Zusammenfassung
Die fortschreitende Aufgliederung der Wissenschaften in immer engere Spezialbereiche und die damit einhergehenden großen Erfolge in den Naturwissenschaften und der Medizin, haben uns allen den Blick für das Ganze und in der Medizin für den ganzen Menschen verstellt, der im Mittelaler der Ärztin und Theologin Hildegard von Bingen (1098–1179) selbstverständlich war. Ihre Auffassung vom Menschen als „Leib ganz und gar“, als „homo corpus ubique“ (1), ist weitgehend aus unserem Bewußtsein geschwunden. Ebenso scheint vielen der Kampf für eine ganzheitliche Sicht der Medizin antiquiert, den Paracelsus (1493–1541) in der Zeit der Entdeckungen leidenschaftlich geführt hat (2), seit Descartes (1596–1650) — übrigens in Anlehnung an Vertreter der spanischen Spätscholastik — jene für die abendländische Wissenschaftsentwicklung folgenreiche Unterscheidung zwischen der Res extensa, der raumerfüllenden, der körperlichen Substanz, der Materie, einerseits und der Res cogitans, der denkenden Substanz andererseits machte. Für Descartes ergab sich diese Unterscheidung, weil die Körperwelt in physikalischen Zusammenhängen auf reine Ausdehnung reduzierbar ist. Natur wurde aber damit auf den Begriff der Ausdehnung reduziert. In der Folge dieses Denkansatzes konnte der Mensch selbst in eine Res cogitans und eine Res extensa dividiert werden und, soweit er Natur, Res extensa, ist, zum Forschungs- und Handlungsobjekt gemacht werden (3).
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Literatur
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Hoffmann J (1984) Darf die Medizin, was sie kann? — Möglichkeiten der modernen Reproduktionsbiologie und Gentechnologie aus theologischer Perspektive. In: Korrespondenzblatt, hrsg. vom Sozialdienst Katholischer Frauen, Dortmund 4 (1984) 10–29 und 1 (1985) 10–31
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ebd., 26
Müller AMK (1978) Wende der Wahrnehmung. Erwägungen zur Grundlagenkrise in Physik, Medizin, Pädagogik und Theologie. München, 81
Piechowiak H (1985) Notfallmedizin und Katastrophenversorgung. In: Ders., (Hrsg), Ethische Probleme der modernen Medizin, Mainz 1985, 51–61 und: Theml H, Fragen an die medizinische Ethik unter der atomaren Bedrohung. In: Piechowiak H (Hrsg), a. a. O., 62–85
Theml H, Fragen an die medizinische Ethik unter der atomaren Bedrohung. In: Piechowiak H (Hrsg), a. a. O., 62–85
Kamphaus F (1984) Vergebung der Sünden, Limburg, S 39f.
Müller AMK, Wende der Wahrnehmung, a. a.0., 196
Popper KR, Eccles JC (1982) Das Ich-und sein Gehirn, München, S 655ff.
Merklein H (1978) Die Gottesherrschaft als Handlungsprinzip. Unersuchungen zur Ethik Jesu, Würzburg, 204
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© 1986 Dr. Dietrich Steinkopff Verlag, GmbH & Co. KG, Darmstadt
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Hoffmann, J. (1986). Der Mensch zwischen gesellschaftlichen Plausibilitäten und Glaubensgewißheit. Ein theologischer Beitrag zur Frage von Depression im Alter. In: Bergener, M. (eds) Depressionen im Alter. Steinkopff. https://doi.org/10.1007/978-3-642-85357-9_1
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