Zusammenfassung
Nach eineinhalb Jahren Psychotherapie eröffnete Felix eines Tages die Sitzung mit folgenden Worten: „Ich habe dieses Wochenende nicht viel getan. Als ich am Montag nach der Arbeit nach Hause ging, hatte ich ein Gefühl völliger Unwirklichkeit, als ob ich etwas neben mir stiinde und mich betrachtete. Ich hatte das Gefiihl, daE mir alles entglitt, daß ich nicht wußte, was ich tun sollte, um nicht verrückt zu werden. Alles war fremd. Je mehr ich nachdachte, desto fremder wurde alles. Früher passierte mir das oft, aber dies war seit langem wieder das erste Mal. Es ist ein merkwürdiges Gefühl.“ Der Therapeut fragte nach, was dem plötzlichen Anfall vorausgegangen war. Felix erzählte, daß an jenem Tag verschiedene Dinge nicht wunschgemäß gelaufen seien: „Es war, als ob der Tag keine Richtung gehabt hätte.“ Er hatte das Gefühl, er sei viel zu lange im Bett geblieben (es war ein halber Feiertag). „Ich schien alles zu verpassen“ (das rechtzeitige Aufwachen, das Treffen mit seinem Sohn). „Ich fühlte mich völlig nutzlos, als ob ich nichts geleistet hätte; es war fast wie: ,Es hat gar keinen Sinn, etwas zu versuchen, du schaffst es doch nicht.‘ Ich war so hoffnungslos — und dann befiel mich dieses Gefühl der Unwirklichkeit.“ Auf die Bitte, diese Hoffnungslosigkeit näher zu beschreiben, fügte er hinzu: „Ich war auf mich selbst wütend. Ich hatte Lust aufzuhören, aufzugeben. Dann schaltete ich sehr schnell auf das Gefühl der Unwirklichkeit um.“
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Wurmser, L. (1998). Der Kompromißcharakter der Entfremdung. In: Die Maske der Scham. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-80457-1_11
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