Organische Nervenkrankheiten

Zusammenfassung

In diesem Kapitel soll versucht werden, dem Umstand Rechnung zu tragen, daß dem Studenten selbst fundamentale Tatsachen der normalen wie pathologischen Anatomie und Physiologie meist so wenig gegenwärtig sind, daß ihm die Grundlage für das Verständnis der Fragen klinischer Neurologie fehlt. Deshalb werden anatomische, pathologisch-anatomische und physiologische Bemerkungen vorausgeschickt. Diese und daran anschließende pathophysiologische Darlegungen sollen das Verständnis krankhafter Störungen spezieller Art erleichtern. Eine derartige Anordnung des Stoffes hat ihre größten Vorteile für den, der das Kapitel wirklich studiert. Wer erst einmal die Grundtatsachen der Anatomie und Physiologie des Zentralnervensystems¹ wieder im Kopf hat und gelernt hat, in welch gesetzmäßiger Weise Funktionen des ZNS durch Läsionen verschiedener Lokalisation gestört werden, dem ist die einzelne Krankheit des ZNS nicht mehr ein fremdes, anscheinend wahlloses Nebeneinander von Symptomen. Er wird vielmehr das jeweilige klinische Syndrom als einen Spezialfall sinnvoller Gruppierung ihm nun bereits vertrauter Funktionsstörungen erkennen. Eine solche Behandlung des Stoffes im allgemeinen Teil wirkt sich auch auf den speziellen Teil aus. Hier bestimmen nun nicht mehr symptomatische oder topistische Gesichtspunkte die Einteilung von Krankheiten, sondern nach Möglichkeit nur ätiologische und pathogenetische Faktoren. Dies hat dazu geführt, daß entgegen bisheriger Gepflogenheit auch die Gruppierung in Erkrankungen der peripheren Nerven, des Rückenmarks² und Gehirns aufgegeben worden ist. Das mag ein Nachteil sein für ein Buch, welches als Nachschlagewerk dienen soll; für ein kompendiöses Lehrbuch jedoch, das zum Lesen bestimmt ist, überwiegen die daraus entstehenden Vorteile; schon weil der Leser immer wieder zum Nachschlagen, d. h. zur Mitarbeit bei der Lektüre der einzelnen Krankheiten angeregt wird.