Zusammenfassung
Während die Anatomie das Studium der reinen Form auch am toten Wesen vornehmen kann, ist die Analyse der Funktion an das Leben gebunden. Dieses ist u. a. charakterisiert durch die Kontinuität der chemischen Bewegung, die, wenn ihr Beginn auch einstweilen das erste Rätsel aller Lebensforschung bleibt, jedenfalls doch von der ersten Zelle bis zum heute lebenden Einzelindividuum ununterbrochen bestanden hat. Den Chemismus dieser Reaktionsketten, mit denen sich Leben entwickelt hat und deren Unterbrechung tötet, behandelt die physiologische Chemie. Die organische Chemie wurde aufgebaut an Hand der Analyse der Verbindungen, die überall in der Natur durch Zellen gebildet werden und diese zusammensetzen. Sie isoliert daraus einheitliche chemische Stoffe und definiert sie durch ihre Konstitutionsformel, die nur der kürzeste Ausdruck aller ihrer chemischen Eigenschaften ist. Diese Bearbeitung aus dem Lebensvorgang herausgeholter, toter Substanzen ist nicht eigentlich physiologische Chemie. Denn Lebenserscheinungen werden auf diese Weise nicht unmittelbar erforscht. Aber die erfolgreiche Zerlegung von Organismen in die unendliche Mannigfaltigkeit ihrer chemischen Einzelbestandteile, eine chemische Anatomie ist die unentbehrliche Grundlage für die Analyse der sich an ihnen vollziehenden Bewegung. Die physiologische Seite dieser Chemie beginnt erst dort, wo sich im Gefolge der Konstitutionsaufklärung die Frage nach dem Auf- und Abbau dieser Stoffe und ihrer Wirkungsweise im Zellchemismus der Lebewesen anschließt. Eine Erforschung ihrer im Lebensvorgang stattfindenden Umformungen ist ja nicht möglich, ohne daß man sie auch losgelöst vom Leben genau kennt. Wo die organische Chemie nicht von sich aus diese Aufgabe zu Ende geführt hat, ergibt sich für den physiologischen Chemiker selbst die Pflicht, diese zu übernehmen. Und so mußten, zumal in der ersten Zeit der Entwicklung, und müssen noch heute vielfach rein konstitutionelle Arbeiten auch vom Physiologen geleistet werden.
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Knoop, F. (1951). Einleitung. In: Ackermann, D., et al. Die Stoffe. Physiologische Chemie, vol 1. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-86369-1_1
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