Knochensystem

Zusammenfassung

Bis vor wenigen Jahren wurde allgemein angenommen, daß das Skeletsystem ein morphologisch wie auch biochemisch träges Organ sei. Dieser Schluß fußte auf der alten Beobachtung, daß ein ansehnlicher Teil der Knochensubstanz aus „anorganischem Material“ besteht. Diese Auffassung ist heute grundsätzlich als unrichtig anzusehen; ja, das Skeletsystem kann als Musterbeispiel dafür angeführt werden, wie in einem lebenden Organismus trotz intensivem Abbau, Umbau und Aufbau eine verblüffende Formkonstanz bewahrt wird. Diese Eigenschaft verleiht dem Knochen auch jene einzigartige Fähigkeit, sich rasch an wechselnde physiologische oder pathologische Verhältnisse anzupassen. Lacroix ¹ stellte in seiner kurzen Monographie über den Knochen die verborgenen Kräfte dieses Organes von selten des Morphologen dar. Aus seinen Ausführungen geht hervor, daß das, was wir im Mikroskop betrachten, jeweils nur eine Momentaufnahme aus dem fließenden Geschehen darstellt, und daß die experimentelle Morphologie noch zahlreiche Probleme zu lösen hat, bevor unser Wissen über die Gestaltveränderungen des Knochens als abgeschlossen betrachtet werden kann. Aber so wie das histologische Bild einem steten Wechsel unterworfen ist, so ändern sich ohne Unterbruch auch die Stoffwechselvorgänge nicht allein in quantitativer, sondern auch in qualitativer Hinsicht. Analysen mit der Isotopentechnik zeigten, daß selbst die Hartsubstanz des Knochens in ständigem Umbau steht, und daß von einer Stoffwechselträgheit keine Rede sein kann.