Zusammenfassung
Bei der Strafbehandlung des tuberkulös erkrankten Rechtsbrechers ist es erforderlich, Heilplan und Resozialisierungsmaβnahmen in ein richtiges Verhältnis zum Strafzweck und zu den Vorschriften des Strafvollzugs zu bringen. Dabei ergeben sich, so verschieden sich auch diese Forderungen auf den ersten Blick gegenüberzustehen scheinen, dennoch eine Reihe gemeinsamer Bestrebungen beider Seiten. Die häufig charakterlich abnormen Menschen bedürfen einer straffen Führung bei der Heilbehandlung. Sie sind meist gekennzeichnet durch heilwidriges Verhalten, nicht selten schlimmster Art, und durch unhygienisches Verhalten gegenüber ihren Mitmenschen. Die straffe Ordnung des Vollzugs und der mögliche Zwang bei widerstrebender Haltung vermögen, in richtiger Weise angewandt, heilsam bei der Krankenbehandlung zu wirken. Vollends begegnen sich die Grundstrebungen des Vollzugs mit dem Ziel, das der Tuberkulosearzt bei seinen Kranken letzten Endes erreichen möchte: ihn in die Gesellschaft sinnvoll wiedereinzugliedern und ihn weiterhin vor Rückfall in Krankheit und Unrechttun zu bewahren. Die Form der Durchführung einer Strafbehandlung wird allerdings beim tuberkulösen Gefangenen von der des gesunden Häftlings in mancher Hinsicht abweichen müssen. — Zum Zwecke der Rehabilitation des resozialisierungsbedürftigen, noch besserungsfähigen Gefangenen soll im Strafvollzug Erziehungsarbeit geleistet werden, um den Gefangenen zu einem geordneten, gesetzmäßigen Leben nach der Entlassung zu veranlassen. Oder wie es in der Hamburger Vollzugsordnung heißt: den Wiedereintritt in die Volksgemeinschaft so vorzubereiten, daß der Häftling sich seiner Verantwortung gegenüber der Allgemeinheit bewußt wird und willens und imstande ist, nach seiner Entlassung ein besserer Mensch zu sein, als er es vor seiner Haft war. Es tritt damit an die Stelle des peinigenden Vergeltungsstrafvollzugs der humane erziehlich-resozialisierende Strafvollzug. Der Gefangene wird danach nicht nur als schuldig, sondern auch als hilfsbedürftig angesehen. Er ist über das, was man mit ihm vorhat, in Kenntnis zu setzen. Er soll nicht etwas passiv mit sich geschehen lassen, sondern sozusagen sich selbst rehabilitieren (ROSA), um nach der Entlassung als gleichberechtigter Bürger für sich selbst zu sorgen. Dieses Streben soll in ihm geweckt, immer wieder angeregt und gesteigert werden. Als Mittel zur Erreichung dieses Ziels werden unter anderem genannt (STARKE): Gewöhnung an Ordnung und Arbeit, Aufrechterhaltung von Zucht und Ordnung, körperliche und seelische Ertüchtigung, geistige und sittliche Hebung, Gewöhnung an Beachtung und Befolgung der Gesetze, die Vermehrung und Vertiefung des Wissens und Könnens, das Wecken und Stärken des Willens zum Guten und des Gefühls für Verantwortung; ferner Belohnung von Fleiß und gutem Betragen, das stufenweise Fortschreiten von strenger Gebundenheit zu immer größer werdender Selbständigkeit („Stufenstrafvollzug“), die planmäßige Fürsorge für die Zeit nach der Entlassung. Im Absatz über die Arbeit, § 62 der Grundsätze, heißt es, daß regelmäßige Beschäftigung der Gefangenen die Grundlage eines geordneten Strafvollzugs sei. Es ist darauf hinzuwirken, daß jeder Gefangene dauernd mit nützlicher Arbeit beschäftigt wird. Dies Hauptmittel der Erziehung, die strenge Zuweisung zur Arbeit, ist nun aber bei tuberkulösen Gefangenen in dieser allgemeinen Form nicht anwendbar. Auf der Tuberkuloseabteilung des Strafvollzugs befinden sich Kranke, deren Tuberkulose sich noch im Gang befindet oder deren Aktivität nicht sicher ausgeschlossen ist. Für solche Kranke ist wirkliche Arbeit, zumal körperliche, an die hier in erster Linie gedacht ist, nicht möglich.
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© 1964 Spinger-Verlag OHG / Berlin · Göttingen · Heidelberg
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Johannes, T. (1964). Strafbehandlung tuberkulöser Rechtsbrecher. In: Der Tuberkulöse im Strafvollzug. Die Tuberkulose und Ihre Grenzgebiete in Einzeldarstellungen, vol 15. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-86176-5_7
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