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Defizite der neueren Problemgeschichte

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Technik- und Wissenschaftsethik
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Zusammenfassung

Appelle zur Verantwortung und Aufgabenstellung der Wissenschaften prägen deren Geschichte von alters her. In der neueren Geschichte finden wir sie verdichtet in den programmatischen Reden und Vorlesungen, z. B. im Kontext der Neubegründung der Deutschen Universität zur Zeit des Idealismus und Humanismus, an die man sich nach dem 2. Weltkrieg erinnerte.1 Die moralische und ethische Dimension von Wissenschaft und Technik wurde allerdings durch eine seltsame Rezeption des „Werturteilsstreites“ im Ausgang von den Überlegungen Max Webers verdrängt.2 Dessen Kritik an einer durch die Wissenschaften vorgenommenen moralischen Weitung und der damit verbundene Appell an die Wissenschaftler, sich dieser Wertungen zu enthalten, wurde uminterpretiert in eine Forderung nach Wertfreiheit der Wissenschaft überhaupt bzw. in eine Konstatierung der Wertneutralität „wahrer“ Wissenschaft. Dabei war doch jener Appell Max Webers gerade motiviert durch den Nachweis der kulturrelativen, auf Wertvorentscheidungen basierenden Verhaftung des wissenschaftlichen Vorgehens, das deshalb nicht zu einer moralischen Instanz hochstilisiert werden dürfe. Die geforderte Bewertungsfreiheit ist etwas anderes als die Behauptung der Freiheit der Wissenschaft von Werten. Letzteres wurde indes gerne für die Wissenschaft beansprucht und wird heute oft noch für die Technik behauptet, eine Technik, die „janusköpfig“, nicht festgelegt, sei. Wir werden im Zusammenhang mit der Problematik einer ethischen Fundierung von Wissenschaft und Technik auf diesen Werturteilsstreit zurückkommen. Dann geht es um die Frage, ob die Orientierung von Wissenschaft und Technik an bestimmten Wertvorstellungen rechtfertigungsbedürftig und rechtfertigungsfähig sei. Am vorliegenden Punkt unserer Annäherung an das Problem kann hingegen der Blick auf drei repräsentative Kontroversen der jüngsten Problemgeschichte zu einer weiteren Spezifizierung der einleitenden Fragen beitragen. Dies wird durch den Aufweis charakteristischer Defizite der Diskussionen geleistet, innerhalb derer zwar die Verhaftung der Wissenschaft und Technik auf Werte nicht (mehr) in Frage gestellt, jedoch extrem unterschiedlich modelliert wurde. Und diese Modellierungen wurden mit einem derart moralischen Pathos unterlegt, daß dem jeweiligen Gegner nicht bloß schlechtes oder falsches wissenschaftliches Vorgehen, sondern gar Wissenschaftsvergessenheit und Unwissenschaftlichkeit vorgeworfen wurden. Man nahm also eine Ausgrenzung fast im Sinne des Verlustes wissenschaftlicher „Ehrenrechte“ vor3 — ungeachtet der Tatsache, daß man sich bei diesen Kontroversen im akademischen Kontext bewegte, der allerdings dann unter Heranziehung wissenschaftspolitischer Hilfstruppen durchaus — mit den üblichen ökonomischen Mitteln — beschnitten und verändert werden sollte. Jene Grundsatzkontroversen „griffen“ jedoch nicht recht, aus Gründen, die nachfolgend skizziert werden, und die m. E. im wesentlichen darauf zurückzuführen sind, daß die Entscheidungsstrukturen im Wissenschaftsprozeß unzureichend erfaßt, ihre Voraussetzungen unvollständig erschlossen und je nach Ideologie einseitig fokussiert wurden.Hierbei steuere ich nun nicht auf eine Vermittlung hin, sondern möchte bestimmte Aspekte vorstellen oder rehabilitieren, die durch jene ersten — notwendig defizitären — Ansätze allererst ins Blickfeld gerieten (genau dies ist ja der Ertrag von Problemgeschichte).

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© 1995 Springer-Verlag Berlin Heidelberg

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Hubig, C. (1995). Defizite der neueren Problemgeschichte. In: Technik- und Wissenschaftsethik. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-79627-2_3

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