Zusammenfassung
Die wissenschaftlich orientierte Medizin trage zur Selbstentfrem-dung des Menschen bei. Die Medizin mache den Menschen nicht gesün-der und somit auch zufriedener und lebensfahiger — im weitesten Sinne —, sondern kränklich und daher unzufriedener. Diese Vorstellun-gen begründet Illich einfach damit, daß die Mittel der wissenschaftli-chen Medizin den Menschen von sich entfremden und ihm dadurch den Weg zu dem Maß an Gesundheit verbauen, das ihm ohne die moderne Medizin möglich wäre.
Die bewußt gelebte Gebrechlichkeit, Individualitdt und soziale Offenheit des Menschen machen die Erfahrung von Schmerz, Krankheit und Tod zu einem integralen Bestandteil seines Lebens. Die Fähigkeit, diese drei Dinge autonom zu bewältigen, ist die Grundlage seiner Gesundheit. Wird er von der bürokratischen Verwaltung seiner Intimsphäre abhängig, dann verzichtet er auf seine Autonomie, und seine Gesundheit muß verfallen. In Wahrheit ist das Wunder der modernen Medizin Teufelstrug. Es besteht darin, daß nicht nur Individuen, sondern ganze Bevölkerungen dazugebracht werden, aufeiner inhuman niedrigen Stufe der persönlichen Gesundheit zu überleben. Die medizinische Nemesis ist die negative Rückwirkung einer Gesellschaftsordnungy die urspriinglich jedem Menschen gleiche und bessere Chancen der autonomen Lebensbewältigung bieten wollte und schließlich dahin gekommen ist, diese zu zerstören.
Ivan Illich
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Literatur
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Matussek, P. (1979). Selbstverwirklichung statt Entfremdung Die Verantwortung des Kranken für seine Gesundheit. In: Maßlose Medizin?. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-81350-4_5
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