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Zusammenfassung

Die folgende Arbeit thematisiert einen tabuisierten und schambesetzten Inhalt, den der Miktion. Ich möchte daher mit den treffsicheren Worten eines Dichters, des Literatur-Nobelpreisträgers Gabriel Garcia Marquez beginnen. Relativ am Anfang seines Romanes „Die Liebe in den Zeiten der Cholera“ findet sich folgende Szene:

„Er war der erste Mann gewesen, den Fermina Daza urinieren hörte. Sie hörte ihn in der Hochzeitsnacht, in der Kabine des Schiffs, das sie nach Frankreich trug, während sie seekrank daniederlag, und das Tosen seines Pferdewasserfalls erschien ihr so machtvoll und so herrisch, daß es ihre Angst vor den befürchteten Verletzungen noch steigerte. Diese Erinnerung kam ihr häufig in den Sinn, als die Jahre den Wasserfall nach und nach abschwächten, weil sie sich nicht damit abfinden konnte, daß er jedesmal einen nassen Klosettrand hinterließ. Doktor Urbino versuchte sie mit für jeden, der sie verstehen wollte, leicht einsichtigen Argumenten davon zu überzeugen, daß dieses Mißgeschick sich nicht, wie sie behauptete, wegen seiner Unachtsamkeit täglich wiederholte, sondern aus einem organischen Grund: sein jugendlicher Strahl war so bestimmt und direkt gewesen, daß er in der Schule mit seiner Zielsicherheit beim Flaschenfüllen Turniere gewonnen hatte, doch durch den Altersverschleiß war der Strahl nicht nur schwächer geworden, sondern hatte sich auch gekrümmt, verzweigt und schließlich in ein eigenwilliges Brünnlein verwandelt, und das trotz aller Anstrengungen, ihn zu begradigen. Er sagte: ‚Das Klosett muß jemand erfunden haben, der nichts von Männern verstand.’ (Zum häuslichen Frieden trug er mit einer täglichen Geste bei, die eher ein Zeichen von Demütigung als von Demut war: er wischte die Ränder des Klosetts nach jeder Benutzung mit Klopapier ab. Sie wußte das, sagte aber nie etwas solange die Ammoniakdämpfe im Bad nicht so offenkundig wurden, dann erklärte sie, als decke sie ein Verbrechen auf: ‚Hier stinkt es nach Kaninchenstall’.) Am Vorabend des Greisenalters brachte ihn die Körperstörung selbst auf die endgültige Lösung: er pinkelte wie sie im Sitzen, was die Brille sauber und ihn im Zustand der Gnade beließ. (S. 47).

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Diederichs, P. (1994). Zur Psychosomatik der Miktion. In: Kentenich, H., Rauchfuß, M., Diederichs, P. (eds) Psychosomatische Gynäkologie und Geburtshilfe 1993/94. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-78811-6_7

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