Einige Bemerkungen über Metabolitgleichgewichte und Strukturen im cytoplasmatischen Lösungsraum

Zusammenfassung

Die klassisch-morphologische Einteilung gliedert die Zelle in drei Reaktionsräume, den Kernraum, den mitochondrialen und cytoplasmatischen Raum. Diese Einteilung ist sicher eine starke Vereinfachung der morphologischen Gegebenheiten. Sie ist für die erste Orientierung nützlich, wird jedoch bei funktioneller Betrachtung bald problematisch. Wie verhält es sich eigentlich mit dem cytoplasmatischen Lösungsraum? Kann man die dort zu lokalisierenden Stoffwechselsysteme wirklich als in einem einheitlichen Lösungsraum befindlich ansehen, oder gibt es womoglich auch hier Strukturen ? Eine Methode, derartige Probleme experimentell anzugehen, besteht in der Analyse von steady state-Gleichgewichten von Metaboliten in der intakten Zelle, wie oben bereits ausgeführt wurde (s. S. 168). So laβt sich für die glykolytischen Reaktionen zeigen, daβ die aus den Metabolitgehalten errechneten scheinbaren Gleichgewichte bei den meisten Reaktionen dem thermodynamischen Gleichgewicht nahekommen. Abweichungen der scheinbaren Gleichgewichte vom Massenwirkungsgleichgewicht sind entweder kinetisch bedingt und kennzeichnen geschwindigkeitsbestimmende Reaktionen oder beruhen auf einer Behinderung der Gleichverteilung der Reaktions-partner, sei es durch spezifische Bindungen oder durch strukturbedingte funktionelleKompartimentierungen (s. oben Beitrag Hess, S. 164). Sofern es möglich ist, kinetische Gründe oder Bindungseffekte als Ursache für ein Ungleichgewicht auszuschlieβen, ist damit ein Weg zum Auffinden von Strukturen in der intakten Zelle gegeben. Auf derartigen Studien beruht unsere Vorstellung über die Struktur des Embden-Meyerhof-Systems im C-Raum der Leberzelle, die Abb. 1 veranschaulichen soll.