Zusammenfassung
Wurde der Psychiater Eugen Bleuler sein Buch „das autistisch-undisziplinierte Denken in der Medizin und seine Überwindung“ (1919) heute schreiben, die 42jährige Diskussion um das „ Schleudertrauma“ bote ihm eine Fülle von Anschauungsmaterial. Wie ist es moglich, daß weltweit eine große Zahl von Medizinern sich mit diesem Problem seit Jahrzehnten befaßt, ohne es einvernehmlich lösen zu können? Aus der Psychiatrie sind solche Auseinandersetzungen bekannt. Sie haben zu der Einsicht gefuhrt, daß wir besonders auf systematisches Arbeiten angewiesen und zu großter Kritik gegenüber vermeintlich sicheren Erkenntnissen und gesichertem Wissen ständig aufgefordert sind. Es verbleibt nur der mühsame Weg, zu jeder Aussage eine Methodenkritik hinzuzufiigen. Zur Diskussion stehende Thesen müssen auf ihren Wahrscheinlichkeitsgrad iiberpriift werden. Krankheitskonzepte müssen erarbeitet, Diagnosen operationalisiert werden, beides ist regelmaßig fortzuschreiben. Viele Probleme sind aktuell nicht losbar, hier helfen Konventionen. Eine Krankenversorgung kann erst gelingen, wenn in dem Fach Arbeitende sich an diese Vereinbarungen halten, auch wenn es manchem schwerfallt, sie zu akzeptieren. Das setzt ein betrachtliches Maß an Einsicht, Disziplin und Verantwortungsbewußtsein voraus. Außerhalb der Psychiatrie sind Mediziner mit dem Umgang mit einem solchen Problem offenbar wenig vertraut. Das scheint die wichtigste Erkenntnis aus der Medizingeschichte des „Schleudertraumas“ zu sein! Es ist an der Zeit, innezuhalten und sich einigen wenigen Reflexionen zuzuwenden.
Jeder Dumme ist fest überzeugt und jeder fest Überzeugte ist dumm: Je irriger sein Urteil, desto größer sein Starrsinn. Baltasar Graciàn y Morales (1602–1658)
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Literatur
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Kügelgen, B. (1995). Schleudertrauma Heute — Ein Fazit. In: Kügelgen, B. (eds) Distorsion der Halswirbelsäule. Neuroorthopädie, vol 6. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-79742-2_14
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