Zusammenfassung
Fassen wir das Ergebnis unserer Untersuchungen zusammen, so zeigen diese, daß die Existenz einer Agnosie im Sinne der klassischen Hirnpathologie — d. h. die Störung eines besonderen, die elementaren Sinnesempfindungen zu gestalteten Wahrnehmungen zusammenfassenden psychischen Aktes—, daß die Existenz einer solchen Störung durch das Tatsachenmaterial nicht gestützt, ja nicht einmal wahrscheinlich gemacht wird. Die sorgfältige Analyse solcher „agnostischer“Wahrnehmungsstörungen zeigt vielmehr, daß diese auf sinnesphysiologischen Veränderungen, allgemeineren psychischen Störungen oder auf einer Kombination der beiden beruhen. Dabei muß man sich darüber klar sein, daß die Bezeichnung „sinnesphysiologische“Prozesse oder Veränderungen, die wir der allgemeinen Gepflogenheit entsprechend beibehalten haben, eigentlich falsch ist. Wenn wir die auf einen bestimmten Reiz hin auftretenden Wahrnehmungen prüfen, Empfindungswellen bestimmen usw., so betreiben wir nicht Sinnesphysiologie, sondern Wahrnehmungspsychologie. Über die dabei ablaufenden physiologischen Prozesse, d.h. über die materiellen Vorgänge in der nervösen Substanz, sagen diese Untersuchungen zunächst garnichts aus. Wir können nur vermuten, daß konstanten Beziehungen zwischen Reiz und Wahrnehmung auch konstante — im übrigen nicht näher bekannte — physiologische Vorgänge entsprechen; nur in diesem Sinne kann und soll hier von sinnesphysiologischen Prozessen und Veränderungen gesprochen werden.
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© 1950 Springer-Verlag OHG. in Berlin, Göttingen and Heidelberg
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Bay, E. (1950). Über den Aufbau der Wahrnehmung. In: Agnosie und Funktionswandel. Monographien aus dem Gesamtgebiete der Neurologie und Psychiatrie, vol 73. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-85511-5_4
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