Zusammenfassung
Die hier vertretene Ansicht von der Notwendigkeit eines teleologischen Verfahrens der Rechtsauslegung und damit einer entsprechenden Behandlung des fehlerhaften Staatsakts findet sich auch in der neueren französischen Literatur. Es ist wohl der Wunsch nach stärkerer Individualisierung, welcher einzelnen Zivilisten die starre Verallgemeinerung der klassischen Unwirksamkeitsformen zuerst unerträglich erscheinen ließ. So wendet man sich gegen die übertriebene Strenge der alten Theorie 1), fordert, die Folgen fehlerhafter Rechtsgeschäfte zu vervielfältigen und zu bereichern 2), und bekämpft insbesondere die künstlichen Beweisführungen der klassischen Richtung 3). Schon früher hatte Drogoul 4) mit der Raschheit des Anfängers in seiner These die Folgen fehlerhafter Rechtsgeschäfte nur nach dem Zweck zu bestimmen gefordert, damit die Starrheit des klassischen Systems in ihr Gegenteil verkehrend. Obwohl demgegenüber Japiot das Abstreifen jeder Regel verwirft, ist doch auch für ihn: „La nullité … une sanction qui doit s’adapter au but de la règle dont elle tend à assurer l’observation et au milieu où pratiquement elle intervient“, und beruhen „sur cette idée fondamentale . . tous les éléments de notre travail“ 5).
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Literatur
Vgl. Tissier (s. II, Anm. 17), S. 257. Auf die Notwendigkeit, gewisse einmal entstandene Rechtslagen zu schützen, weist Thaller in: Recueil périodique des arrêts. Fondé par Dalloz. 1906. P. 1, S. 169 hin.
Gény (s. VI, Anm. 3), S. 148.
So Pieddelièvre, Planiol, Bartin nach Japiot (s. II, Anm. 7), S. 144.
Drogoul, F.: Essai d’une théorie générale des nullités. Thèse d’Aix 1902.
Japiot (s. II, Anm. 7), S. 13.
Jèze (s. V, Anm. 5), S. 57 ff. Weniger ausführlich ist der Anhang zu Buch 1 der deutschen Ausgabe: Das Verwaltungsrecht der französischen Republik. Tübingen 1913, S. 451
Dies gilt insbesondere auch von Tapiot.
Jèze (s. V, Anm. 5), S. 55.
Desgl. S. 57. Es verlohnt nicht, diesen Katalog im einzelnen durchzugehen, zumal die dort angeführten Formen sich tatsächlich auf die schon bekannten des nichtvorhandenen, nichtigen, relativ unwirksamen und anfechtbaren Staatsakts zurückführen lassen, wobei die wesentliche Unterscheidung von dinglicher und obligatorischer Anfechtung nicht einmal gemacht wird.
Jèze (s. VII, Anm. 6 dt. Ausg.), S. 452; übereinstimmend die französische Ausg. S. 51.
Jèze: a.a.O. dt. Ausg. S. 455. In der französischen Ausg. heißt es S. 50 für „sondern auc“C: „c’est aussi, c’est surtout . . “C
Daß aber gerade im öffentl. Recht das Pflichtmoment im Vordergrund steht, hebt Piloty (s. IIi, Anm. 7), S. 98 ff. treffend hervor.
Rze verfällt hier in den Fehler der naturrechtlichen Quantitätstheorien des 18. Jahrhunderts. Auch Forderungen wie die der formalen Gleichheit usw. sehen ab von der konkreten Sachlage und individuellen Verschiedenheit und gelangen so zu der Interessenlage und den Bedürfnissen „de“C Menschen. Zu welch seltsamen Ergebnissen aber derart verallgemeinerte Interessenlagen führen können, zeigt sich, wenn nach Koellreutter, Otto: Verfassungsrecht der Vereinigten Staaten von Amerika. Berlin 1923, S. 21 = Kohlrausch-Kaskelsche Enzyklopädie. Nr. 27 die amerikanischen Gerichte „unter Berufung auf den Standpunkt der formellen Gleichheit aller Individue“C auch Gesetze zum Schutz der wirtschaftlich Schwachen als gegen die Grundrechte verstoßend für ungültig erklären. Vgl. auch die Ausführungen sub 2 dieses Abschnitts.
Jèze (s. VII, Anm. 6 dt. Ausg.), S. 452 ff. Es liegt bereits hierin eine Vermischung von teleologischer und induktiver Betrachtung.
Auch ist die Abstellung auf Interessenlagen an sich unbegründet. Jede Norm sucht bestimmte sachliche Ideale zu verwirklichen. Daß diese verschiedenen Zielsetzungen gleichzeitig verschiedenen Interessen dienen oder dienen können, ist demgegenüber sekundär. Nicht die empirische Interessenlage, sondern die durch Korrelation von Normidee und Tatbestand entstehende Wertlage ist entscheidend.
So nimmt neuerdings wieder Gallsen, L.: Fehlerhafte militärische Verwaltungsakte während des Weltkrieges. Diss. Kiel 1921, S. 21 Nichtigkeit wegen Mängeln in der Person des Staatsorgans an und leitet daraus logisch ab, daß nichtig auch Verfügungen einer Person seien, „die irrtümlich für ein Staatsorgan gehalten wird und sich selbst dafür häl“C.
Tezner (s. II, Anm. 75), S. 273.
Desgl. S. 302.
Der Gedanke, daß wohlerworbene Rechtslagen der Privaten möglichst zu schützen sind, kehrt im modernen Recht überall wieder und spielt völkerrechtlich seine Rolle insbesondere in der Lehre von der Staatensukzession.
Ein Hauptfehler des formalistischen Verfahrens ist eben, nicht zwischen genereller und individueller Wertung zu unterscheiden, vielmehr das erfahrungsgemäß regelmäßig Geforderte darum für normativ notwendig zu halten.
Jèze, der die Eleganz der „logische“C Entscheidung anerkennt, meint: „Pourtant, les argumentations exclusivement déductives et logiques sont très dangereuses. Le juriste a à résoudre non pas des problèmes de mathématique pure, mais des problèmes sociaux et éminents complexes; ils doit s’efforcer de concilier les intérêts divers en conflit, d’obtenir le maintient de la paix sociale. Voilà ce que le juriste ne doit jamais perdre de vu“C.
Vgl. die Ausführungen von Lord Ellenborough in: Jèze (s. V, Anm. 5), S. 456 A.
Goodnow: Cases on administrative law. T. 1 um 1900, S. 141.
Jèze (s.V, Anm. 5), S. 445.
Jèze (s. V, Anm. 5), S. 254.
Conseil d’Etat v. 22. Juli 1876, Ducatel in: Recueil des ârrets du Conseil d’Etat … et des décisions du Tribunal des Conflits. Paris. S. 107; Conflits v. 15. Dez. 1888, Moreau: ebendort, S. 986; Jèze: a.a.O. S. 482 f.
Jèze: a.a.O. S. 488.
Cassation v. 7. Aug. 1883 in: Sirey, 1884, P. 1. 5.
Conseil d’Etat v. 30. Jan. 1885, El c’Héronville (s. VII, Anm. 26), S. 126.
Jèze (s. V, Anm. 5), S. 470, Anm. 1: Entscheidung v. 6. August 1838.
Vgl. V, Anm. 58 der Arbeit.
Rg. Z. Bd. 57, 1904, S. 120; und in: Juristische Wochenschrift. Bd. 28. Berlin 1899, S. 269, 735.
Beachtung verdient bei der Ähnlichkeit der Wertlagen, wenn Staub (s. II, Anm. 53) zu § 310, im Falle des § 310 Hgb eine Heilung der Gesellschaftsbeschlüsse ex tunc annimmt mit der Begründung: „Die entgegengesetzte Ansicht würde, da alle bisherigen Beschlüsse nichtig wären, zu unhaltbaren Folgerungen führen, sie entspricht auch nicht dem Zweck und Sinne des Gesetze“1C
Schließt ein verbündeter Staat mit einem dritten Staat heimlich einen Vertrag, obwohl der Bündnisvertrag ihm dies nur mit Zustimmung des Verbündeten erlaubt, so ist nach Hatschek dieser Vertrag nicht nichtig, da der gutgläubige dritte Staat Schutz verdient (s. IIi, Anm. 13), S. 246. Auch im Völkerrecht kann also das Prinzip des Schutzes Gutgläubiger wiederkehren, wobei dahingestellt sein mag, ob seine Verwendung im konkreten Falle haltbar ist.
Kormann (s. II, Anm. 2), S. 217.
Zeitschrift für Badische Verwaltung und Verwaltungsrechtspflege. Heidelberg 1913, S. 106, zitiert bei Fleiner (s. II, Anm. 69), S. 194, Anm. 59 als Beispiel seines allgemeinen Grundsatzes der Nichtigkeit von Akten unzuständiger Behörden.
Hatschek (s. II, Anm. 70), S. 94 f.
Wellspacher, Moritz: Vertrauen auf äußere Tatbestände im bürgerlichen Recht. Wien 1906, S. 115.
Hatschek (s. II, Anm. 70), S. 96 f.
Vgl. S. 54 f. der Arbeit.
Löffler, Alexander: Über unheilbare Nichtigkeit im österreichischen Strafverfahren in: Zeitschrift f. d. Privat- u. öffentl. Recht der Gegenwart. Bd. 31. Wien 1904, S. 495 ff.
Insoweit hat Jèze also recht. Doch gilt dies nur bei objektiver, nicht subjektiver Beurteilung der Interessenlagen.
Wodtke, Fritz: Der Recours pour excès de pouvoir. Tübingen 1912, S. 61.
Kormann (s. II, Anm. 2), S. 260 und Jellinek (s. I, Anm. 5), S. 103 f. kennen zwar wesentliche und unwesentliche Formvorschriften, ohne jedoch bei ihrem formalistischen Verfahren mit dieser Unterscheidung eigentlich etwas anfangen zu können.
Wie selbstverständlich im übrigen unbefangener Rechtsauslegung eine Abstufung der Fehler ist, zeigt die Bemerkung von Grau, Richard: Sind die Devisenerfassungsverordnungen v. 25. Aug. 1923 u. v. 7. Sept. 1923 rechtsgültig? in: Deutsche Juristenzeitung. 1923, Sp. 587 „die hier aufgezählten Ungültigkeitsgründe sind von verschiedenem Gewic“1C nicht minder wie der vergebliche Kampf der Rechtslogiker gegen Wertungen, die sie schließlich selber vollziehen.
So z. B. die Entscheidungen des Ovg Bd. 15, 1888, S. 34; Bd. 17, 1889, S. 121 f.; Bd. 18, 1890, S. 48 usw.
Kaisenberg, Georg: Die Rechtsprechung des Wahlprüfungsgerichts beim Reichstag. Berlin 1921.
Vgl. Hatschek, Julius: Deutsches und preußisches Staatsrecht. Bd. 1. Berlin 1923, S. 395
Hatschek (s. II, Anm. 70), S. 99.
Hatschek (s. II, Anm. 70), S. 99.
Erwähnt sei noch die bei Herrnritt (s. II, Anm. 74) zitierte Entscheidung des Osterreich. Verwaltungsgerichtshofs v. 21. Mai 1908, 6766 An., welche in der Übergehung einer Instanz dann keinen wesentlichen Mangel erblickt, wenn dadurch die Rechtslage der Partei nicht beeinträchtigt wird.
Vgl. Hatschek (s. II, Anm. 70), S. 11.
So deutlich die von Hatschek a.a.O. zitierten Entscheidungen des Ovg Bd. 24, 1893, S. 429; Bd. 43, 1904, S. 396.
Vgl. dazu Sulser (s. IIi, Anm. 14), S. 68.
Vgl. Anm. 44 dieses Abschnitts.
Vgl. Hatschek (s. Il Anm. 70), 7.
Es ist von Interesse, wie aus dern oben angegebenen Grunde man sich in Frankreich bemüht, den Begriff der Regierungsakte zu verengern. Vgl. Jèze (s. VII, Anm. 6 dt. Ausg.), S. 448 ff.
Entsprechendes gilt im französischen Recht (vgl. P. Dareste: Les voies de recours contre les actes de la puissance publique, 1914, S. 179), das darüber hinaus den recours pour excès de pouvoir auch gegen Verordnungen kennt. Über die unter Umständen absolute Unabhängigkeit der Geltung einer Entscheidung von ihrer Richtigkeit s. auch die Bemerkungen von Schmitt, Carl: Politische Theologie. München 1922, S. 31.
Vgl. Kern, Fritz: Gottesgnadentum und Widerstandsrecht im früheren Mittelalter. Leipzig 1914. Ferner Wolzendorff (s. VI, Anm. 31),
Gierke, Otto: Johannes Althusius und die Entwicklung der naturrechtlichen Staatstheorien. Breslau 1880, insbes. S. 33 ff., 114 ff., 145 ff.
So handelt nochl Dahlmann, Friedrich Christoph: Die Politik auf den Grund und das Maß der gegebenen Zustände zurückgeführt. 2. Aufl. Bd. 1. Leipzig 1847, S. 195 ff. in einem eigenen Kapitel vom Recht des Widerstandes.
Duguit, Léon: L’Etat. T. 1. Paris 1903, Chap. 2 hält einen Widerstand gegenüber Gesetzen, welche mit der „règle de dro“1C nicht übereinstimmen, für rechtmäßig. Diese „règle de dro“1C, welche aus der „solidarité socia“1C sich herleiten soll, bindet nach ihm Herrscher wie Beherrschte. Dagegen sieht Gény: Revue critique de législation. 1901, S. 508 ff. in DuGurrs Ansichten eine Neuauflage naturrechtlicher Ideen, während Hauriou ihn gar für einen Kathederanarchisten erklärt. Weitere Angaben und ausführliche Bekämpfung der Duguitschen Lehre bei CarrÉ De
Malberg, Raymond: Contribution à la théorie générale de l’Etat. T. 1. Paris 1920, S. 201 ff. Vom rechtspolitischen Standpunkt aus unterscheidet Feilchenfeld (s. VI, Anm. 27), S. 53, 148 zwischen Normen, die Befolgung nur fordern, und Normen, denen Befolgung gebührt. Bezeichnend ist übrigens, daß im Völkerrecht, welches die Staaten nur sehr unvollkommen zur Rechtsgemeinschaft eint, das Widerstandsrecht seine alte Bedeutung behalten hat.
Tezner (s. II, Anm. 75), S. 299. Tezner gibt damit seinen früher vertretenen Standpunkt auf. Vgl. auch Kormann (s. II, Anm. 2), S. 206.
S. VI, Anm. 24 dieser Arbeit. Man vgl. gegen Thoma die Ausführungen von Nawiasky: Zur Frage des richterlichen Prüfungsrechts in: Deutsche Juristenzeitung. Bd. 28. 1923, Sp. 41, deren Begründung auf der petitio principii beruht, nur fehlerfreie Rechtsregeln seien „wirklich bindende Gese“01C. Vgl. ferner
Kelsen, Hans: Die Bundesverfassung vom 1. Okt. 1920. Wien 1922, S. 182;
Jellinek, Walter: Verfassungswidrige Reichsgesetze in: Deutsche Juristenzeitung. Bd. 26, 1921, Sp. 753; und gegen beide Thoma (s. V, Anm. 34), S. 271 ff. Deutlich kommt die notwendige Willensentscheidung neuerdings bei
Tambaro, Ignazio: Bemerkenswerte Vorgänge im italienischen Parlament in: Blätter f. vergleichende Rechtswissenschaft. Bd. 17. Berlin 1922/23, Sp. 111 ff. zum Ausdruck. Während nach Tambaro bisher in Italien angenommen wurde, allein das Parlament könne ein Gesetzesdekret nachprüfen, erschien dies Verfahren bei der steigenden Flut von Dekreten nicht mehr als ausreichend. Infolgedessen wurde jetzt eine neue Lösung gefunden, welcher der Kassationshof zustimmte, „und die dem hohen Ziel der Gerechtigkeit entspri“01C.
Sauer (s. II, Anm. 76), S. 454.
Vgl. den Bericht von Hauriou: Le développement de la jurisprudence d’administrative depuis 1870 in: Bulletin de la Société de législation comparée. Paris 1922, S. 244.
Hauriou: a.a.O. Mestre: L’évolution de droit administratif de 1869 à 1919 in: Bulletin de la Société de législation comparée. 1922, S. 254 ff.
Thoma (s. II, Anm. 79), S. 463.
Vgl. dazu Feilchenfeld (s. VI, Anm. 27), S. 8.
Kelsen (s. II, Anm. 85), S. 85.
Obige Definition erhebt nicht den Anspruch, alle Fälle zulässiger Analogie zu decken, gibt aber wohl die Richtung des Verfahrens an. Vgl. im übrigen auch Koch, Gerhard: Zur Analogie im Recht. Diss. Göttingen 1922; Sulser (s. IIi, Anm. 14), S. 96.
Wegen der dabei anzuwendenden Grundsätze sei auf Abschnitt VI der Arbeit verwiesen.
Dies muß Brütt, Lorenz: Die Kunst der Rechtsanwendung. Berlin 1907, S. 42 ff. entgegengehalten werden, der alle Kontroversen durch „immanente Werturt“201C prinzipiell beheben will.
Eine Ansicht, die im Strafrecht Mayer, Max Ernst: Der allgemeine Teil des deutschen Strafrechts. Heidelberg 1915, S. 177, 186 f. bei Beantwortung der Frage vertritt, wann eine Handlung rechtswidrig sei. Für M. E. Mayer erfordert die Konstatierung der Rechtswidrigkeit eine „teleologische Betrach“201C und läßt sich das Wesen der Rechtswidrigkeit nicht „in“201C, sondern nur „ex“201C ergründen. Als geeignetes Bezugskorrelat können allerdings die Kulturnormen M. E. Mayers nicht anerkannt werden. Denn einmal führen diese Normen doch ein recht schattenhaftes Dasein, dann aber stimmen erfahrungsgemäß die Werturteile der Gesellschaft nicht derart überein, daß sie als Normen gleichen Inhalts erschienen. Ist dies aber nicht der Fall, so fragt sich, welche dieser Normen eigentlich nun zu gelten hat. Schließlich ist nicht einzusehen, warum jedem beliebigen Urteil einer empirischen Gesellschaft schlechthin normative Geltung zuerkannt werden soll.
Lukas: Zur Lehre vom Willen des Gesetzgebers weist dogmengeschichtlich nach, wie obige Lehre sich im wesentlichen als absolutistische Doktrin darstellt.
Rickert, Heinrich: Psychologie der Weltanschauungen und Philosophie der Werte in: Logos. Bd. 9. Tüb. 1920, S. 3: „In der Regel klingt der Begriff einer Norm, eines Gesollten an, und eine Regel, die … weder auf den realen Willen eines psychischen, noch auf den eines metapsychischen Subjekts gestützt werden kann, muß begründet sein in einem geltenden W“201C — Bereits im Bd. 1, 1877 der Entscheidungen der Ovg, S. 144 wird übrigens in einem vielleicht von Gneist begründeten Urteil eine logische, aber wertlose Auslegung als „mit dem Geiste des Gese“201C im Widerspruch abgelehnt.
So z. B. bei der Frage, ob eine Anstalt notwendig im Sinne des § 10 II, 17 war.
Verschiedene Arten von Wertblindheit unterscheidet Hildebrandt, D. v.: Sittlichkeit und ethische Werterkenntnis in: Jahrbuch f. Philosophie u. phänomenologische Forschung. Halle 1922, S. 463 ff. Dort auch für die Rechtsauslegung höchst beachtliche Ausführungen über Werterfassen und Werterkennen, Wertsehen und Wertfühlen mit seinen Tiefengraden.
Rein positivrechtlich wird er dort gefordert, wo, wie nach § 6 Rabgbo, eine Entscheidung nach „Recht und Billig“201C erfolgen soll. Das Moment der Entwicklung zu berücksichtigen, heischt unter Abwehr logischer Interpretation 4 desselben Gesetzes. Bezeichnenderweise belegt letzteren Fuchs, Ernst: Fortschritte und Hemmungen der freirechtlichen Bewegung in: Jurist. Wochenschrift. Bd. 51. Leipzig 1922, S. 7 für die soziologische Bewegung mit Beschlag. Vgl. hierzu auch
Hensel, Albert: Zur Dogmatik des Begriffs „Steuerumge“201C in: Bonner Festgabe für Ernst Zitelmann. München 1923, S. 237 ff.
Im Ergebnis ebenso Anschütz (s. II, Anm. 1), S. 37.
Seydel, Max v.: Kommentar zur Verfassungsurkunde f. das Deutsche Reich. 2. Aufl. Freiburg 1897, S. 406.
Laband, Paul: Staatsrecht des Deutschen Reiches. 5. Aufl. Bd. 1. Tübingen 1911, S. 269. Daß damit Laband die Zulässigkeit der Delegation bestreitet, übersieht wohl
Meyer, Georg: Lehrbuch des deutschen Staatsrechts. Bearb. v. G. Anschütz. 7. Aufl. München 1919, S. 933, Anm. 8.
Dambitsch, Ludwig: Die Verfassung des Deutschen Reiches. Berlin 1910, S. 672.
Die praktische Unhaltbarkeit dieses Standpunktes wird sich im folgenden noch zeigen. Ausdrücklich verneint übrigens das Ovg Bd. 30, 1897, S. 281; Bd. 46, 1905, S. 310 das Recht der Landespolizeibehörde, ihre Befugnisse auf die Ortspolizei zu übertragen.
Seydel (s. VIIi, Anm. 9) zu Art. 76. Dieselbe Ansicht vertreten unter Berufung auf die Materialien und Seydel Rönne, Ludwig Von: Staatsrecht. Bd. 1. 2. Aufl. Leipzig 1876, S. 218;
Arndt, Adolf: Staatsrecht des Deutschen Reiches. Berlin 1901, S. 111.
Im Ergebnis übereinstimmend Anschütz (s. II, Anm. 1), S. 68, der anscheinend allein obige Frage aufwirft und beantwortet.
Als Beispiel teleologischen Verfahrens sei etwa auf die Ausführungen von Smend, Rudolf: Ungeschriebenes Verfassungsrecht im monarchischen Bundesstaat in: Festgabe f. Otto Mayer. Tübingen 1916, S. 250 ff. zu Art. 8, Abs. 3 der Rv verwiesen. Vgl. ferner
Beling, Ernst: Revolution und Recht. Augsburg 1923, S. 17 gegen Emges Versuch die Strafverfolgung des Reichspräsidenten wegen Hochverrats aus logischen Gründen für unzulässig zu erklären. Anschütz (s. II, Anm. 1), S. 122 bezüglich Regelung der Stimmabgabe der preußischen Provinzialvertretungen im Reichstag, Wittmayer (s. II, Anm. 82), S. 110 ff.
Um ein etwaiges Mißverständnis zu vermeiden, sei betont, daß unter Fehlerhaftigkeit in concreto stets eine solche verstanden wird, die auf Grund eines bestimmten Rechtsinhalts besteht. Als Gegensatz hierzu ist an apriorische Fehlergründe auf Grund logisch-psychologischer Erwägungen im Sinne Kormann- Jellineks gedacht.
Die vielfach vertretene Ansicht, nach welcher schwere Fehler mit Nichtigkeit als schwerer Ungültigkeitsform zu verknüpfen sind, beruht in Wahrheit auf unberechtigter Verbindung verschiedener Gesichtspunkte. Es werden nämlich die Ungültigkeitsformen unter dem Gesichtspunkt Sein-Nichtsein gewogen, wobei dann Nichtigkeit als schwerste Ungültigkeitsform sich erweist. So erscheint es einleuchtend, die schwerste Ungültigkeitsform mit dem schweren Fehler zu verbinden. In Wahrheit läßt sich jedoch die Bedeutung eines Fehlers nur nach der Art des Verstoßes gegen die konkrete Normidee bestimmen, weswegen auch die Rechtsfolge sinnvoll nur in bezug auf diese Normidee, als entsprechende Sanktion für den Fehler, angesetzt werden kann. Als solche ergibt aber Nichtigkeit, etwa bei fehlerhaftem Nichthandeln, oft gar keinen Sinn. Der gesetzlich ausdrücklich fixierte oder anzunehmende Ort des Fehlers im Rechtsmittelsystem bestimmt also dessen Bedeutung für die rechtliche Geltung des Staatsakts. Im übrigen liegt der Ansicht, daß schwere Fehler Nichtigkeit des Akts zur Folge haben müßten, noch der Wertgesichtspunkt zugrunde, schweren Verstößen gegen anerkannte Kulturwerte komme rechtlicher Schutz nicht zu. Man betrachte daraufhin etwa die Beispiele Kormanns (s. II, Anm. 2), S. 232 ff. bezüglich Nichtigkeit wegen „absoluter Unmögt“.
Eine Einteilung der Fehler in Form- und Inhaltsmängel ist undurchführbar, solange man nicht einen bestimmten Gegenstand hat, in bezug auf den etwas als Form oder Inhalt erscheint. Mangels eines solchen allgemeinen Beziehungspunktes sind auch die Kormannschen Form- und Inhaltsmängel wesentlich nur durch die Überschrift getrennt. Was eigentlich Inhaltsmängel sind, wird auch durch Kern, Fritz: Zur Lehre von den Prozeßhandlungen im Strafprozeß in: Festschrift f. Otto Lenel. Leipzig 1923, S. 57 ff. nicht klar, ganz abgesehen davon, daß eine Trennung von Form- und Inhaltsmängeln zum mindesten in bezug auf die Fehlerfolgen bedeutungslos ist. Im übrigen sucht Kern wenigstens seinem Programm nach Anschluß an die Tübinger Richtung der Interessenjurisprudenz, gelangt aber, da er die Fehlergründe doch letzten Endes rationalisiert, bezeichnenderweise nicht zu eigentlichen Ergebnissen.
Die folgenden Beispiele stellen gewissermaßen soziologische Charakteristiken dar als Gegenstand möglicher Rechtsinhalte. Dies ist im Grunde bereits bei der Statuslehre Georg Jellineks: System des subjektiven öffentl. Rechts. 2. Aufl. Tübingen 1919, S. 81 ff. der Fall, wenn auch die wenigen Schablonen dort die Prädestinierung des Rechtsinhalts kaum erkennbar machen.
So darf gegen den Beschluß des Provinzialausschusses, der einem Mitgliede des Provinzialrats die Wählbarkeit abspricht, nach § 11 II Lvg sowohl der Betroffene wie der Vorsitzende des Provinzialrats Klage erheben. Der Interessenkreis des einzelnen wie der einer Allgemeinheit gilt also als verletzt. Häufig treten ferner für den einzelnen heute Interessenvertretungen ein. So wenn etwa gegen den Beschluß der Stadt Berlin, die Lohnsummensteuer zu erhöhen, die Handelskammer Beschwerde bei Kommunalaufsichtsbehörde und Minister erhebt mit dem Antrag, dem Beschluß die Genehmigung zu versagen.
Man denke insbesondere an die §§ 127/128 Lvg. Auch hier deckt sich übrigens der Kreis der tatsächlich, soziologisch Interessierten nicht völlig mit dem Kreise derjenigen, welche im Rechtssinne als Interessenten gelten können. So darf etwa gegen die Polizeiverfügung, welche aus sittenpolizeilichen Gründen einem Gastwirt die Weiterbeschäftigung einer Kellnerin untersagt, außer dem Wirt auch die Kellnerin Rechtsmittel ergreifen. Dagegen darf es nicht die Mutter des Mädchens, welchem dieses nach der Entlassung zur Last fällt, obwohl sie an der Weiterbeschäftigung ihrer Tochter vielleicht weit mehr interessiert ist als jene selber. Vgl. auch Ovg Bd. 77, 1923, S. 464, wo einem Mieter das Recht gegeben wird, dem baupolizeilich geforderten Abbruch eines Gebäudes zu widersprechen, falls diese Maßnahme zur Beseitigung eines polizeiwidrigen Zustandes nicht erforderlich war. Dies Recht soll auch das Einverständnis des Eigentümers mit dem Abbruch nicht beeinträchtigen können. Eine Entscheidung, die bezeichnend ist für die historische Bedingtheit der Interessenlage.
Vgl. dazu auch Hippel (s. VI, Anm. 30), S. 83.
Als belastet braucht dabei nicht nur derjenige, an welchen die Verfügung erging, zu erscheinen. Man denke etwa an die § 127 ff. Lvg. Fehlerhaft begünstigende Akte anzugreifen sind neben oder statt des Aktträgers häufig übergeordnete Behörden berufen.
Kormann (s. II, Anm. 2), S. 206; Tezner (s. II, Anm. 75), S. 299.
In der Literatur bringt grundsätzlich wohl allein Tezner den nichtigen Akt mit den strafrechtlichen Bestimmungen über das Widerstandsrecht in Verbindung. Im übrigen wird das Recht zum Widerstand zwar als Folge des nichtigen Akts angesehen, eigentlich abgeleitet aber aus dem privatrechtlichen Begriff der Nichtigkeit, wodurch es sich erklärt, daß straffreier Widerstand in Wahrheit häufig gegen fehlerhafte Akte nicht zulässig ist, die infolge jener Begriffsbestimmung als schlechthin unbeachtlich erscheinen.
Mit der herrschenden Lehre wird hier bei Unrechtmäßigkeit der Amtsausübung ein Recht des Bürgers zum Widerstand angenommen. Vgl. dagegen Beutner, Eduard: Die Rechtmäßigkeit der Amtsausübung beim Widerstand gegen die Staatsgewalt. Berlin 1917, S. 76 ff. Theoretisch wird das Widerstandsrecht seit alters mit dem Notwehrbegriff verbunden.
Dabei begriff die Doktrin seit dem Mittelalter den Interessenkonflikt Staat—Individuum theoretisch namentlich in der Lehre von der Souveränität, ihrem Träger und ihren Schranken.
Code von 1791. Vgl. Mayer, Max Ernst: Widerstand gegen die Staatsgewalt in: Vergleichende Darstellung d. deutschen u. außerdeutschen Strafrechts. Bes. Teil, Bd. 1. Berlin 1906, S. 354.
Hier wird jeder Beamte geschützt „agissant pour l’exécutions“. Vgl. Streit, G. v.: Die Widersetzung gegen die Staatsgewalt. Berlin 1892, S. 34.
Hiller, Karl: Die Rechtmäßigkeit der Amtsausübung. Würzburg 1873, S. 32 ff.
Es handelt sich dabei nicht etwa um ein Versehen. VIelmehr wurde bei Beratung des Gesetzes der Antrag, nur eine Amtsausübung durch zuständige Behörden unter Strafschutz zu stellen, ausdrücklich abgelehnt mit der Bemerkung, es könne auch gegenüber dem Handeln inkompetenter Behörden allein die Beschwerde zugelassen werden.
Hiller (s. Ix, Anm. 14), S. 35.
Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen. (Rgstr.) Berlin Bd. 22, 1892, S. 301; vgl. ferner Bd. 6, 1882, S. 403; Goldschmidt, James: Widerstand gegen die Staatsgewalt … im Vorentwurf zu einem deutschen StGb. Berlin 1910, S. 50;
Wessel, Erich: Der Widerstand gegen die Staatsgewalt … Diss. Breslau 1922, S. 36.
S. etwa die Aufzählung bei Liszt, Franz v.: Lehrbuch des deutschen Strafrechts. 21. u. 22. Aufl. Berlin 1919, S. 554, Anm. 6.
Binding, Karl: Lehrbuch d. gemeinen deutschen Strafrechts. Bd. 2: Besonderer Teil. Leipzig 1905, S. 779. Schon früher übrigens wird von den Verfechtern einer begrenzten Gehorsamspflicht den Anhängern unbedingten Gehorsams der Vorwurf politischer Motive gemacht, als gründeten die eigenen Argumente weniger in Wertüberzeugungen. Vgl. etwa die Fehde Jagemann- Zachariae bei Hiller: a.a.O. S. 16 und Hiller selbst, S. 10; dazu Streit (s. Ix, Anm. 13), S. 90, 95, 101 und Beutner (s. Ix, Anm. 10), S. 21. Charakteristisch ist auch, wenn namentlich in älterer Zeit, um den Gegner zu widerlegen, die äußersten Konsequenzen aus dessen grundsätzlichem Standpunkt gezogen werden, als ob bei Umkehrung des Spießes der eigene Standpunkt sich im mindesten haltbarer erweisen würde.
Der Entwurf von 1919 bedroht in § 185 den Widerstand in der irrigen Annahme, die Amtshandlung sei rechtswidrig, milder. Unverschuldeter Irrtum schließt nach § 11 den Vorsatz aus.
Der Begriff der Amtshandlung spielt für § 313 keine sonderliche Rolle, da die Nichtamtshandlung sich stets auch unter den Begriff der unrechtmäßigen Amtsausübung bringen lassen wird. Um so wesentlicher ist dagegen die Feststellung, wann eine Amtshandlung vorliegt, im Falle des § 114, der das Merkmal der Rechtmäßigkeit nicht kennt. Im Bd. 18, 1889, S. 350 Rgstr. erklärt nun das Rg, beim Fehlen sachlicher und örtlicher Zuständigkeit läge eine Amtshandlung nicht vor, obwohl es fehlende Zuständigkeit im Falle des § 113 als Unrechtmäßigkeitsgrund ansieht. Diese Interpretation, welche offenbar erfolgt, um das fehlende Merkmal der Rechtmäßigkeit im Falle des § 114 zu ersetzen, entspricht durchaus der Praxis, wie sie vor dem Inkrafttreten des StGb bestand. In allen jenen Territorien nämlich, deren Gesetzgebung den Widerstand gegen unrechtmäßige Amtsausübung nicht ausdrücklich für straffrei erklärte, wurde der Begriff der Amtsausübung derart eingeschränkt, daß wenigstens diejenigen Fälle, bei denen auch dem Zeitalter der Reaktion eine Bestrafung des Bürgers ungeheuerlich erschienen wäre, nicht mehr unter ihn fielen.
Ebermayer, Ludwig: Das Reichstrafgesetzbuch. 2. Aufl. Berlin 1922, S. 339.
So in Fortsetzung der Rechtsprechung des preußischen Obertrib. das Rgstr. etwa Bd. 29, 1897, S. 201; Bd. 40, 1908, S. 215. In Bd. 2, 1880, S. 416 ist von absoluter Unzuständigkeit die Rede; wie das Reichsgericht Goldschmidt (s. Ix, Anm. 17), S. 50. Dagegen Streit (s. Ix, Anm. 13), der Vorliegen konkreter wie abstrakter Zuständigkeit fordert. Eigenartig vermittelnd Hiller (s. Ix, Anm. 14), S. 81. Vgl. ferner Loening, Edgar: Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechts. Leipzig 1884, S. 122, Nr. 5. Schlechthin von Zuständigkeit ist bei Meyer, G.: Zuständigkeit. Durchges. von G. Anschütz in: Stengel (s. I, Anm. 1), Sp. 1026 1 die Rede.
Ss 61, 78. Vgl. dazu Becker, Enno: Die Reichsabgabenordnung. 2. Aufl. Berlin 1922 zu § 61. Grundsätzlich mit Recht bemerkt ferner Tezner (s. II, Anm. 75), S. 547, daß jemand die Vollstreckung eines formal gültigen Befehls über sich ergehen lassen muß, „möchte er überhaupt nicht in die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden, sondern in jene der Gerichen“. Gegen Jellinek, der ebendort aus angeblich logischen Gründen Akte unzuständiger Behörden für unbeachtlich ansieht, gilt das früher in bezug auf Kelsen Ausgeführte.
Dies bemerkt schon Bar, Ludwig Von: Gesetz und Schuld im Strafrecht. Bd. 3. Berlin 1909, S. 313.
Bezeichnend hierfür ist, wenn das RGStr. Bd. 25, 1894, S. 114 f.; Bd. 37, 1905, S. 349 f. den Begriff der örtlichen Zuständigkeit ausdehnt, um nicht grundlos berechtigte Interessen der Allgemeinheit vor unberechtigten des Beteiligten zurückstellen zu müssen. Siehe auch §§ 167, 168, 159 Gvg und die folgenden Ausführungen vorliegender Arbeit; ferner RGStr. in: Juristische Wochenschrift. Bd. 52. Leipzig 1923, S. 934. Nicht zu verwechseln mit den Interessen des Beteiligten ist das Interesse, welches die Allgemeinheit aus Gründen der Rechtssicherheit etwa an Innehaltung auch örtlicher Zuständigkeit haben kann.
Dieser Gedanke liegt offenbar der wichtigen Entscheidung RGStr. Bd. 17, 1888, S. 122 ff. zugrunde, die betont, daß zwecks Feststellung der Bedeutung einer Vorschrift jedesmal auf den Willen des Gesetzgebers zurückzugehen sei.
RGStr. Bd. 2, 1880, S. 411; Bd. 25, 1894, S. 112.
Rgstr. Bd. 6, 1882, S. 400; Bd. 24, 1894, S. 217; Bd. 25, 1894, S. 153. Auf ähnlichen Erwägungen beruht, wenn § 808 Zpo den Gerichtsvollzieher ermächtigt, alle im Gewahrsam des Schuldners befindlichen Sachen ohne Rücksicht auf die materielle Rechtslage zu pfänden.
So überwiegend auch die Literatur. A. M.: Liszt (s. IX, Anm. 18), S. 554.
Rgstr. Bd. 30, 1898, S. 350; Bd. 29, 1897, S. 201. Weitere Entscheidungen bei Allfeld, Philipp: Lehrbuch des deutschen Strafrechts. 8. Aufl. Leipzig 1922, S. 559, Anm. 10.
RGStr. Bd. 2, 1880, S. 416; Bd. 19, 1889, S. 69; Bd. 22, 1892, S. 300; Bd. 40, 1908, S. 213; Goldschmidt, James: Ungerechtfertigter Vollstreckungsbetrieb. München 1910, S. 76 ff.;
Olshausen, Justus Von: Das Strafgesetzbuch f. das Deutsche Reich. Kommentar. 10. Aufl. Bd. 1. Berlin 1916, Anm. 15a zu § 113; A. M.: Allfeld: a.a.O. Anm. 11 und die dort Genannten; s. auch
Gerland, Heinrich B.: Deutsches Reichsstrafrecht. Berlin 1922, S. 254.
So im Anschluß an die Rechtsprechung des peuß. Obertrib. Laband und die herrschende Meinung. Vgl. Meyer-Anschütz: Staatsr. S. 593 ff. Da im übrigen regelmäßig das Landesrecht bestimmt, ob ein Befehl bindend ist, könnte theoretisch durch entsprechende Regelung § 113 von den Ländern aus den Angeln gehoben werden. Bezüglich des Begriffs der allgemeinen Zuständigkeit gilt wiederum das oben Ausgeführte.
Derart die Disziplinarpraxis d. preuß. Ovg. Vgl. die Entscheidung bei Meyer (s. VIIi, Anm. 10), S. 596, Anm. m; ferner Rgstr. Bd. 56, 1922, S. 418. Nach Mayer, Max Ernst: Der rechtswidrige Befehl des Vorgesetzten in: Festschrift f. Paul Laband. Tübingen 1908, S. 121 ist nur der rechtmäßige Befehl verbindlich. Über die besondere Gehorsamspflicht des Militärs
Laband, Paul: Die Kommandogewalt und die Kabinettsorder von 1820 in: Deutsche Juristenzeitung. Bd. 19. 1914, Sp. 185 ff. Die Abstellung Beutners (s. Ix, Anm. 10), S. 62 ff. auf Vollmacht und Auftrag löst nicht, sondern verschiebt nur die Probleme.
Skedl, A.: Parteiunfähigkeit absoluter Nichtigkeitsgrund in: Rheinische Zeitschrift f. Zivil- u. Prozeßrecht. Bd. 12. Mannheim 1923, S. 347 ff.
Rgstr. Bd. 2, 1880, S. 411; Bd. 24, 1894, S. 389; Thoma (s. II, Anm. 79), S. 466.
Dagegen wohl auch nicht Triepel: Ermächtigungsgesetze in: Deutsche Juristenzeitung. Bd. 29. 1924, Sp. 7.
Friedrichs (s. II, Anm. 77), S. 1016 gegen Kormann (s. II, Anm. 2)>, S. 239 ff.; Jellinek (s. I, Anm. 5), S. 115.
Mayer (s. Ix, Anm. 33), S. 121; Allfeld (s. Ix, Anm. 30), S. 559, Anm. 11 und die dort Genannten.
Dohna, Alexander Graf zu: Die Rechtswidrigkeit als allgemeingültiges Merkmal im Tatbestande strafbarer Handlungen. Halle 1905, S. 137
Deike, Hermann: Der rechtsverbindliche Befehl als persönl. Strafausschließungsgrund. Diss. Göttingen 1922. Insofern D. § 113 ein Notwehrrecht ausschließen läßt, kommt er im Ergebnis auf den Standpunkt des Rg heraus.
So Binding, Karl: Handbuch des Strafrechts. Bd. 1. Leipzig 1885, S. 743; Mayer (s. Ix, Anm. 12);
Frank, Reinhart: Das Strafgesetzbuch f. das Deutsche Reich. 11.-14. Aufl. Tübingen 1914 zu § 113, 4. Daß auch rechtsungültige Polvo die Unterbehörden binden können, führt Thoma (s. II, Anm. 79), S. 467 aus.
Dem entspricht auch die österreichische Praxis. Fälle der absoluten Nichtigkeit sind nach Tezner (s. I, Anm. 1), S. 420 ff. „selten und selbstverstich“. Nur Gericht und Verwaltungsbehörden dürfen regelmäßig rechtswidrige Befehle ignorieren. Vgl. ferner Tezner (ss. II, Anm. 75), S. 547.
Kormann (s. II, Anm. 2), S. 202 meint: Die Frage nach den Folgen fehlerhafter Verwaltungsakte „ist natürlich keineswegs beantwortet mit dem Hinweis, daß gegen den ungesetzlichen Verwaltungsakt mit Erfolg die vom Gesetz gewährten Rechtsmittel zu gebraind“. „Natich“U wäre für gesetzestreue Auslegung das Gegenteil.
Als nichtige belastende Akte nennt Tezner (s. II, Anm. 75), S. 300 im wesentlichen „das Verbot, jemals zu wählen, an einer Versammlung teilzunehmen, den Heimatsort nicht zu verlassen oder ihn je zu betreten, den Glauben zu wecsw.“. Hierzu kommen jene Fälle, wo wegen absoluter Unverständlichkeit vom Vorliegen eines bestimmten Staatsakts nicht geredet werden kann, ferner Verstöße gegen Formvorschriften, die im Interesse des Belasteten oder der Allgemeinheit als notwendige Voraussetzung der Gültigkeit eines Akts schlechthin betrachtet werden müssen. Vgl. dazu auch oben sub a) wie unten sub c).
Bezeichnend hierfür sind auch die viel gebrauchten Begriffe der absoluten Unmöglichkeit oder Unzuständigkeit, wesentlichen Form, zwingenden Vorschrift usw., die auf Wertgesichtspunkte verweisen.
Kormann (s. II, Anm. 2), S. 236, 238.
Im übrigen könnte die Versteigerung einer nicht vorhandenen Sache an sich sehr wohl gültig sein. Nichtig sind auch nicht Art. 6, Ziff. 2 und Art. 80 der Rv, weil sie sich auf nicht vorhandene Kolonien beziehen. Anfechtbar ist nach Ovg Bd. 44, 1904, S. 418 eine polizeiliche Anordnung, die tatsächlich Unmögliches verlangt.
Skedl (s. Ix, Anm. 34), S. 348, Anm. 7. Vgl. auch Wagner, Heinrich: Die Ungültigkeit von Zivilurteilen. Diss. Königsberg 1922 und Fuehrer, Hans: Die absolute Ungültigkeit eines Strafurteils. Diss. Königsberg 1922.
Weismann, Jakob: Lehrbuch des deutschen Zivilprozeßrechts. Bd. 1. Stuttgart 1903, S. 314.
Skedl (s. Ix, Anm. 34), RGStr. Bd. 34, 1901, S. 382 f. Vgl. ferner unten die Ausführungen über das erschlichene Urteil.
Kormann (s. II, Anm. 2), S. 206.
Nach Skedl: a.a.O. ist die Nichtigkeit eines Urteils durch negative Feststellungsklage, im Laufe der Vollstreckung durch Klage auf Ungültigkeitsoder Unwirksamkeitserklärung oder auf Aufhebung des scheinbaren Titels geltend zu machen. Vgl. ferner Friedrichs (s. II, Anm. 77), S. 1221.
Im Gegensatz etwa zu Kelsen, der bei fehlenden gesetzlichen Bestimmungen aus angeblich logischen Gründen Nichtigkeit des Akts annimmt, erklären eine Anzahl Entscheidungen des österreichischen Verwaltungsgerichtshofs in solchem Falle Anfechtbarkeit als allein vertretbare Sanktion. Vgl. Tezner (s. II, Anm. 75), S. 299.
Neuhauser, Robert: Die Erschleichung rechtsgeschäftlicher Verwaltungsakte. Hamburg 1921, S. 86.
Kelsen (s. II, Anm. 85), S. 91.
Ob Jellinek (s. VI, Anm. 9), S. 208 ff., 269 diese Ansicht aufgegeben hat und die Akte unzuständiger Behörden für anfechtbar ansieht, ist nicht recht zu erkennen. Vgl. auch Bühler, Ottmar: Die subjektiven öffentl. Rechte u. ihr Schutz in der deutschen Verwaltungsrechtsprechung. Stuttgart 1914, S. 69, Anm. 267.
Laband (s. VIIi, Anm. 10), Bd. 2, S. 196.
Bei Hatschek kommt einschränkend hier der Gedanke des Vertrauensschutzes hinzu. Vgl. S. 50 ff. der Arbeit.
Holtzendorff, Franz Von (Hrsg.): Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. 7. Aufl. Bd. 4. München 1914, S. 266.
Ovg Bd. 22, 1892, S. 383.
Im selben Sinne etwa die Entscheidungen Ovg Bd. 2, 1877, S. 424; Bd. 9, 1887, S. 443; Bd. 10, 1887, S. 366; Bd. 14, 1887, S. 348; Bd. 20, 1891, S. 302; Bd. 48, 1907, S. 406 unter Bezugnahme auf die grundsätzliche Entscheidung im Bd. 22; s. auch § 7 Fgg, Art. 1 Pr. Fgg und Güthe, Georg u. Franz Triebel: Grundbuchordnung. Bd. 1. Berlin 1923, S. 23 ff.
Bei begünstigenden Akten kommt wohl stets § 78 zur Anwendung.
Ovg Bd. 61, 1913, S. 185; vgl. auch Bd. 22, 1892, S. 384.
Man beachte auch, daß im frz. Recht incompètence einen der Hauptgründe des recours pour excès de pouvoir bildet. Nur, „si l’acte est accompli par une personne dépourvise de toute auté“, besteht nach Berthélemy, Traité élémentaire de droit administratif. 10. Aufl., 1923, S. 998 inexistance desselben.
Vgl. auch § 163 StPO, 167 Gvg.
Ovg Bd. 53, 1909, S. 423; dort Angabe der älteren Judikatur. Vgl. auch V, Anm. 59.
Ovg Bd. 2, 1877, S. 424. Der Versuch, dies Ergebnis als logische Konsequenz der §§ 60, 67, 77 der Kreiso v. 13. XIi. 1872 hinzustellen, dürfte schwerlich überzeugen.
Vgl. auch Wirth, Erich: Die Behandlung der örtlichen Zuständigkeit in der StPO unter Berücksichtigung der neuen Entwürfe. Diss. Würzburg 1922, S. 170 ff.
Dies nimmt Hatschek (s. II, Anm. 70), S. 95 an.
Ovg Bd. 2, 1877, S. 212; Bd. 4, 1889, S. 236; Bd. 7, 1892, S. 418.
Lvg § 113, V.
Anders liegt es, wo wie in Baden gegen Urteile des Verwaltungsgerichtshofs vom Vertreter des Staatsinteresses Nichtigkeitsbeschwerde erhoben werden kann, über die der Kompetenzgerichtshof entscheidet.
S. auch Tezner (s. I, Anm. 1), S. 421.
Aeckel, Paul: Kommentar zum Zwangsversteigerungsgesetz. 5. Aufl. Berlin 1915, S. 23.
Wie bei allen Rechtsinhaltsfragen gilt diese Lösung nicht schlechthin und kann aus Gründen öffentlichen Interesses ausgeschlossen sein.
Demgemäß ist nach Ansicht des österreichischen Verwaltungsgerichtshofes die Behörde berechtigt, fehlerhafte Belastungen, aus denen nicht bereits subjektive Rechte der Hauptpartei oder Dritter entstanden, jederzeit zurückzunehmen. Tezner (s. II, Anm. 75), S. 281 ff. Ebenso Schoen (s. VI, Am. 12), S. 267, der Seite 266 mit Recht bemerkt, daß dort, wo der Widerruf wie im Fall der Unzweckmäßigkeit im Ermessen der Behörde steht, diese die Folgen ex nunc oder ex tunc ansetzen darf.
So neuerdings Vogels: Willensmängel bei der Beamtenanstellung in: Verwaltungs-Archiv. Bd. 27. 1919, S. 251 f.
Mayer, Otto: Zur Lehre vom öffentl.-rechtl. Vertrage in: Archiv f. öffentl. Recht. Bd. 3. Freiburg 1888, S. 47, Anm. 66 mit Angabe älterer Literatur.
Darauf etwa kommt Giessner, Richard: Wirkungen von Willensmängeln auf d. Anstellung oder Entlassung e. unmittelbaren preuß. Staatsbeamten. Diss. Göttingen 1912 heraus.
So Jellinek (s. I, Anm 5), S. 81; Rauchalles, Heinrich: Das Reichsgesetz über die Erwerbung u. den Verlust der Bundes- u. Staatsangehörigkeit v. 1. 6. 1870. München 1901, S. 75.
Der Beweis hierfür kann übrigens nicht etwa historisch geführt werden. Es ließe sich sonst auf diese Weise jede Rechtsinstitution der Vergangenheit aus der Grube heben und bliebe immer noch zu rechtfertigen, warum man nicht in die Vorvergangenheit ging.
Rg.Z. Bd. 96, 1919, S. 303; Jurist. Wochenschrift. Bd. 46, 1917, S. 225; vgl. auch Rg: Kündigung d. Dienstes d. Beamten in: Preuß. Verwaltungsblatt. Bd. 43. 1921/22, S. 595 f.
Urteil v. 5. Okt. 1922 in: Deutsche Juristenzeitung. Bd. 27. 1922, Sp. 756 f.
Absolute Nichtigkeit, die das Ovg unter Berufung auf W. Jellinek annimmt, liegt also nicht vor. Wie hier im Ergebnis auch Arndt, Adolf: Das Reichsbeamtengesetz. 3. Aufl. Berlin 1923, S. 181.
Dies machte die Revision in einem Falle geltend, ohne darauf, als für den Anspruch gleichgültig, eine Antwort zu erhalten. Vgl. Rg.Z. Bd. 37, 1896, S. 242, 305.
Den Zeitpunkt, auf welchen die Rechtsfolgen zu beziehen sind, darf also in letzterem Falle die rücknehmende Behörde bestimmen, nicht treten diese Folgen, wie es der Anfechtung des Bgb entspräche, ex tunc ein.
Jellinek (s. I, Anm. 5), S. 97, Anm. 2
Kormann (s. II, Anm. 2), S. 246.
Fleiner (s. II, Anm. 69), S. 194, Anm. 59.
Allein auf obige Entscheidung stützt sich offenbar auch Friedrichs, wenn er, entgegen seiner grundsätzlichen Stellungnahme S. 1017 (s. II, Anm. 77), Erlaubniserteilungen durch unzuständige Behörden für nichtig erklärt (Polg S. 282). Denn in den sonst von Friedrichs herangezogenen Entscheidungen handelt es sich durchweg um Widerruf.
Wie wenig Gewicht auf den Sprachgebrauch des Ovg gelegt werden kann, zeigt obige Entscheidung. Hier werden bezüglich derselben Frage die Ausdrücke Nichtigkeit, Ungültigkeit, Unwirksamkeit, Anfechtbarkeit und Widerruf gebraucht. Es wird ferner Ovg Bd. 55, 1910, S. 237 die Ausstellung einer Naturalisationsurkunde durch eine unzuständige Behörde als nichtig bezeichnet unter Berufung auf Ovg Bd. 13, 1887, S. 408. Die gleiche Entscheidung wird in Bd. 22, 1892, S. 384 als Beleg für den Grundsatz der Anfechtbarkeit von Akten sachlich unzuständiger Behörden herangezogen. In der fraglichen Entscheidung selbst ist von „absolutergkeit“ bei Naturalisation durch „unbedingt unzustndige“ Behörden die Rede.
Die Ansicht von Landmann, Robert: Kommentar zur Gewerbeordnung f. das Deutsche Reich. 7. Aufl. Bd. 1. München 1917, S. 231 f., der eine von sachlich oder örtlich unzuständiger Stelle erteilte Approbation oder Konzession unter Berufung auf W. Jellinek für absolut nichtig erklärt, ist gegenüber den Bestimmungen der Reichsabgabenordnung nicht haltbar und widerspricht der Rechtsprechung des Ovg, ist auch im Ergebnis offenbar unbillig. Dies gilt entsprechend gegen
Schenkel, Karl: Die deutsche Gewerbeordnung. 2. Aufl. Bd. 1. 1892, S. 395.
Ovg Bd. 39, 1902, S. 371; Bd. 13, 1887, S. 400 ff.
Ausdrücklich f. das österreichische Recht bezeugt dies Tezner (s. II, Anm. 75), S. 404; s. ferner Kormann (s. II, Anm. 2), S. 247.
Daß es zur Entscheidung, ob Merkmale wesentlich oder unwesentlich sind, der Beziehung auf einen Zweck bedarf, rein logische Überlegungen ohne materiale Gesichtspunkte nicht weiterzuführen, stellt Rikkert, Heinrich: Zur Lehre von der Definition. 2. Aufl. Tübingen 1915, S. 43 fest.
Wenn Gschnitzer: Wesentlich und unwesentlich im Bgb in: Archiv f. die civilist. Praxis. Bd. 121, 1923, S. 199 ff. den Begriff wesentlich durch erheblich ersetzen will, weil es sich um einen Werttatbestand handle, so ist damit das Problem richtig erkannt, sachlich jedoch nichts gewonnen.
Kormann (s. II, Anm. 2), S. 232 ff.
Selbstverständlich handelt es sich hier wie sonst nicht um empirische individuelle, sondern um typische, gewissermaßen normative Interessenlagen. Daher wird der belastende Akt nicht zum begünstigenden, wenn auch dem Beschwerten aus irgendwelchen besonderen Gründen die Belastung einmal als erwünscht erscheint.
Vgl. Tezner (s. II, Anm. 75), S. 300. Bemerkt sei bei dieser Gelegenheit, daß bezüglich begünstigender Akte, denen gegenüber ein Widerstandsrecht praktisch nicht in Frage kommt, eher von Nichtigkeit schlechthin gesprochen werden darf als bei belastenden Staatsakten.
Vgl. dazu Güthe (s. Ix, Anm. 60), S. 15.
Ohne Aufhebung verbietet etwa der österreichische Verwaltungsgerichtshof die Ausübung einer dem Gesetz gänzlich unbekannten Bewilligung. Tezner (s. I, Anm. 1), S. 422. Das Ergebnis wäre kaum anders, wenn man Rücknahme der Bewilligung ex nunc oder tunc mit nachfolgender richterlicher Feststellung der Rechtmäßigkeit des Widerrufs konstruierte.
Rüde, Fritz: Reichsabgabenordnung. 2. Aufl. Stuttgart 1922, S. 6 sieht dagegen im obigen Beispiel einen Fall absoluter Unzuständigkeit. Es ist dabei übersehen, daß der Begriff der Unzuständigkeit im Sinne des § 78 nur mit Beziehung auf den Steuerzahler bestimmt werden darf, will man nicht jener Norm ihre eigentliche Bedeutung nehmen. Vgl. auch
Mrozek, Alfons: Kommentar zur Reichsabgabenordnung. Köln 1921, S. 308.
Vgl. auch S. 72 ff. der Arbeit.
Dem entspricht, wenn Ollmann, Rudolf: Die Rechtswirkung e. fehlerhaften Vereinseintragung. Diss. Greifswald 1922 im Gegensatz zur älteren Literatur die Rechtsfähigkeit eines Vereins durch örtliche Unzuständigkeit der eintragenden Behörde nicht beeinträchtigt sein läßt. Lediglich Löschung der bisherigen Eintragung und Übertragung derselben in das Register des eigentlich zuständigen Gerichts erscheint hier als angemessene Rechtsfolge. Dagegen ist nach O. die Eintragung durch eine sachlich unzuständige Behörde ex nunc rücknehmbar.
Ovg Bd. 7, 1890, S. 268 verurteilt eine zuständige Behörde, die sich weigert, eine Bescheinigung auszustellen, wozu sie verpflichtet war. Vgl. ferner Ovg Bd. 7, 1890, S. 17; Bd. 5, 1890, S 295; Bd. 44, 1904, S. 354 ff.
In diesem Sinne bereits Ovg Bd. 4, 1889, S. 293 ff. Die Befugnis zu uneingeschränktem Widerruf wegen behördlichen Irrtums erklärt Jellinek (s. I, Anm. 5), S. 156 als mit der „Idee des mo“Staates“ für unvereinbar. Ein Widerrufsrecht wegen Irrtums in Ausübung des freien Ermessens hält Kormann (s. II, Anm. 2), S. 377 aus Billigkeitsgründen für ausgeschlossen. Interessenabwägende Gesichtspunkte erscheinen Neuhäuser (s. Ix, Anm. 54), S. 31 beim Fehlen kodifizierter Grundsätze als allein gangbar. Man sieht, es ist die Geltung von Werten, welche dem schrankenlosen Widerruf entgegensteht.
Dies verkennt Mrozek (s. Ix, Anm. 99), S. 308, wenn er den § 78 „nicht nur wegen irrtümlicher Auffassung derörde“ ein Widerrufsrecht statuieren läßt. In dem von M. angenommenen Fall besteht ein solches Recht gerade nicht. So auch Rüde (s. Ix, Anm. 99), S. 66; Becker (s. Ix, Anm. 24), S. 94.
Ovg Bd. 3, 1878, S. 34.
Kormann (s. II, Anm. 2), S. 391.
Ovg Bd. 2, 1877, S. 422; Bd. 8, 1886, S. 215 f.; Bd. 19, 1890, S. 384 f.; Bd. 24, 1883, S. 349 f.; Bd. 28, 1896, S. 272 f.; Bd. 29, 1896, S. 369; Bd. 40, 1902, S. 377; Bd. 55, 1910, S. 438. Scholz: Zur Lehre von der Bauerlaubnis in: Verwaltungsarchiv. Bd. 23. Berlin 1915, S. 225 f.; Kormann (s. II, Anm. 2), S. 389; Mesow, Werner: Der Widerruf einer Bauerlaubnis nach preußischem Recht. Diss. Göttingen 1922, S. 81. Nach Ansicht des österreichischen Verwaltungsgerichtshofs sind begünstigende Akte, die sich im Rahmen des freien Ermessens halten, stets unwiderruflich. Tezner (s. II, Anm. 75), S. 441, der wohl mit Grund diese Praxis für zu weitgehend ansieht.
Ovg Bd. 29, 1896, S. 393; vgl. auch Ovg Bd. 48, 1907, S. 398 ff.; Fleiner (s. II, Anm. 69), S. 189. Eine Zusammenstellung der typischen Fälle, in denen die preußisch-österreichische Gerichtspraxis behördliche Akte wegen Ermessenmißbrauchs kassiert, bei Tezner: a.a.O. S. 338 f.
Ovg Bd. 39, 1902, S. 367; Bd. 57, 1911, S. 496; Bd. 71, 1917, S. 431.
Das meint im Grunde das Ovg, wenn es Bd. 24, 1893, S. 344 von positiv-bindenden, das freie Ermessen ausschließenden Normen spricht. Denn ob eine Norm diesen Titel verdient, läßt sich ohne Zirkel nur durch Wertbeziehung feststellen. Mit Recht bemerkt übrigens Ehrlich, Eugen: Richterliche Rechtsfindung … in: Jherings Jahrbücher. F. 2. Bd. 31, 1917, S. 34, ob ein Rechtssatz zwingend sei, lasse sich durch historische Auslegung häufig nicht feststellen, weil niemand bei Abfassung des Gesetzes an diese Frage gedacht habe. Vgl. auch Ovg Bd. 68, 1915, S. 435; Bd. 55, 1910, S. 437.
Ovg Bd. 19, 1890, S. 385; Bd. 20, 1891, S. 397. Von ev. Pflicht zur Schadloshaltung des Beschwerten ist hier abgesehen.
Ovg Bd. 24, 1883, S. 350 f.; s. auch Ovg Bd. 2, 1877, S. 422; Bd. 11, 1895, S. 370; Bd. 29, 1896, S. 392 f.
§ 157 des Baug von 1904. Entsprechend auch die preußische Praxis und Theorie; Schoen (s. VI, Anm. 12), S. 267.
Ovg Bd. 24, 1883, S. 365 unter Berufung auf die unannehmbaren Folgerungen einer etwa entgegengesetzten Ansicht; ferner Ovg Bd. 4, 1889, S. 361; Bd. 6, 1890, S. 316.
Jebens, A.: Ausschließung und Ablehnung beteiligter Beamten … in: Preuß. Verwaltungsblatt. Bd. 26, 1904/05, S. 303.
Ovg Bd. 24, 1883, S. 364 ff.
Daß die Begründung mitunter mehr oder weniger dialektisch ist, ändert daran nichts.
Ovg Bd. 55, 1910, S. 237.
Müller, Fritz: Die rechtliche Bedeutung der Willensmängel bei der Beamtenanstellung. Diss. Breslau 1916, S. 60.
S. a. § 313 f. Zpo.
Jellinek (s. I, Anm. 5), S. 77; Tezner (s. II, Anm. 75), S. 272 f.; vgl. dagegen Kormann (s. II, Annm. 2), S. 301 ff.; Josef, Eugen: Willensmängel bei der Beamtenanstellung in: Preuß. Verwaltungsblatt. Bd. 41, 1919/ 1920, S. 590; Müller (s. Ix, Anm. 119), S. 59 und die bei Tezner genannten Entscheidungen des österreich. Verwaltungsgerichtshofs.
Kormann (s. II, Anm. 2), S. 381.
Braun, E.: Die Zurückziehung von Titeln, Orden u. Ehrenzeichen nach dem Verwaltungsrecht Preußens in: Archiv f. öffentl. Recht. Bd. 18, 1901, S. 554 hält Titel, Orden und Ehrenzeichen wegen Unehrenhaftigkeit und im öffentl. Interesse für entziehbar. Vgl. ferner Plein: Willensmängel bei der Beamtenanstellung. Diss. Berlin 1921.
Nicht also ein Dritter ohne Vorwissen des Begünstigten. In diesem Sinne auch die Entscheidung des österreich. Verwaltungsgerichthofs bei Tezner (s. II, Anm. 75), S. 212; ferner Neuhäuser (s. Ix, Anm. 54), S. 15; dagegen kann Neuhäusers Ansicht, daß fahrlässiges Nichtkennen dem Vorsatz gleichzustellen sei, als berechtigt nicht anerkannt werden. Denn diese Regelung ist dem Beteiligten gegenüber zu hart und in praxi geeignet, schlechthin den Widerruf bei eigenem Irrtum der Behörde zu ermöglichen. Auch widersprechen Neuhäusers Ansicht fast alle der von ihm herangezogenen Normen und Lehren, können insbesondere diejenigen Bestimmungen, wo aus Gründen öffentlichen Interesses bereits objektive Unrichtigkeit von Nachweisen den Widerruf rechtfertigt, bei der Verschiedenheit der ihnen zugrunde liegenden Idee die Zulässigkeit des Widerrufs wegen Fahrlässigkeit nicht begründen.
Neuhäuser (s. Ix, Anm. 54) sucht den Nachweis eines Instituts amtlicher Anfechtung wegen Erschleichung zunächst auf deduktivem Wege zu erbringen. In Wahrheit hat dies Verfahren wie auch Neuhäusers sog. dritte Methode mit Deduktion nichts zu tun, bedeutet vielmehr die Gewinnung einer Norm aus Wertgesichtspunkten. Im übrigen wird Neuhäuser durch das bereits gewonnene Prinzip dazu verleitet, sein Institut der Täuschungsanfechtung bei Fortsetzung der Untersuchung auf induktivem Wege überall zu entdecken. Tatsächlich findet es sich so in keiner einzigen der angezogenen Gesetzesstellen normiert. Zu seinen Ergebnissen gelangt Neuhäuser im wesentlichen entgegen einem „einseitig-potischen Standpunkt“ (S. 50, 34) durch „Zweckmäßigkeitsmomente und ruhige „senabwägung“ (S. 86). Insbesondere spielt der zugrunde gelegte Rechtsgeschäftsbegriff praktisch bei Neuhäuser kaum eine Rolle.
Ovg Bd. 4, 1889, S. 293 v. 13. Mai 1878. Auch wird Bd. 55, 1910, S. 264 die Entziehung einer durch Täuschung erlangten Genehmigung als fraglos zulässig hingestellt. — Erscheint es billig, erschlichene Begünstigungen widerrufen zu können, dann müssen offenbar entsprechend auch arglistig entzogene Begünstigungen ungültig sein. Tatsächlich vertritt das Rg.Z. Bd. 81, 1913, S. 107 ff. diese Ansicht, wenn es den Pensionsanspruch eines Beamten anerkennt, dem bei eingetretener Dienstunfähigkeit nur darum gekündigt wurde, um ihm den Anspruch auf Pension abzuschneiden. Vgl. auch Brand, A.: Das Beamtenrecht. Berlin 1914, S. 37.
Ovg Bd. 13, 1887, S. 408 ff.; Bd. 27, 1895, S. 410 ff.; Bd. 55, 1910, S. 235 ff.
Vgl. zum folgenden Nathan, Hans: Die arglistige Erschleichung eines Urteils. Diss. Breslau 1922 wie Ix, 2. b) vorliegender Arbeit.
Gedacht ist hier nur an den wichtigsten Fall, daß ein Urteil durch Arglist, etwa Vorlegung falscher Urkunden, zu einem unrichtigen gemacht wurde. Die arglistige Vollstreckung eines unrichtigen, aber ordnungsgemäß zustande gekommenen Urteils wie die Erschleichung der Rechtskraft fallen daher aus. Vgl. dazu Nathan: a.a.O. S. 32; Friedrichs (s. II, Anm. 77), S. 1012 ff.
Rg.Z. Bd. 61, 1906, S. 359 ff. behandelt den Fall, wo jemand eine völlig unbegründete Klage gegen eine im Ausland befindliche Person, deren Adresse er genau kannte, durch öffentliche Zustellung erhob. Wie vorausgesehen, erfuhr der Beklagte weder etwas davon, noch kehrte er vor Ablauf der Restitutionsfrist zurück.
So soll Rg.Z. Bd. 46, 1901, S. 75 ff. die Rechtskraft dem fundamentalen Satz, nach welchem vorsätzliche Rechtsverletzung zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichte, weichen und wiederum nicht weichen. In Bd. 61, 1906, S. 359 ff. dagegen, auf welches Urteil sich alle späteren beziehen, ist zwar von einem Zessieren der Rechtskraft die Rede, wird aber >§ 826 gleichzeitig als Grund und Folge hierfür hingestellt.
Vgl. dazu im einzelnen Nathan (s. Ix, Anm. 127), S. 46 ff.
Die fraglichen Literaturnachweise bei Nathan: a.a.O.
Hellwig, Konrad: System d. deutschen Zivilprozeßrechts. Bd. 1. Leipzig 1912, S. 786.
Dem Einwand, daß aus den Vorschriften über das Wiederaufnahmeverfahren sich per argumentum e contrario die Unzulässigkeit einer so verallgemeinernden Actio doli ergäbe, kann mit derselben logischen Berechtigung die Behauptung zulässiger Analogie entgegengesetzt werden. Stützt man sich dagegen auf den Wertgesichtspunkt der Rechtsvergewisserung, so gilt das oben Ausgeführte. Daß nicht in jedem Falle das Prinzip der Rechtskraft zurücktreten darf, vielmehr nur dort, wo es ersichtlich den minderen Wert darstellt, wurde schon hervorgehoben.
So bringen auch weder Seydel, Max: Die deutsche Reichs- und Staatsangehörigkeit in: Annalen des Deutschen Reichs. Hrsg. von Hirth. Leipzig 1876. S. 139 noch Bucerius: Aus der Rechtsprechung des Reichsgerichts in: Preuß. Verwaltungsblatt. Bd. 39, 1917/18, S. 251 f. noch Josef (s. Ix, Anm. 120), S. 590 für ihre gegenteilige Ansicht eine eigentliche Begründung. Das Urteil des Ovg legt
Keller, Fritz u. Paul Trautmann: Kommentar zum Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz. München 1914, S. 216 zugrunde. Wenig überzeugende Ausführungen bei
Elsner, Gerhard: Die Fehlerhaftigkeit des Staatsakts bei der Entlassung aus dem Staatsverbande. Diss. Breslau 1923, der S. 68 selbst den Widerruf einer fehlerhaften Entlassung wegen deren Formalcharakters für unzulässig erklärt.
Hartmann: Die Rednswirkungen d. Kassation ausl. Naturalisationsurkunden in: Annalen f. das Deutsche Reich. Hrsg. v. Hirth. Bd. 50, 1917, S. 784; entsprechend die Schweizer Praxis nach Fleiner (s. II, Anm. 69), S. 199, Anm. 17.
Bezüglich der erschlichenen Naturalisation weist schon Landgraff, Theodor: Die Einwanderung der Prinzessin Bauffremont in: Annalen d. Deutschen Reichs. Hrsg. v. Hirth. 1876, S. 1029 auf die Unbilligkeit des nur formalen Standpunktes hin. Widerruf bei jeder arglistigen Beeinflussung nimmt Jellinek (s. I, Anm. 5), S. 159 an. Vgl. ferner Loening (s. Ix, Anm. 22), S. 245; Mayer (s. II, Anm. 72), S. 306; Kormann (s. II, Anm. 2), S. 298 ff.; Scholz (s. Ix, Anm. 107), S. 227; Alexander-Katz (s. I, Anm. 2); Vogels (s. Ix, Anm. 75), S. 263 ff.; Fleiner (s. II, Anm. 69), S. 198; Schoen (s. VI, Anm. 12), S. 268, der allerdings Formalakte für unwiderruflich hält und hier die Naturalisation nennt und vor allem Neuhäuser (s. Ix, Anm. 54); s. auch Rg.Z. Bd.83, 1914, S. 433; Bd. 96, 1919, S. 240. Im Falle von Schiebungen beim Wohnungstausch widerrufen die Berliner Wohnungsämter die Tauschgenehmigung,
Körner, Walter u. Margarete Hoffmann: Wie arbeitet das Wohnungsamt? Berlin 1923, S. 36.
Dies tut neuestens Müller (s. Ix, Anm. 119), S. 64 ff.
Anders Bad. Beamteng § 84.
Allerdings legt der Disziplinarhof die betreffenden Normen extentiv aus; vgl. Dultzig, Eugen Von: Das preußische Disziplinargesetz f. die nichtrichterlichen Beamten. Berlin 1914, S. 45.
Entlassung im Disziplinarverfahren hätte nur Folgen ex nunc.
Im Falle des falschen Bürgermeisters von Köslin wurden die unter dem Vorsitz des Betrügers ergangenen Entscheidungen des Gewerbegerichts durchweg als gültig angesehen. Galienkamp: Der falsche zweite Bürgermeister von Köslin in: Deutsche Juristenzeitung. Bd 19, 1914, Sp. 884 f.; Hachenburg: Juristische Rundschau in: Deutsche Juristenzeitung. Bd. 19, 1914, Sp. 677; Buchka: Der falsche zweite Bürgermeister von Köslin in: Deutsche Juristenzeitung. Bd. 19, 1914, Sp. 851, der seinerseits Kohler zitiert. Vgl. insbesondere auch Neuhäuser (s. Ix, Anm. 54); ferner Müller (s. Ix, Anm. 119), S. 51; Plein (s. Ix, Anm. 122), S. 109.
Etwa der Irrtum eines Referenten, dessen Votum einem Kollegialbeschluß zugrunde gelegt wird.
Plein: a.a.O. S. 92 ff. Vgl. auch die entsprechende Praxis bei der Prüfung von Wahlen S. 78 der Arbeit. Ferner Giessner (s. Ix, Anm. 77), S. 61.
Grosch, Georg: Der Zwang im Völkerrecht. Breslau 1912.
Vgl. dazu insbesondere Schliffke, Walter: Die Bedeutung von Willensmängeln beim Abschluß völkerrechtl. Verträge. Diss. Königsberg 1922.
Die Rechtsgeltung innerstaatlicher Ideen überträgt aufs Völkerrecht Beling: Versailler Frieden u. deutsche Rechtspflege in: Festgabe f. Otto Liebmann. Berlin 1920, S. 16. Dagegen Schliffke: a.a.O. S. 69.
Bluntschli, J. C.: Das moderne Völkerrecht. 3. Aufl. Nördlingen 1878, S. 237 ff.; Schliffke (s. Ix, Anm. 146), S. 95.
Schliffke: a.a.O.
Ähnlich Tezner (s. II, Anm. 75), S. 212, der „Zurückstellung des Formalismus hinter den Gesichtspunkt dkmäßigkeit“ fordert. Vgl. auch Ovg Bd. 5, 1890, S. 20 ff. In Anlehnung an das Privatrecht fordert Plein (s. Ix, Anm. 122), S. 114 ff. bei Irrtum unverzügliche, bei arglistiger Täuschung, widerrechtlicher Bedrohung und Bestechung Anfechtung in angemessener Frist. Dagegen nimmt Kormann (s. II, Anm. 2), S. 314 unbefristetes Anfechtungsrecht an.
Rümelin, Gustav: Werturteile u. Willensentscheidungen im Civilrecht. 2. Aufl. Freiburg 1912.
Rümelin: a.a.O. S. 29.
Rümelin, M.: Die Gerechtigkeit. Rektoratsrede. Tüb. 1920, S. 11.
Radbruch, Gustav: Rechtswissenschaft als Rechtsschöpfung in: Archiv f. Sozialwissenschaft u. Sozialpolitik. Tüb. Bd. 22, 1906, S. 305 ff.
Stampe, Ernst: Die Freirechtsbewegung. Berlin 1921, S. 8 ff. Über die Art, in welcher man die Gewaltenteilungslehre logisch auszudeuten sucht, wie über die sich hierbei ergebenden Antinomien s. v. Hippel (s. VI. Anm. 30). S. 86
Laband, Paul: Arch. öff. R. 2, S. 317.
Kantorowicz, Herm.: Rechtswissenschaft u. Soziologie. Tüb. 1911, S. 278;
Ehrlich, Eugen: Die juristische Logik. Tüb. 1918, S. 193.
Vgl. die eigentümliche Formulierung dieses Gedankens bei Bergbohm (s. VI, Anm. 15), S. 381.
So erklärt Windscheid, Bernhard: Die Aufgaben der Rechtswissenschaft. Rektoratsrede v. 31. Okt. 1884 in: Windscheid: Gesammelte Reden und Abhandlungen. Hrsg. von Paul Oertmann. Leipzig 1904, S. 109: „Wir wissen, daß die Rechtswissenschaft dazu da ist, um mitzuwirken, daß ein Recht vorhanden sei und ein Recht gesprochen werde, welches menschliche Interessen und Bedürfnisse, wie sie nun zu dieser Zeit an diesem Ort begriffen weu befriedigen imstande ist.“
Baumgarten (s. I, Anm. 1), Bd. 1, S. 379.
Siehe II der Arbeit.
Siehe IIi der Arbeit. Der rechtliche Psychologismus fand übrigens seine Wurzel in der zeitgenössischen Philosophie, einen gewissen Anhalt an der weitverbreiteten und viel zitierten Logik Sigwarts.
Siehe Iv der Arbeit. Hierher gehört auch die Verwandlung des rechtlichen Grund-Folgeverhältnisses in ein Verhältnis von Ursache und Wirkung, wie ferner die Gleichsetzung praktischer und rechtl“#x201E;Unmöglichkeit“ durch Kormann. Ersteres ist etwa dort der Fall, wo statt von Rechtsfolgen von Rechtswirkungen gesprochen wird und die Unerwünschtheit von Rechtsfolgen ex tunc mit der Unmöglichkeit, den Kausalzusammenhang umzukehren, begründet wird. So z. B. Sulser (s. IIi, Anm. 14), S. 20 unter Berufung auf Tuhr.
Heck, Philipp: Das Problem der Rechtsgewinnung. Tübingen 1912, S. 14 ff.; Baumgarten (s. I, Anm. 1), S. 395.
So etwa Vogels (s. Ix, Anm. 75), S. 249. Gegen dies Abstraktionsverfahren vgl. Heck: Was ist diejenige Begriifsjurisprudenz, die wir bekämpfen? in: Deutsche Juristenzeitung. 1909, Sp. 1458; Ehrlich (s. X, Anm. 6), S. 245 ff.; Schwind, Ernst Von: Schuld und Haftung im geltenden Rechte ... in: Iherings Jahrbücher. F. 2, Bd. 32, Jena 1919, S. 7; Kaufmann, Felix: Logik und Rechtswissenschaft. Tübingen 1922, S. 51 if.
In dieser Richtung liegt, was Stampe (s. X, Anm. 4), S. 17 ff. über Falschsubsumption und Tatbestandsfiktion ausführt.
Siehe IIi der Arbeit.
Vgl. etwa Gmelin, Joh. Georg: Quousque? Hannover 1910.
Siehe V der Arbeit. Ehrlich: a.a.O. S. 299. Hierher gehört auch das Verfahren von Jellinek, Georg: Die Lehre von den Staatenverbindungen. Wien 1882, S. 34 ff., aus dem Begriff der Souveränität ein Recht der Souveränität zu schließen. Vgl. auch dagegen
Nelson, Leonard: Die Rechtswissenschaft ohne Recht. Leipzig 1917, S. 57 ff.
Jung, Erich: Die logische Geschlossenheit des Rechts in: Festgabe d. Gießener jurist. Fakultät f. Heinrich Dernburg. Berlin 1900.
Ehrlich, Eugen: Freie Rechtsfindung u. freie Rechtswissenschaft. Leipzig 1903.
Zitelmann, Ernst: Lücken im Recht. Leipzig 1903. Literatur über das Lückenproblem bei
Heck, Philipp: Gesetzesauslegung und Interessenjurisprudenz. Tübingen 1914, S. 157 und /
Somlo, Felix: Juristische Grundlehre. Leipzig 1917, S. 403 ff. Eine Behandlung desselben vom Boden Zitelmanns aus durch
Herrfahrdt, Heinrich: Lücken im Recht. Diss. Bonn 1915.
Da die Rechtsbegriffe keine Zahlen seien, könne die Auslegung nach ihnen nicht errechnet, sondern nur durch Würdigung der im Rechtssatz und Tatbestand vorliegenden Werte vollzogen werden, erklärt Huber, Eugen: in: Zeitschrift f. Rechtswissenschaft. Dorpat 1921, S. 290 ff. Die Notwendigkeit, auch beim Schweigen des Gesetzes zu entscheiden, kann allerdings nicht logisch nachgewiesen werden (Somlo: S. 399 ff.), bildet aber ein Grundaxiom auch des Rechtspositivismus.
Eine Kritik des staatsrechtlichen Positivismus gibt neuestens Laun, Rudolf: Staatsrechtslehrer u. Politik in: Archiv f. öffentl. Recht. Bd. 43, 1922, S. 145 ff. So sehr derselben grundsätzlich hier zugestimmt wird, kann doch die anscheinend von Laun vertretene Ansicht der objektiven Gleichwertigkeit aller Werturteile als richtig und letztmöglicher Standpunkt nicht anerkannt werden. Insbesondere gründet die Geltung einer Rechtsauslegung nicht in einem subjektiven Werturteil, sondern in der Rechtsgeltung objektiver Werte, die ihrerseits erst dem subjektiven Werturteil Berechtigung geben können. Dies wird auch dadurch nicht anders, daß es nicht selten unmöglich ist, eine Auslegung als wertvollere zu erkennen oder einleuchtend zu machen, namentlich wegen der Schwierigkeit richtiger Tatsachenbewertung. An dem Streben nach strenger Wissenschaftlichkeit, das stets gefordert zu haben eines der Hauptverdienste des Rechtspositivismus darstellt, muß vielmehr auch den Wertproblemen gegenüber unbedingt festgehalten werden. Dann aber steht das subjektive Werturteil am Anfang und nicht am Ziel des neuen Weges. Unbegründet ist, wenn: Prolegomena zur Rechtsphilosophie. Allgemeiner Umriß einer Rechtstheorie von einem Landsturmmann. 1915, S. 23 aus der Erkenntnis durch ein Subjekt auf die Subjektivität der Erkenntnis geschlossen wird.
Rümelin (s. X, Anm. 1), S. 39.
Gmelin (s. X, Anm. 16). Ein Praktiker wie Tezner (s. I, Anm. 1), S. 19 bezeichnet die Ansicht, daß der Richterspruch eine logisch-exakte Subsumption des Einzelfalles unter das Gesetz sei, als Köhlerglauben. Nicht ein Kampf um die Schlußformeln der Logik, sondern um Ideen spiele sich in den Beratungen ab, und herrschend sei die Persönlichkeit des großen autoritativen Richters. Mezger, Edmund: Sein und Sollen im Recht. Tüb. 1920, S. 106 hält sogar Ausschluß der Eigenwertung des Richters aus logischen Gründen für unmöglich. Im Anschluß an Gedanken Bülows hebt
Rumpf, Max: Gesetz und Richter. Berlin 1906 die schöpferische Tätigkeit der Rechtsprechung hervor. Ober das nichts weniger wie logische Verfahren der Rechtsauslegung in Frankreich vgl. etwa
Perreau, E. Hipp.: Technique de la jurisprudence dans l’élaboration du droit privé. Bd. 1. Paris 1923, S. 28 ff.
Stampe, Ernst: Unsere Rechts- u. Begriffsbildung. Greifswald 1907, S. 37; Gmelin (s. X, Anm. 16), S. 6. Vgl. ferner
Müller-Erzbach, Rudolf: Die Relativität der Begriffe und ihre Begrenzung durch den Zweck des Gesetzes. Jena 1913.
Stampe (s. X, Anm. 4), S. 13 ff.
Ein von Fuchs als kryptosoziologische Methode bezeichnetes Verfahren.
Fuchs, E.: Die Gemeinschädlichkeit der konstruktiven Jurisprudenz. Karlsruhe 1909, S. 8.
Wieland, K Arl: Die historische u. die kritische Methode in der Rechtswissenschaft. Leipzig 1910.
Unger, J.: Kampf um die Rechtswissenschaft in: Deutsche Juristenzeitung. 1906, Sp. 781 ff.;
Bülow, O. u. Klein: Verhältnis der Rechtsprechung zum Gesetzesrecht in: Das Recht. Hannover 1906, Sp. 769 ff., 916 ff.;
Mitteis, L.: Freirechtslehre u. Juristenzunft in: Deutsche Juristenzeitung. 1909, Sp. 1038 ff.
Hölder, E.: Ist der Handlungsunfähige ein Subjekt rechtl. Macht? in: Deutsche Juristenzeitung. 1909, Sp. 1026 ff. Dagegen
Fuchs, E.: Soziologische Rechtslehre in: Deutsche Juristenzeitung. 1910, S. 283 mit der Erklärung, den Wert wissenschaftlicher Begriffsbildung keineswegs anzuzweifeln.
Sohm, R.: Begriffsjurisprudenz in: Deutsche Juristenzeitung. 1909, Sp. 1021. Mit Recht bemerkt Heck (s. X, Anm. 14), Sp. 1457 ff., daß auch die Reformer die Bedeutung der Rechtsbegriffe gar nicht bestritten.
Vierhaus, F.: Freirechtsschule in der heutigen Rechtspflege in: Deutsche Juristenzeitung. 1909, Sp. 1175, der es aber für möglich hält, den Rechtsbegriff gleichsam auf das Tatbestandsbild zu legen.
Über die Art, in der bereits Bartolus verfuhr, vgl. Flavius, Gnaeus: Der Kampf um die Rechtswissenschaft. Heidelberg 1906.
Als eigentliches Argument des Positivismus gaben dies Heck und Wimpfheimer: Debatte zu Kantorowicz: Rechtswissenschaft und Soziologie in: Verhandlungen d. 1. Deutschen Soziologentages 1910 in Frankfurt. Tübingen 1911, S. 317, 321 an.
So findet Sohm (s. X, Anm. 31), Sp. 114 zwischen sich und Heck keinen grundsätzlichen Gegensatz, erklärt vielmehr, daß die Auslegung der Rechtssätze nach der ihnen zugrugenden „praktischen Idee“ zu erfolgen habe und „Interessenabwägung“ über ihren Inhalt entscheide. Danz: Fortschritte durch Erkenntnis der Lücken im Gesetz in: Deutsche Juristenzeitung. 1914, Sp. 7 ff. bezeichnet die Ansicht, nach welcher der Richter Lücken auszufüllen hat, als herrschend.
Bierling, Ernst R.: Juristische Prinzipienlehre. Bd. 4. Tübingen 1911, S. 295.
Den wenigen Ausnahmen kommt weder praktisch noch theoretisch eine Bedeutung zu. Vgl. im übrigen Kantorowicz, Herm.: Die contra-legemFabel in: Deutsche Rechtszeitung. Bd. 3. Witten 1886, S. 256 ff.; Ehrlich (s. Ix, Anm. 110), S. 48 ff.; Heck (s. X, Anm. 20), S. 14. Wenn Stampe (s. X, Anm. 4), S. 28 bei drohender Massenkalamität unter allerhand Kautelen eine richterliche Befugnis zur Gesetzesänderung annimmt, so steht er praktisch auf dem Boden der herrschenden Lehre. Im übrigen erklärt auch So (s. X, Anm. 35), Sp. 115, es gäbe „einen Notstand, in welchem die Rechtsprechung gegen das Gesetz geradezu die richtige und darum sich siegreich als Recht durchsetzende ändernde) Rechtsprechung“ sei. Einen Versuch, „das Recht der logischen und der teleologischen Beträweise gegeneinander abzugrenzen“, macht Kretzschmar: Grundfragen der Privatrechtsmethodik in: Jherings Jahrbücher. 2. F. Bd. 30. 1911, S. 249, 277. Siehe auch Friedrichs: Grundsätze der Auslegung in: Juristische Wochenschrift. Leipzig 1921, S. 878 ff.
Vgl. Ausführungen und Literatur bei Kantorowicz (s. X, Anm. 6), S. 302. In seinen letzten Schriften teilt übrigens Ehrlich den oben gekennzeichneten Standpunkt nicht. S. ferner Kornfeld, Ignaz: Soziale Machtverhältnisse. Wien 1911;
Wurzel, Karl G.: Das juristische Denken. 2. Aufl. Wien 1924, S. 14, nach dem die Normen, auf welche die Auslegung zurückgeht, Naturgesetze und keine Rechtsgesetze sind.
Stillschweig: Konstruktion u. Soziologie in: Juristische Wochenschrift. 1920, S. 10.
Heck (s. X, Anm. 20), S. 65; dagegen Sohm (s. X, Anm. 35), Sp. 117. Eine kritische Auseinandersetzung mit Jung (s. VI, Anm. 16) nimmt von fachphilosophischer Seite Münch: in: Zeitschrift f. Rechtsphilosophie. Bd. 1, 1914, S. 122 vor. Munch weist hier nach, daß Jung das Problem der Rechtsgeltung mit dem der Rechtsentstehung verwechselt, damit aber vor die unlösbare Aufgabe gerät, einem Wertproblem psychogenetisch beizukommen.
Heck (s. X, Anm. 20), S. 8.
Desgl. S. 10. Nach Rechtsgewinnung, S. 7, soll „de gischen Rechtsbedürfnisse“ genügt werden.
Desgl. S. 11.
Desgl. S. 17.
Desgl. S. 23.
Desgl. S. 21.
Vgl. Stammler, Rudolf: Rechts- u. Staatstheorien. Leipzig 1917, S. 73 ff.; Somlo (s. X, Anm. 20), S. 415 ff.; ferner S. 61 ff. der Arbeit und von fachphilosophischer Seite vor allem
Husserl, Edmund: Kritik der naturalistischen Philosophie in: Logische Untersuchungen. Bd. 1. Halle 1900 und in: Logos. Bd. 2. 1911, S. 289 ff.
Vgl. auch Del Vecchio, Giorgio: Die Grundprinzipien des Rechts. Berlin 1923, S. 70.
Bonnecase, Julien: La nation de droit en France au dixneuvième siècle. Paris 1919, S. 183 if., ferner X, Anm. 13 vorliegender Arbeit.
Siehe Kantorowicz (s. X, Anm. 6), S. 292 ff. Ein solcher Maßstab bei der Auslegung sine lege ist nach Münch (s. X, Anm. 40) der Geschichtsphilosophie zu entnehmen.
Gmelin (s. X, Anm. 16), S. 4.
Heck (s. X, Anm. 20), S. 54.
Gmelin: a.a.O. S. 60. Nach WüstendÖRfer: Verhandlungen aes ersten Soziologentages, S. 316 kann nur das jeweilige soziale Empfinden des Richters oder Theoretikers die Entscheidung geben. Dagegen zieht Boor, Hans Otto De: Urheberrecht und Verlagsrecht. Stuttgart 1917, S. 33 mit Recht einen objektiven Maßstab heran und will die Interessen an den allgemeinen Zwecken der Rechtsordnung messen. Siehe neuestens auch
Calker, Fritz Van: Recht undWeltanschauung. Leipzig 1924, der auf die Weltanschauung als inhaltliches Kriterium zurückgeht und eine Verknüpfung von Rationalem und Irrationalem im Recht anstrebt.
Stampe (s. X, Anm. 4), S. 26.
Nicht nur für die Auslegung des Völkerrecht“ so ein „materiellethisches“ Moment in Frage, wie Burckhard, Walter: Die völkerrechtl. Verantwortlichkeit der Staaten. Rektoratsrede. Bern 1924, S. 26 annimmt.
Die Verwerflichkeit angeblich logischer Rechtsauslegungen zeigt einleuchtend Tezner, Friedrich: Das freie Ermessen der Verwaltungsbehörden. Leipzig 1924. Auch wird man Tezners Ansicht (S. 13) nur zustimmen können, daß viel schon damit gewonnen sei, wenn der Auslegungsstreit sich um Gerechtigkeitserwagungen drehe und „nicht lediglich blinder und gefüer logischer Formalismus getrieben“ werde.
Stampe (s. X, Anm. 4), S. 64.
Stammler (s. IIi, Anm. 4), S. 272. Nach Mezger (s. X, Anm. 24), S. 106 ist die Auslegung zu richten nach den letzten Zwecken der sozialen Daseinsgestaltung.
Vgl. Stammler (s. X, Anm. 47), S. 80. Eine psychologische Untersuchung des Rechtsgefühls bringt Kornfeld, Sigmund: Das Rechtsgefühl in: Zeitschrift f. Rechtsphilosophie. Bd. 1. 1914, S. 135 ff. und 1919, S. 28 ff. Siehe ferner
Riezler, Erwin: Das Rechtsgefühl. München 1921.
Regelsberger, Ferdinand: Gesetz u. Rechtsanwendung in: Jherings Jahrbücher. F. 2. Bd. 22. 1911, S. 146
So fordert Ehrlich (s. Ix, Anm. 110), S. 14 if. eine teleologische Auslegung nach den Zwecken des Urhebers, muß aber S. 52 ff. andererseits in bestimmten Fällen selbst eine Auslegung gegen das Gesetz für berechtigt erklären. Man beachte auch, daß strenge Bindung an die ursprünglichen Gesetzeszwecke aus Gründen der Rechtssicherheit dort regelmäßig erforderlich sein wird, wo umstrittene politische Zielsetzungen in Frage stehen. Handelt es sich dagegen um rein praktische Erwägungen, wird möglicherweise eine sinnvolle ahistorische Auslegung zu treffen sein.
So auch vom Standpunkt der Interessenjurisprudenz aus mit Recht Lehmann (s. IIi, Anm. 27), S. 24 f.
Etwas wie eine Theorie der Rechtswerte scheint auch Zitelmann zuletzt vorgeschwebt zu haben. Vgl. Zitelmann, Ernst: Rechtswissenschaft d. Gegenwart in Selbstdarstellungen. Bd. 1. Leipzig 1924, S. 33. Nahe den in vorliegender Arbeit vertretenen Ansichten stehen auch seine Ausführungen S. 24 ff., ebendort.
Es verdient weiter Beachtung, wenn Tezner bei der von ihm geforderten Gerechtigkeitslehre sich vielfach auf Kelsen bezieht (s. II, Anm. 75), S. Clvii. Denn tatsächlich ist den Schriften Kelsens ein sittliches Pathos immanent, das in auffälligem Widerspruch zu dem Programm wertfreien mathematischen Verfahrens steht. Auch in der Problemstellung Kelsens kommt das Streben nach Verwirklichung von Werten zum Ausdruck. So läuft die Lehre von der Souveränität doch letzten Endes auf das Ziel hin, die Notwendigkeit der Civitas maxima zu erweisen, und die Gleichsetzung von Staat und Rechtsordnung bedeutet den wenigstens formalen Sieg der Rechtsidee.
Kaufmann, Felix: Theorie der Rechtserfahrung oder reine Rechtslehre? in: Zeitschrift f. öffentl. Recht. Bd. 3. Wien 1922/23, S. 258 f., ähnlich schon Kelsen (s. IIi, Anm. 34), S. 93. Auch Merkl, Adolf: Zum Interpretationsproblem in: Zeitschrift f. Privatrecht u. öffentl. Recht der Gegenwart. Hrsg. von Grünhut. Bd. 42. 1916, S. 535 ff. schiebt die Lösung der Frage letzten Endes auf die Praxis ab. Nahe diesen Gedankengängen steht Beling, Ernst: Rechtswissenschaft u. Rechtsphilosophie. Augsburg 1923, S. 37.
Dies scheint Kaufmann (s. X, Anm. 14), S. 54 implizite zuzugeben, wenn er den Standpunkt der reinen Rechtslehre dahin formuliert, daß den Juristen der empirische Inhalt der Rechtssätze, den Rechtstheoretiker die a priori feststehende Form derselben anginge. Rechtswissenschaft und apriorische Rechtslehre im Sinn einer allgemeinen Gegenstandstheorie des Rechts werden hier also gleichgesetzt, die Möglichkeit anderer Gebiete „istischer Forschertätigkeit“ wird daneben wenigstens anerkannt. Bemerkt sei dagegen immerhin, daß die Ersetzung der Rechtswissenschaft durch eine apriorische Rechtslehre der Verdrängung der Naturwissenschaft durch die Naturphilosophie ziemlich gleichkäme. Neuestens erklärte denn auch Schreier, Fritz: Grundbegriffe und Grundformen des Rechts. Leipzig 1924, Nachwort ausdrücklich, daß die formale Rechtslehre nur Konstruktionsprobleme lösen könne, und hält besondere Bearbeitung der Interpretationsregeln für erforderlich.
Dies gilt auch gegenüber Kelsen (s. IIi, Anm. 34), S. 57 ff. und Preuss, Hugo: Zur Methode der juristischen Begriffskonstruktion in: Schmollers Jahrbuch. N. F. 24. Leipzig 1900, S. 359 ff. Insbesondere berühren Kelsens psychologische Untersuchungen, der unter teleologischem Verfahren Betrachtung des Geschehens nach Mittel und Zweck versteht, das eigentliche Problem der Rechtsauslegung nicht. VIelmehr unterläuft hier Kelsen im Anschluß an Sigwart selber die sonst von ihm so bekämpfte Vertauschung von Geltungs- und Seinsproblemen. Die von Kelsen vorgenommene Einschränkung der rechtswissenschaftlichen Aufgaben auf Untersuchung formaler Strukturprobleme unter Absehung vom Rechtsinhalt (S. 69, 92) ist daher nur scheinbar begründet. Wenn neuestens Kaufmann (s. X, Anm. 14), S. 80 erklärt, der Sinn der Norm sei für den Juristen ihr Inhalt, nicht ihre Richtung auf einen individuellen oder überindividuellen transzendenten Zweck, so unterläßt er anzugeben, wie ohne Richtung auf Werte oder Zwecke, die übrigens nicht immer transzendent zu sein brauchen, der Inhalt einer Norm fixiert werden kann. Dies Problem zu lösen ist auch, wie gezeigt, der reinen Rechtslehre bisher keineswegs gelungen. Ober immanente Widersprüche des Verfahrens bei Kelsen vgl. Hippel (s. I, Anm. 3). Auch sieht Kelsen in den Hauptproblemen als Obertretung einer Norm ein dem Zweck derselben zuwiderlaufendes Verhalten an. Wenn demgegenüber Kaufmann, S. 99 das Kriterium der Übertretung allein in der Diskrepanz zwischen dem faktischen und dem in einer Rechtsnorm geforderten Verhalten findet, so ist diese Definition zwar formal zutreffend, jedoch ohne Angabe, wie das in der Rechtsnorm geforderte Verhalten festgestellt werden kann, unverwendbar. Die hierzu erforderliche Methode der Rechtsauslegung ist aber anscheinend auch für Kaufmann eine teleologische, da andernfalls der von ihm den Zivilisten gemachte Vorwurf allzu wörtlicher Auslegune der Gesetzestexte (S. 128) unverständlich bleibt.
Sander, F.: Das Recht als Sollen u. das Recht als Sein in: Archiv f. Rechts- u. Wirtschaftsphilosophie. Bd. 17, 1923, S. 3.
Desgl. S. 11.
Sander (s. X, Anm. 62), S. 7.
Auch bleibt hierbei vieles dunkel. So, was ein Erfahrungszusammenhang eigentlich ist, was unter Urteilen des Rechts gedacht werden kann und das Verhältnis dieser Urteile zu den Organakten. Die Rechtswissenschaft selbst wird bald zu einer Art Naturphilosophie, bald zu einer Naturwissenschaft, mitunter verschwindet sie völlig. Die ursprüngliche Problemstellung, die apriorische Struktur der Rechtswissenschaft zu finden, endet bei Sander mit Entdeckung des Rechtsseins und der Kantischen Kategorien. Der eigentümliche Geltungscharakter des Rechts schließlich bleibt unbeachtet. Vgl. im einzelnen bezüglich Sanders älterer Schriften Kelsen, Hans: Rechtswissenschaft u. Recht in: Zeitschrift f. öffentl. Recht. Bd. 3. Wien 1922/23, S. 103 ff.; Kaufmann (s. X, Anm. 59), S. 236 ff.; Kunz: Rezension zu Sander, Fritz: Staat und Recht in: Archiv f. öffentl. Recht. N. F. 5. 1923, S. 249 ff.
Sander (s. X, Anm. 62), S. 6.
Wie wenig es Sander selbst gelingt, Rechtsauslegungsfragen gerecht zu werden, zeigt Verdross, Alfred: J. J. Mosers Programm einer Völkerrechtswissenschaft der Erfahrung in: Zeitschrift f. öffentl. Recht. Bd. 3. Wien 1922/23, S. 102, Anm. 1.
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von Hippel, E. (1960). Versuch einer teleologischen Behandlung des fehlerhaften Staatsakts. In: Untersuchungen zum Problem des Fehlerhaften Staatsakts. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-88578-5_4
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