften zu prüfen ; in den Vereinigten Staaten wurde eine „certification” der Entscheidung des internationalen Gerichts durch den Außenminister zwischengeschaltet (vgl. Z. & F. Assets Realization Corporation vs. Hull, 311 US 470). Die Verpflichtung der Signatarstaaten des Internationalen Zivilluftfahrtabkommens, den Betrieb einer Fluglinie auf ihrem Staatsgebiet zu unterbinden, wenn der Rat der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation festgestellt hat, daß das Unternehmen eine Regel des Abkommens verletzt hat (vgl. oben S. 550), kann offenbar von jedem Mitgliedstaat nur gemäß seinem Landesrecht erfüllt werden; die Ratsentscheidung als solche ist kein staatlicher Vollstreckungstitel. Entscheidungen eines internationalen Gerichts auf Grund der inneren Rechtsordnung des Staatenverbandes, die auf der Delegation abgespaltener Hoheitsbefugnisse der Mitgliedstaaten beruht (vgl. S. 1276 ff.), können dort durch Vertrag als vollstreckbar erklärt werden. So sind Entscheidungen der Hohen Behörde und des Gerichts der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl über geldliche Verpflichtungen von Kohle- und Stahlunternehmungen im Gebiet der Mitgliedstaaten wie inländische Entscheidungen vollstreckbar (vgl. art. 44 und 92 des Vertrages über die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl). Die Vollstreckbarkeit gilt aber nicht für eine etwaige Feststellung, daß ein Mitgliedstaat einer vertraglichen Verpflichtung nicht nachgekommen ist (vgl. art. 88 des Vertrages). Auch die Zuweisung von Grundstücken an Grenzgemeinden nach einer Grenzveränderung durch Entscheidung der italienisch-französischen Schlichtungskommission auf Grund des italienischen Friedensvertrages von 1947 wurde durch den französischen Vertreter bei der Kommission „namens der französischen Regierung“ als vollstreckbar erklärt und die französischen Vollstreckungsorgane zur Durchführung angewiesen (vgl. Rec. Déc. Bd. 4, S. 276).

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  362. Das (nicht eingerichtete) Schiedsgericht aus dem Vertrag vom 26. 5. 1952 über die Beziehungen der Bundesrepublik zu den ehemaligen Besatzungsmächten sollte nach der ursprünglichen (nicht in Kraft getretenen) Fassung des art. 11 seiner Satzung, nachdem es die Vertragswidrigkeit eines auf dem Gebiet der Bundesrepublik erlassenen Gesetzes (oder einer Verordnung oder eines Verwaltungsakts) festgestellt hatte, zunächst die Aufhebung des Aktes durch die zuständige staatliche Stelle anordnen. Wurde diese Anweisung nicht befolgt, so sollte das Gericht auf Antrag die vollständige oder teilweise Nichtigkeit des Aktes „mit verbindlicher Kraft aussprechen“. Wären Rechtssetzungsgebote nicht befolgt worden, so hätte das Schiedsgericht selbst in einem Urteil solche staatlichen Rechtsnormen erlassen können, welche Rechte und Pflichten für alle Personen und Behörden im Gebiet der Bundesrepublik begründet hätten, soweit sie nicht im Widerspruch zum Grundgesetz der Bundesrepublik standen.

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  363. Die „Transformation“ der Entscheidung des internationalen Gerichts, welche feststellt, daß ein Urteil eines nationalen Gerichts nach Völkerrecht nicht so hätte lauten dürfen wie es lautet, kann bedeuten, daß das Urteil in der staatlichen Rechtsordnung beseitigt wird. Stellt das internationale Gericht zugleich mit Rechtskraft für das Völkerrecht fest, wie das nationale Urteil ohne Verletzung des Völkerrechts hätte lauten müssen, so kann auch dieses Urteil in ein rechtskräftiges nationales Urteil „transformiert“ werden. Derartige Fragen wurden akut bei den Entscheidungen der Schiedsgerichte auf Grund der Friedensverträge von 1919 (vgl. dazu art. 305 VV; vgl. ferner unten S. 831, Anm. 4).

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  364. Interessante Beispiele dafür, daß Feststellungen eines völkerrechtlichen Organs ohne Gerichtsqualität im Staat verbindlich sein können, bieten die Abkommen, welche die Feststellung der „Flüchtlings“eigenschaft einer Person im Sinne der internationalen Verträge über die Behandlung der Flüchtlinge durch ein internationales Organ als verbindlich erklären, vgl. das Abkommen vom 30. 6.1928. Über die Feststellung der Flüchtlingseigenschaft durch Organe der internationalen Flüchtlingsorganisation bzw. die dort eingerichtete Beschwerdeinstanz vgl. WEIS, Clunet 1960, 932 ff. Manchmal wird allerdings die Feststellung durch ein internationales politisches Organ im Staat nur als prima facie-Beweis betrachtet. — Verw. GH Wien, Slg. Adm. T. N. F. 12 (1957) Nr. 4362, interpretiert den österreichischen Staatsvertrag selbst, da eine völkerrechtlich verbindliche „authentische“ Interpretation gemäß art. 35 des Vertrages durch die Botschafter der anderen Signatarstaaten noch nicht vorläge, hält also offenbar eine Interpretation durch dieses politische Organ, wenn sie vorliegt, auch als innerstaatlich bindend.

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  365. Val. unten S. 832.

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  366. Inwieweit dies in den einzelnen Staaten der Fall ist, kann hier nicht dargestellt werden.

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  367. Vgl. S. 674.

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  368. Vgl. S. 695, Anm. I.

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  369. So sollen, wenn Dienststellen der in einem anderen Staat stationierten Truppen verbindlich darüber entscheiden, ob eine Handlung „im Dienst“ begangen worden ist (vgl. oben S. 696, Anm. 2), die Gerichte des anderen Staates sogar in Strafsachen hieran gebunden sein.

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  370. Vgl. S. 694.

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  371. Vgl. S. 705 ff.

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  372. Art. 25 GG erklärt nur die allgemeinen Regeln des Völkerrechts zu innerstaatlichem Recht; damit sind nur die Sätze des universalen Völkergewohnheitsrechts gemeint, nicht aber konkrete Observanzen. In einem Lande, in dem der Satz “international law is part of the law of the land” gilt, mag es anders sein. Wird der durch Mantelgesetz zu innerstaatlichem Recht einer Vertragspartei erklärte Vertrag völkerrechtlich dadurch hinfällig, daß eine Vertragspartei erklärt, ihn nicht mehr als verbindlich zu betrachten, und daß die Regierung der anderen Vertragspartei dem nicht widerspricht, so wird auch das durch Mantelgesetz zu dem Vertrag gebildete innerstaatliche Recht hinfällig ; so bezüglich des Friedensvertrages von Brest-Litowsk (1918), RGZ 111, 40.

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  373. Wohl aber können sich die Gerichte eines anderen Staates eine solche völkerrechtlich bindende Feststellung des Nichtbesitzes der Staatsangehörigkeit durch die auswärtigen Vertretungsorgane des Landes, um dessen Staatsangehörige es geht, zu eigen machen.

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  374. So z. B. in England. Die englischen Gerichte haben nur selten versucht, die Richtigkeit solcher Äußerungen der Regierung selbst nachzuprüfen, so z. B. Lord Phillimore in The Charkieh, L. R. 4 A. & E. 59 (1873); vgl. aber Mighell vs. Sultan of Johore, [1894] 1 Q. B. 149. Über Fälle einer echten Bindung der englischen Gerichte vgl. unten S. 818, Anm. 4.

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  375. Die Richter Black und Douglas erklären in Z. & F. Assets Realization Corporation/American Hawaiian Steamship Co. vs. Hull, 311 US 470, zu vermeiden sei ein “square clash between the executive and the j udicial branches of government”.

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  376. Schwer kontrollierbar durch den nationalen Richter sind auch solche Bedingungen für das Inkrafttreten völkerrechtlicher Normen, die in dem ordnungsgemäßen Beschluß eines internationalen Organs oder in dem Fehlen einer fristgemäßen Einlegung von Widersprüchen gegen Beschlüsse eines internationalen Organs bestehen; so setzt z. B. die VO des Bundesverkehrsministeriums vom 4. 6. 1960 Änderungen des internationalen Abkommens über den Eisenbahnfrachtverkehr vom 25. 10. 1952 in Kraft, die durch bestimmte internationale Organe beschlossen worden sind, ohne daß die Verordnung selbst die Beschlußformel des Organs und die Mitteilung des Internationalen Zentralamtes darüber, daß die Voraussetzungen für ein Inkrafttreten des Beschlusses vorliegen, wiedergibt.

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  377. Vor allem in Frankreich gelten die „actes de gouvernement“ als der gerichtlichen Nachprüfung entzogen; hierzu rechnen zahlreiche völkerrechtlich relevante Akte. Im schweizerischen Recht ist für gewisse Vertragsbestimmungen (Handelsund Zollverhältnisse, Freizügigkeit und Niederlassung von Ausländern) die ausschließliche Zuständigkeit des Bundesrates zur Entscheidung über die Verletzung des dem Völkerrecht entsprechenden innerstaatlichen Rechts (unter Ausschluß des Bundesgerichts, vgl. S. 829, Anm. 2) vorgesehen; gegen den Entscheid des Bundesrates kann die Bundesversammlung angerufen werden, vgl. art. 125 Abs. 1 litt. c, und 132 des Gesetzes über die Bundesrechtspflege.

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  378. Gesetzliche Bestimmungen enthält vor allem das indische Recht (vgl. S. 823, Anm. 1). Nach einer preußischen Verordnung vom 25. 1. 1823 wurden völkerrechtliche Vorfragen bei der Anwendung von Verträgen verbindlich durch das Auswärtige Amt entschieden. Die Verordnung wurde durch eine neue Verordnung vom 24. 11. 1843 aufgehoben, aber die Gerichte blieben verpflichtet, „Auskünfte“ der Regierung einzuholen.

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  379. So im Effekt die Haltung der amerikanischen Gerichte in Immunitätsfragen (vgl. Ex parte Republic of Peru, 318 US 578 ; Republic of Mexico vs. Hoffman, 324 US 30). Bindung der Gerichte an die Erklärung der eigenen Regierung über die Diplomateneigenschaft einer Person wurde angenommen in Engelke vs. Musmann, [1928] A. C. 433 ; Carrera vs. Carrera, 174 Fed. 2d, 496. Insbesondere wenn es sich um die Immunität der Mitglieder oder Funktionäre internationaler Organe handelt, kann die Regierung ihrerseits völkerrechtlich wieder an eine Äußerung des internationalen Organs gebunden sein. Es ist nicht sicher, ob die Mitteilung des Generalsekretärs über die Namen der Funktionäre der Vereinten Nationen an die Mitgliedstaaten, wie sie nach art. V sec. 17 des Abkommens vom 13. 2. 1946 über die Vorrechte und Immunitäten der Vereinten Nationen zu erfolgen hat, oder die Ausstellung eines Passierscheins als eine unnachprüfbare Entscheidung über die Zugehörigkeit einer Person zu dem Kreis der Funktionäre der Vereinten Nationen zu gelten haben. a In Indien entscheidet nach sec. 6 des Foreign Jurisdiction Act 1947 die Regierung (auf Anfrage eines Gerichts) über die Frage des Bestehens und des Umfangs beschränkter Hoheitsrechte Indiens auf fremdem Staatsgebiet. Der High Court von Madras hat sec. 57 (10) des indischen Evidence Act, wonach der Bestand des indischen Staatsgebietes von Amts wegen zu prüfen sei, wenn er in einem Prozeß rechtserheblich ist, als eine Bindung an die diesbezügliche (bejahende) Feststellung seitens der Regierung verstanden, 1935 Mad. Crim. Cas. 424, zit. Ind. Yb. Int. A.

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  380. (1957) 31. Aus der Verweigerung der Anerkennung eines Gebietserwerbs durch die Regierung des Forumstaates wird von den Gerichten unter Umständen die Unzulässigkeit der Anwendung der von dem annektierenden Staat erlassenen Gesetze für das betreffende Gebiet hergeleitet, so die amerikanische Rechtsprechung in der Frage, welches Recht in den baltischen Staaten nach der Annexion durch Sowjetrußland gilt (vgl. The Maret, 145 Fed. 2d 431 ; Latvian State Cargo & Pass. Line vs. US, 116 Fed. Supp. 717).

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  381. Die Erklärung der Regierung, daß der Kriegszustand mit einem bestimmten Staat bestehe, ist für das englische Gericht verbindlich (vgl. R. vs. Bottrill, [1947] 1 K. B. 41).

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  382. In Frankreich halten sich in unbestrittener Praxis die Gerichte an die Auslegung internationaler Verträge, die sie anzuwenden haben, durch die Regierung, sofern es sich um Fragen handelt, „touchant l’ordre international public“, nicht aber, wenn es sich um „conflits d’intérêts privés“ handelt (vgl. Cass. Paris 22. 12. 1931, Rev. Crit. D. Int. Priv. 1932, 83 ; Cass. Paris 27. 4. 1950, Rev. Crit. D. Int. Priv. 1951, 98; 13. 7. 1954, Sir. 1955, 1, 24; Conseil d’Etat 4. 7. 1931, Rec. 1931, 722). Dieses System setzt voraus, daß die Regierung verpflichtet ist, auf Antrag eines Gerichts eine Interpretation des betreffenden Vertrages zu geben. In Deutschland,Italien, Belgien, England, der Schweiz und denVereinigten Staaten betrachten sich die Gerichte als zur Interpretation der durch Verweisung zu staatlichem Recht erklärten völkerrechtlichen Verträge für zuständig. Völkerrechtlich verbindliche Auslegungen der Verträge durch einen Nachtragsvertrag sind hier natürlich auch für die staatlichen Gerichte verbindlich, wenn der Nachtragsvertrag als innerstaatliches Recht zu gelten hat ; das führt wiederum zu der Frage, ob ein Interpretationsabkommen durch Regierungsvereinbarung allein geschlossen werden kann, wenn der zu interpretierende Vertrag nur mit Zustimmung des Parlaments geschlossen werden konnte (vgl. oben S. 806). Auch in denjenigen Staaten, die die Zuständigkeit der Gerichte zur Interpretation der von ihnen anzuwendenden Verträge im Prinzip bejahen, kann die Ausübung dieser Befugnisse fraglich werden, wenn der Vertrag selbst jede Meinungsverschiedenheit über die Auslegung ausschließlich der Entscheidung eines politischen Organs vorbehält (vgl. S. 812).

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  383. Denkbar wäre auch eine Bindung der Gerichte an Äußerungen der Regierung über den Bestand des Völkergewohnheitsrechts. Indes betont z. B. das amerikanische Kriegsministerium, daß seine Dienstanweisungen über den Landkrieg (vgl. S. 1376, Anm. 1) für die Gerichte nicht bindend seien ; sie hätten “evidentiary value insofar as they bear upon questions of custom and practice”. Eine Kodifikation des Kriegsrechts in Gesetzesform ist natürlich für die Gerichte verbindlich. Man könnte sich vorstellen, daß dies auch Äußerungen der Regierung gegenüber dem Gericht über die Frage umfaßt, ob ein völkerrechtlicher Vertrag überhaupt durch Einigung zustande gekommen sei, bzw. ob er durch die richtigen Organe abgeschlossen wurde. Wird der Vertrag durch Einzelgesetz transformiert, so entstreckbar sind, hängt gemäß dem Act VI/1937 davon ab, ob die Geltung des Gesetzes in bezug auf ein fremdes Land von der Regierung bekanntgemacht worden ist; an die Frage, ob das Genfer Abkommen im Verhältnis zu Indien völkerrechtlich in Kraft steht, kommt das Gericht überhaupt nicht heran.

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  384. In Re Westerling (H. C. Singapur 1950), Int. L. Rep. 1950, 82, nahm der Regierungsvertreter die bindende Kraft aller Äußerungen der Krone über Fragen des Völkerrechts in Anspruch. In dem Fall Anderson vs. N. V. Transandine Handelsmaatsch., 289 N. Y. 9 (1942), fordert das State Department das Gericht ziemlich offen auf, sich bei der Entscheidung der vom State Department näher bezeichneten „Politik“ der Regierung der Vereinigten Staaten anzupassen.

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  385. Vgl. dazu S. 802.

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  386. Vgl. S. 640 f.

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  387. Im Zamora-Fall ([1916] 2 A.C. 77) erklärte sich der englische Privy Council als gebunden an die Feststellungen der Regierung über die Tatsachen, die die Regierung zur Rechtfertigung der als Repressalienmaßnahme erlassenen Orders in council anführte ; der Privy Council nimmt aber in Anspruch, die völkerrechtliche Zulässigkeit der Orders bei Unterstellung dieser Tatsachen prüfen zu dürfen.

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  388. Vgl. oben S. 476 f. — Eine andere Frage ist es, ob die Gerichte, wenn schon bestimmte völkerrechtlich relevante Sachverhalte erst nach Bekanntmachung innerstaatlich bedeutsam werden können, die Richtigkeit einer erfolgten Bekanntmachung nachprüfen dürfen. Es läuft dies wieder darauf hinaus, ob die positive Feststellung des Sachverhalts durch die Regierung, so wie sie bekannt gemacht worden ist, für die Gerichte bindend ist. Nach sec. 113 des indischen Evidence Act sollte eine Bekanntmachung des Generalgouverneurs im Amtsblatt darüber, daß ein Teil des indischen Staatsgebietes an einen der Fürstenstaaten abgetreten sei, einen für die Gerichte bindenden Beweis einer solchen Zession darstellen. Der Privy Council hält diese Bestimmung für ultra vires, soweit damit durch Regierungsakt solche Befugnisse der Gerichte in Wegfall kommen, die diesen durch Gesetz verliehen seien, will also das Vorliegen einer solchen Zession selbst durch die Gerichte nachprüfen lassen : Damodhar Gordhan vs. Deoram Kanji, (1876) 1 App. Cas. 332. Unter dem früheren Recht, d. h. vor der Bestimmung der sec. 6 des Foreign Jurisdiction Act, 1947, (vgl. oben S. 817, Anm. 3) hat der Privy Council auch die völkerrechtliche Rechtmäßigkeit einer Bekanntmachung über den Umfang von beschränkten Hoheitsrechten Indiens auf dem Gebiet der Fürstenstaaten und umgekehrt nachgeprüft : Muhammad Yusuf-ud-din vs. Queen, 24 Ind. App. 137.

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  389. In England ist nach Duff Development Co. vs. Kelantan, [1924] A.C. 797, die positive Äußerung der Regierung über das Bestehen eines souveränen Staates für das Gericht in Immunitätsfragen bindend.

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  390. Darüber, ob eine fremde Regierung eine solche ist, die gegen ihren Willen nicht verklagt werden kann, entscheidet nach sec. 87 A des indischen Civil Procedure Code die Regierung durch „Anerkennung“. Ob eine solche Anerkennung durch die Regierung vorliegt, hat das Gericht von Amts wegen festzustellen ; es fehlt allerdings an einer gesetzlichen Bestimmung, daß die Erklärung der indischen Regierung im Prozeß, sie habe eine fremde Regierung bereits anerkannt, für die Gerichte bindend ist.

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  391. Nach sec. 57 (8) des indischen Evidence Act haben die Gerichte von Amts wegen „Bestehen, Name und Flagge“ eines von der indischen Regierung anerkannten Staates zu prüfen. Zweifelhaft ist, ob dies bedeutet, daß die Gerichte die in der Anerkennung liegende Feststellung der Existenz eines fremden Staates selbst noch einmal prüfen müssen. Die Existenz des von der indischen Regierung nicht anerkannten fremden Staates muß dem Gericht von derjenigen Partei bewiesen werden, die hierfür nach den allgemeinen Regeln des Beweisrechts die Beweislast trägt.

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  392. Vgl. dazu NJW 1961, 1 ff.

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  393. Vgl. S. 296f., 317f., 794 ff.

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  394. Die Akte der de jure anerkannten Regierung im innerstaatlichen Recht des anerkennenden Staates werden auch nicht rückwirkend unwirksam, obwohl in anderen Zusammenhängen diejenige Regierung, die schließlich allein die Herrschaft über einen Staat erringt, auch im innerstaatlichen Recht anderer Staaten als vom Beginn ihrer Teilherrschaft an allein vertretungsberechtigt für den ganzen Staat zu gelten hat (vgl. Guaranty Trust Co. vs. US, 304 US 126, 140).

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  395. Wegen der starken Bindung, die amerikanische Gerichte gegenüber den Feststellungen der Regierung über völkerrechtliche Fragen anzunehmen geneigt sind, galt die von der amerikanischen Regierung anerkannte, aber nicht mehr effektive „provisorische Regierung“ Rußlands, und nicht die Sowjetregierung, in den Vereinigten Staaten als vermögensrechtlicher Vertreter des russischen Staates bis zum 16.11.1933 (vgl. Stone J. in Guaranty Trust Co. vs. US, 304 US 126, 137, ferner Lehigh Valley Rd. Co. vs. Russia, 21 Fed. 2d 396).

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  396. Es gilt dies sowohl dann, wenn eine entsprechende Anerkennung seitens der Regierung vorliegt (wie z. B. in The Arantzazu Mendi, [1939] A.C. 256), als auch ohne eine solche Anerkennung (wie in Wulfsohn vs. R. S. F. S. Rep., 234 N.Y. 372). Vgl. auch die Belege bei Oppenheim-Lauterpacht, S. 137, Anm. 6.

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  397. In der Rechtsprechung der verschiedenen Staaten wird teils die Anwendung der von einer nicht de jure anerkannten Regierung erlassenen Normen ganz abgelehnt und anstatt dessen das von der anerkannten Regierung herrührende Recht angewendet ; teils wird den Normen, die von der nichtanerkannten Regierung herrühren, nur die „exterritoriale Wirkung“ versagt ; teils wird auf das faktisch auf dem fremden Staatsgebiet geltende Recht ohne Rücksicht auf den Urheber der betreffenden Normen abgestellt ; in der Literatur werden auch Zwischenmeinungen vertreten. Jedenfalls besteht eine völkerrechtliche Verpflichtung, gerade das von der de jure anerkannten Regierung erlassene Recht anzuwenden, nicht, insbesondere wenn dieses Recht nicht effektiv ist, sei es infolge revolutionärer Vorgänge, sei es infolge völkerrechtswidriger Maßnahmen anderer Staaten. Es besteht aber wohl auch keine völkerrechtliche Verpflichtung, stets nur das effektiv auf dem fremden Staatsgebiet zur Geltung gebrachte Recht nach Maßgabe der Kollisionsnormen des jeweiligen Forumstaates als das örtliche Recht des betreffenden Staates anzuwenden. Sicher besteht keine völkerrechtliche Verpflichtung, effektives ausländisches staatliches Recht zur Anwendung zu bringen, wenn es durch völkerrechtlich unrechtmäßige Ausübung angemaßter Staatshoheit zur Geltung gekommen ist, wenn auch hier im Interesse der Menschen, die sich der Befolgung dieser Normen nicht entziehen können, seine Berücksichtigung in anderen Staaten oft angebracht ist, vgl. oben S. 569. Häufig ist mit der Frage, welche Normen als das Recht eines anderen Staates zur Anwendung zu bringen sind, die Frage verquickt, ob der ordre public des Forumstaates den im Zusammenhang mit einer Staatsumwälzung erlassenen „politischen“ Gesetzen, wie z. B. Enteignungsgesetzen u. ä., entgegensteht. Die mit dem ordre public begründete Verweigerung der Anwendung des nach einem völkerrechtswidrigen Gebietserwerb erlassenen Rechts kann aber auch wieder eine Reaktion auf das völkerrechtliche Unrecht darstellen (vgl. S. 571). Hier neigt z. B. die amerikanische Rechtsprechung offenbar zu dem Gedanken, daß die Handhabung dieses Gesichtspunktes der Exekutive vorbehalten bleiben müsse. Die amerikanischen Gerichte verweigern daher die Anwendung des nach einer Annexion von Gebiet durch den annektierenden Staat dort eingeführten Rechts, sobald das Außenministerium bestätigt, daß die amerikanische Regierung diese Gesetze „nicht anerkannt“ habe (vgl. oben S. 817, Anm. 3).

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  398. Billigenswert meines Erachtens der Standpunkt des US District Court in Bank of China vs. Wells Fargo Bk. & Union Trust Co., 104 Fed. Supp. 59: Das Gericht hält sich nicht für grundsätzlich verpflichtet, nur die Akte der von der amerikanischen Regierung anerkannten Regierung eines anderen Staates zu beachten. Wäre eine andere als die anerkannte Regierung die allein effektive Regierung, so könnte das Gericht deren Akte vorziehen. Solange aber zwei Regierungen um die Macht in dem fremden Staat kämpfen, und jedenfalls nur eine für den fremden Staat vor dem amerikanischen Gericht auftreten kann, sei diejenige Regierung vorzuziehen, von der die amerikanische Regierung annehme, daß sie am besten geeignet sei, die guten Beziehungen zwischen den beiden Staaten zu fördern.

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  399. Das Völkerrecht selbst gebietet allerdings nicht, Prisengerichte als Sondergerichte einzurichten, sondern ermöglicht es auch, daß eines der normalen staatlichen Gerichte (z. B. das oberste Verwaltungsgericht) mit den Funktionen eines Prisengerichts betraut wird.

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  400. So hatten verschiedene “Claims Commissions” in den Vereinigten Staaten die Aufgabe, aus einem bestimmten Fonds Mittel an diejenigen Privatpersonen zu verteilen, welche nachwiesen, daß sie durch völkerrechtswidrige Akte eines fremden Staates geschädigt waren, wobei z. T. die Völkerrechtsverletzung vorher durch ein internationales Gericht festgestellt wurde, in anderen Fällen aber auch nicht. Auch für die Restitution völkerrechtswidrig aus den besetzten Gebieten verschleppter Güter sind auf Grund vertraglicher Anordnung in der Bundesrepublik Sonderbehörden eingerichtet worden, insbesondere die nach den Bestimmungen in Teil V des Überleitungsvertrages eingerichtete „Bundesoberbehörde“ für äußere Restitutionen. Als nationale Spruchstellen für bestimmte völkerrechtliche Fragen können auch schon die unter Ludwig XIV. eingerichteten französischen Reunionskammern angesehen werden. Bei solchen nationalen Spruchstellen kann aber wieder die Frage auftauchen, inwieweit ihre Entscheidungen der Nachprüfung der ordentlichen Gerichte entzogen sind und nach der Verfassung entzogen werden können (vgl. dazu etwa Coerper, Am. J. Int. L. 50 (1956) 868 ff.) .

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  401. Derartige nationale Sondergerichte zur Bestrafung von Kriegsverbrechern wurden am Ende des zweiten Weltkrieges von einigen westlichen Staaten eingerichtet; über die Frage, inwieweit hierin eine völkerrechtlich verbotene Diskrimination liegen kann, vgl. oben S. 545f. geschützt waren, die auf Grund eines Urteils des Gerichts als Strafe entzogen werden konnten : Wenn Leben und Freiheit der Verurteilten auf dem Boden des deutschen Staates gegenüber den Organen der Besatzungsarmeen durch die staatlichen Rechtsordnungen der besetzenden Staaten geschützt waren, und wenn gerade diese Rechtsgüter beim Vollzug der verhängten Strafen entzogen wurden, so erweist sich das Nürnberger internationale Gericht als ein Gericht des staatlichen Rechts der Besatzungsmächte, und zwar ein gemeinschaftliches Gericht. Die übrigen zur Aburteilung deutscher Kriegsverbrecher in Deutschland eingerichteten Gerichte waren rein nationale Gerichte je einer einzelnen Besatzungsmacht, wobei deren Urteile nicht nur in der staatlichen Rechtsordnung der Besatzungsmacht, sondern auch in der staatlichen Rechtsordnung des besetzten Staates als rechtmäßige Grundlage für die Entziehung von Rechtsgütern gelten, insbesondere soweit derartige Urteile gemäß dem Überleitungsvertrag von Behörden der Bundesrepublik vollstreckt werden. Das in der Konvention gegen Völkermord für zulässig erklärte „internationale Strafgericht“ wäre ebenfalls in erster Linie ein gemeinschaftliches internationales Gericht derjenigen Vertragsstaaten, „die seine Gerichtsbarkeit anerkannt“ hätten, da auf Grund der Urteile dieses Gerichts Rechtsgüter des staatlichen Rechts dieser Staaten entzogen würden. Obwohl für Streitigkeiten der Vertragsstaaten hinsichtlich der Konvention der Internationale Gerichtshof als zuständig erklärt wurde, so daß der Internationale Gerichtshof eventuell auch ein Strafurteil eines nationalen Gerichts wegen Völkermordes in bezug auf seine völkerrechtliche Zulässigkeit prüfen dürfte, wäre es vielleicht nicht unzulässig, daß diejenigen Staaten, welche sich auf ein internationales Strafgericht geeinigt hätten, im Verhältnis untereinander die Entscheidung dieses Gerichts auch als endgültige Feststellung der völkerrechtlichen Zulässigkeit der Entscheidung gelten lassen würden (vgl. dazu art. X des Kommissionsentwurfes, UN Doc. E/794). Gemeinschaftliche Gerichte zur Entscheidung der im staatlichen Recht mehrerer Länder auftauchenden völkerrechtlichen Fragen sind nicht zu verwechseln mit gemeinschaftlichen Gerichten zur Entscheidung von Fragen des völkerrechtlich nicht gebundenen staatlichen Rechts, vgl. S. 1145.

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  402. Nämlich insofern, als verbindlich für die völkerrechtlichen Beziehungen festgestellt wird, daß mit der Durchführung des Urteils auch die völkerrechtlichen Pflichten des betreffenden Staates richtig erfüllt sind. Möglicherweise können auch die Entscheidungen eines völkerrechtlich gebotenen nationalen Sondergerichts als völkerrechtlich verbindliche Feststellungen erklärt werden, vor allem wenn mit Rücksicht auf die Zusammensetzung des Gerichts andere Staaten sich bereit erklärt haben, seine Entscheidung (z. B. über Schadensersatzansprüche Privater) auch im Bereich der Völkerrechtsordnung anzuerkennen (vgl. oben S. 695, Anm. 1).

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  403. Ein eigenartiges Verfahren für die innerstaatliche Anwendung eines völkerrechtlichen Vertrages sieht der deutsch-österreichische Vertrag vom 15. 6. 1957 zur Regelung vermögensrechtlicher Fragen vor : Während eine ständige Kommission geschützt waren, die auf Grund eines Urteils des Gerichts als Strafe entzogen werden konnten : Wenn Leben und Freiheit der Verurteilten auf dem Boden des deutschen Staates gegenüber den Organen der Besatzungsarmeen durch die staatlichen Rechtsordnungen der besetzenden Staaten geschützt waren, und wenn gerade diese Rechtsgüter beim Vollzug der verhängten Strafen entzogen wurden, so erweist sich das Nürnberger internationale Gericht als ein Gericht des staatlichen Rechts der Besatzungsmächte, und zwar ein gemeinschaftliches Gericht. Die übrigen zur Aburteilung deutscher Kriegsverbrecher in Deutschland eingerichteten Gerichte waren rein nationale Gerichte je einer einzelnen Besatzungsmacht, wobei deren Urteile nicht nur in der staatlichen Rechtsordnung der Besatzungsmacht, sondern auch in der staatlichen Rechtsordnung des besetzten Staates als rechtmäßige Grundlage für die Entziehung von Rechtsgütern gelten, insbesondere soweit derartige Urteile gemäß dem Überleitungsvertrag von Behörden der Bundesrepublik vollstreckt werden. Das in der Konvention gegen Völkermord für zulässig erklärte „internationale Strafgericht“ wäre ebenfalls in erster Linie ein gemeinschaftliches internationales Gericht derjenigen Vertragsstaaten, „die seine Gerichtsbarkeit anerkannt“ hätten, da auf Grund der Urteile dieses Gerichts Rechtsgüter des staatlichen Rechts dieser Staaten entzogen würden. Obwohl für Streitigkeiten der Vertragsstaaten hinsichtlich der Konvention der Internationale Gerichtshof als zuständig erklärt wurde, so daß der Internationale Gerichtshof eventuell auch ein Strafurteil eines nationalen Gerichts wegen Völkermordes in bezug auf seine völkerrechtliche Zulässigkeit prüfen dürfte, wäre es vielleicht nicht unzulässig, daß diejenigen Staaten, welche sich auf ein internationales Strafgericht geeinigt hätten, im Verhältnis untereinander die Entscheidung dieses Gerichts auch als endgültige Feststellung der völkerrechtlichen Zulässigkeit der Entscheidung gelten lassen würden (vgl. dazu art. X des Kommissionsentwurfes, UN Doc. E/794). Gemeinschaftliche Gerichte zur Entscheidung der im staatlichen Recht mehrerer Länder auftauchenden völkerrechtlichen Fragen sind nicht zu verwechseln mit gemeinschaftlichen Gerichten zur Entscheidung von Fragen des völkerrechtlich nicht gebundenen staatlichen Rechts, vgl. S. 1145.

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  404. Nämlich insofern, als verbindlich für die völkerrechtlichen Beziehungen festgestellt wird, daß mit der Durchführung des Urteils auch die völkerrechtlichen Pflichten des betreffenden Staates richtig erfüllt sind. Möglicherweise können auch die Entscheidungen eines völkerrechtlich gebotenen nationalen Sondergerichts als völkerrechtlich verbindliche Feststellungen erklärt werden, vor allem wenn mit Rücksicht auf die Zusammensetzung des Gerichts andere Staaten sich bereit erklärt haben, seine Entscheidung (z. B. über Schadensersatzansprüche Privater) auch im Bereich der Völkerrechtsordnung anzuerkennen (vgl. oben S. 695, Anm. 1).

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  405. Ein eigenartiges Verfahren für die innerstaatliche Anwendung eines völkerrechtlichen Vertrages sieht der deutsch-österreichische Vertrag vom 15. 6. 1957 zur Regelung vermögensrechtlicher Fragen vor : Während eine ständige Kommission den Regierungen einstimmig „Empfehlungen“ zur Durchführung und Anwendung des Vertrages machen kann, bilden vier Mitglieder dieser Kommission einen sog. Schlichtungsausschuß. Ihm sind alle Streitigkeiten zwischen „Personen“ über Rechte, die von dem Vertrag berührt werden, zur „gütlichen Beilegung“ vorzulegen, bevor ein staatliches Gericht mit der Sache befaßt werden darf. Mißlingt die gütliche Beilegung, so haben die staatlichen Gerichte alle Fragen der Anwendbarkeit und Auslegung des Vertrages einem „Schiedsgericht“ vorzulegen, welches „bindende Gutachten“ abgibt, vgl. S. 807, Anm. 3.

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  406. Ein und dasselbe Gericht ist zuständig zu bindenden Feststellungen mit völkerrechtlicher Wirkung zwischen Staaten oder zu innerstaatlich rechtskräftigen Entscheidungen unter Anwendung von vertraglich gebotenem staatlichem Recht, wenn nach art. 60 der Konvention über den internationalen Eisenbahnfrachtverkehr vom 25. 10. 1952 die gemäß Anhang X der Konvention zu bildenden Schiedsgerichte nicht nur in Streitigkeiten zwischen den Signataren, sondern auch in Streitigkeiten zwischen Privaten unter Anwendung des in der Konvention vereinheitlichten Eisenbahnfrachtrechts entscheiden.

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  407. Schon bei den Erörterungen über den nicht zur Entstehung gelangten Internationalen Prisengerichtshof, wie er in der nicht ratifizierten 12. Konvention der Haager Konferenz von 1907 vorgesehen war, der die Urteile der nationalen Prisengerichte überprüfen sollte, wurde die Frage gestellt, ob Entscheidungen des internationalen Gerichts, die nicht in einer Bestätigung des Urteils des nationalen Prisengerichts bestanden, sondern dieses für unrichtig erklärten bzw. selbst andere Rechtsfolgen feststellten, automatisch im innerstaatlichen Recht wirksam sein sollten, oder im Einzelfall einer Transformation bedurften (vgl. US For. Rel. 1910, 597 ff.). Auch bei der Überprüfung nationaler Prisengerichtsurteile nach den beiden Weltkriegen ist es nicht zur Einrichtung eines internationalen Prisengerichts gekommen, dessen Entscheidungen unmittelbar die nationalen Prisengerichtsurteile geändert hätten : Nach art. 440 des Versailler Vertrages konnten die alliierten und assoziierten Mächte deutsche Prisenentscheidungen „prüfen“, und Deutschland war verpflichtet, die als Ergebnis einer solchen Prüfung ergehenden Empfehlungen „anzunehmen“, was Freigabe der Prisen, Schadensersatz u. ä. bedeutete, ohne daß jedoch das nationale Prisenurteil aufgehoben werden mußte. Nach Anlage XVII zum italienischen Friedensvertrag 1947 konnte ein alliierter Staat die Überprüfung eines italienischen Prisenurteils verlangen, und eine italienische Nachprüfungsinstanz hatte darüber zu befinden, ob die „Empfehlung“ der fremden Regierung berechtigt, d. h. ob das Prisenurteil nach Völkerrecht richtig war (vgl. Consiglio di Stato Rom 16.4. 1953, Riv. Dir. Int. 1954, 369.) . Das Schiedsgericht nach dem Vertrag vom 26. 5. 1952 zwischen den ehemaligen Besatzungsmächten in der Bundesrepublik sollte nach der ursprünglichen Fassung seines Statuts die Möglichkeit haben, eine zunächst rechtskräftige Entscheidung von Gerichten der Bundesrepublik ganz oder teilweise für nichtig zu erklären, wenn eine solche Entscheidung als im Widerspruch zu den „grundlegenden Prinzipien des Vertrages“ stehend befunden worden wäre. Indem art. II des Gesetzes vom 28.3.195 diese Vorschrift „mit Gesetzeskraft veröffentlichte“, war sie auch (vorbehaltlic des Inkrafttretens des Vertrages) innerstaatliches deutsches Recht gewordei Die ebenfalls gemäß dem Vertrag eingerichtete Schiedskommission für Güte Rechte und Interessen in Deutschland (vgl. art. 7 des V. Teiles des Überleitung- vertrages), entscheidet als Rechtsmittelinstanz über bestimmte Entscheidunge deutscher Verwaltungsbehörden bzw. deutscher Gerichte über gewisse Ansprüch aus dem Abkommen; die Entscheidungen der Kommission sind „für die Behörde und Gerichte der Unterzeichnerstaaten bindend“. — Soweit das gemischte Schied gericht für Oberschlesien gemäß dem Oberschlesienabkommen von 1922 nicht i Evokationsverfahren Zwischenentscheidungen über Fragen der Auslegung des AI kommens fällte, sondern über die ihm zugewiesenen Ansprüche aus dem Abkomme selbst entschied (z. B. Entschädigung für Entziehungen wohlerworbener Rechte waren seine Urteile wie Urteile eines nationalen Gerichts zu behandeln (vg art. 593). —Auch der gemischte deutsch-französische Gerichtshof für die Saa entschied teils in einem Zwischenverfahren über „grundsätzliche Rechtsfragen des im Saargebiet auf Grund des Vertrages geltenden französischen Rechts, teil in erster und letzter Instanz über gewisse Ansprüche, auf welche vertraglich nick gebundenes staatliches Recht anzuwenden war (vgl. art. 42 und 43 des Saar vertrages). Die Entscheidungen der ersten Gruppe waren für die Gerichte de Saarlandes verbindlich, die Entscheidungen der zweiten Gruppe waren in Deutsch land und Frankreich vollstreckbar wie Urteile nationaler Gerichte. — Älteste Beispiel für die Nachprüfung von Entscheidungen nationaler Gerichte durch ei internationales Organ ist die Zuständigkeit der Zentralkommission für die Rhein schiffahrt als Rheinschiffahrtsobergericht (vgl. unten S. 1249, Anm. 2).

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  408. Uber die Schwierigkeiten, ein gemäß einem Vertrag einzurichtendes inter nationales Gericht zugleich als nationales Gericht der Vereinigten Staaten, welche den verfassungsrechtlichen Erfordernissen eines solchen Gerichts entspricht, zi verstehen, vgl. Hienkin, Arms control and inspection in American law, 1958 S. 122 ff.

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Wengler, W. (1964). Die Feststellung völkerrechtlich erheblicher Sachverhalte. In: Völkerrecht. Enzyklopädie der Rechts- und Staatswissenschaft. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-88662-1_9

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  • Online ISBN: 978-3-642-88662-1

  • eBook Packages: Springer Book Archive

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