Zusammenfassung
Eine wissenschaftliche Betrachtung des Völkerrechts ist von verschiedenen Standpunkten her und mit verschiedenen Methoden möglich, genauso wie dies für die wissenschaftliche Betrachtung des staatlichen Rechts gilt. Bei einer soziologischen Betrachtungsweise versucht man, das gegenwärtig oder früher faktisch geltende Völkerrecht als einen Teil der sozialen Wirklichkeit zu erkennen und zu verstehen. Gegenstand solcher Untersuchungen sind Völkerrechtsnormen, die bereits effektiv gelten oder die Wahrscheinlichkeit effektiver Geltung für sich haben, ferner aber auch unter Umständen die Bestrebungen, welche darauf hinzielen, solchen Völkerrechtsnormen Geltung zu verschaffen, für die bisher noch keine Wahrscheinlichkeit der Effektivität besteht. Eine derartige soziologische Untersuchung führt zunächst eine Ermittlung und Bestandsaufnahme derjenigen menschlichen Interessen durch, deren Befriedigung auf dem Wege über das Völkerrecht angestrebt bzw. vollzogen wird ; es wird also z. B. die Frage untersucht, in welchem Umfang das geltende Völkerrecht vorwiegend der Befriedigung von biologisch begründeten oder von „moralischen “ menschlichen Interessen dient.
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Referenzen
Die Völkerrechtsgeschichte ist eher ein Bestandteil der Völkerrechtssoziologie als des normwissenschaftlichen Teils der Völkerrechtswissenschaft.
Vgl. S. 71 ff.
Vgl. S. 367.
Diesen Zweig der Völkerrechtswissenschaft hat art. 38 Abs. 1 litt. d) des Statuts des Internationalen Gerichtshofes im Auge, wo es heißt, daß die Lehren der qualifiziertesten Schriftsteller der verschiedenen Nationen als Hilfsmittel zur Ermittlung der Normen des Völkerrechts zu betrachten sind. Daher ist es von Bedeutung, wenn eine Mehrheit solcher Autoren zu förmlichen Beschlüssen gelangt, wie z. B. im Institut de Droit International.
Landheer (in: Ethical values in international decision-making, 1960, S. 31 f.) kommt zu der interessanten Feststellung, daß nach Beseitigung bzw. Abschwächung des (eigenen) Staates als eines ethischen Wertes in den Vorstellungen der Menschen “the ultimate ethical values of global society and those of individual ethics seem to meet one another.” Daher “global ethics will be more readily understandable to the individual than national values.“
Die von Menzel, Völkerrecht, 1962, S. 78 ff., unterschiedenen drei „Völkerrechtskreise“ (kontinental-europäischer, anglo-amerikanischer und sowjetischer Völkerrechtskreis) unterscheiden sich vorwiegend durch die verschiedenen Ziele und Methoden solcher Pervertierungen ihrer nationalen Völkerrechtswissenschaften.
Vgl. hierzu die Präambel und Kap. 1 der Charta der Vereinten Nationen.
Erkennt man den ethischen Wert der globalen Gesellschaft (vgl. S.104, Anm. 2) an, so ist es eine für eine solche wissenschaftliche Völkerrechtspolitik besonders wichtige realistische Erkenntnis, wenn Ellul (a. a. O., S. 92) feststellt: “Il ne peut y avoir aucune éthique internationale possible entre groupes dans lesquels la nation se présente comme la valeur suprême en fonction de laquelle on juge de tout ... ”
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Wengler, W. (1964). Die Wissenschaft vom Völkerrecht, ihre Teile und Methoden. In: Völkerrecht. Enzyklopädie der Rechts- und Staatswissenschaft. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-88662-1_3
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