Zusammenfassung
Der Tod Assarhaddons fern der Heimat konnte bei der eigenartigen Regelung der Thronfolge leicht schwere innere Auseinandersetzungen in Assyrien auslösen. Daß es dazu nicht kam, war anscheinend zu einem beträchtlichen Teil das Verdienst der Großmutter Nakija (s. S. 118), die hinter Assurbanipal stand und in einem noch erhaltenen, energischen Brief über die geringsten Anzeichen eines Widerstandes umgehenden Bericht forderte. Die Thronbesteigung Assurbanipals (669 bis 630) vollzog sich daher unbehindert. Er mußte sich allerdings damit abfinden, daß auch sein älterer Bruder Schamaschschumukin (669 bis 648) den ihm bestimmten Thron in Babylon bestieg. Es kann nach den für diese Zeit recht ausgiebigen Quellen nicht zweifelhaft sein, daß Assurbanipal seinem Bruder an vielseitiger Begabung und Ernergie weit überlegen war; seine Ernennung zum Thronfolger hatte also durchaus im Interesse des Reiches gelegen. In einer seiner überaus lebendig abgefaßten Inschriften erzählt er uns, was er in seiner Jugend alles gelernt habe: „Ich eignete mir den verborgenen Schatz, die gesamte Tafelschreiberkunst an, kenne die Vorzeichen am Himmel und auf der Erde, diskutiere in der Versammlung der Gelehrten, deute zusammen mit tüchtigen Leberschauern Leberomina ..., löse komplizierte, undurchsichtige Divisions- und Multiplikationsaufgaben, las immer kunstvoll geschriebene Tafeln in schwer verständlichem Sumerisch und mühsam zu entzifferndes Akkadisch, habe Einblick in die ganz unverständlichen Schriftsteine aus der Zeit vor der Sintflut zusammen mit einer auserwählten Schar. Dieses tat ich den ganzen Tag: Ich bestieg immer wieder Rosse, ritt feurige Vollblüter, nahm den Bogen, ließ, wie es einem Krieger ziemt, Pfeile fliegen, schleuderte schwerste Lanzen wie einen Pfeil, hielt die Zügel, lenkte wie ... allerlei Fahrzeuge, verfertigte immer wieder wie Waffenschmiede Tartschen und Schilde, verstehe mich auf den Beruf aller Gelehrten“. Auch wenn wir diese erstaunlichen, in der Art nirgends sonst zu lesenden Behauptungen mit gebührender Kritik aufnehmen, bleibt der Eindruck einer ungewöhnlich vielseitigen, geistigen und körperlichen Erziehung des Prinzen bestehen. Vermutlich gab es wenig Könige, die die komplizierte Keilschrift auch nur lesen konnten. Inschriften und Briefe des Königs bestätigen, daß er in der Tat eine umfassende Bildung hatte. Nach seiner Ernennung zum Kronprinzen wurde er auch mit den Regierungsgeschäften gründlich vertraut gemacht und gewann bald auf die Ernennung von Beamten und andere Entscheidungen großen Einfluß. Auf seinen hohen Beruf war er also ausgezeichnet und wirklich allseitig vorbereitet worden.
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v. Soden, W.F. (1954). Assurbanipal führt das Reich zu einer letzten Blüte. In: Herrscher im Alten Orient. Verständliche Wissenschaft, vol 54. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-80526-4_14
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