Zusammenfassung
Die Lektüre der Gesetzbücher, selbst die strikte Einhaltung der Gesetze in unseren Handlungen, macht uns noch nicht zu guten Menschen. Und die rechtskräftige Verurteilung einer Person durch ein Gericht sagt nicht, daß sie ein schlechter Mensch ist. Die Unterscheidung von Recht und Moral ist uns geläufig und plausibel, spätestens seit Kant. Sie hindert uns jedoch nicht daran, einzelne gerichtliche Urteile oder gar ganze Rechtsordnungen moralisch zu beurteilen, wie es nach dem Nationalsozialismus und dem Kollaps der DDR geschehen ist. Die meisten von uns befragen staatliche Macht und die von ihr erlassene Rechtsordnung auf ihre Legitimität hin. Nur wer Recht allein als Produkt einer nicht eingeschränkten Macht ansieht, kann die Frage nach der Legitmität von einzelnen Gesetzen und ganzen Rechtsordnungen, die durch diese Macht entstehen, nicht mehr stellen. Dem Rechtspositivismus ist die Unterscheidung zwischen gerechten und ungerechten Gesetzen aufgrund seines Gesetzesbegriffes nicht möglich, weil Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit als Begriffe der Beurteilung von Gesetzen moralische Begriffe sind, der Rechtspositvist jedoch eine Beurteilung des Rechts von einem moralischen Standpunkt für unmöglich halten muß. Wer dagegen zwischen legitimer und nicht-legitimer Macht und zwischen gerechten und ungerechten Gesetzen unterscheiden möchte, unterstellt dem Rechtssystem einen Bezug zu einer Moral, deren Quelle vom Rechtssystem unabhängig sein muß, weil es sonst unmöglich wäre, verschiedene Mächte und Rechtsordnungen auf ihre Legitimität hin zu vergleichen und zu beurteilen.
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Hampe, M. (1995). Beteiligung und Gegenseitigkeit: Zum Verhältnis von Recht und Moral. In: Wiehl, R. (eds) Heidelberger Jahrbücher. Heidelberger Jahrbücher, vol 39. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-80020-7_3
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