Zusammenfassung
W. H. Auden, der amerikanische Dichter englischer Abstammung, der den letzten Lebensabschnitt in Kirchstetten in Niederösterreich verbrachte, hat unsere Zeit in einem großen Gedichtzyklus programmatisch als das „Zeitalter der Angst“ bezeichnet. Von vielen wurde diese Angst vor allem als die Angst vor der Atombombe, bzw. der Radioaktivität, aber auch als die Angst vor der Vernichtung, vor der Entwurzelung, vor der Entwürdigung des Menschen, vor dem Aufgehen in einem totalitären Regime und ähnliches aufgefaßt. Und auch von den Ärzten wurde diese These programmatisch zunehmend in dem Maße verstanden, als sie es lernten, die Angst im Sinne der modernen Psychosomatik als eigentliche Wurzel von immer mehr Symptomen, Störungen und Krankheiten zu verstehen. Auch die zunehmende Flucht in Alkohol und Drogen und die steigenden Selbstmordziffern, vor allem in den zivilisierten Staaten, wurden als Ausdruck einer zunehmenden Weltangst aufgefaßt. Ein weites Feld zunehmender Verängstigung wurde aber auch an den einzelnen Arbeitsplätzen der modernen hochspezialisierten und auf Leistung ausgerichteten Industriegesellschaften festgestellt. Besonders die große Aufbauarbeit hat eigentlich zu einem gewissen Teil auch die Angst als Motor hinter sich gehabt, und zwar nicht etwa die Angst um den Arbeitsplatz — es gab ja damals zu wenig Arbeitskräfte -, sondern die Angst, in der Konsumgesellschaft nicht mitzukommen, den Aufstieg nicht zu schaffen und sich nicht alles leisten zu können, was zu den Statussymbolen dieser Leistungs- und Konsumgesellschaft gehörte. Mit der einsetzenden Rezession gab es dann wieder Angst, nämlich die Angst, nicht das Niveau halten zu können und — ganz korrekt ausgedrückt — die Angst um den Arbeitsplatz.
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Preview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Literatur
Binder H, (1979) Über die Angst. Schweiz med Wochenschr 79: 705
Delius L, Fahrenberg J (1966) Psychovegetative Syndrome. Thieme, Stuttgart
Ditfurth von H (1965) Aspekte der Angst, Starnberger Gespräche 1964. Thieme, Stuttgart
Frankl VE (1979) Der Mensch vor der Frage nach dem Sinn. Piper, München Zürich
Gaupp R (1922) Handbuch der ärztlichen Erfahrungen im Weltkrieg 1914/18, Bd IV. Leipzig
Heidegger M (1963) Sein und Zeit. Niemeyer, Tü-Bingen
Jacobi J (1969) Vom Bilderreich der Seele. Wege und Umwege zu sich selbst. Walter, Olten Freiburg i. Brsg.
Jaspers K (1948) Allgemeine Psychopathologie, 1. Aufl. Springer, Berlin
Kierkegaard S (1960) Der Begriff der Angst. Rowohlt, Hamburg
Lorenz K (1963) Das sogenannte Böse. Zur Naturgeschichte der Aggression. Borotha Schoeller, Wien
Lorenz K (1965) Diskussionsbemerkungen. In: Aspekte der Angst. Thieme, Stuttgart
Luban-Plozza B, Poeldinger W (1980) Der psychosomatisch Kranke in der Praxis, 4. Aufl. Springer, Berlin Heidelberg New York
Marcel G (1954) Sein und Haben. Schoeningh, Paderborn
Neftel K (1980) Betablocker als Anxiolytiker. Pharma-Kritik 2: 14
Panse F (1952) Angst und Schreck. Thieme, Stuttgart
Pichot P (1965) Experimentalpsychologie der Angst. München med Wschr 15: 701
Pichot P (1966) Die Quantifizierung der Angst. In: Angst - psychische und somatische Aspekte. Huber, Bern Stuttgart
Pöldinger W(1968) Die Abschätzung der Suizidalität. Huber, Bern Stuttgart
Pöldinger W (1968) Die Angstzustände. Differentialdiagnostik und Therapie. Monatskurse Ärztl Fortbild 18: 531
Pöldinger W, Blaser P, Gehring A, Sutter W (1969) Angst und Suizidalität bei depressiven Verstimmungen. Vortr. Symp. Akute Psychiatrie - Fortschritte in Theorie und Praxis. Venedig
Pöldinger W, Gehring A, Blaser P (1969) Suicidal risk, anxiety and depression. 5th. Int. Conti Suicidprev., London
Pöldinger W(1970) Aspekte der Angst. Symp. Entspannung. Neue therapeutische Aspekte. Ciba AG, Basel
Pöldinger W (1971) Psychiatrische Aspekte der Angst. In: Symposium zum Thema Angst vom 3.4. 1970. Tropon Arzneimittelwerke, Köln
Pöldinger W (1971) Diagnostische und therapeutische Aspekte der Angst. Wien Klin Wochenschr 83: 445–542
Pöldinger W(1977) Die Angst des modernen Menschen. Wien Med Wochenschr 127: 645–652
Pöldinger W (1982) Differenzieren zwischen Psychosomatosen und larvierten Depressionen. Monatskurse Ärztl Fortbild 32: 53–64
Riemann F (1961) Grundformen der Angst. Reinhard, Basel München
Ringel E (1978) Selbstschädigung durch Neurose, 4. Aufl. Herder, Wien Freiburg Basel
Rorschacher H (1965) Einführung in die Psychologie, 9. Aufl. Urban and Schwarzenberg. Wien Innsbruck
Sartre JP(1947) Ist der Existentialismus ein Humanismus? Europa-Verlag, Zürich
Schneider K (1969) Klinische Psychopathologie, 5. Aufl. Thieme, Stuttgart
Schulte W (1961) Angstsyndrome. Monatskurse Ärztl Fortbild 11: 586
Störring GE (1958) Zur Psychosomatik von Angstzuständen. Z Psychosom Med 5: 1
Strotzka H (1975) Psychotherapie: Grundlagen, Verfahren, Indikationen. Urban and Schwarzenberg, München Berl in Wien
Thiele W(1970) Über Wesen und Bedeutung vegetativer Störungen. Med Wochenschr 24: 434–437
Thiele W Angst und Furcht. Jb Psychol Psychother Med Anthropol 13: 110
Wiebrock H (1967) Die politische und gesellschaftliche Rolle der Angst. Europäische Verlagsanstalt, Frankfurt a. M.
Rights and permissions
Copyright information
© 1984 Springer-Verlag Berlin Heidelberg
About this paper
Cite this paper
Pöldinger, W. (1984). Therapieperspektiven bei Angstsyndromen. In: Angst des Patienten Angst des Arztes. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-82241-4_2
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-642-82241-4_2
Publisher Name: Springer, Berlin, Heidelberg
Print ISBN: 978-3-540-13273-8
Online ISBN: 978-3-642-82241-4
eBook Packages: Springer Book Archive