Zusammenfassung
Anhand der ehemals preußischen Provinz Schlesien zeigt der Autor exemplarisch auf, daß es auch schon im vergangenen Jahrhundert ein von humanistisch gesonnenen Ärzten getragenes Bemühen gab, Geistes- und Gemütskrankheiten zu lindern und — wenn möglich — mit den damals zur Verfügung stehenden bescheidenen Mitteln zu heilen. Nach der Säkularisierung der kirchlichen Einrichtungen zu Beginn des 18. Jahrhunderts ruhte die psychiatrische Versorgung im wesentlichen auf vier Säulen: unselbständigen psychiatrischen Abteilungen an städtischen Krankenhäusern, großen staatlichen Anstalten, privaten Kliniken und Psychiatrischen Universitätskliniken. Stellvertretend für die zahlreichen anderen engagierten Ärzte wird insbesondere das Wirken von Gottfried Glawnig in Brieg als Repräsentant der alten Anstaltspsychiatrie, Carl Wernicke in Breslau als Vertreter der aufkommenden Universitätspsychiatrie und Karl Ludwig Kahlbaum von der privaten psychiatrischen Klinik in Görlitz in Schlesien hervorgehoben. Trotz der widrigen Umstände und nicht selten gegen starke Widerstände staatlicher oder städtischer Behörden sowie politischer bzw. gesellschaftlicher Gruppierungen gelang in etwas mehr als einem Jahrhundert der Aufbau eines weitgehend suffi- zienten psychiatrischen Versorgungssystems.
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Lanczik, M., Schiffers, J., Keil, G. (1994). Zur Geschichte des psychiatrischen Krankenhauswesens und die Entwicklung eines psychiatrischen Versorgungssystems in Deutschland unter besonderer Berücksichtigung der ehemaligen preußischen Provinz Schlesien. In: Reimer, F. (eds) Versorgungsstrukturen in der Psychiatrie. Tropon-Symposium, vol 9. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-85147-6_5
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